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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 181 - Nr. 190 (7. August - 17. August)
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Tageszeitung für die Werktätige Bevölkerung der Amtsbezirke Heidelberg, Wiesloch, Sinsheim, Eppingen, Eberbach, Mosbach, Buchen,
.—— Adelsheim, Borberg, Tauberbifchofsheim und Wertheim.

i Bezugspreis: Monatlich einschl. Trägerlohn 42.- Mk., Anzeigenpreise:
'Die einspaltige Petitzeile (36 mm breit) 4.M Mk., Reklame-Anzeigen
(98 mm breit) 12.- Mk. Bei Wiederholungen Nachlaß nach Tarif.
. Geheimmitteianzeigen werden nicht ausgenommen.
Geschäftsstunden: 8—Hz6 Uhr. Sprechstunden derRedaktion: 11—12 Uhr.
Postschcckküutü Karlsriihe Nr. 22S77. Tel.-Adr.: Volkszeitung Heidelberg

Heidelberg, Freitag, 11. August 1922
Nr. 188 * 4. Jahrgang

Verantwort!.: Für mnere u. äußere Politik, Volkswirtschaft u. Feuilleton:
L Z'-.O. ,^°sbel; sür Kommunales, soziale Rundschau u. Lokales:
O-Gelbel; für die Anzeigen: A. Friedmann, samt!. in Heidelberg.
Druck u. Verlag der Unterbadischen Berlaasanstalt G. m. b. H., Heidelberg.
_ Geschäftsstelle: Schroderstraße 39.
I Fernsprecher: Anzeigsn-Annahme 2873, Redaktion 2343.

