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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 121 - Nr. 130 (26. Mai - 7. Juni)
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-äugt. Dio. ««ngttickselige PMtik der Teriume Mich doch e-mmm
nrdWttig WOören. - (Zustkmmmg.)
Die Politik der Termine bedcniet den Tod fiir jedes Bolt.
Die Erregung ergriff -das deutsche 'PoK, ergriff d'-e.
Neutr-alen in steigsudenl Maß« von Woche zu Woche und nm« Wird
den. Eindruck nicht los, daß die so geschaffene Spannung eine ttinst-
lich gewollte Mache gewesen ist. Wir wollen diese Spannung in
ihren Hauptpunkten als überwunden anseyen. Jetzt handelt es
sich darum, nicht in eine kritische WürDtgnng des 31. Mai oiiijn-lro-
ten, -sondern Vie -großen Ziele einer allgemeinen BefriMgunig mit
d-e-ir zur Zeit in Paris. geführten- VerHanWnngen in Verbindung
zu bringen. Die Sankiionspolitik weiterzrrfüyren, hieße nichts
anderes als Genua vollkommen zu verneinen. So bitten wir Sie
nu-ch -den Vertrag von Rapallo als einen Friedens-Vertrag zu wür-
digen und unsere persönliche Füllluu-gnaymc mit den Polititem
aller Rationen als einen Fortschritt zu würwgem ebenso den
lleinm Schri-ttz die östliche und westliche WM einander wieder v-sr-
stänidmsvoll «Sver zu bringen. Ferner Mten wir Sie, -unsere Po-
litik zu nnterstützen, damit eitle Befriedigung Europas und na-
mentlich auch ein Friede für das deutsche Volk erzielt werden kann.
(Lebhafter Beifall.) ,

Die W§rgaÄL der deutschen Antwort in Paris.
Paris, 29. Mai. Die deutsche Note an die Reparationskom-
mission ist heute von einem Gonderkurler mach Paris Überbracht
und na chmittags 3 Uhr von Staatssekretär Fischer der fran-
zösischen Regierung ü Verre ich t »vordem Die R e p a rat i o n S-
-kom Mission trat unmittelbar daraus zu einer Sitzung zusam-
mcu. um Mer den Text der deutsche,» Note zu berate». Bis zur
Stunde ist weder Mer den ÄMhalt der deutschen Rote »roch über
ihre Beurteilung durch dir ReparationSkommifston eine offizielle
Mitteilung erfolgt.' - -
Kesns Unsdehnuttg der Rheinbefetzung.
Paris, 29. Mai. In einer Sitzung des Minister-
rats sind die dem Kriegsminister erteilten Aufträge zur Vorbe-
reitung einer Ausdehnung der Besetzung des Rheins rückgängig
gemacht worden. Der Beschluß lautet dahin, das? die bereits ab-
transportierten TruppenverHiinde vis auf weiteres an dM Orten
verbleiben, wo sie sich befinden. Die noch vot gesehen e n
Lr«nsporte Haven zu unterbleiben. Truppen der aktiven
Regimenter sind, wenn keine Gegenaufträge erfolgen, bis zum
2. Juni in ihre Garnisonen zurükkzuvringen.

Die Aussprache.
. Mg. Müller-Franken (Soz.)
betonte, daß es zweckmäßig sei, gegenwärtig nicht auf die Pariser
Verhandlungen näher einzugehen, sondern sich auf die Genua-Kon-
ferenz zu beschränken. Diese Ergebnisse mutzten bescheiden sein.
