Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

DOI Kapitel:
Nr. 161 - Nr. 170 (14. Juli - 25. Juli)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.48723#0371
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,

Adelsheim, Bömberg, Tauberbifchofsheim und Wertheim.

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn >32.— Mk., Anzeigenpreise:
Tie einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 3.— Mk., Reklame-Anzeigen
(83 mm breit) 8.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmittelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Geschäftsstunden: 8—^26 Uhr. Sprechstunden der Redaktion: 11—12 Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22577. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Donnerstag, 20. Juli 1922
Nr. 166 * 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton r
Dr.E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales:
O.Geibsl; für die Anzeigen: A. Friedmann, samt!, in Heidelberg.
Druck «.Verlag der Unterbadischen Verlagsaistalt G-m.b. H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstraße 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahms 2373, Redaktion 2313.

An unsere Mitglieder!
Zum Schutze der Republik hatten wir Euch ausgeruseli, als
der Meuchelmord an Rathenau die Gröhe und Nähe der monar-
chrWichen Gefahr endgültig. Vereint seid Ihr gekommen und habt
in gewaltigen Kundgebungen Eure Kampfentschlossenheit gezeigt.
Die Schaffung der Einheitsfront
der Arbeiter, Angestellten nnd Beamten ist zur großen und weit-
hin wirkenden Tatsache geworden. Sie muß dauern, geschlossener
und stärker werden, bis zur unauflösbaren Vereinigung des ge-
samten kämpfenden Proletariats! Bon diesem Geiste der Soli-
darität, von diesem Willen der Einigung erfüllt, haben Eure Or-
ganisationen gemeinsam gearbeitet und vereint werden sie den
Kampf fortführen.
Die erste Phase dieses Kampfes ist jetzt vorüber. Unsere For-
derungen zum Schutze der Republik haben Regierung und Reichs-
tag beschäftigt. Vier Gesetze sind mit Zustimmung der sozial-
demokratischen Parteien verabschiedet. Nicht alles, was Mr woll-
ten, ist erreicht. Noch besitzt in dem Industriestaat Deutschland der
Reichstag eine beträchtliche bürgerliche Mehrheit, und stark war
ihr Sträuben gegen durchgreifendere Maßnahmen. Nur der Ge-
schlossenheit Eures Auftretens sind Erfolge zu verdanken, und
Wichtiges ist trotz allem erzielt worden.
Das Gesetz zum Schutze der Republik
bestraft die Zugehörigkeit zu geheimen Mordorganisationen mit
dem Tode; schwere Strafen treffen Gewalttäter, gegen die Re-
publik nnd wehren dem gehässigen Kampf gegen ihre Einrichtun-
gen nnd Symbole.
Ein Staatsgerichtsyof
ist gebildet, in dem keine Monarchisten und Nationalisten sitzen.
Von diesem Gerichtshof darf das Volk erwarten, das; es ohne Po-
litische Voreingenommenheit Recht spricht.
Das Gesetz über die Reichskriminalpolizei
bedeutet den Anfang einer Reichs-Exekutive nnd macht die Ver-
solgmrg auch der monarchistischen Verbrecher einigermaßen unab-
hängig von dem mangelnden Eifer oder dem bösen Willen einzel-
ner Laudesbehörden.
Das Bcamtcngesetz
gestattet ein energisches Vorgehen gegen monarchistische und reak-
tionäre Betätigung der Beamten der Deutschen Republik.
Das Amnestiegesetz
gibt zahlreichen Arbeitern und Angestellten, die sich in den Schlin-
gen des Strafgesetzbuches verfangen haben, oder Opfer der Klas-
senjustiz geworden sind, die Freiheit zurück.
Freilich, unsere Forderungen sind nicht restlos erfüllt. Schmerz
bewegt uns, weil die politischen Gefangenen in Bay ern
der Freiheit auch jetzt sticht teilhaftig werden. Die bayerische Re-
gierung verweigert ihre Freilassung aus Furcht vor dem monar-
chistischen Straßenterror. Die bürgerlichen Pateien im Reichstag
sind vor der bayerischen Regierung schmählich zurückgewichen. Mich
die verurteilten Eisenbahner sind von der gesetzlichen
Amnestierung ausgeschlossen. Eine Entschließung des Reichstags
und eine Erklärung der Regierung sichert ihnen weitgehende
Milde zu. Was an uns liegt, wird geschehen, um das Versprechen
zur Erfüllung zu bringen.
