Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppirrgen, Eberbach, Mosbach, Buchen,
Adelsheim, Boxbsrg, Tauberbrfchofsheim und Wertheim.
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Die einspaltige Pstitzeile (36 mm breit) 3.— Mk., Reklame-Anzeigen
(W mm breit) 8.— Mk. Bei Wiederholungen Nachlatz nach Tarif.
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Heidelberg, Montag, 3. Juli 1922
Nr. 161 * 4. Jahrgang
Verantwort!.: Für innere u. Süßere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton:
Dr. E. Kraus; Kommunales, soziale Rundschau ».Lokales: J.V.: Dr.
E. Kraus; für die Anzeigen: Ä. Friedmann, sämtl. in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischen Verlagsanstalt G. m. b. H., Heidelberg.
Geschäftsstelle: Schröderstratzs 39.
Fernsprecher: Anzeigen-Annahme 2673, Redaktion 2313.
Der Kampf um die Republik.
Das sozialistisch - freigerverkschastliche Proletariat demonstriert für das Schutzgesetz der
Republik. Die Reichskonferenz der U.S.P. für Eintritt in die Koalitionsregierung. —
Heute entscheidende Verhandlungen beim Reichskanzler.
NMW»UMW«§WU.
Xr. Heidelberg, den 3. Juli.
Als am Samstag und gestrigen Sonntag bekannt wurde, das;
die freien Gewerkschaften im Bunde mit den drei sozialistischen Par-
teien für den morgigen Dienstag nachmittag auss neue Arbeits-
ruhe mit Demonstrationen und Kundgebungen proklamiert haben,
konnte man da und dort die Auffassung vertreten hören, daß diese
Demonstration eigentlich überflüssig sei, nachdem man doch erst am
letzten Dienstag demonstriert habe, dabei komme ja doch nichts
heraus und überhaupt sei die Arbeiterschaft dieser ewigen Demon-
strationen müde, sie sehe nicht ein, wozu jetzt schon wieder demon-
striert werden soll u. a. m. Vor allem bemüht sich die gesamte bür-
gerliche Presse, diese Auffassung sehr stark zu unterstreichen, sie sucht
die Bedeutung der morgigen Kundgebung dadurch herabzumindern,
das; sie daraus hinweist, daß es sich ja nur um eine Teilaktion
handle, arr der weder die bürgerl. Koalitionsparteien mitmachen,
noch die christlichen und Hirsch-Dnnckerschen Gewerkschaften. Auch
die „Frankfurter Zettun g", der man im allgemeinen gewiß
nicht Sozialistenfeindlichkeit Vorwersen kann und die gerade in dort
letzten Lagen eine sehr scharfe Sprache gegen rechts und für die Re-
publik geführt hat, redet im heutigen Montagmorgenblatt von einer
überflüssigen „Demonstration", die in Liner Weite mit der großen
einheitlichen Kundgebung aller Republikaner am Tage der Bei-
setzung Rathenaus in Vergleich zu stellen sei. Ja die „Frankfurter
Zeitung" wagt das ganz unglaubliche Taschenspielers;üüchen, die
morgige Kundgebung geradezu als Diskreditierung des Schutzge-
setzes der Republik und als M iß tr au e n s k und geb u n g"
gegenüber den Führern der republikanischen Parteien und letzten
Endes gegenüber der Regierung selber zu deuten. Man höre und
staune!
W i e l ie ge n d e nil nn n d ie D in ge in Wirkl i ch ke i t?
Die Vorstände des A.D.G.V. und der Asa und deren leitende Köpse
Leipart und Aufhäuser stehen sicherlich nicht im Ruf überradikaler
Hitzköpfe, die jede Gelegenheit zu Straßenkundgebungen und Ge-
neralstreik ausnützcn. Eben erst hat sich Leipart auf dem Gewerk-
schaftskongreß für sich und für den Bundesvorstand gegen die
linksradikalen Vorwürfe der Bedächtigkeit und Kremieret zu weh-
ren gehabt, man hat ihm bürgerliche Kompromißpolitik mW Mangel
Proletarischer Kampfgesitmung vorgeworfen. Wenn nun diese nüch-
ternen mit zwei Beinen auf dem Boden der Tatsachen stehenden
leitenden Köpfe der freien Gewerkschaftsbewegung im Bunde mit
den sozialistischen Parteien das Proletariat für morgen nochmals
Zu einer Kundgebung ausrufen, so müssen sie dazu ihre guten
Gründe haben. Bekanntlich soll am M ittw o ch im Reichstag das
Schutzgesetz der Republik eingebracht werden, nachdem die Mehr-
heit der Ministerpräsidenten der Länder sich bereits für dasselbe
ausgesprochen hat. Durch dieses Gesetz sollen die Notverordnungen,
die seit dem Mord an Ratheuan durch den Reichspräsidenten bczw.
