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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 191 - Nr. 200 (18. August - 29. August)
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Volkszeitung

Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Voxberg, Tauberbischofsheim und Wertheim*

Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 42.— Ml-, Anzeigenpreise:
Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 4.50 M!., Reklame-Anzeigen
(98 mm breit) 12.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
Geheimmtttelanzeigen werden nicht ausgenommen.
Geschäftskunden: 8—'/>>6 Uhr. Sprechstunden derRedaktion: 11—12Uhr.
Postscheckkonto Karlsruhe Nr. 22577, Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg.

Heidelberg, Dienstag, 29. August 1922
Nr. 299 * 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für innere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton:
Dr. G. Kraus; für Kommunales, soziale Rundschau und Lokales
O.Geibel; für die Anzeigen: A. Friedmann, sämtl. in Heidelberg
Druck u, Verlag derUnterbasischen Verlagsanstalt G.m.b.H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schroderstratzs 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahms 2673, Redaktion 2313.

Itt A« SM MW MM
Von Carlo Wirrend orff.
Sind die Völkischen erledigt? Es hat den Anschein, als habe
Vie völkische Tollwut mit den Schüssen auf Rathenau sich selbst den
Garaus gemacht. Bayern und Württemberg ausgenommen, ist der
Schutz- und Trutzvund in allen Lände« verboten. Herr
Wulle mußte mitteilen, daß seine beiden Berliner Blätter über
Nacht jäh verschieden sind. Vermutlich ist es der Deutschnationalen
Partei doch etwas schwül geworden. Aber die völkische Besessenheit
ist zu tief eingefressen, als daß sie auf Kommando abgeblasen wer-
den könnte. Jetzt mutz sich zeigen, ob die Republik nicht nur den
guten Willen, sondern auch den langen und starken Arm
hat, die völkischen Nester selbst aus den verborgensten Schlupf-
winkeln herauszuholen und zu zerdrücken. Was jetzt kommt — die
illegale Existenz der Völkischen — ist noch viel gefährlicher. Men-
schen, die so bis über den Hals mit Hatz und Rachegelüsten voll-
gestopft sind und sich stündlich noch künstlich hineinsteigern, haben
, eine gute Nase für Schleichwege. Vom Kampf gegen die Völkischen
ist also erst der erste Akt herum. Wehe Venen, die die vorläufige
, Entspannung für das Ende halten! Es ist nur eine Atempause.
Die Völkischen werden sich umorganisieren, um eines Tages aus
einem noch tödlicheren Hinterhalt hervorzubrechen. Es darf ihnen
keine Luft gelassen werden, sich zu erholen. Der Münchener Auf-
stand zeigt, wie die Bewegung bereits über ihren Ursprung hinaus-
gewachsen ist. Was ist da noch reiner Antisemitismus? Das
Band, das die Völkischen eint, sie zu geschworenen Todfeinden der
Republik macht, ist fester und stärker. Es ist der H atz g e gen d as
gesamte neue Deutschlan d, das sich zu beweisen beginnt.
Ganz besonders die Ueberraschung vor dieser Tatsache, mit der sie
in solchem Umfange nicht gerechnet hatten, hat ihnen den Schaum
vors Maul getrieben. Man müßte nicht unsere Alldeutschen kennen,
um nicht zu wissen, daß ihre Mordlust und ihre bornierte Roheit
mit Pauken und Trompeten in den Faszismus einschwenken
Wird. So nach italienischem Muster zu „herrschen" und zu schlach-
ten ist ganz nach ihrem Sinn. Gibt es aber heute in Bayern jemand,
' der noch imstande wäre, die Meute zu meistern? Es ist die gegebene
Situation für Desperados und völkische Freibeuter. Keinen Augen-
blick darf man bet der Behandlung des „völkischen Problems" dies
aus den Augen lassen. Die Völkischen le ch z e n n achBl u t.
Und wenn es ein Märchen und ein Hirngespinst war, die Juden
brauchten Christenblut und schlachteten die kleinen Kinder, um
ihrem Gott zu dienen, so ist es jetzt unleugbar, daß umgekehrt die
Völkischen nach Judenblut lechzen. Der Mord an Rathenau
war ein völkischer Rttualmord.