Weil unter dem Druck der französischen Politik das wichtigste
aller Probleme, das Reparationsproblem, von der Tagesordnung
gestrichen worden war. Gerade die deutschen Sozialisten bedauern
hm meisten die gehässige Art, mit der Barthou als offizieller Ver-
treter Frankreichs gegen Deutschland auftrat, und sie haben dir
Befürchtung, daß diese Betonung des Rechtes aus Sanktionen
und des französischen Militarismus, diese Provokation eines
Wehrlosen Volkes
den Nationalismus in Deutschland stärke»
pnüsse. Von den Vertretern anderer Länder sei dagegen bereits
anerkannt worden, daß der Vertrag von Versailles die
Wurzel allen Nevels ist. Ter Abschluß des deutsch-russi-
schen Vertrags hatte seine Ursache nicht zuletzt darin, datz zeitweilig
in Genua selbst gegen den Geist von Genua verstoßest worden ist.
Die Verhandlungsmethode der einladenden Mächte mußte direkt
Pie Delegationen der beiden Länder zusammensühren, die sich von
einer wirksamen Gefahr bedroht glaubten. Die breiten Masten
des deutsche» Bottes habe» den Vertrag freundlich ausgenommen,
weil sie instinktiv fühlten, daß hier ein wirklicher Friede geschaffen
war. Er kann sich aber rmr dann auswirken, wenn Rußland auch
zu den anderen maßgebenden Staaken wieder normale Beziehungen
anlnüpft.
Die Propagandisten der Entente haben versucht, Verwirrung
in die Welt zu tragen durch die Behauptung vost einem deutsch-
russischen Geheimabkommen, das «ar nicht existiert. Diese
Behauptung ist ersreulicherweise mit der nötige» Deutlichkeit ?, ü -
rttckge wiesen worden. Die sozialdemokratische Partei würde
den Staatsmann sofort stürzen, der eine solch gemeingefährliche
Politik einschlagen würde. Ueberdies hat die Entente ja in dem
Völkerbund das Instrument, den Weltfrieden zu schützen, und
es soll betont werden, daß die deutsche Demokratie ihre ganze
Kraft in den Dienst der VötteiversShnung stellt. Deshalb sind die
törichten Köminesttar«zu bedauern, die in einem Teil der
deutschen Presse zu dem Vertrag von Rapallo erschienen sind.
Dieser Vertrag kam, die Brücke für Deutschland nach dem Osten
nur bilden, wenn er verbunden wird, mit dem Versuch der Ver-
tragserfüllung «ach dem Westen. Die Pariser Verhand-
lungen bieten eine glänzende Gelegenheit, die Erkenntnis in die
Lat umzusetzen, daß die Völker alles Interesse daran Häven, daß
die deutsche Demokratie leben kann.
Avg. Marx (Ztr.) begrüßt Genua als einen bedeutsamen
Markstein auf dein Wege unserer Politik, die zum Ziele habe, die
Wiederherstellung unseres Vaterlandes, die Wiedergewinnung der
völligen Gleichberechtigung mit den anderen Staaten, die Sicherung
des Friedens Enropas. Ein Fortschritt sei schon die Zulassung
Deutschlands zu einer Konferenz anderer Staaten. Darin sehen
wir einen Fortschritt, der der KoalitionspoMik zu danken ist. "Ihr
verdanken wir auch die Aufrechterhaltung der Einheit des deutschert
Reiches. Der geschickten Haltung besonders des Reichskanzlers
und des Außenministers ist es zu danken, daß Deutschland die ihm
gebührende Stellung aus der Konferenz habe einnehmen können.
Die Beratungen werden abgebrochen und das Haus vertagt
sich. Dienstag 11 Uhr: Deutsch-polnisches Abkommen
über Oberschlesien. In einer zweite» Sitzung, nachmittags 2 Ubr,
soll die Besprechung der Regierungserklärung über Genua fort-
gesetzt werden.
Schluß 4 Uhr.
WlWmW, W M BIT

Dsrrtfchlm»ds Aufnahme in den Völkerbund?
