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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 121 - Nr. 130 (26. Mai - 7. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48723#0139
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^«KerzeiLuug für die werktätige Bevölkerung Lee Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppinger», Eberbach, Mosbach, Buchen,

Adelsheim, Boaeberg, Tauberbischofrheim und Wertheim.

Heidelberg, Dienstag, 30. Mai 1022
Nr. 124 * 4. Jahrgang

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 20.— Ml-, Anzeigenpreise:
Me einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 3.— Mk., Reklame-Anzeigen
M mm breit) 8.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
- Weheimmittelanzeigen werden nicht ausgenommen.
desch üftsstunden: 8—V,6 Uhr. Sprechstunden der Redaktion: 11—12 Uhr.
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Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton:
Dr. E. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales?
O.Geibel; fiir die Anzeigen A. Friedmann, sämtl. in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbasischen Verlagsanstalt G. m. b. H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schroderstraße 30.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2613.

Der Reichskanzler über Genua.
Verteidigung des deutsch-russischen Vertrages gegen die Politik Lloyd Georges. — Keine
Erklärungen über Paris und die Regierungskrise.

* Heidelberg, den 30. Mai.
Irgend eine Ueberraschuttg, etwas Neues über das hinaus,
lvüs bisher schon bekannt war, hat die gestrige Kanzlerrede nicht
gebracht. Die so außerordentlich wichtigen Reparationsverhand-
lungen in Paris, die soeben durch die Ueberreichung der deutschen
Antwortnote zu einem gewissen vorläufigen Abschluss gekommen
lind, hat der Kanzler nur ganz beiläufig gestreift, über die Regie-
rungskrtse, die tagelang das Reichskabinett und die Presse
beschäftigte, hat er überhaupt kein Wort gesagt, offenbar in dem
Glauben, daß das, was in den vertraulichen Verhandlungen des
Auswärtigen Ausschusses darüber gesagt wurde, genüge, daß das
Ohr der Oesfentlichkeit diese Dinge nicht vertrage. Wir haben schon
öfters gegen diese Art von Geheimpolftik Front gemacht, wir tun
es auch jetzt wieder, weil es nach unserer Meinung nicht zur Schu-
ung des Volkes im außenpolitischen Denken beiträgt, wenn über
die wichtigsten Tagesfragen immer nur vor Eingeweihten im ver-
traulichen Kreise gesprochen wird. Nach und nach sickert ja doch
das eine oder andere aus diesen Verhandlungen in die Oefsent-
lichkeit durch, dann aber zusammenhanglos und parteipolitisch ver-
zerrt. Gerade darum hätten wir gestern eine reinigende und klä-
rende Erklärung der Regierung auch über diese Dinge erwartet,
wir bedauern, daß sie nicht gegeben wurde.
Den größten Teil seiner Rede hat der Reichskanzler dem
deutsch-russischen Vertrag gewidmet als Antwort auf
di« Ausführungen Llohd Georges im englischen Unterhaus. Auch
durch diese Reden sind die Bedenken, die wir von Anfang an gegen
Pe Fehler in Psychologie und Taktik bet diesem Vertragsabschluß
Eten, nicht zerstreut worden. Wertvoll dagegen sind die Fest-
stellungen des Kanzlers, daß der Vertrag keinerlei Zusatz und auch
Win militärisches Geheimabkommen enthält, daß er ein ausrich -
»iges und ehrliches Friedenswerk ist, das in wirt-
schaftlicher und sozialer Beziehung die Brücke zwischen Ost und
Eöest schlagen soll. Aber mit Recht hat unser Fraktionsredner Ge-
nösse Hermann Müller in der Aussprache darauf hingewiesen,
daß diese neue Ostpolitik sich für uns fruchtbar nur auswtrken kann,
wenn sie verbunden ist mit der Erfttllungspolitik im
Weste n, d. h. also mit einer Verständigung mit Frankreich über
die Reparationsfrage. Damit ist jede Interpretation des Rapallo-
vertrags als einer deutsch-russischen Koalition gegen Frankreich, als
ein Versuch, um die Erfüllungspolittk hernmznkommen, von vorn-
herein ab gewiesen.