die Neichsregierimg erlassen worden sind, gesetzlich sanktioniert wer-
den, es soll das gesetzliche Fundament zur Durchführung aller der
Maßnahmen bilden, die jetzt zur Sicherung der Republik und zur
Bereinigung der politischen Mordatmosphüre, die heute über
Deutschland lastet und uns bereits an den Abgrund des Bürger-
krieges und des völligen politischen Chaos gebracht hat. Es dreht
sich also bei der morgigen Demonstration nicht mehr nur wie am
vergangenen Dienstag um eine ganz allgemeine »lehr stimmungs-
mäßige Kundgebung aller Republikaner und Demokraten sür Ra-
thenau, gegen den politischen Mord und sür die Erhaltung der
Weimarer Verfassung, sondern es geht um etwas ganz Bestimmtes,
um das eine, was jetzt vor allem anderen nottut: um das Schutz-
gesetz der Republik, das die Möglichkeit schassen soll, die politischen
Mörder zu ergreifen, die Mordorganisationen auszurttnchern, sowie
alle diejenigen Vereinigungen, Klubs, Zeitungen und Zeitschriften,
welche gegen die Republik und ihre Vertreter Hetzen und damit sich
am Mord mitschuldig machen. Der Kern dieses Gesetzes mutz die
Bereinigung der Reichswehr, Verwaltungen und Justiz von alle»
Saboteuren und Provokateuren der Republik sein. Es besteht nun
die große Gefahr, daß die sür dieses Gesetz notwendige Zweidrittel-
mehrheit im Reichstag nicht zustande kommt, weil selbst in denjeni-
steu bürgerlichen Parteien, die am vergangenen Dienstag mit uns
demonstriert haben, gewisse Elemente den Weg von der Theorie
zur Praxis nicht oder nur schwer finden können. Es besteht die
Gefahr, daß das Gesetz an den wichtigsten Stellen so verwässert
Pird, das; bei seiner Durchführung der beabsichtigte Zweck nicht er-
reicht, ja in sein Gegenteil verkehrt wird. Dagegen protestiert mor-
sen das organisierte Proletariat, es warnt vor jedem zweideutigen
und unklaren Kompromiß. In dieser Lebensfrage der Republik gibt
es kein Kompromiß, hier gibt es nur eine ganz klare Entscheidung:
»W er nicht fttr mich ist, ist wider mi ch."
Wir haben bereits vor acht Tagen an dieser Stelle betont, daß,
lo wie die Dinge heute in Deutschland stehen, für uns eine Fort-
setzung der Koalitionspolitik nur möglich ist, wenn das Steuer der
Negierungspolitik ein ganz beträchtliches Stück weiter nach links
Sedreht wird. Wir Sozialdemokraten wollen nicht immer nur in
den entscheidenden tnne>r- und außenpolitischen Schicksalsstunden
ÜW Staat retten helfen und daun sehen müssen, daß nachher nichts
geschieht, daß unsere bürgerlichen Koalitionsparteien in der Ver--
waltungspolitik, in Wirtschafts- und Finanzsragen mit den Geg-
nern der Republik gegen uns paktieren. Diese von uns verlangte
Linksdrehung würde natürlich durch den Eintritt der Unabhängi-
gen in die Regierung in einen; ganz entscheidenden Punkte ver-
wirklicht werden. Wenn die Meldungen, die heute morgen vor-
liegen, richtig sind, hat die gestrige Reichskonserenz der U.S.P. die
von unserer Partei in; Einverständnis mit Zentrum mrd Demokra-
ten an sie gerichtete Frage aus iEntritt in die Regierung mit Ja
beantwortet, sodaß es nicht ausgeschlossen ist, daß die Verhandlun-
gen, die heute vom Reichskanzler ausgenommen werden, schon in
WiWdmeMMkBÄ
Arbeiter, Angestellte und Beamte
Die Gewerkschaften und die.Politischen Arbeiterparteien haben
gemeinsame Forderungen für ein Gesetz -zum Schutze der deutschen
Republik und für politische Amnestie ausgestellt. Die Forderungen
sind beschrankt auf das Maß, das zur Sicherung der republikanischen
Swdtseinricht'UNgen, zum Schutze der Grundrechte des Volkes und
zur endlichen Nioderkämpsnng der MorvHetze der monarchistischen
und naOmMisttschen Volksgsgner unbedingt notwendig ist.
Die Massen des Volkes haben am letzten Dienstag ihren Wil-
len bekundet, in dem Mr Erreichung dieses Zieles erforderlichen
Kau:Pf ihre ganzen Kräfte «inznsetzen Auch die Gewerkschaften
und die politischen Arbeiterparteien sind entschlossen, vor keinem
Widerstand zurückzuweiche«. Sie wissen, was sie angesichts der
herrschenden Gefahr der Arbeiterschaft und dein Volke schuldig
sind. Das Aeußerste soll geschehen, nm die ausgestellten Ford-emn»
gen zu verwirklichen.