L o- n von, 29. Mai. Nach einer Meldung der „Times" wird
die Völkerbundsversamrnlnng im Laufe der Septembersession die
Frage prüfen, ob Deutschland zum Völkerbund zuznlafsen.sei. Der
Völkerbundsrat habe bereits im Monat Mai die Frage geprüft
und sich sür die Zulassung Deutschlands ausgesprochen, wenn
es am 31. Mai die Forderungen der Reparationskommission erfüllt.
L Y o n, 29. Mai. Der Präsident der Kontrollkommission deS
Völkerbundes, der französische Delegierte Noble Maire, sprach
sich aus einer am Sonntag zu Lyon auf Beranlafsüng der französi-
schen Völkerbundsvereinitzung gehaltenen Rede entschieden für die
baldmöglichste Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund aus
unter der Voraussetzung, datz Deutschland einen Beweis seines
guten Willens und der Loyalität geb«, wozu es im Hinblick aus die
am 31. Mai fälligen Verpflichtungen eine ausgezeichnete Gelegen-
heit habe.
Dis BoeLsreitmrgen z«r Haager Konferenz.
G e n u a, 29. Mai. Der Präsident Lex Konferenz von Genua
ha: jetzt im Einvernehmen mit der niederländischen Regierung die
Einladungen zur Konferenz im Haag versandte Die an der
Genueser Konferenz beteiligt gewesenen Staaten, in i t An s -
nah m c Deutschlands, werden im Haag mit Höchstens je
zwei Delegierte,» vertreten sein, denen eine entsprechende Anzahl
Sachverständiger beigegeben wird. . Die Delegierten werden, mit
Ausnahme der Deutsche» und Russen, bereits am
!5. Juni jm Haag zur Zusammensetzung der Kommissionen und
Aufstellung der Tagesordnung zusammentreten. Am 26. Juni be-
ginnen dann die eigentlichen Verhandlungen zwischen den Kommis-
sionen der Mächte einerseits und der russischen Kommission ander-
seits. Die Namen der Teilnehmer der Länder und ihrer Vertreter
werden spätestens bis zum 26. Juni durch das Generalsekretariat,
dem ein Holländer verstehen wird, bekanntgegeben. Die Kommis-
sionen sollen ihre Arbeiten über die Frage der russische» Schulden,
des Privatbesitzes und der Kredite für Rußland möglichst so ge-
stalten, daß sie zur gemeinsamen Ausstellung von Empfehlungen an
die Regierungen gelangen. Mit der Vorbereitung und Organisation
der Konferenz ist der niederländische Generalkonsul Dr. van de
Sande-Baklayze«, welcher der niederländische,»Dttegation
in Genna angehörte, beäusttägt worden.

Badische Politik.
Eine Rede des badischen Staatspräsidenten.
» Karls ruh c,den 2S. Mai.
Aus her-'Lande'sveqanWftm-«' der deutsch-Lemokratt-
sch e n P a r t e i Bah e n s hat deren Führer, Staatspräsident und
Kultusminister Dr. Hummel, eine Rede gehalten, die nicht Nur
für die badische Bevölkerung, sondern auch für die Politiker außer-
halb Badens manches Interessante enthält. Vor allem hat sich
der Staatspräsident dabei in bemerkenswerter Weise zur Frage des
Föderalismus ausgesprochen.
Er hat erklärt, datz die badische Politik, und zwar die aller
Richtungen und aller Parteien, „auf dem Boden einer ge-
sunden föderalistischen Auffassung stehe". Mit Nachdruck ist
hierunter das Wort „gesund" Yervorzuhcben. Der Staatspräsident
versteht unter einer gesunde« föderalistischen Politik eine Po-
litik, die die berechtigten Sondertnteresfen und die berechtigte Eigen-
art der einzelnen Länder wahrt, gleichzeitig aber Iren und unent-
wegt zum Reiche hält. Eine Politik, die durch ü b e r trievenen
Föderalismus, also durch Parti kn larismus, die Retchsein-
heit gefährden könne, werde'Bad en niemals mit-
machen. Gewiß habe man auch in Baden mancherlei Bedenken
gegenüber Maßnahmen, die von Berlin ausgehen. Aber die guten
Beziehungen zum Reich und zur Reichsregierung, die auf einem

„König Kohle".