*
Sitzungsbericht.
Berlin, den 29. Mat.
Das Haus ist gut besetzt. Die Tribünen sind überfüllt. Zahl-
reiche Vertreter fremder Gesandtschaften wohnen den Verhandlun-
An her.
Am Regterungsttsch: Reichskanzler Dr. Wirt h, Außenminister
Dr. Rathenau, die Minister Hermes, Radbruch und
Schmidt.
Präsident Loebe eröffnet die Sitzung um 2.20 Uhr. Auf der
Tagesordnung steht nur die Entgegennahme einer Erklärung der
Reichsregierung.
Reichskanzler Dr. Wirth
llimmt dazu sofort das Wort und stellt fest, daß er bereits im Aus-
wärtigen Ausschuß über die Politik der Reichsregierung vor Genua,
m Genua und nach Genua berichtet habe. Er führt dann aus: Es
erübrigt sich deshalb, an dieser Stelle das dort bereits Vorgetragene
Noch einmal vorzutragen. Die Reichsregierung hat auch nicht
die Absicht, über die Pariser Verhandlungen hier im Plenum
Noch einmal ausführlich» und eingehend zu sprechen. Wir sind der
Auffassung, das;
die Pariser Verhandlungen
Mr Zeit im vollen Flusse sind, daß eine diplomatische Aktion im
Gange ist und daß deshalb die Negierung über das, was durch
wre berufenen Vertreter im Auswärtigen Ausschuß bereits erklärt
worden ist, nicht hinausgehen kann. Es kann sich heute hier also
üur darum handeln, zu den bereits historisch geworde-
ne n Vorgängen tnGenua noch einmal Stellung zu nehmen.
Eine eigenartige Feier ist im Vorigen Jahre in ganz Deutschland
begangen worden; es war die Feier für den großen italienischen
Patrioten und Dichter Dante. Kaum eine Stadt in Deutschland
hat es sich bei der Feier des 600jährigen Todestages dieses gewal-
ugen Mannes und Dichters beiseite gestellt. Ein Jahr nach dieser
Feier hat Italien Gelegenheit gehabt, auf seinem Grund und
Boden in Genna die Vertreter aller europäischen Nationen ver-
sammelt zu sehe», Vertreter, die znsammenyekommen sind, um
einer großen Idee zu dienen, der

Idee der Solidarität der europäischen Völker.
Alle Schichten des italienischen Volkes haben die große Ausgabe
der Konferenz von Genua richtig eingeschätzt und ich darf auch an
dieser Stelle im Namen der deutschen Reichsregierung dem italieni-
schen Volke den aufrichtigen Dank des deutschen Volkes darbringen
für die würdige Art, für die zurückhaltende Art und für
die gute Einfühlung des gesamten italienischen Volkes in die
großen Aufgaben der Konferenz von Genua. Diesen Dank dehne
ich aus auch auf die italienischen Staatsmänner, die
die Konferenz geführt haben. Ich darf in Ihrer Mitte die Frage
formulieren: Was sollte Genu« sein, und was ist Ge-
nua gewesen? Es ist leider die Frage zu diskutieren: Was
sollte Genua fein? Die Idee, von der ich schon sprach, ist in Eng-
land aufgeworfen. Dort ist der Ausgangspunkt gewesen und
dort liegt die Initiative, die Völker Europas friedlich um einen
Tisch zur Besprechung der großen Probleme zu versammeln. Der
Gedanke war groß, kühn, erhaben. Er ist vielleicht zu groß, zu weit