WMMMiMWWWDM

SchWarz-rot-gold.
(Eine zeitgemäße Erinnerun-i zum 11. Angus».
Voll Wtitz «< m B oi ,
In der Weimarer Verfassung, deren Zustandekommen wir am
11. August feiern, sind die schw-arz-roigoldeuen Farben der dent-
schen Republik festgelegt. Diese Bestimmung der Reichsfarben be-
deutet keineswegs eine unerhörte Neuerung, sondern lediglich die
Verwirklichung eines Sehnsuchts-tranmes nuferer Vorfahren. Wenn
beute noch ein Teil unseres Volkes die Bedeutung der schwarz rot-
goldenen Fahne nicht richtig zu würdigen versteht, so liegt das
lediglich an einem bedauerlichen Mangel an Kenntnis und Er-
kenntnis geschichtlicher Entwicklungen und Zusammenhänge, einem
Mangel, der durch die Erziehungsmechoden des wilhelminischen
Zeitalters gefördert worden ist. Es erscheint deshalb zeitgemäß,
bei passender Gelegenheit immer wieder die Geschichte und dm
Sinn der schivarz-rot-goldenen Farben und die Stellung, die das
intellektuelle Bürgertum in früheren Jahrzehnten zu ihnen einge-
nommen hat, darzulegen.
In gewissen Kreisen wird heute bekanntlich das Banner der
RewkbM als „Fudenlappen" verlästert. Es gilt dort als Symbol
-angeblicher „Volksverrüter", die dm berüchtigten „Dolchstoß in den
Stücken der ungebrochenen kämpfenden Front" geführt haben sollen.
Dabei ist es sehr lustig, sich zu erinnern, daß es gerade der deutsch-
völkische Oberhäupiliug Reinhold Wulle gewesen ist, der im No-
vember 1918 in der „Deutschen Zeitung" uvch einer „schwarz-rot-
lwldenen Tat" geschrieben hat. Damals hat Wulle wirklich ein-
mal einen lichten Augenblick gehabt. Eine „schwärz-rot-gol-ene
Tat" ist es gewesen, die unser Volk -im November 1918 gebraucht
hat und noch heute gebraucht. Das ergibt sich am deutlichsten, wenn
inan auf die Geschichte der schwarz-rot-goldenen Farben zurück-
blickt und sich den Inhalt des schivarz rot goldenen Ideals verge-
genwärtigt.
Ms nach dem glücklichen Ausgang der Freiheitskriege die
preußische Monarchie wortbrüchig geworden war und an die Stelle
der versprochenen fortschrittlichen Versassinigsresorm eine Ver-
schärfte Ausgestaltung des Obrigkeits- und PMzedstMtes trat und
Gesin-nungsschnüffelei, Denunziantentum, Vergewaltigung der
sreien Meinung und Byzantinismus sich zu nie erlebter Blüte ent-
wickelten, kurz, als das berüchtigte historische „Zeitalter der Reak-
tion" kam und die „Demagogenverfolaungen", die richtiger „Demo-
kratenverfolgungen" genannt werden müßten, einsetzten, da waren
es in erster Linie junge Kriegsfreiwillige aus den Kreisen des in-
tellektuellen Bürgertums, vornehmlich Studenten, die sich in heim-
licher revolutionärer Begeisterung eines freiheitlicheren Staats-
lebens propagierten. Es ist bekannt, welche heftigen Versolgungeem
sie sich dadurch zugezogen haben, Ivie zahlreiche verdienstvolle Vor-
kämpfer des demokratischen Gedankens, wie z. B. Fritz Rcuter,
längere Freiheitsstrafen haben verbüßen müssen, wie Männer wie
Arndt, Jahn u. a. verfolgt worden sind, wie später die berühmten
„Göttinger Sieben", drannter die Brüder Grimm, wegen ihrer
Gegnerschaft zur monarchischen Reaktion ihre Lehrämter an der
Göttinger Universität verloren haben, und wie noch in den fol-
genden Jahrzehnten demokratisch gesinnte Beamte schikaniert und
in ihrem bernsltchen Fortkommen vom Staate immer wieder ge-
bindert worden sind. In Studentenkreisen ist damals das Lied
entstanden, -das die flammenden Worte „Nieder mit den Hunden
von der Reaktion!" und „Vivat hoch die rote Republik!" enthält.
Als im Sturmjabre 1848 sogar die Bezeichnung „Burschenschaft"
uich selbstverständlich auch das Trage» der schwürz-rot-goldenen
Farben verboten war, setzten, di« sogenannten „Progreßverbindun-
g»n" die Tradition fort, bis sie sich dann 1861 wieder als schwarz-
rot-goldene Burschenschaften austun durften. Und wenn sich auch
die Studenten in der Folgezeit dank ihrer gang anders gearteten
gesellschaftlichen Stellung immer weiter von ihrer ehemaligen re-
volutionären Geistesrichtnng entfernt haben, so Haben doch verein-
zelt auch in der Burschenschaft noch lange Zeit fortschrittl., demokra-
tisch-soziale Tendenzen nachgewirkt. Es braucht^nur beispielsweise
daran erinnert zu werden, daß vor etwa einem Vierteltahrhundert
die Einrichtung unentgeltlicher studentischer Arveiternnterrichts-
kurse von den Burschenschaften (es waren zuerst die Bonner Me-
mannen) betrieben worden ist.
Der Gedanke der Einigung aller deutschen Stämme einschließ-
lich »es deutsch-österreichischen Brudervolkes wird vor allem durch
die schwarz-rot-goldenen Farben verkörpert, und es ist charakteri-
stisch, daß auch heute noch ist den deutschen Teilen der ehemaligen
habsburgischen Monarchie diese Farben als Symbol des Auschlutz-
Mdankens gelten. Für den Einigungsgedanken haben in den herr-
ischen Märztagen von 1848 Arbeiter und Intellektuelle gemeinsam
auf den Barrikaden gekämpft, und ihm hat auch der Republikaner
Hoffmann von Fallersleben, als er 1841 vor den Schergen der
preußischen politischen Polizei nach der damals noch englischen In-
sel Helgoland geflüchtet war, sein heute so schnöde mißbrauchtes
Lied „Deutschland, Deutschland Wer alles" gewidmet.
In Her zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts erfolgte
dann die immer schärfer werdende Kcassenscheidung. Das republi-
kanisch-dMnokratische Ideal fand seinen wichtigsten und beinahe
einzigen Träger in der Arbeiterschaft, und das gebildete und ge-
bildet sein wollende Bürgertum, das an politischer Reife immer
mehr hinter der ÄrbeiterschM zurückblieb, ließ sich nach -und nach
ganz von der prunkvollen Kostümierung und Theatralik, von dem
Phrasenschwall, dsm Ordens- und Titelunwesen und dem nattona-
listisch-mkli-tarlstischen Begeisterungskoller des hohenzollemschen
Kaisertums einsangen. Die schwarz-weiß-rote» -Farben wurdest
das Symbol der Bismarckschen „Wut- und Eisen"-Polttik, des aus
KabineltSintrtguen gegründeten „Deutschen Reiches", das ohne
Befragung des Volkes und unter Ausschluß des vorher sogar mit
Waffengewalt bekämpften deutsch-österreichischen Brudervolkes zu-
stande kam; sie wurden das Symbol des Junkerstaates, der kapi-
talistischen Knltnrverarmung, des Sozialistengesetzes gegen sogen.