Von Upton Sinclair.
(86. Fortsetzung)
„Ich werde zur gleichen Zeit bet der Vordertür hinausgehen"
— sagte Edstrom; — seine alte Stimme zitterte vor Aufregung. —
„Vielleicht bringt sie das ein wenig von der Spur ab."
Tie hatten ödem in Mac Kellars Zimmer gesessen. Nun er-
hoben sie sich und strebten der Treppe zu. In diesem Augenblick
läutete es am -die Vordertür. Sie machten HM, starrten einander
an. „Da sind sie schon" — flüsterte Keating.
Mae Kellar sank auf einen Stuhl und reichte Hal die Krücken.
„Hut und Ueberrock sind im Vorzimmer" s-agre er -astig. — „Wa-
gen Sie den Versuch!" — Seine Worte waren energisch, -doch auch
keim Stimme zitterte, gleich der Edstroms. Er war nicht mehr
jung, konnte -Has Abenteuer nicht von der heiteren Seite aufsasscn.
Hal und Keating liefen die Treppe hinab. Edstrom folgte
ibnen. Ha! nahm Hut und Ueberrock, als sie die Hintertür erreicht
hatten, öffnete Edstrom -die Vordertür.
Die Hindertür ging in- -Ären Hof, dieser mündete durch ei-nie
Seitenpforte in eine Allee. Hals Herz klopfte heftig, als er an
den Krücken dahinhumpelte. Er mußte Mac Kellars langsamen
Gang einhallten- — Keating, der neben Hit Herschritt, begann laut
zu reden, erzählte „Herrn Mac Kellar", "daß die „Gazette" eine
Zeitung sei, die an die Sache des Volkes -glaube -und sich verpflich-
tet fühle, in -allen öffentlichen Angelegenheiten die Partei des
VEeS zn ergreifen. So sprechend traten sie durch das Lor in die
Allee. -
Aus dem Schatten glitt ein Mann heraus -und folgte ihnen.
Er kam aus etwa -drei Schritte -an Hal heran und betrachtete ihn.
Zum Glück war kein Mond; Hal vermochte nicht, des Mannes Ge-
sicht zu unterscheiden und hoffte, daß es den» anderen ebenso er-
ginge.
Inzwischen redete Keating unablässig weiter: „Sie werden ja
begreifen, Herr Mac Kellar" — sagte er — „datz es in einer der-
artigen Situation schwer ist, sich ausznkennen. Wenn die daran
Beteiligten ihre Zeitungen mit Lügen, und Uebertreibungen an-
sütten, liegt für uns die Versuchung ssür nahe, ebenfalls Lügen
und UkbertreibuiMn des anderen Lagers zu veröffentlichen. Auf
die Dauer aber lohnt es doch nur, bei der Wahrheit zu Weiden,
Herr Mac Kellar, dann kann man sich ans seine BclMtptungen ver-
steifen und braucht nichts zu widerrufen."

Es muß zugegeben werdens daß Hal diesen belstzrenden Wor-
ten bloß wenig Aufmerksamkeit schenkte. Er blickte -gerade vor üb,
wo die Allee in die Straße mündete. Diese Straße führte in näch-
ster Nähe der Bahngleise an Mac Kellars Haus vorbei.
Er wagte es nicht, sich mnzuföhen, lauschte gespannt. Urplötz-
lich erKan-g ein Ruf, Edstroms Stimme: „Laufen Sic! Läufen
Sie!"