gedacht, als daß sich jetzt schon der Gedanke bis zum letzten Rest
hätte verwirklichen lassen. Der Gedanke ist zunächst eingeschränkt
Worden durch die Weigerung Amerikas, der Konferenz
fcrnzubleiben, sodann durch die Haltung Frankreichs, die die Ta-
gesordnung für die Konferenz so beschränkte, daß nicht einmal alle
die wichtigsten europäischen Krisen in das Programm ausgenom-
men werden konnten. E x i stieren üb e r h auvt noch euro -
päische Krisen? Man kann große Gruppen von Fragen inner-
yäVMser europäischen Krisen unterscheiden. GS ist Mer die Krise
der ehemaligen Staaten und Bündnisse, wie sie vor dem Kriege
bestanden und die zum Kriege geführt haben, es ist die Krise in
den europäischen Staaten selbst, es ist die Krise in
der europäischen Kultur und der sozialen Spannung, es
ist schließlich die Krise der europäischen Gesamtwirt-
schaft. Das Instrument, das alle diese großen Krisen theoretisch
endlich einmal allesamt beheben sollte, sollte die Konferenz von
Genua fei». Aber trotzdem das Programm reduziert worden ist,
müssen und wollen wir ihnen doch dankbar sein, die mit so großer
Energie dem ursprünglichen großen Gedanken, die Völker zusam-
menzuführen, getreu geblieben sind, und die trotz aller Sa-
botage-Versuche die Konferenz Wochen hindurch geführt
haben.
Die Fragen, di« in Genna nicht offiziell behandelt worden sind,
find vielleicht die wichtigst»« gewesen. (Sehr richtig.) Ich erinnere
nur an die Reparationssrage. Für uns ist diese Frage die
wichtigste. Die Reparationsfrage ist nicht nur als eine
deutsche Frage anzusehen, ste ist vielmehr eine europäische
Frage. (Sehr richtig!) Gerade die erste Möglichkeit, seit acht
Jahren mit den Verantwortlichen Staatsmännern in Verbindung
zu kommen und mit ihnen vielleicht die Reparationsfrage besprechen
zu können, hat uns Veranlassung gegeben, trotz aller Enttäuschun-
gen in Genua zu bleiben. Kaum jemals ist ein Gespräch geführt
worden zwischen Verantwortlichen Politikern der einen mit der
anderen Macht, wo nicht sehr bald die Sprache aus die Reparationen
gekommen ist. Die Konserenz von Genua bedeutet zweifellos einen
Fortschritt. Wir sind zum ersten Male als gleichberechtigte Macht
auf eine Konferenz gekommen. (Lachen rechts.) Warum nran dar-
über lachen kann, ist mir unbegreiflich. (Zustimmung.) Schon die
eine Tatsache, daß 3)4 Jahre nach dem Waffenstillstand, nach einem
unermeßlich blutigen Ringe« die Mächte sich einmal friedlich in
einer gewerbetreibenden Stadt versammeln, daß ste miteinander
in Berührung traten, daß sie die Probleme der Wirtschaft und der
europäischen Politik besprechen, daß ste eine Brücke schlagen von
Volk zu Volk, schon allein diese Tatsache ist ein großer und einzig-
artiger Fortschritt. Dieser Fortschritt ist anzuerkennen. Wir müssen
uns in Deutschland davor hüten, daß wir alles, was vergangen ist,
unterschätzen.