Zum Jahrestag
der Reichsverfassung
Zum drittenmal jährt sich heute der Tag, an wel-
chem die von der Nationalversammlung in Weimar
geschaffene Verfassung Gesetzeskraft erlangte.
Zum erstenmal soll dieser Gedenktag die republi-
kanisch gesinnten Kreise unseres Volkes zu einer ernsten,
schlichten Feier vereinigen, um das erste Gesetz unseres
Landes, das, in furchtbar ernster Stunde geschaffen,
Zeugnis gab von dem ungebrochenen Lebenswillen unse-
res Volkes, zu würdigen und das Bekenntnis zur Re-
publik zu erneuern.
Die Sozialdemokratie hat an der Schaffung dieser
Verfassung, der die Souveränität des Volkes als ober-
ster Leitstern dient, redlichen Anteil genommen; sie ist
heute, wo der jungen Republik Gefahren von allen
Seilen drohen, mehr als je die wirksamste Schützen»
derselben, und deshalb wollen und dürfen wir den
heutigen Tag nicht vorübergehen lassen, ohne unsere
Treue zur Republik durch restlose Teilnahme an der
In Heidelberg findet die Feier heute abend 6 Uhr
in der Stadthalle statt.
Sozialdemokratische Partei
7. badischer Wahlkreis.


„vaterlastdslose Gesellen", -der „gepanzerten Must" gegen das Aus-
land. Sie leuchteten der gesellschasAicheir Vorzugsstellung des feu-
dalen Korpsstudenten und des Reserveoffiziers, und ihnen huldigte
das großschnäuzige Spießbürgertum, wie es Heinrich Mann in sei-
nem Roman „Der Untertan" so anschaulich geschildert hat.
Der Weltkrieg hat dann die innere Lehre des schwarz-wetß-
roteu Ideals und die Scheidung der Geister am offensichtlichsten tn
Erscheinung treten lassen. Das Schlagwort „Ich kenne keine Par-
teien mehr", ans höchster Angst nm den Bestand des Thrones ge-
boren, hat sich als eine der größten weltgeschichtlichen Lügen er-
wiesen. Die Arbeiterschaft hat im Verlaus des Krieges ihr wah-
res Nati-oualgefühl am heldenhaftesten offenbart. Und als endlich
nach dem Zusammenbruch des an seiner eigenen Ueherlevt'heit und
an seiner AhnungslosWeit gegenüber geschichtlicher Gesetzmäßig-
keit zu Grunde gegangenen monarchWfch-absolutiMchen Systems
die Arbeiterschaft das schwarz-rot-goldene Banner neu entfaltete,
da waren es und Meben es vis heute in erster Linie die früheren
Haiuptträger dieses Banners, die es heute in den Schmutz zerren
rind seine Anhänger als ehr- und valerlantzslos beschimpfen. Der
burschenschaftliche Wahlsprnch „Ehre, Freiheit, Vaterland" ist
heute im Zeichen „deutschvölkischer" Geistesverwirrung zur blutig-
sten Selbstverhöhnung geworden. Die Arbeiterschaft aber kann eS
sich als stolzes Verdienst anrechnen, den Gedanken des deutschen
Volksstaiates verwirklicht zu Haden, der mit den schwarz-rot-golde-
nen Farben untrennbar verbunden ist.
Alle Verehrer des schwarz-weiß-roten Klassen- und ObrWeitS-
staates sollten sich endlich einmal auf den schwarz-rot-goldenen
Freiheits- und Einhettstraum ihrer Vorfahren besinnen und dis
historische Gesetzmäßigkeit -er Entwickelung des deutschen Reiches
- zur demokratischen Republik anerkennen. Gewiß gibt es heute al-
len monarchistischen Agitatoren und Provokateuren zum Trotz«
keinen Rückweg mehr zum Gottesgnadenkaiserlu-m eines versunke-
nen Zeitalters, -aber die Verleugnung aller früheren Ideale durch
einen Teil unsres Bürgertums ist doch außerordentlich beschämend
Das schwarz-rot-goldene Einigungssymbol dient unter „nationa-
len" Vorwänden als Ursache zur Zersplitterung unseres Volkes^
und Vas erreichte Ziel einer sich selbst regierenden Volksgemeinschaft
findet ein schwaches Geschlecht. Die wirkliche „nationale Einheits-
front" unter dem schwarz-rot-goldenen Banner herbeizuführen, ist
der eigentliche Sinn der Feier des 11. August, und während heute
das Lied „Deutschland, Deutschland über alles" eines von der
Reaktion versorgten Republikaners zum Loibliede der Strauchrit-
ter vom Hakenkreuz umgefälscht worden ist, könnten umgekehrt Ar-
beiter und ehrliche Republikaner diese schönen Verse des alten Stu-
denteniliedes aus der Frühzeit der deutschen Burschenschaft zur
Nationalhymne erheben:
Rot wte di« Liebe sei der BMder Zeichen,
Rein Wte das Gold der Geist, der uns durchglüht,
Und daß wir selbst dem Tode nimmer Weichert,
Sei schwarz das Band, das unsre Brust umzieht!