Zn diesen; Zwecke rufen wir das gesamte arbeitende Volk und
alle ernstgefiimten und entschlossenen Republikaner im ganzen
Reiche hiermit auf, am Dienstag, den 4. Juli, wiederum die Ar-
beit am Nachmittage ruhen zu lassen und in geschlossenen Massen
auf Straßen und Plätzen sür unsere Forderungen zu demonstrieren.
Die örtlichen Leitungen der Gewerkschaften und der drei Ar-
beiterparteien haben gemeinsam die nötigen Maßnahmen zur
Durchführung dieser wiederholten Kuitdgsbung des Volts willens
zu troffen. Hierbei sind, nm durch Mre weitgehende Einheitlichkett
den Eindruck zu verschärfen, die folgenden Richtlinien zu beachten:
Die ArbeüSruhe tritt überall mit dem Schluß der Vormittags-
schicht, spätestens um 1 Uhr, ein. Die Belegschaften der Betriebe
gehen in geschlossenen Zügen nach den DMwnstrationsplätzen. Um
3 Uhr beginnen hier die Ansprachen der örtlich zu bestimmenden
Redner. Sie haben die von uns -ausgestellten Forderungen an die
Regierung und den Reichstag zu verlesen und eine Abstimmung
der Denrorrstranten über diese Forderungen herbei zu fuhren.
Unsere Forderungen sind deshalb örtlich vorher st;- Massenauf-
lagen -drucken zu lassen und bei der Demonstration an jedermann
zu verteilen. Ihr Inhalt -muß in We weitesten Kreise des Volkes
getragen werden.
Nach erfolgter Abstimmung stich die Demonstranten je nach den
örtlichen Verhältnissen und Möglichkeiten in Marschzügen zu for-
mieren, nur an die öffentlichen Versammlungen streng geordnete
Dtmtzenumzüge anschlietzen zu lassen. Die Ordnung der Siraßen-
um-züge obliegt den Verantwortlichen örtlichen Leitungen. Durch
Ausstellung zuverlässiger Ordner in misreichonder Zahl ist die Ga-
rantie dafür zu schaffen', daß keine schädlichen Störungen der öf-
fentlichen Ordnung und des Verkehrs erntreten.
Die Stillegung des GtratzenvaynSetrievs ist auf -die Zeit von
1—5 Uhr, die der Eisenbahnen einschließlich Hochbahnen auf die
Zeit von 3—3 >4 Uhr zu beschränken.
In allen Fällen sind die zur Wiederaufnahme der Betriebe und
im öffentlichen Interesse erforderlichen Notarseiten auch wäh-
rend der Arbeitsruhe zu verricht«;.
Um 6 Uhr abends findet die gesamte Dsmonftration Gr Ende.
Die Stratzcrmmzüge sind spätestens um 6 Uhr anfzulöftn. In Gast-
hansbetrieben nsw. ist um diese Zeit die Arbeit wieder aufz-nnsh-
msn, in Betrieben mit regelmäßiger Nachtschicht zu üblicher Zeit.
Republikaner! Arbeiter, Angestellte und Beamte!
Wir vertrauen darauf, daß Gr nicht mir in verstärkten Scharen
an dieser wiederholten VolkSkundgebnng teilnehmen, sondern durch
ernstes und würdiges Auftreten auch ihren Erfolg sichern werdet.
Sollte auch diese neue Denwustration des Vottswillens nicht
zum schnellen Ziele führe», so werden- wir wettere Parolen folgen
lassen.
B e r l i n, den 30. Muni 1SSS.
Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsvund: Leipart, Gratz-
mann. Allgemeiner Freier Angestevtenvund: AufhSnser.
SNtz, Stach r. — Sozialdemokratische Partei Deutschlands:
Brau», Wels Unabhängige Gazioldennttratische Partei
Deutschlands: E.iöpien, Dittman, Lrdcbour. -
Kommunistische Partei Deutschlands: Meher, Koenen.
den nächsten Tagen zu einen; greifbaren Erfolge führen Werden.
Wir freuen uns, wenn in der gegebenen Situation endlich die Ein-
sicht in das Notwendige bei der U.S.P über die bloße Phrasen- und
Agitationspolitik siegt, das wäre eine neue glänzende Rechtferti-
gung unserer Politik. Bedauerlich ist nur, daß die unabhängige
Einsicht so spät kommt, daß sie nicht schor; vor einem Jahre unserem
Rufe folgten. Aber es ist noch nicht zu spät, aber allerdings höchste,
allerhöchste Zeit.
Eintritt der U.S.P. in dis RSgisrnng?
Bejahende Antwort der unabhängigen Reichs-Konferenz.