Wir haben in Genua Politik gemacht im Sinne einer euro-
päischen Verständigung, aber es hat sich im Laufe der
Konferenz von Genua herausgestellt, daß neben dem Begriff des
Obersten Rates, der dort nicht in die Erscheinung getreten ist, eine
neue Union sich gebildet hat: die einladenden Mächte, zu denen
wir selbstverständlich nicht gehören. Es hat sich schon in der ersten
Woche herausgestellt, daß ohne uns und ohne daß wir eine Gewähr
dafür hatten, daß unsere Interessen gewahrt wurden, die ein-
ladenden Mächte
Verhandlungen mit Rußland
begonnen hatten, denen wir nur mit der größten Sorge entgegen-
schauen konnten. Es war deshalb notwendig — und dies war
nicht ei «Irrtum der deutschen Politik, sondern es
war pflichtgemäßes Handeln (Sehr richtig!) — daß wir dann selb-
ständig versucht haben, unsere Fragen mit Rußland zu lösen, nach-
dem die anderen uns zu einem solchen pflichtgemäßen Handeln uns
geradezu gezwungen hatten. (Erneute Zustimmung.) Wer den
Vertrag von Rapallo
ohne Vorsingenommenheit durchlieft, muß zugestehen, daß der
Vertrag ein ehrliches und -aufrichtiges Friedenswerk ist. Unver-
ständ!ichsst deshalb auch die Aufregung, die sich ge-
radezu au Viesen Vertrag geknüpft Hat. Wer hat den» de« Buloß
zu diesem Vertrage gegeben? Das ist die Entente selbst. (Leb-
hafte Sustknmungk) Nur an lvenigen Beispielen möchte ich zeisem

daß dieser Anlaß nur bei der Gegenseite liegt. Ich erwähne: 1.
Daß -durch die Aufhebung der materiellen Bestimmungen des
Brester Friedensvertrages nutz der dazu gehörigen Bestimmungen
und Zusatzverträge eine Neuregelung des Verhältnisses zwischen
Deutschland und Rußland vorgenommsn werden mußte. Durch
Dir Aushebung der Bestimmungen des Brester Friedens war jedoch
nicht etwa der Kriegszustand zwischen Deutschland und Rußland
wiederh-ergestelll worden, aber unbedingt notwendig war eine
Neuordnung, eine Formulierung und schlieWch eine Abstreichung
der gegenseitigen Forderungen. 2. Durch den Art. 116 -des Frie-
dMsvertvages von Versailles hat uns die EMente genötigt, de«
hier geschaffenen Ausgleich mit Rußland zu erreichen. Es ist mit-
unter notwendig, der WM den FriedenSvertrag wieder etwas
näher zu bringen und auch in Genua ist man den Eindruck nicht
losgeworden, daß bei sehr vielen Politikern, aus aller Welt die
Kenntnis des Friedensvertrages und spez. des Art. 116 keine all-
zugvotze ist (Hört, Hört!), ich darf deshalb diesen Artikel 116 hier
noch ein-mal zur Verlesung bringen. (Der Reichskanzler verließt
dann den Artikel 116 nocheinmal 'm seinem Wortlaut und fährt
daun fort): . Nun folgt der bedeutsame Satz: Die alliierten und
assoziierten Mächte behalten sich ausdrücklich die Rechte Rußlands
vor, von Deutschland eine Wiedevherstellnng und Wiedergutma-
chung zu erhalten, die den Grundsätzen des gegenwärtigen Ver-
trages entspricht. Das also ist die verhängnisvolle nnd politisch
bedeutungsvolle Klausel im Art. 118. Dieser Artikel 116 war für
Ms die Pflichtgemäße Notwendigkeit, mit Rußland, da die anderen
uns nicht beigezogen haben, zu einem Ausgleich und zu ein««»
ehrlichen gegenseitigen Vertrag zu gelangen. Somit ist der Ver-
trag von Rapallo lediglich die Fortsetzung der im deutsch-russischen
Vertrag vom 6. Mai 1921 bereits vorgesehenen weiteren Regelung
der zwischen Rußland und Deutschland bereits bestehenden Ver-
träge. Der Vertrag ist in seinen Grundzügen lange vor
Genua fertig gestellt worden. Deutschland hat jedoch
von dein Abschluß des Vertrages vor 'Genna abgesehen in der
Hoffnung, daß die Leitsätze des Vertrages dem voraussichtlichen
Genua-Pakts an-gepaßt werden könnte. Deutschland wollte kurz
vor Genua jede Sonderiaktion Venneiden. Der englische Pre-
MieriMMster hat in seiner ersten Rede nach der Konferenz den
Vertrag von Rapallo als einen großen Fehler bezeichnet. Es wird
jedoch davon abhängen, auf welchen Standpunkt der europäische«
Politik man sich stellt, ob inan den Vertrag von Rapallo als sair
Mer unfair betrachtet. Der englische Premier hat jedoch -auch aus-
geführt, daß die Entwicklung der Vrhältnisse Deutschland und
Rußland zu einem solcken Schritte des gegenseitigen Verstehens
und Verständigens geführt hat. Man- müßte diesen Satz zweimal
lesen, um die Stimmung zu verstehen, die zu dem Vertrage geführt
hat. Darm liegt der Irrtum Nicht auf unserer Seite. Lloyd
George hat aber in der gleichen Rede auch, die Völker gewarnt,
die beiden Völker, das deutsche und das russische, nicht mehr wei-
ter zur Verzweiflung zu treiben, da sonst ungeahnte Schmerzen
aus einem derartigen Unverstand entstehen müßten.