«MMVMWW US MWMWklllkll.
Berlin, ii. Slug. Der Reichspräsident hat zum Jah-
restag der Verfassung nachstehende Kundgebung erlassen:
Vor drei Jahren am 11. August hat sich das deutsche Poll seine
Verfassung gegeben, das Fundament seiner Zukunft. Diese» Tag
wollen wir trotz aller Rot der Gegenwart mit Freude und Hoffnung
begehen. An ihm wollen wir unsere Liebe zum Vaterland bekun-
den. Deutschland soll nicht zugrunde gehen! Das ist unser Schwur,
solange wir atmen und arbeiten können. Wir wollen keinen Bür-
gerkrieg, keine Trennung der Stämme. Wir wollen Recht! Die
Verfassung hat uns nach schweren Kämpfen Recht gegeben. Wir
wollen Friede! Recht so» vor Gewalt gehen. Wir wolle»» Freiheit!
Recht so« uns Freiheit bringe»». Wir wollen Einigkeit! Rechtfall
uns einig zusammenhalten. So so« die Verfassung Einigkeit, Recht
und Freiheit gewährleisten. Einigkeit, Recht und Freiheit, dieser
Dreiklang aus dem Liede des Dichters gab inmitten unserer Zer-
splitterung und Unterdrückung der Sehnsucht aller Deutschen Aus-
druck. Er soll auch jetzt unseren harten Weg zu eitler besseren Zu-
kunft begleiten. Sein Lied, gesungen gegen Zwietracht und Will-
kür, soll nicht Mißbrauch finden im Parteikampfe. Es so« nicht
der Kampsgesang derer werden, gegen die er gerichtet »vor. Er soll
auch nicht dienen als Ausdruck nationalistischer Ueberhevnng. Aber
so wte einst der Dichter, so lieben wir heute Deutschland über alles.
In Erfüllung seiner Sehnsucht soll unter den schwarz-rot-goldene«
Fahnen der Sang von Einigkeit, Recht und Freiheit der festliche
Ausdruck unserer vaterländischen Gefühle sein. Irr vielen Jahren
noch werden für uns alle Festtage des Staates zu gleicher Zeit
Tage gemeinsamer Sorge sein. Unter den furchtbaren wirtschaft-
lichen Folgen der letzten Ereignisse leiden nicht nur unzählige Volks-
genossen. Deutsches Wissen und deutsches Können, die Quellen
unserer besten Kraft, sind schwer bedroht. Die Reichsregterung hat
mir den Betrag von st Millionen Mark für Zwecke der Wissenschaft,
Kunst und Handwerk aus den Mittel« zur Verfügung gestellt, di«
der Reichstag zum Schutze der Republik bewilligt hat. Zur Hebung
der VolkHgemeMschast durch Spiele im Freien wird eine weitere
Million öercitgestellt. Aus der Geringfügigkeit dieser Summen
spricht die Not unseres Landes. Schwere Stürme sind Wer die
junge deutsche Republik in den letzten Jahren dahingegangen.
Unsere Einigkeit, unser Recht und unsere Freiheit wurden bedroht.
Sie werden noch weiter bedroht sein. Wir »vollen nicht verzage»».
In der Not des Tages wollen wir uns freudig der Ideale erinnern,
für dir wir leben und wirken. Der feste Glaube an Deutschlands
Rettung und die Rettung der Welt soll uns nicht verlassen. Es
lebe die deutsche Republik! Es lebe das deutsche Vaterland! Es
lebe das deutsche Volk!
Berlin, 11. Aug. 1922. (gez.) Eve r t, Reichspräsident.