In den heutigen Abendstunden find wichtige politische
Besprechungen erfolgt, welche das Ei«treten der UnaS-
l; äng; gen in die Reichsregiernng in größere Nähe als bisher ge-
rückt haben. Am Mittag wurden die Führer der Koalitions-
parteien vom Reichskanzler empfangen, der ihnen Mit-
teilungen über das heute vom Kabinettsrat fertig gestellte Gesetz-
zum Schutz der Republik machte. Die Parteiführer erklärte«
sich prinzipiell mit dem Gesetz einverstanden, das am Mittwoch,
nicht wie ursprünglich beabsichtigt, an; Dienstag demReichstag .zu-
gehen wird.
Die weiteren Besprechungen betrafen den Eintritt der
U.S.P. in die Regierung. Mit Zustimmung des Reichs-
kanzlers und mit Zustimmung der bürgerlichen Koalitionsparteien
haben die Sozialdemokraten heute abend an die Unab-
hängigen die Frage gerichtet,'ob sie sich an der Regierung betei-
ligen wollen. Die Entscheidung darüber wird die Reichskon-
ferenz der unabhängigen sozialdemokratische« Partei treffen,
welche morgen in Berlin zusammentritt.
Berlin, 2. Juli. Die Reichskonserenz der Unabhängigen hat
heute im Prinzip de« Eintritt in die Regierung beschlossen. Die-
se»; Beschlüsse voransgegangen ist eine Konferenz des Bezirks-
verbandes Berlin-Brandenburg der U.S.P., welche
ohne jeden Vorbehalt den Eintritt in die Regierung anempfahl,
lediglich zu dem Zweck, um die Forderungen der Gewerkschaften
nach den; Schutz der Republik durchzusetzen. Die ReichSkonferenz
der U.S.P., die amNachmtitag im Reichstagsgebäude zusammen-
trat und bis in die späten Abendstunden währte, beschloß dann,
die Anfrage der Sozialdemokraten, welche gestern wegen des Ein-
tritts in die Regierung übergeben worden war, inbejahende m
Sinne zu beantworten. Die Reichskonferenz beschloß bestimmie
Vorbehalte zu machen, welche bisher noch nicht genau formu-
liert worden sind, die jedoch, wie wir zuverlässig erfahren, die Eini-
gungsverhandlungen nicht stören werden. Der Brief der Unab-
hängigen an die Sozialdemokraten, in dem ihre Bereitschaft zur
Teilnahme an der Regierung erklärt wird, geht noch heute nacht ab.
Morgen vormittag findet eine egemeinsame Besprechung der Partei-
leitungen der Sozialdemokraten »md Unabhängigen statt, um die
näheren Umstände des Eintritts in die Regierung und die Ver-
handlung nut den bürgerlichen Parteien festzusetzen. Schwierig-
keiten können danach nur mehr von feiten der nichtsozialistischen
Parteien entstehen, sind aber nicht wahrscheinlich, da Zentrum und
Demokraten sich mit einer Erklärung der U.S.P., daß sie auf dem
Boden derde m o krattschenRepublik stehen und «ich;
die Diktatur des Proletariats erstreben, zufrieden ge-
ben werden. Die Personenfvagen wurden bei der heutigen Reichs-
konferenz nicht berührt und es bleibt der Reichstagssraktion der
U.S.P. überlassen, ihre Kandidaten für Minister oder Staats-
sekretärposten vorzuschlagen.
Die Enteignung der Hohenzollern.
Im 14. Abschnitt seines Buches „Hohenzollern" behan-
delt Heinig die Auseinandersetzung zwischen dem preußischen
Staat und den Hohenzollern. So steht bei ihm unter dem Motto,
das Bismarck 1868 im preußischen Abgeordnetenhaus für alle zu-
künftigen Auseinandersetzungen der Völker mit ihren Fürsten ge-
prägt hat: „Die ganze Angelegenheit mutz vom politischen
Standpunkte aus beurteilt werden, vom juristischen Stand-
punkte aus läßt sich allerdings darüber streiten."
Bisher ist die Frage der Auseinandersetzung mit den Hohen-
zollern von völlig fehlerhaften, das heißt von gerade entgegenge-
setztem Standpunkt aus behandelt worden. Die Hohenzollern ha-
ben sich, wie Heiuig dokumentarisch belegt, schon wenige Tage nach
de«; 9. November mit Erfolg bemüht, den Hohenzollernbesitz zu
einer rein juristischen, nur privatrechtlichen Angelegenheit zu ma-
chen. Getreu der alten Hohenzollern-Maxime", Der Staat bin ich!"
ist seither systematisch aus jedem Wege weiter vorgegangen worden.