Hal ließ die Krücken fallen und begann zu rennen. Keating
ihm nach. Sie vernahmen Schreie, dann, ganz ist der Nähe, eine
befehlende Stimme: „Halil" Eben wollte»» sie von der Allee in dre
Straße einbiegen, da krachte ein Schutz, gleich darauf erscholl Der
Klang zerscherben-deij -Glases in einem Haus auf Der anderen Sette
der -Straße,
Etwas weiter war ein Bauplatz, über den ein Weg führte. Sie
erreichten ihn, deckte» sich hinter Schuppen, kamen- in eil« andere
Straße, --- zu den Gleisen. Bor ihnen stand eine, -lange Reihe
Frachtwagen, sie krochen zwischen zwei derselben, kletterten über
Vie Koppelung und befanden sich einer großen Lokomotive gegen-
über, deren grelles LaternenLicht ihre Augen blendete. Vorlau--
scl.D passierten sie den Teilder, einen Frachtwagen, et»«»» Salon-
- wagen.
„Da wären wir" — sagte Kea-ting, der wie ein Blasebalg
keuchte. Hal sah, daß Der Zug noch aus drei Waggons bestand,
sah auch einen Mann in blauer Uniform auf den Stufen des eilten
stehen. Er stürzte -auf ihn zu: „Sie, Ihr Waggon brennt!"
„Wie?" — schrie der Mann, — „Wo?"
„Hier!" — rief Hal -und sprmM an ihm vorbei die Sinsen
hinaus in den Waggon.
Ein langer, enger Korridor, der Küchengang des Speisewa-
gens, -auf der anderen Seite eine selvstschlietzersde Tür. Ohne den
Ruf« des Schaffners Aufmerksantteit zü schenken, eilte Hal zur
Tür, warf Hut und Mantel ab, stieß sie auf und befand sich in
einem hellerleuchteten Raum — dem Sohn des KoblenkSnigs
gegenüber.
Weitzer Damast und seingeschlissenes Was leuchten HM im
elektrischen Licht, Dessen Glanz durch rosige Lampenschirme gemil-
dert war. An Den Tischen saßen ein halbes Dutzend junger Män-
ner, ebensoviel« junge Mädchen und einige ältere Damen; alle in
Avenvioiletic. Sie waren Vein« ersten Gang, lachten und plauder-
te», als urplötzlich dieser unerwartete Gast erschien, in schmutzige
Berg-nmnustracht gekleidet. Er Machte zwar keinen furchterregenden
Eindruck, doch kam gleich hinter ihn« ein Dicker, schlviHender-Maim-,


wirtlichen innerlichen Verhältnis zu«iiMder vernhöu. seien me-
in als durch diese Bedenken.«Lnstlich gestört-wordenR -
Im Rahme,» dieser EMärimg muß dann die weitere Feststel-
lung, daß heute eine besonders enge Zusammenarbeit zwischen der
badischen, württemberglscheO-,,nd bayerische» Regwruug bestehe,
gewertet werden Diese Zusainrnenarbeil richtet sich nicht und
kann-sich nicht richten gegen das Reich. Sie ist not-
wendig geworden allein durch die Tatsache, daß eben eine ganze
Reihe von Interessen für die füddeuts«hen Länder gemeinsam sind.
Gemeinsame Interessen legen aber auch ein gemeinsames Operiere»
nahe. Nicht mit Unrecht hat der Staatspräsident -gesagt, daß es
sehr gut gewesen wäre, wenn schon in Mheren Zeiten, unter dem
alten System, die Minister der süddeutschen Länßer zusammen-'
gekommen wären und sich ausgesprochen hätten. Auch wir stim-
men dieser Ansicht rückhaltlos zu. Es hat in der List bis zu den
Tage«» des Zusammenbruchs bei uns im Süden an einem wirklich
bedeutsamen Gegengewicht gegenüber der Berliner Politik gefehlt.