Trotz aller Mängel im Einzelnen bedontön die Gesetze in ihrer
Gesamtheit eine Verbesserung gegenüber dem bisherigen Zustand.
Die Republik kann jetzt wirksam geschützt, ihre Gegner können
lahrngslsgt werden, wenn die Regierung Mut, Energie, Entschlos-
senheit und Zähigkeit beweist. Die Gesetze sind Da, jetzt konunt
alles auf die Ausführung an.
Deshalb hatten sich die sozialdemokratischen Parteien bereit
erklärt, die Sicherheit der Durchführung der Gesetze gegen die mo-
narchistische Verschwörung zu steigern. Sie waren bereit, einer
Regierung der entschiedenen Verteidigung der Republik eine feste
republikanische Mehrheit zu sichern und zugleich den sozialistischen
Einfluß tu der Regierung zu stärken. Nachdem die Gesetzgebung
ihre Aufgabe zum Teil erfüllt hatte, sollte eine starke entschiedene
republikanische Regierung ihre Pflicht erfüllen.
Dagegen erhoben sich in zähem Widerstand alle bürgerlichen
Parteien. Sie fürchteten den erstarkten Einfluß der zusammonge-
schloffenön, vereint kämpfenden Arbeiterklasse. Sie stellten der Er-
weiterung der Regierung durch Eintritt der Unabhängigen die
Forderung der gleichzeitigen Aufnahme der Volkspartet entgegen.
Die Antwort der sozialdemokratischen Parteien war, wie sie
sein mutzte, grössere Geschlossenheit,
Bildung der Arbeitsgemeinschaft
der sozialdemokratischen Fraktionen.
Aber der Widerstand der bürgerlichen Parteien blieb bestehen,
die Frage der Auflösung des Reichstages stand damit zur Ent-
scheidung.
Ernst und eingehend, unserer Verantwortung voll bewußt, Ha-
ben wir die Frage geprüft. Auslösung des Reichstages bedeutete
Verzögerung der Gesetze zum Schutze der Republik. Uns stand
ihre Verabschiedung höher.
Auslösung hätte zu einer Verschärfung der außenpolitische«
Krisg geführt, zu einer Erschwerung der dringendsten Lösungen
der Repavationsfrage, sie hätte die wirtschaftliche Notlage infolge
der politischen Unsicherheit verschärft, den Sturz der Mark beschleu-
nigt, r>ie Preissteigerung gefördert und so die Arbeiterschaft beson-
ders geschädigt. Deshalb haben wir dieses Mittel reicht ange-
wandt.
Aber der Kampf ist nicht abgeschlossen, er dauert fort! Für
Nur ;u vüsteu ist jetzt wichtigste Aufgabe, ernsteste Pflicht.
Was wir erreicht haben, danken wir unserer Geschlossenheit,
unserer Einigkeit. Nur die Einigkeit der Arbeiterklasse sichert die

Republik, dm besten Karnpfboden für die Durchsetzung des So-
zialismus. -
Das Werk der Einigung ist begonnen. Es muß vollendet
werden.
Berlin, 18. Juli.
Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund. — Allgemeiner Freier
Angostetttenbund. — Sozialdemokr. Partei Deutschlands. — Unabh.
Sozialdemokratie Partei Deutschlands.

Beginnende Scheidung der Geister bei den
Deutsch-Nationalen.
Berlin, IS. Juli. Die Auseinandersetzung der Deutsch-
nationalen Partei über das Verhältnis zu dem deutschvölkischen
Flügel, die seit der Sitzung des Parteiausschusses kurz nach dem
Rathenau-Mord schwebt, hat bisher eine eigentliche Trennung der
beiden Richtungen nicht zur Folge gehabt, aber doch zu Absplit-
terungen auf beiden Seiten geführt. So hat, wie der „Vor-
wärts" mitteilt, Abg. Dr. D ür in ger in einem Schreiben an den
Reichstagspräsidenten Löbe seinen Austritt aus-der Deutsch-
nationalen Fraktion offiziell mttgeteilt. Aus der deutschvölkischen
Seite wird zunächst der Slbg. Henning aus der Fraktion aus-
scheiden.