Die Hohenzollern verlangen nicht mehr »nd nicht weniger als
alles was in Deutschlaich und im besonderen in Preußen mit
ihnen in irgend welche sachliche Beziehungen gekommen war. Sie
verlangen alle wertvollen Schlösser, sie verlangen, datz
Preußen ihnen weiter alljährlich Apanage zahlte, sie verlangen
sogar, datz ihnen die flämischen Bilder ersetzt werde»,
die an? Grund " Vertrages von Versailles aus-geliefert werden
mußten - Sie behielten alle I uwelen, den Kronscha tz, den
Ha » sbesitz, ihr P ri v a tv e r m ö g e », ja das Silber, das
Adelsheim, Boxbsrg, Tauberbrfchofsheim und Wertheim.
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Heidelberg, Montag, 3. Juli 1922
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Der Kampf um die Republik.
Das sozialistisch - freigerverkschastliche Proletariat demonstriert für das Schutzgesetz der
Republik. Die Reichskonferenz der U.S.P. für Eintritt in die Koalitionsregierung. —
Heute entscheidende Verhandlungen beim Reichskanzler.
NMW»UMW«§WU.
Xr. Heidelberg, den 3. Juli.
Als am Samstag und gestrigen Sonntag bekannt wurde, das;
die freien Gewerkschaften im Bunde mit den drei sozialistischen Par-
teien für den morgigen Dienstag nachmittag auss neue Arbeits-
ruhe mit Demonstrationen und Kundgebungen proklamiert haben,
konnte man da und dort die Auffassung vertreten hören, daß diese
Demonstration eigentlich überflüssig sei, nachdem man doch erst am
letzten Dienstag demonstriert habe, dabei komme ja doch nichts
heraus und überhaupt sei die Arbeiterschaft dieser ewigen Demon-
strationen müde, sie sehe nicht ein, wozu jetzt schon wieder demon-
striert werden soll u. a. m. Vor allem bemüht sich die gesamte bür-
gerliche Presse, diese Auffassung sehr stark zu unterstreichen, sie sucht
die Bedeutung der morgigen Kundgebung dadurch herabzumindern,
das; sie daraus hinweist, daß es sich ja nur um eine Teilaktion
handle, arr der weder die bürgerl. Koalitionsparteien mitmachen,
noch die christlichen und Hirsch-Dnnckerschen Gewerkschaften. Auch
die „Frankfurter Zettun g", der man im allgemeinen gewiß
nicht Sozialistenfeindlichkeit Vorwersen kann und die gerade in dort
letzten Lagen eine sehr scharfe Sprache gegen rechts und für die Re-
publik geführt hat, redet im heutigen Montagmorgenblatt von einer
überflüssigen „Demonstration", die in Liner Weite mit der großen
einheitlichen Kundgebung aller Republikaner am Tage der Bei-
setzung Rathenaus in Vergleich zu stellen sei. Ja die „Frankfurter
Zeitung" wagt das ganz unglaubliche Taschenspielers;üüchen, die
morgige Kundgebung geradezu als Diskreditierung des Schutzge-
setzes der Republik und als M iß tr au e n s k und geb u n g"
gegenüber den Führern der republikanischen Parteien und letzten
Endes gegenüber der Regierung selber zu deuten. Man höre und
staune!
W i e l ie ge n d e nil nn n d ie D in ge in Wirkl i ch ke i t?
Die Vorstände des A.D.G.V. und der Asa und deren leitende Köpse
Leipart und Aufhäuser stehen sicherlich nicht im Ruf überradikaler
Hitzköpfe, die jede Gelegenheit zu Straßenkundgebungen und Ge-
neralstreik ausnützcn. Eben erst hat sich Leipart auf dem Gewerk-
schaftskongreß für sich und für den Bundesvorstand gegen die
linksradikalen Vorwürfe der Bedächtigkeit und Kremieret zu weh-
ren gehabt, man hat ihm bürgerliche Kompromißpolitik mW Mangel
Proletarischer Kampfgesitmung vorgeworfen. Wenn nun diese nüch-
ternen mit zwei Beinen auf dem Boden der Tatsachen stehenden
leitenden Köpfe der freien Gewerkschaftsbewegung im Bunde mit
den sozialistischen Parteien das Proletariat für morgen nochmals
Zu einer Kundgebung ausrufen, so müssen sie dazu ihre guten
Gründe haben. Bekanntlich soll am M ittw o ch im Reichstag das
Schutzgesetz der Republik eingebracht werden, nachdem die Mehr-
heit der Ministerpräsidenten der Länder sich bereits für dasselbe
ausgesprochen hat. Durch dieses Gesetz sollen die Notverordnungen,
die seit dem Mord an Ratheuan durch den Reichspräsidenten bczw.