Der Traum vom arischen Kaiserreich ist noch lange nicht aus-
geträumt, denn hinter der völkischen Trutz- und Schutzmaske grinst
seit dem ersten Tage die reaktionäre Fratze. Ist es Zufall, daß
Ludendorsf die antisemitische Literatur empfiehlt? Ganz be-
stimmt tut er es nicht, um sich während des (dank der ausländischen
Milliardenhoworare) allzu faulen Daseins sich und den Getreuen
pas Gruseln bcizubrtngen. „Die Geheimnisse der Weisen von
Zion", die er anpreist, sind eine glatte Fälschung von völkischer
Hand nach der russischen Fälschung einer französischen
Schmähschrift gegen — einen Monarchen (Napoleon den Dritten),
in der von Antisemitismus kein Wort steht. Er weiß, datz der
allvölkische Leim schon manchen Gimpel gefangen hat. Die Völki-
schen haben, meint er sicherlich, so den Dreh heraus, sich beim „Volk"
gut Freund zu machen. Ohne das kommt man ja leider heutzutage
' bei der „verfluchten Demokratie" nicht aus, und von früher hat
man selbst nicht so die rechte Art, den Volkston zu treffen. Denn
find' die Völkischen gegen die Republik? Beileibe nicht. Sie sind
bloß gegen die jüdische Republik. Den Sack schlägt man, aber
dem Esel gtlts. Jetzt wird die Arbeiterschaft nach allen Regeln
' der Kunst poussiert, um sie aus den Klauen des Kapitalismus zu
«retten". Weil auch den (nach Sozialismus und Rttualmord, hohen
Preisen und Revolution) die Juden erfunden Haven!! Nun — das
kapitalistische System Wird auch ohne die Juden leben. Unterneh-
mertum bleibt Unternehmertum, ob arisch oder gemischt. Und Aus-
beutung bleibt Ausbeutung, im Namen Gottes, im Namen Jehovas
<> wie im Namen von Teut rind Wodan. Bestimmt aber wird es im
arischen Kaiserreich Arier verschiedener Sorte geben, Edel-ariev
und Prolet-arier, Arier erster und Arier zweiter Klasse. Knüppel-
Kunze hat es durch seine Adjutanten schon Sttnnes versichern
lassen, datz er die Arbeiter „auf den richtigen Weg zurückbringen"
i werde; er solle ihm nur das nötige Geld dazu geben, Herr Wulle
preist sich bei den Agrariern an, datz seine Zeitung „ein vorzügliches
i Mittel sei, die Landarbeiterschaft national zu beeinflussen". In
höchst eigener Person aber wirbt Friedrich Wilhelm, Prinz von
Preußen, mittels Handschreiben und „besten Grub Ihr sehr er-
l gevener" um Abonnenten und Aktionäre (warum nicht gar um
Inserate) für die „Deutsche Zeitung". Sie habe „in vornehmster (!)
' und tapferster Weise die Anschauungen der unabhängig völkisch ge-
sinnten Kreise vertreten." Der Hochverräter Ehrhardt schließlich
macht in München (und Budapest, versteht sich) eine Bank aus und
lätzt sie auf seilten Namen taufen, damit die Monarchie auch gut
arisch finanziert sei. „Meiner Ansicht nach ist die Arbeit, die die
Aufklärung des Volkes über den jahrzehntelangen Kampf zum
Ziele hat, den das Judentum gegen Monarchie und Vaterland
führt, gleichzeitig ein Kampssürdie Monarchie und den
konservativen Gedanken." (Unserer Ansicht nach auch.)
Also gestehts Otto FürstSalm. Ein schlauer Salm, jedoch nicht
schlau genug; denn ausgerechnet der Begründer der „Kreuzzeitung",
der Vater eben dieses „konservativen Gedankens", war leider der
— Jude Schlesinger, nach seiner Taufe Friedrich Julius
Stahl geheißen. Nicht einmal dazu langte ihnen also der
Verstand.
Die völkische Bewegung ist eine nationale Geisteskrankheit. Nie !
ist niederträchtiger und feiger gehandelt, nie schamloser gelogen
Worden als im Namen des völkischen Deutschtums. Die Demagogie >

feiert Orgien und dis Dummen tragen fleißig Groschen und Haut
zu Markte. „Auf die Mistgabel werden Wik Euch
spießen," gelobt in einem Flugblatt Herr Sährrns aus San-
garten in Brandenburg. Wen? Die Juden? Vielleicht. Be-
stimmt aber die Uevertölpelten, wenn sie ihren Lohn holen kommen.