Henning hatte, wie von den deutschnationalen Parteirednern
in den letzten Reichstagsdebatten wiederholt erklärt wurde, bei der
Parteileitung die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gegen
sich beantragt. Dieser Untersuchungsausschuß ist zu dem Ergebnis
gelangt, es liege gegen den Abg. Henning nichts vor, was ihn
strafrechtlich belaste oder was ehrenrührig erscheine. Dagegen ent-
spreche die Art seiner politischen Betätigung nicht dem Interesse
der Partei. Die Reichstagsfraktion und der Parteivorstand der
Deutschnattonalen haben darauf erklärt, daß ein weiteres Ver-
bleiben des Abg. Henning in der Deutschnattonalen Fraktions-
gemeinschaft unerwünscht erscheine. Natürlich wird der Abg. Hen-
ning aus diesem Beschluß die Konsequenzen ziehen. Es ist anzu-
nehmen, daß es nicht bei seinem Austritt allein bleiben wird. Das
„Deutsche Abendblatt" kündigt nämlich an, daß die völkiscye Be-
wegung sich mit Henning in weitestgehendem Umfange solidarisch
erklären werde.
„Vom völkischen Standpunkt aus", so schreibt das dem Abg.
Wulle noch immer nahestehende deutschvölkische Blatt, „ist der
Beschluß des Partetvorstandes aufrichtig zu begrüßen. Er bedeutet
uns einen ersten Schritt auf dem Wege einer längst notwendigen
reinlichen Scheidung der Geister, die sich vermutlich nicht nur auf
die Deutschnationale Volkspartei beschränken wird. Ganz abgesehen
davon, daß zwischen Männern wie Düringer, dem „roten Grafen"
usiv. einerseits und den Völkischen anderseits Abgründe in der
Weltanschauung klaffen, waren auch die Stellung und die Behand-
lung durchaus unwürdig, die die Völkischen bisher in der Deutsch-
nationalen Volkspartei erfahren haben."
Dr. Düringer gehörte dem gemäßigten Flügel der deutschnatio-
nalen Partei an. Man geht nicht fehl, wenn man der Ansicht ist,
daß dieser ehemalige badische Minister überhaupt nicht in diese
Partei Paßte, offenbar hat seinen Beitritt das Wort „National"
verursacht.
Aus dem Reichstage.
Berlin, IS. Juli. Der auswärtige Ausschuß des Reichs-
tags trat heute vormittag zu einer Sitzung zusammen, um sich mit
den Verhandlungen der Reichsregierung mit dem Garmttiekomitee
zu beschäftigen. Fast alle Mitglieder des auswärtigen Ausschusses
waren erschienen. Auch der Reichspräsident Loebe, der nicht zu
den Ausschußmitgliedern gehört, wohnte der Sitzung bei. Den
Vorsitz führte der Abg. Dr. Stresemann. Vom Reichskabinett
waren neben dem Reichskanzler Dr. Wirth der Vizekanzler
Bauer, der Reichswirtschaftsminister Schmidt und der Finanz-
minister Dr. Hermes, ferner vom Auswärtigen Amt Staats-
sekretär Hantel anwesend. Auch eine sehr große Anzahl von
Vertretern der einzelnen Ländern, die dem auswärtigen Ausschuß
des Reichstags angehören, nähmen an der Sitzung teil. Der Aus-
schuß nahm zunächst den Bericht des Reichssinanzministers Dr.
Hermes über die Verhandlungen mit dem Garantiekomitee ent-
gegen, vertagte aber dann die Aussprache darüber bis zur nächsten
Sitzung am Freitag, nm den gedruckten Bericht dieser Verhand-
lungen in Händen zu haben.
Verabschiedete Oberpräsidenten.
Beginn der republikanischen Säuberungsaktton.