die Neichsregierimg erlassen worden sind, gesetzlich sanktioniert wer-
den, es soll das gesetzliche Fundament zur Durchführung aller der
Maßnahmen bilden, die jetzt zur Sicherung der Republik und zur
Bereinigung der politischen Mordatmosphüre, die heute über
Deutschland lastet und uns bereits an den Abgrund des Bürger-
krieges und des völligen politischen Chaos gebracht hat. Es dreht
sich also bei der morgigen Demonstration nicht mehr nur wie am
vergangenen Dienstag um eine ganz allgemeine »lehr stimmungs-
mäßige Kundgebung aller Republikaner und Demokraten sür Ra-
thenau, gegen den politischen Mord und sür die Erhaltung der
Weimarer Verfassung, sondern es geht um etwas ganz Bestimmtes,
um das eine, was jetzt vor allem anderen nottut: um das Schutz-
gesetz der Republik, das die Möglichkeit schassen soll, die politischen
Mörder zu ergreifen, die Mordorganisationen auszurttnchern, sowie
alle diejenigen Vereinigungen, Klubs, Zeitungen und Zeitschriften,
welche gegen die Republik und ihre Vertreter Hetzen und damit sich
am Mord mitschuldig machen. Der Kern dieses Gesetzes mutz die
Bereinigung der Reichswehr, Verwaltungen und Justiz von alle»
Saboteuren und Provokateuren der Republik sein. Es besteht nun
die große Gefahr, daß die sür dieses Gesetz notwendige Zweidrittel-
mehrheit im Reichstag nicht zustande kommt, weil selbst in denjeni-
steu bürgerlichen Parteien, die am vergangenen Dienstag mit uns
demonstriert haben, gewisse Elemente den Weg von der Theorie
zur Praxis nicht oder nur schwer finden können. Es besteht die
Gefahr, daß das Gesetz an den wichtigsten Stellen so verwässert
Pird, das; bei seiner Durchführung der beabsichtigte Zweck nicht er-
reicht, ja in sein Gegenteil verkehrt wird. Dagegen protestiert mor-
sen das organisierte Proletariat, es warnt vor jedem zweideutigen
und unklaren Kompromiß. In dieser Lebensfrage der Republik gibt
es kein Kompromiß, hier gibt es nur eine ganz klare Entscheidung:
»W er nicht fttr mich ist, ist wider mi ch."
Wir haben bereits vor acht Tagen an dieser Stelle betont, daß,
lo wie die Dinge heute in Deutschland stehen, für uns eine Fort-
setzung der Koalitionspolitik nur möglich ist, wenn das Steuer der
Negierungspolitik ein ganz beträchtliches Stück weiter nach links
Sedreht wird. Wir Sozialdemokraten wollen nicht immer nur in
den entscheidenden tnne>r- und außenpolitischen Schicksalsstunden
ÜW Staat retten helfen und daun sehen müssen, daß nachher nichts
geschieht, daß unsere bürgerlichen Koalitionsparteien in der Ver--
waltungspolitik, in Wirtschafts- und Finanzsragen mit den Geg-
nern der Republik gegen uns paktieren. Diese von uns verlangte
Linksdrehung würde natürlich durch den Eintritt der Unabhängi-
gen in die Regierung in einen; ganz entscheidenden Punkte ver-
wirklicht werden. Wenn die Meldungen, die heute morgen vor-
liegen, richtig sind, hat die gestrige Reichskonserenz der U.S.P. die
von unserer Partei in; Einverständnis mit Zentrum mrd Demokra-
ten an sie gerichtete Frage aus iEntritt in die Regierung mit Ja
beantwortet, sodaß es nicht ausgeschlossen ist, daß die Verhandlun-
gen, die heute vom Reichskanzler ausgenommen werden, schon in
WiWdmeMMkBÄ
Arbeiter, Angestellte und Beamte
Die Gewerkschaften und die.Politischen Arbeiterparteien haben
gemeinsame Forderungen für ein Gesetz -zum Schutze der deutschen
Republik und für politische Amnestie ausgestellt. Die Forderungen
sind beschrankt auf das Maß, das zur Sicherung der republikanischen
Swdtseinricht'UNgen, zum Schutze der Grundrechte des Volkes und
zur endlichen Nioderkämpsnng der MorvHetze der monarchistischen
und naOmMisttschen Volksgsgner unbedingt notwendig ist.
Die Massen des Volkes haben am letzten Dienstag ihren Wil-
len bekundet, in dem Mr Erreichung dieses Zieles erforderlichen
Kau:Pf ihre ganzen Kräfte «inznsetzen Auch die Gewerkschaften
und die politischen Arbeiterparteien sind entschlossen, vor keinem
Widerstand zurückzuweiche«. Sie wissen, was sie angesichts der
herrschenden Gefahr der Arbeiterschaft und dein Volke schuldig
sind. Das Aeußerste soll geschehen, nm die ausgestellten Ford-emn»
gen zu verwirklichen.
Zn diesen; Zwecke rufen wir das gesamte arbeitende Volk und
alle ernstgefiimten und entschlossenen Republikaner im ganzen
Reiche hiermit auf, am Dienstag, den 4. Juli, wiederum die Ar-
beit am Nachmittage ruhen zu lassen und in geschlossenen Massen
auf Straßen und Plätzen sür unsere Forderungen zu demonstrieren.