Und mit Recht; denn noch immer hat auf Dummheit die Todesstrafe
gestanden.
Die arischen Edeltnge müssen ihrem Götzen neue Schlachtopfer
bringen, damit er das arische Kaiserreich ausgehen lasse. Mit völ-
kischem Geheul umtoben sie ihren Stammvater, den gehörnten
Siegfried. Sie konnten sich keinen besseren Ahnherrn erwählen.
Wenn er auch eine Märchenfigur ist, so viel steht immerhin fest, daß
er — Hörner trägt.
Vor einer Wendung?
Der englisch-französische Gegensatz in der Reparationskommifsion.
Paris, 28. Aug. Eine Erklärung, die der englische Dele-
gierte Sir John BradburY unmittelbar nach seiner Ankunft von
Berlin in Paris dem Korrespondenten der „Sunday Times" ab-
gegeben hat, deutete gestern bereits an, daß die Versicherung, Sir-
John Bradbury teile in der Frage der von Deutschland zu ver-
langenden Garantien absolut den Standpunkt des französischen
Delegierten Mauclere und halte den schlechten Willen der deut-
schen Regierung dafür verantwortlich, datz in Berlin kein positives
Resultat erzielt werden konnte, nichtzutrifft. Sir John Brad-
burh hatte sich bekanntlich geäußert, er sei fest überzeugt, datz
Deutschland stch ehrltch bemühe, alle Forderungen der
französischen Regierung zu befriedigen, soweit dies die gegenwär-
tige Lage Deutschlands zulasse. Ferner sei er der unabänderlichen
Ansicht, datz die französische Regierung ihr möglichstes tun sollte,
um Zugeständnisse zu machen und eins Einigung zu ermöglichen.
Die heutigen Kommentare der französischen Presse bestätigen, datz
bei der gestrigen offiziösen Sitzung der Repararionskommission der
Gegensatz zwischen der französischen und der englischen Auffassung
schroff zutage getreten ist. Der „Petit Parisien" glaubt zwar, datz
noch eine Einigung möglich fei und erklärt, man hätte gestern iM
Hotel Astorta die Hoffnung aus einen gemeinsamen Beschlich nicht
verloren. Für eine abschlägige Antwon auf das deutsche Stun-
dungsgesuch würden vielleicht bestimmte Bedingungen für die Zu-
kunft gestellt werden. Die Zett, die den Mitgliedern der Repa-
rationskommission noch zu privaten Besprechungen zur Verfügung
bleibe, würde vielleicht Ueberraschungen bringen. Die übri-
gen Blätter geben aber offen zu, daß die französischen und die eng-
lischen Thesen so unversöhnlich sind wie bisher. Das „Echo de
Paris" erklärt, die Reparattonskommission bemühe sich, zwischen
einer klaren Antwort, ob sie das Moratorium gewähren wolle oder
nicht, einen Ausweg zu suchen. Deshalb habe man die Entschei-
dung nochmals bis zum nächsten Mittwoch aufgeschoben. Man
erklärt, daß die neuen Vorschläge der deutschen Regierung die
Grundlage zu einer Kompromißlösung bilden könnten. Es genüge
aber, die aus Berlin eintreffenden Nachrichten zu sehen, um zu
Wissen, datz es ganz unnütz sei, irgendwelche Hoffnungen dieser Art
zu hegen. Jedenfalls werde Deutschland die von Frankreich ver-
langte» produktiven Pfände« nicht geben. Die Kommission werde
also früher oder später doch dazu kommen müssen, die französischen
Forderungen anzunehmen oder zurückzuweisen. Die Entscheidung
sei also nur ein bißchen länger ausgeschoven und es sei mehr als
zweifelhaft, datz sie einstimmig ausfallen werde. Der „Matin" sagt,
nach den Besprechungen der Reparattonskommission vom gestrigen
Vormittag sei es sicher» daß mit einem einstimmigen Beschluß über
das Moratorium auf der Grundlage der von Poincars angegebenen
Garantien nicht zu rechnen sei. Von belgischer Seite sei immer noch
ein Vermittlungsvorschlag möglich, und zwar am wahrscheinlichsten
in der von TheuniI bereits in London angeregten Form, datz
Belgien sich einverstanden erklärt, von Deutschland anstatt Bar-
zahlungen Sechsmonatswechsel anzunehmen. Theunis ist gestern
telegraphisch hierüber befragt worden, konnte aber keine bestimmte
Erklärung über den neuen Vermittlungsvorschlag abgeben, sondern
erklärte, daß er sie erst nach dem heutigen Ministerrat werde geben
können. Das „Journal" erklärt, es sei vollkommen unnütz, länger
zu verhandeln, da die gestrige Entscheidung der Reparationskom-
mission Nichts weiter bedeute als einen Ausweg, um Zeit zu ge-
winnen und neuerdings zu versuchen, unter den Alliierten eine
Einigung zu erzielen, die sich bis jetzt als unmöglich erwiesen habe.