London.
Die Vorschläge Poincares abgelehnt. — Keine Einigung
zwischen Lloyd George und Poincare.
London, 10. Aug. Der Bericht der Sachverständigen wird
hier als eine außerordentlich schwere Niederlage Poincares be-
trachtet, der keineswegs auf eine so umfassende Ablehnung seiner
Pläne gerechnet hatte. Nach einer amtlichen englischen Meldung
wurden sämtliche Vorschläge Poincares mit vier gegen eine (die
französische) Stimme abgelehnt. Ferner wird von amtlicher eng-
lischer Seite sestgestellt, daß die Meldung französischer Blätter, Lloyd
George habe einer Kontrolle der Wälder und Bergwerke Deutsch-
lands und deren Beschlagnahme zugestimmt, keineswegs den Tat-
sachen entspricht. Solche Konzessionen seien überhaupt nicht be-
rate»» worden.
Die „Westminster Gazette" warnt die englische Regierung da-
vor, wie so ost, wieder nachzugeben, da dies nur zu einer Ver-
schärfung der sowieso schon gespannten Situation führe. „Daily
Expreß" und „Daily News" fordern Lloyd George auf, stahlharl
zu bleiben und versichern ihn der Unterstützung der gesamten eng-
lischen Bevölkerung, wenn die Stunde der Entscheidung geschlagen
habe. Sehr deutlich schreibt auch die „Daily News" Wester: Was
auch die Franzosen an Logik der Verrücktheit aufbringen, niemals
werden ste es zuwege bringen, das deutsche Volk, das Volk der
Arbeit, zu Sklaven zu machen, die unter dem Joche der französischen
Herren arbeiten. Der Tag sei gekommen, da die englische Nation
auf die Gefahr eines vollkommenen Bruches der Entente seinem
Verbündeten endgültig sagen müsse, daß es mit den französischen
Verrücktheiten nichts zu tun haben wolle, die nur darauf htnzielen,
Deutschland zur Verzweiflung zu bringen und das arbeitsamste
Volk des Kontinents dem Bolschewismus in die Arme zu treiben.
„Daily Chronicle" schreibt: 1 Pfund Sterling gleich 3600 Mk. —
-das ist die Handschrift an der Konferenzwand, das Menetekel, sas
keine Nation übersehen dürste.
Ablehnung der Vorschläge Poincares durch das englische .Kabinett.
London, 11. Aug. Das englische Kabinett hat den Plan
Poincares abgelehnt und diesen Beschluß allen anderen Delegierten
gestern abend mitgeteilt. Es hat noch einmal die Politik Lloyd
Georges, zur Begrenzung der Reparationen etnz »willigen, ange-
nommen und dabei betont, daß Deutschland ehrlich sei und in der
Tat nichts bezahlen könne. Es müsse ihm ein Moratorium gewährt
werden, damit es sich erhole. Die Minister, die zur Kabinettssitzung
aus allen Himmelsrichtungen herbeigeeilt sind, werden während
der Konferenzzeit in London bleiben. Lloyd George stattete dem
König einen Besuch ab. Die Kabinettssttzung ist abgebrochen wor-
den. Lloyd George hat dem König den Kabinettsbeschlntz mit-
geteilt. Heute wird die Konferenz zu einer Vollsitzung zusammen-
 
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