Die örtlichen Leitungen der Gewerkschaften und der drei Ar-
beiterparteien haben gemeinsam die nötigen Maßnahmen zur
Durchführung dieser wiederholten Kuitdgsbung des Volts willens
zu troffen. Hierbei sind, nm durch Mre weitgehende Einheitlichkett
den Eindruck zu verschärfen, die folgenden Richtlinien zu beachten:
Die ArbeüSruhe tritt überall mit dem Schluß der Vormittags-
schicht, spätestens um 1 Uhr, ein. Die Belegschaften der Betriebe
gehen in geschlossenen Zügen nach den DMwnstrationsplätzen. Um
3 Uhr beginnen hier die Ansprachen der örtlich zu bestimmenden
Redner. Sie haben die von uns -ausgestellten Forderungen an die
Regierung und den Reichstag zu verlesen und eine Abstimmung
der Denrorrstranten über diese Forderungen herbei zu fuhren.
Unsere Forderungen sind deshalb örtlich vorher st;- Massenauf-
lagen -drucken zu lassen und bei der Demonstration an jedermann
zu verteilen. Ihr Inhalt -muß in We weitesten Kreise des Volkes
getragen werden.
Nach erfolgter Abstimmung stich die Demonstranten je nach den
örtlichen Verhältnissen und Möglichkeiten in Marschzügen zu for-
mieren, nur an die öffentlichen Versammlungen streng geordnete
Dtmtzenumzüge anschlietzen zu lassen. Die Ordnung der Siraßen-
um-züge obliegt den Verantwortlichen örtlichen Leitungen. Durch
Ausstellung zuverlässiger Ordner in misreichonder Zahl ist die Ga-
rantie dafür zu schaffen', daß keine schädlichen Störungen der öf-
fentlichen Ordnung und des Verkehrs erntreten.
Die Stillegung des GtratzenvaynSetrievs ist auf -die Zeit von
1—5 Uhr, die der Eisenbahnen einschließlich Hochbahnen auf die
Zeit von 3—3 >4 Uhr zu beschränken.
In allen Fällen sind die zur Wiederaufnahme der Betriebe und
im öffentlichen Interesse erforderlichen Notarseiten auch wäh-
rend der Arbeitsruhe zu verricht«;.
Um 6 Uhr abends findet die gesamte Dsmonftration Gr Ende.
Die Stratzcrmmzüge sind spätestens um 6 Uhr anfzulöftn. In Gast-
hansbetrieben nsw. ist um diese Zeit die Arbeit wieder aufz-nnsh-
msn, in Betrieben mit regelmäßiger Nachtschicht zu üblicher Zeit.
Republikaner! Arbeiter, Angestellte und Beamte!
Wir vertrauen darauf, daß Gr nicht mir in verstärkten Scharen
an dieser wiederholten VolkSkundgebnng teilnehmen, sondern durch
ernstes und würdiges Auftreten auch ihren Erfolg sichern werdet.
Sollte auch diese neue Denwustration des Vottswillens nicht
zum schnellen Ziele führe», so werden- wir wettere Parolen folgen
lassen.
B e r l i n, den 30. Muni 1SSS.
Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsvund: Leipart, Gratz-
mann. Allgemeiner Freier Angestevtenvund: AufhSnser.
SNtz, Stach r. — Sozialdemokratische Partei Deutschlands:
Brau», Wels Unabhängige Gazioldennttratische Partei
Deutschlands: E.iöpien, Dittman, Lrdcbour. -
Kommunistische Partei Deutschlands: Meher, Koenen.
den nächsten Tagen zu einen; greifbaren Erfolge führen Werden.
Wir freuen uns, wenn in der gegebenen Situation endlich die Ein-
sicht in das Notwendige bei der U.S.P über die bloße Phrasen- und
Agitationspolitik siegt, das wäre eine neue glänzende Rechtferti-
gung unserer Politik. Bedauerlich ist nur, daß die unabhängige
Einsicht so spät kommt, daß sie nicht schor; vor einem Jahre unserem
Rufe folgten. Aber es ist noch nicht zu spät, aber allerdings höchste,
allerhöchste Zeit.
Eintritt der U.S.P. in dis RSgisrnng?
Bejahende Antwort der unabhängigen Reichs-Konferenz.
In den heutigen Abendstunden find wichtige politische
Besprechungen erfolgt, welche das Ei«treten der UnaS-
l; äng; gen in die Reichsregiernng in größere Nähe als bisher ge-
rückt haben. Am Mittag wurden die Führer der Koalitions-
parteien vom Reichskanzler empfangen, der ihnen Mit-
teilungen über das heute vom Kabinettsrat fertig gestellte Gesetz-
zum Schutz der Republik machte. Die Parteiführer erklärte«
sich prinzipiell mit dem Gesetz einverstanden, das am Mittwoch,
nicht wie ursprünglich beabsichtigt, an; Dienstag demReichstag .zu-
gehen wird.