Und das war nm so bedauerlicher, als es belannternratzen genügend
klare Mpfe im Süden geghven hat, Lid das Unheil herankommen
sahen, das uns voll der Politik der kaiserlichen Negierung in Berlin
drohte. Aber es bestand damals nicht die Möglichkeit, diese Mäm
»er zu einem einheitlichen Vorgehen zusammenzufaffen. Hätte sie
bestanden, so wäre vielleicht manches anders gekommen. Von jetzt
ab wird es also Ausgabe der süddeutschen Länder sein müssen,
darauf zu achten, daß im Gksamtbetrieve der deutschen Politik die
größer« politische Erfahrung des Südens, von der man ruhig und
ohne jede Ueberhebnng sprechen kann, mit genügender Stärke zur
Geltung gelangt.
Was der Staatspräsident über die innere Politik Badens
gesagt hat, gipfelt in einem erneuten Bekenntnis zu der bisherigen
Politik der Koalitionsregierung. Diese Politik war Nach der Ueber- -
zeugung des Staatspräsidenten gut. Und er erblickt den besten
Beweis dafür in der Tatsache, datz sich im Landtag einewirk -
samc Opposition nicht en 1 fa l t en konnte. Die Oppo-
sitionsparteien haben im wesentlichen verständig mitgearbeitet. Dr.
Hummel bezeichnete dies ausdrücklich als eine Lehre für diejenigen
Mitglieder der Deutschdemokratischen Partei, die es gelegentlich
für ratsam erachten, auch in die Opposition zu treten. — Die
Deutsche Volks Partei hat im Landtag der Vertrauens-
erllärung für dis badische Regierung zngestimmt. Die Deutsch-
demokratische Partei ist ihrerseits, bereit, daraus die Konsequenzen
zu ziehen. Wir haben bereits mehrfach an dieser Stelle ausein- .
andergesetzt, datz es lediglich an der Deutschen Volksparlei liegt,
Wenn diese Konsequenzen praktisch noch nicht gezogen werden
konnten.
Was die von der äußerste,» Rechten und von der äußersten
Linken drohenden Gefahre» betrifft, so schätzt der Staatspräsident
die kommunistische Gefahr zur Zeit als die grö-
ßere eirr und er meint, datz dies auch von Einfluß auf die Politik
sein müsse.
Zur Frage der Bildung einer sogen, „bürgerlichen Ein-
heitsfront" hat Staatspräsident Hummel in seiner Eigenschaft
als Parteiführer in der Weise Stellung genommen, daß er erklärte,
er sei grundsätzlich ein Freund der bürgerlichen Einheitsfront,
praktisch würde er sie aber ablehnen, wenn sie lediglich eine Stär-
kung der Rechtsparteien bedeute,» solle. Und er hat in diesem
Zusammenhang das Wort ausgesprochen: „Die Demokratie hak
durch die Erfahrung gelernt, daß, wenn man der Reaktion Kon-
zessionen macht, man von ihr aufgesressen wird." Ein gutes Wort,
das nicht nur für Baden gilt!
.... - - " " -
Soweit der badische Staatspräsident sich über den Einfluß der
büdischen und gesanttsüddeutschen Politik auf die Reichspolttik
äußerte, sind Wir grundsätzlich mit ihm einverstanden, allerdings
stehen wir inst seinem Kollegen Abg. Freudenberg auf denk
Standpunkt, daß alles das auch ohne den kostspieligen und schwer-
fälligen Apparat der politischen SuveräniM der „Bundes"staateN
erreicht werden kann. Auch eine w tt r t l e m b e r gisch -- badi -
sche Bereinigung, die Ma» in Karlsruhe nicht gern sieht,
würde eigentlich den» Ziel Hummels nur dienen. Dagegen glau-
ben wir nicht, datz die komm n nistische Gefahr zur Zeit noch
so groß ist, dafür ist doch der Gesundungsprozetz in der geschutten
Arbeiterschaft bereits zu wett fortgeschritten. Interessant ist aber
jedenfalls, datz unser demokratischer Staatspräsident trotz aller Vor-
behalte grundsätzlich ein Freund der bürgerlichen Einheitsfront ist,
sein Zusammenarbeiten mit der Sozialdemokratie ist also nur „für
Zeit"!! Nun, man wird sich gelegentlich an dieses Bekenntnis er-
innert» dürfe»«. Die Schriftlettunü-

KomMrmaLeS*
Gesetzentwurf über die Kreis- und Bezirks-
verbände.