Berlin, 19. Juli. Der amtliche preußische Pressedienst mel-
det: Das preußische Staatsministerium beschloß gestern, den Re-
gierungspräsidenten Dr. Fuchs- Trier zum kommissarischen Obet-
prästdenten der Rhetnprovinz zu bestellen. Die gleiche Sitzung
beschloß, die folgenden Regierungspräsidenten aus allgemeinen
politischen Gründen in den einstweiligen Ruhestand zu versetzen:
von G er s d o rf-Merseburg, von S ch m e li n g-Stettin, von
Gröning - Koblenz, Freiherr Dalwigk von Lichteirfels-Aachen,
von Heppe- Aurich, Graf Meerseld- Münster und Dr. Kut-
scher- Hildesheim.
Die Verhandlungen über die bürgerliche
Arbeitsgemeinschaft.
Berlin, 19. Juli. Zwischen dm Abgeordneten Dr. Marx,
Dr. Stresemann nnd Dr. Pestersen, dm Vorsitzenden der
Reichstagsfvaktionen des Zentrums, der Deutschen Bolkspartei
und der Dsütsch-Demokratischen Partei würden heute v-ornnttag im
Reichstag die Verhandlungen Wer die Arbeitsgemeinschaft der
bürgerlichen Parteien fortgesetzt. Der Parteivorstand der Demo-
kratischen Partei trat ebenfalls am Vormittag 'im ReichstMsHr-
bäude zu einer Besprechung zusammen, die um die Mittagsstunde
noch nicht beendet war.

6,9 Milliarden Defizit bei der Rrichseisen-
bahnverwaltung.
Berlin, 19. Juli. Der Abschluß des ordentlichen Haus-
halts der ReichseifeNbahnverw'Munig für 1921 liegt nunmehr vor.
Er reigtbt eine Einnahme von 45,1 Milliarden und sine Ausgabe
von rund 52 Milliarden Mark. Der Fehlbetrag beläuft sich somit
aus 6,9 Milliarden Mark, d. i. gegenüber dem Haushaltsansatz
1921 von 10,8 eine Verbesserung von 3,9 Milliarden.
Bayern und das Schulgesetz.
München, 19. Juli. Der bayerische Gesandte tu Berlin,
Dr. Preger, trisst heute in München ein und wird sofort im baye-
rischen Ministerrat Bericht erstatten und an der Beratung über die
durch die Annahme des Schutzgesetzes durch den Reichstag ge-
schaffene Lage teilnehmen. An den Ministerrat schließt sich nach-
mittags noch eine Besprechung des Grafen Lerchenfeld mit den
Parteiführern der Regierungskoalition an, in der die Richtlinien
für Bayerns weitere Haltung sestgestellt werden soll. Irgendwelche
definitive Entscheidungen sind jedoch von diesen Beratungen nicht
zu erwarten, da die Parteiführer die Parteiausschüsse erst für Ende
der Woche einberufen habe». Ueber die Haltung der Regierungs-
parteien, soweit sie bisher seststeht, ist zu sagen, daß die Demokraten
in der Frage des Ausnahmegesetzes das Vorgehen der bayerischen
Regierung in Berlin billigen und'unterstützen, solange die Einheit
des Reiches dadurch nicht gefährdet erscheint. Auch die bayerische
Volkspariei will nicht den Bruch mit dem Reiche, so maßlos er-
bittert sich auch ihr extremer Flügel zeigt, sondern stimmt in dem
Grundsatz unbedingter Reichstreue mit den anderen Foaliiions-
parteien überein.
Zurückzishmr g bayerischer Truppen.
München, 20. Juli. Die in Munzingen, dem Truppen-
übungsplatz in Württemberg, übenden bayerischen Truppen der
Standorte München, Augsburg, Kempten, Lindau und Landshut,
sowie das aus dem Truppenübungsplatz Ohrdruf in Thüringen
übende Würzburger Reiterbajaillou sind mit Genehmigung des
Reichswehrministers wegen der gespannten politischen Lage tele-
graphisch an ihre Standorte zurückberufen worden, wo sie heute
einiressen.
Das Regiment an der Universität Berlin.