Ein neues Vorschlag?
Amerikanische Kontrolle der deutschen Finanzen.
Paris, 28. Aug. Dir Joy« Bradbury hat in der gestri-
gen Sitzung der Reparationskommifsion als Resultat seiner
Besprechungen Nit dem Reichskanzler den gestern bekannt ge-
wordenen Vorschlag einer unparteiischen Kontrolle der deutschen
Finanzen als Garantie für die Gewährung eines neuen
Moratoriums unterbreitet. Die deutsche Regierung hätte sich
bereit erklärt, eine vollständige Kontrolle des Reichshaushalts, die
sich auf eine Usberwachung sämtlicher Ausgaben und die Einnah-
men zur Stabilisierung der Mark erstrecke, zuzulaffen unter der Be-
dingung, datz diese Kontrolle von unparteiischer Seite, am liebsten
von amerikanischen Finanzkreisen, ausgesührt wird und daß Frank-
reich aus keinen Fall eine aktive Stimme erhält. Die Kontrolle wäre
so gedacht, datz ste von amerikanischen Finanzleutert, wie z. B. von
Vander lip, selbständig und im Auftrag der Reparattonskom-
mtsston ausgeübt würde. Sir John Bradbury zeigte sich gestern
nachmittag ziemlich optimistisch über die Aussichten, die eine
solche Lösung hätte. Er erklärte, daß heute neue Möglichkeiten für
eine Lösung der StuudmrIsmAelegeichett schon allein durch den
neuen Aufschub der Entscheidung der Rcpararionskommifsion ge-

geben seien. Er erklärte: „Ich hoffe, datz dieser von mir formell
unterbreitete Vorschlag, de« ich als die beste Lösung betrachte, von
Frankreich und den anderen Delegationen angenommen werde»
wird." Bradbury rechnet damit, datz die Entwertung der Mark
und die gegenwärtige wirtschaftliche Lage Deutschlands in Frank-
reich breite Schichten zu der Ueberzeugung gebracht Haven, daß von
Deutschland in der allernächsten Zett Zahlungen nicht zu erwarte«
seien und datz die französische Regierung die Warnung der liberalen
Presto vor einer französischen Donderattion beachten werde, nachdem
sie bereits die Wiedervergeltungsmatznahmen im Elsaß rückgängig
gemacht hat. Der „Newyork Herald" behauptet, datz eine in der
gestrigen Sitzung der Repararionskommission gefallene Aeußerung
darauf schliessen laste, datz dieser Vorschlag Frankreich nicht voll-
kommen unannehmbar erscheine. Anderseits hatte gestern nach der
Sitzung der Reparationskommtsston der belgische Delegierte De-
lacroix mit dem französischen Präsidenten Dubois eins län-
gere Besprechung, in der der Belgier einen neuen Vermittlungs-
vorschlag unterbreitete, der, wie heute behauptet wird, im wesent-
lichen sich mit dem gestern vom „Temps" gebrachten Vorschlag decke«
würde. Der belgische Delegierte hat auf heute eine neue Sitzung
mit Dubois anberaumt, in der er die Gegenvorschläge weiter ent-
wickeln wird,
Die Beratungen in Berlin.
Ein deutscher Vertreter nach Paris,
Berlin, 28. Aug. Wie die Tel-Union hört, wurde in des
Ehefvesprechung, die heute früh um 19 Uhr in der Reichskanzlei
über die Reparationsfrage stattsand, beschlossen, der Reparations-
kommission mitzuteilen, datz die deutsche Regierung bereit fei.
ihren Standpunkt am Mittwoch in Paris darzulegen. Staats-
sekretär Schroeder vom Finanzministerium wird als deutscher
Vertreter nach Paris entsandt werden. Ihn begleiten je ein
Referent der zuständigen, beteiligten Ressorts, Die Pläne, die des
Reparationskommifsion vorgelegt werden sollen, sind, entgegen
anderslautenden Meldungen, noch nicht fettiggestellt. Doch rechnet
man bestimmt damit, datz ste am Mittwoch abgeschlossen der Repa-
rationskommission vorgelegt werden können.