Karlsruhe. 27. Mai. Das Ministerium Les Innern Hat Weben
den Erttw-urs eines Gesetzes für Die Kreis- nnD Bezirisvervänds
auAgeaöbettet und ihn einer Reibe von Jitteressenten zur -Stellung
nähme vor-gelegt. Den» Gesetzentwurf ist eine Begründung beige-
geben, in- der u. a. -ausgesührt wird, daß sich -Las Ministerium des
Innern nicht dazu entschließen konnte, znk Zeit eine grnnWlegen-de
von wildem Aussehen, der wie eine altmodische Lokomotive pustete,
und hinter diese«,l, nicht weniger erregt, Der Kondukteur. Das
Gespräch verstmnmte; die jungen Damen wanDten sich nm, einige
der jungen Männer schnellten von ihren Sitzen auf.
Einen Augenblick herrschte Schweigen, dann trat einer der
jungen Männer vor: „Was soll Das?" — fragte er, wie einer, der
das Recht zur Frage bat.
Hal trat aus den Sprecher zu, dieser war ein Mmtksr, korrekt,
doch nicht vornehm aussebcnder junger Mensch.
„Hallo, Percy!" — tagte Hal.
Einen Ausdruck Höchster Verblüffung überzog Les andern Ge-
sicht. Und plötzlich ries die eine -der jungen- Dam«, Deren Haar
wie braungebrannter Zucker mit Sternenstaub gepudert war, etwas
aus. Ihre Wangen waren rosig und mi-lchwe-itz, die großen, brau-
nen Augen blickten weitgeössmt, voll Erstaunen. Sie trug ei»
weiches, olt-veusarv-enes Abendkleid, ein Durchsichtiger Shawl lag
nm -die entblößte,! Schultern
S-le batte sich erhoben: „Das ist ja Hal!" — rief sie.
„Hal Warner" — wildcrhotte der jung« Harrigan. „Was it«
aller Welt..."
Ein Lärme«', von draußen unterbrach seine Worte. „Karre
noch eisten Augenblick" --- sagte Hal ruhig —- „ich glaube, es
kommt noch jemand."
Dl« Tür wurde -heftig aufgestoben, ko -heftig, Latz Billy Kcatittg
und der Kondukteur zur Seit« geschleudert wurden und in Der Oeff-
nung erschien Jeff Cotton.
Der Berghauptmaml war -atemlos, sein Gesicht voll Jagdlnst;
in der rechten Hand vielt er den Revolver. Er starrte um sich, sah
die zwei Männer, die er suchte, sah auch des Kohlenlönigs Soll»
UND de» Rest der bestürzten Gesellschaft. Er verharrte, stumm, er-
starrt.
Wieder öffnete sich die Tür, ch« beiseitestotzenL, zwei Männer
drangen ein, beide mit Revolvern, in Len Händen; der vordere
war Pete Hannu:, und auch er blieb stellen, wie festgenagelt. Dem
„Zä-hn-eeirisch-lager" fehlten- selbst zwei Zähne, wenn keine Preisvin-
ger-KinnVaclen heräbsanken, konnte inan diesen Mangel bemerken.
Dies war Wohl seine erste Begegnung mrt vornehmer Gesellichast'
er benahm sich wie ein großer Junge, der Vein« Zückerstehlen er-
tappt wird.
Percy HarMans Art wurde «vch herrischer.
„Was oeveutel das?" fragt« er. .
Hat antwortete: „Ich.suche einen Verbrecher, Percy!"
.Wie?" Die Frauen stießen kleine Sch'rcckenslautL aus.
 
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