Berlin, 19. Juli. Rektor und Senat der Berliner Univer-
sität haben der „Vossischen Zeitung" zufolge den Vorsitzenden des
pazifistischen Studenienbundes mit einem Verweis bestraft. Den
Grund hierfür bildet ein Telegramm, wonach der Pazifistische Stn-
dentenbund ans „Anlaß des fluchwürdigen Verbrechens energische
Gegenmatzregeln erwartet". Bestraft wurden nach dem gleichen
Blatt auch die Veranstalter einer demokratischen Raihenaufeier, weil
sie das dem Rektor gegebene Versprechen nicht gehalten haben
sollen, keine politische Kundgebung zu veranstalten.
---
Derzeitiger Rektor der Universität Berlin ist der Geheimrat
N e r n st, der leider als Reaktionär nicht weniger tätig ist denn als
Physiker. Wir vermuten aber, daß das preußische Kultusministe-
rium ihm die Fortsetzung so seltsamer Maßnahmen, wie die vor-
stehend erwähnten, die Wohl eine — allerdings etwas lächerlich
Wirkende — Revanche für die Maßnahmen zum Schutze der Repu-
blik im Herrschaftsbereich der Berliner Universität sein sollen, nicht
gestatten wird. Denn diese „politischen Kundgebungen" sind nicht
gegen den herrschenden Staatsgedanken gerichtet, sie bewegen sich
vielmehr in seinem Sinn. Bezeichnend ist es übrigens, welche
Achtung die Reaktionäre da, wo sie heute noch die Macht zu haben
glauben, vor der akademischen Freiheit haben, von der sie sonst so
viel zu sprechen belieben.
Professor Einstein nnd der Mord an Rathenau
Berit«, 19. Juli. (Priv-Tol.) In dem Ausschuß des Völ-
kerbundes, der die internationalen geistigen Verbindungen organi-
sieren soll, sollte Deutschland durch Prof. Einstein vertreten
werden. Dieser teilt nun mit, daß er nicht beabsichtige, au den
Verhandlungen tetlznnehmen. Einstein hat einem französischen
Kollegen geschrieben, er sei über den Mord an Rathenau, dessen
persönlicher Freund cr war, so niedergeschlagen, daß er es vor-
ziehe, überhaupt nicht mehr an irgend welchen politischen Akttonen
toikzmtehmen.
Das Ende der Rathenau-Mürder.
Berlin, 19. Juli. Die von der Berliner politischen Polizel
sofort nach dem Bekanntwerden vom Aufenthalt der Mörder Ra-
theniaus auf Burg Saaleck dorthin entsandten Kriminalbeamten
sind jetzt znrückgekchri. Nach ihren vorläufigen Ermittelungen ist
anzunehmeu, daß nur Fischer Selbstmord begangen hat, Kern
dagegen von einem Beamten der Halleschen Polizei erschossen
worden ist. Me beiden Mörder haben auf die Aufforderung der
Polizeibeamten, die Türe zu öffnen, mit der Schußwaffe gedroht,
woraus die PMzeibeantten einige Karabinerschüsse nach dem Fen-
ster aibgaben, an dem Kern und Fischer standen. Beide zogen sich
zurück und ließen sich nicht wieder sehen. Erst nach einer Viertel-
stunde zeigte sich Fischer allein wieder und brachte ein Hoch auf
Ehrhardt aus. Ms die Beamten das Burgtor erbrochen hatten,
sanden sie in Dr. Steins Schlafzimmer Kern tot auf dem Bette
liegen, während Fischer sich im Nebenzimmer 'erschossen hatte. Die
Untersuchung der Leichen hat ergeben, daß Kern einen Karabiner-
ichuß in den Kopf erhalten Hai.
In den Ortschaften, wo sich die beiden Mörder zuletzt aufge-
halten halben, sind mehrere Verhaftungen wegen Verdachts der
BWünstiMNg vorgenommcm worden.'
Berlin, 19. Juli. Zu dein Ende der Mörder Rattienaus
wird miigeieUt, daß -der Inhalt ihrer Rucksäcke schon'gewisse An-
 
Annotationen