Um 11^ Uhr fand ein Rat der Ministerpräsidenten der Länder
über dis Maßnahmen zur Linderung der Teuerung statt. Der
Reichskanzler legte den Vertretern der Länder in längeren Ausfüh-
rungen die Lage in der Reparationsfrage dar. Um 5 Uhr ist eine
Kabinettssitzung über die Wirtschaftslage angesetzt, und um 6 Uhr
findet eine neue Konferenz mit den Ministerpräsidenten und Innen-
ministern der Länder statt. Man rechnet damit, daß die Besprechun-
gen mit den Lände« bis heute abend beendet sein werden.
Berlin, 28. Aug. Der Kreis der Gegenstände, dis die
Retchsregierung Mit den Ministerpräsidenten der Länder in gemein-
samer Besprechungen berät, beschränkt sich nicht auf die Ende letzter
Woche augekündigten Maßnahmen der Regierung gegen die Ver-
schärfung der wirtschaftlichen und sozialen Lage. Heute vormittag
hat bereits der Reichskanzler die Ministerpräsidenten der
Länder über den Stand der Reparationsfrage unter-
richtet und in der Fortsetzung der Beratung am Nachmittag spielten
auch die auswärtigen Angelegenheiten neben den
inneren Fragen eine Rolle. Vor dem Wiederbeginn der Konferenz
am Nachmittag fand eine Kabinettssitzung statt, in der die
allgemeinen Angelegenheiten besprochen wurden. In der Konferenz
der Ministerpräsidertten gaben dann die Minister Fehr, Sch »lid 1
und Brauns und Staatssekretär Stierer (Reichsverkehrs-
ministerium) Referate über die innere Lage auf ihren Ressortgebie-
ten. An der Erörterung beteiligten sich die Ministerpräsi-
denten der gröberen Länder. U- a. sprachen der preußische Mi-
nisterpräsident Braun und der bayerische Ministerpräsident Graf
Lerch enseld und der sächsische Minister Lipinski. Die von
der Reichsregierung ins Auge gefaßten Maßnahmen, die kürzlich
angeküudigt wurden, fanden im allgemeinen die Zustimmung
der Länder Vertreter und es konnte auch über die Richt-
linien zur Durchführung der zu erwartenden Anordnungen der
Neichsregierung in den Ländern im wesentlichen Uebereinstimmung
erzielt werden. Morgen werden die Besprechungen fortgeführt wer-
den. Von bayerischer Seite wird dann an Stelle des Grasen Ler-
chenfeld, der heute abend bereits wieder abreist, Staatsrat von
Meinet teilnehmen. Das Reichskabinett wird dann in der Lage
sein, abschließend zu dem Ergebnis der Beratungen Stellung zu
nehmen und über die geplanten Maßnahmen endgültig Beschluß
fassen.
Soweit die ernährungspolttischen Fragen in Be-
tracht kommen, wird die gegenwärtig stattfindende Konferenz eine
Fortsetzung finden in einer Zusammenkunft der Ernährungsmint-
ster der Länder, zu der Reichsernähmngsmintster Fehr auf den
nächsten Montag nach Hamburg eingeladen hat. Für
Donnerstag abend ist eine Besprechung der Parteiführer des
Reichstags beim Reichskanzler in Aussicht genommen, bei der übe«
die gesamte auswärtige und innere Lage Bericht erstattet werden
soll. Man hofft,bis dahin über die Entscheidung der Re-
pa r a t i o n s k o m m i s s i o n bereits Klarheit zu besitzen, so daß
sich auch die Einberufung des Auswärtigen Aus-
schusses, die die Deutschnationalen bekanntlich beantragt üabeu,
erübrigen würde.

Die Volksschule durch das Monokel gesehen!
Im Bundesblatt des DOB. (Deutscher Offizier-Bund) finden
sich in Nr. 4 (Leitartikel) unter der Ueberschrtft: „Offizier und
öffentliche Meinung" u. a. °ntgeuds Volksschule betreffenden
Sätze, denen wir hiermit zu. native tze». wetteren Verbreitung
Verhelfen. Ein Wort der Kritik erscheint uns überflüssig, das Wirtz
 
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