Die weiteren Besprechungen betrafen den Eintritt der
U.S.P. in die Regierung. Mit Zustimmung des Reichs-
kanzlers und mit Zustimmung der bürgerlichen Koalitionsparteien
haben die Sozialdemokraten heute abend an die Unab-
hängigen die Frage gerichtet,'ob sie sich an der Regierung betei-
ligen wollen. Die Entscheidung darüber wird die Reichskon-
ferenz der unabhängigen sozialdemokratische« Partei treffen,
welche morgen in Berlin zusammentritt.
Berlin, 2. Juli. Die Reichskonserenz der Unabhängigen hat
heute im Prinzip de« Eintritt in die Regierung beschlossen. Die-
se»; Beschlüsse voransgegangen ist eine Konferenz des Bezirks-
verbandes Berlin-Brandenburg der U.S.P., welche
ohne jeden Vorbehalt den Eintritt in die Regierung anempfahl,
lediglich zu dem Zweck, um die Forderungen der Gewerkschaften
nach den; Schutz der Republik durchzusetzen. Die ReichSkonferenz
der U.S.P., die amNachmtitag im Reichstagsgebäude zusammen-
trat und bis in die späten Abendstunden währte, beschloß dann,
die Anfrage der Sozialdemokraten, welche gestern wegen des Ein-
tritts in die Regierung übergeben worden war, inbejahende m
Sinne zu beantworten. Die Reichskonferenz beschloß bestimmie
Vorbehalte zu machen, welche bisher noch nicht genau formu-
liert worden sind, die jedoch, wie wir zuverlässig erfahren, die Eini-
gungsverhandlungen nicht stören werden. Der Brief der Unab-
hängigen an die Sozialdemokraten, in dem ihre Bereitschaft zur
Teilnahme an der Regierung erklärt wird, geht noch heute nacht ab.
Morgen vormittag findet eine egemeinsame Besprechung der Partei-
leitungen der Sozialdemokraten »md Unabhängigen statt, um die
näheren Umstände des Eintritts in die Regierung und die Ver-
handlung nut den bürgerlichen Parteien festzusetzen. Schwierig-
keiten können danach nur mehr von feiten der nichtsozialistischen
Parteien entstehen, sind aber nicht wahrscheinlich, da Zentrum und
Demokraten sich mit einer Erklärung der U.S.P., daß sie auf dem
Boden derde m o krattschenRepublik stehen und «ich;
die Diktatur des Proletariats erstreben, zufrieden ge-
ben werden. Die Personenfvagen wurden bei der heutigen Reichs-
konferenz nicht berührt und es bleibt der Reichstagssraktion der
U.S.P. überlassen, ihre Kandidaten für Minister oder Staats-
sekretärposten vorzuschlagen.
Die Enteignung der Hohenzollern.
Im 14. Abschnitt seines Buches „Hohenzollern" behan-
delt Heinig die Auseinandersetzung zwischen dem preußischen
Staat und den Hohenzollern. So steht bei ihm unter dem Motto,
das Bismarck 1868 im preußischen Abgeordnetenhaus für alle zu-
künftigen Auseinandersetzungen der Völker mit ihren Fürsten ge-
prägt hat: „Die ganze Angelegenheit mutz vom politischen
Standpunkte aus beurteilt werden, vom juristischen Stand-
punkte aus läßt sich allerdings darüber streiten."
Bisher ist die Frage der Auseinandersetzung mit den Hohen-
zollern von völlig fehlerhaften, das heißt von gerade entgegenge-
setztem Standpunkt aus behandelt worden. Die Hohenzollern ha-
ben sich, wie Heiuig dokumentarisch belegt, schon wenige Tage nach
de«; 9. November mit Erfolg bemüht, den Hohenzollernbesitz zu
einer rein juristischen, nur privatrechtlichen Angelegenheit zu ma-
chen. Getreu der alten Hohenzollern-Maxime", Der Staat bin ich!"
ist seither systematisch aus jedem Wege weiter vorgegangen worden.
Die Hohenzollern verlangen nicht mehr »nd nicht weniger als
alles was in Deutschlaich und im besonderen in Preußen mit
ihnen in irgend welche sachliche Beziehungen gekommen war. Sie
verlangen alle wertvollen Schlösser, sie verlangen, datz
Preußen ihnen weiter alljährlich Apanage zahlte, sie verlangen
sogar, datz ihnen die flämischen Bilder ersetzt werde»,
die an? Grund " Vertrages von Versailles aus-geliefert werden
mußten - Sie behielten alle I uwelen, den Kronscha tz, den
Ha » sbesitz, ihr P ri v a tv e r m ö g e », ja das Silber, das