Ich kann hier nur wiederholen, daß der Vertrag von Rapallo
keinerlei derartige Absicht enthält. Lloyd -George hat in seiner
Rede auch die zahlreichen Nachrichten von einem gehei-mnisvMs»
mMärischen Abkommen zwischen Deutschland und Rußland im
Anschluß an den Rapallovertrag ins Reich der Fabel verwiesen.
Dieser Vertrag enthält leinen geheimen Zusatz und folglich auch
keinen militärischen. Jede böswillige Behauptung, die jetzr dar-
über erhoben wird, ist das, was ste von allein Anfang an war:
eine böswillige Verleumdung, um dem erstell Friedeuswerk i-n
Europa Schwierigkeiten zu Sereirert. (Sehr richtig!) Die Bestim-
mungen des Vertrages sind bereits in Wirksamkeit getreten. Wir
beabsichtigen, noch den Vertrag in seinem Nollen Umfange dem
Hause zur Diskussion und zur Genehmigung im Rahmen der Vor-
faffung vorzulege«.
Wir haben versucht, eine Brücke zu schlagen zwischen der
östlichen und westlichen Auftastung, doch ist dieses Werk in
Genua nicht ganz zum Abschluß gekommen.
Es Wird vielmehr fortgesetzt werden durch eine Tagung der Sach-
verständigen i m H aag. Neben der russischen Frage stikd in Ge-
ling andeutungsweise auch noch andere Fragen zur Diskussion ge-
stellt worben. Ich erinnere hier nur an die Trenga Dei, ein
Gedanke, ebenso groß und ebenso erhaben wie die großen übrige»
Gedanken, die zur Genueser Konferenz geführt haben. Eine Trsng-a
Dei, wie sie vorgeschlagen worden war, wär« für das deutsche Volk
zwar eine sehr schmerzliche Sache gewesen, allen andern Völkern
Europas den Frieden zu geben und nur das deutsche Volk fort-
gesetzten militärischen und andern Sanktionen ausgesetzt zu lassen.
(S-ehr richtig.) Der Gedanke ist denn auch allmählich in den Hin-
tergrund getreten. Wir können das -bedauern. Es war eben die
WM noch nicht reis dafür. Die Nrberwfttduug der großen Krisen
mit Gewalt ist eben nicht möglich. Es ist dann eins Trsuga Dei
kleinerer Form zustande gekommen, dis verflicht, die VerhiMnisft
der Ostgrenzen zunächst in einem BeharrungszusrANd zu belassen.
.Es ist nicht sehr viel, was dabei herMWÄommen ist, aber es M
doch ein tteilter Schritt auf deut Wegs der MMmeittKl' Befriedi-
gung Europas. Wir wollen diesem AMulen auch dienen und un-
sererseits auch Helfs»,.wo es mSMch ist. Wenn dies geschehen
soll, so müssen wir in -er großen Frag« -uns alle beherrschen: i»
der R-.'parMonsskstge, die mit »«r -OaRrtiosrsfMste'rEM-ftmWech»
 
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