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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 151 - Nr. 160 (3. Juli - 13. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48723#0312
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über die OesscnMchkeit und Mündlschkeit der Haupwerhandluug, -
die Verhaftung, die Verteidigung, da- nähren gegen Nichian-
Weseude, dc» Umfang der Beweisausnah».c und die Vorschriften
des ß 262 der Strafprozeßordnung dürfen nicht zum Nachteil des
Beschuldigten geändert werdet;. Gegen die Entscheidungen des
Staatsgerichtshoses finden Rechtsmittel nicht statt.
H 6. Der Staatsgerichishof ist zuständig für die in den W i, 2
uitd 3 Abs. 1 dieses Gesetzes bezeichneten Handlungen. Soweit sie
ausschließlich gegen die verfassungsmäßige republikanische Staats-
form eines Landes, die Mitglieder einer im Amte befindlichen oder
einer früheren republikanischen Regierung eines Landes oder gegen
Landessarben gerichtet sind, ist die Zuständigkeit des Staatsgerichts-
hofes nur begründet, wenn die Landesregierung oder Verletzte bei
dem Oberretchsctnwalt vor der Eröffnung des Hauptverfahrens die
Einleitung oder Uebernahme des Verfahrens bean-
tragt.
Der Staatsgerichtshof ist ferner zuständig für Handlungen, die
mit nach Abf. 1 zu seiner Zuständigkeit gehörenden Handlungen in
tatsächlichem Zusammenhänge stehen. Die Anklagebehörde kann eine
Untersuchung an die zuständige Staatsanwaltschaft abgeben; der
Staatsgerichtshof kann eine bei ihm anhängig gewordene Unter-
suchung auf Antrag der AnklagebehSrd.e zum ordentlichen Verfahren
verweisen.
Diese Vorschriften sind auch anzuwenden auf die vor dem In-
krafttreten dieses Gesetzes begangenen strafbaren Handlungen. Ist
in der Sache bereits ein Urteil ergangen, gegen das dieRevtsion
zulässig, so entscheiden über die Revision die ordentlichen Gerichte.
Ul. Verbotene Vereinigungen.
§ 7. Versammlungen, Auszüge und Kundgebungen können v er-
bot en werden, wenn die Besorgnis begründet ist, daß in ihnen Er-
örterungen ftattfinden, die den Tatbestand einer der in den KZ 1, 2
und 3 Abf. 1 bezeichneten strafbaren Handlungen bilden.
Vereine und Vereinigungen, in denen solche Erörterungen statt-
finden, oder die Bestrebungen dieser Art verfolgen oder die für eine
bestimmte Person als Thronanwärter werben, können ver-
boten und aufgelöst werden.
8 8. Zuständig für die Maßnahmen nach K 7 sind die Landes-
zentralbehörden Mer die von ihnen bestimmten Stellen.
Der Reichsminister des Innern kann die Landeszen-
tralbehörden um die Anordnung einer solchen Maßnahme ersuchen.
Glaubt die Landeszentralbehörde einem solchen Ersuchen nicht ent-
sprechen zu können, so teilt sie dies spätestens am zweiten Tage nach
Empfang des Ersuchens dem Reichsminister des Innern mit und
rüst gleichzeitig die Entscheidung des Staatsgerichtshofs zum
Schutze der Republik an., Entscheidet dieser s tt r die Anordnung, so
hat die Landeszentralbehörde die erforderlichen Maßnahmen so-
fort zu treffen.
Gegen eine Anordnung nach K 7 ist binnen zwei Wochen vom
Tage der Zustellung und Veröffentlichung ab die Beschwerde
zulässig; sie hat keine aufschiebende Wirkung. Die Be-
schwerde ist bei der Landeszentralbehörde einzureichen. Diese kann
ihr, außer im Falle des Absatzes 2, abhelsen; andernfalls hat sie die
Beschwerde unverzüglich dem Staatsgerichtshose zum Schutze der
Republik zur Entscheidung vorzulegen. Gegen eine Entscheidung
der Landeszentralbehörde, die der Beschwerde abhilft, kann der
Reichsminister des Innern die Entscheidung des Staatsgerichtshofs
zum Schutze der Republik anrusen.
Das Verfahren vor dem Staatsgerichtshof regelt der Reichs
Minister des Innern mit Zustimmung des Reichsrats.
K 9. Wer nach Z 7 verbotene V e r s am m l u n g en, A u fz ü g e
oder K u ndgebungen v e r a u staltet sderin solchen
als Redners «stritt, wird mit Gefängnis von drei Monaten
vis zu fünf Jahren bestraft, neben dem auf Geldstrafe bis zu
MO 0W Mark erkannt werden kann.
Ebenso Wird bestraft, wer sich an einem nach K 7 Abs. 2 aufge-
lösten Vereine oder einer danach aufgelösten Vereinigung als Mit-
glied beteiligt.
IV. Beschlagnahme und Verbot von Druckschriften.
Z 10. Die Vorschriften des Gesetzes über die Presse vom
7. Mai 1874 (ReiÄsgesetzblatt S. 65), über die Beschlagnahme von
Druckschriften (88 23 ff. des Gesetzes) finden auch auf die im K 2
dieses Gesetzes bezeichneten strafbaren Handlungen mit der Maß-
gabe Anwendung, daß der Staatsanwaltschaft gegen den Beschluß
des Gerichts, der die vorläufige Beschlagnahme aushebt, die so-
fortige Beschwerde mit aufschiebender Wirkung ;usteyt.
8 11. Wird durch den Inhalt einer periodischen Druckschrift die
Strafbarkeit einer der in den §8 1, 2 und 3 Abs. I bezeichneten
Handlungen begründet, so kann die periodische Druckschrift, wenn es
sich um eine Tageszeitung handelt , bis auf die Dauer von
vier Wochen, in den anderem Fällen bis aus die Dauer von
sechsMonaten verboten werden. Auf die Zuständigkeit und das
Verfahre» finden die Vorschriften des K 8 Anwendung. Das Ver-
bot umfaßt auch jede angeblich neue Druckschrift, die sich sachlich
als eine alte darstellt.
8 12. Wer eine nach K 11 verbotene periodische Druckschrist
Herausgibt, verlegt, druckt oder verbreitet, wird mit Gefängnis von
drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, neben dem aus Geldstrafe
Lis 500 000 Mark erkannt werden kann.

V. Mitglieder vormals landesherrlicher Familien.
8 13. Mitglieder solcher Familien, von denen ein Angehöriger
bis November 1918 in einem ehemaligen deutschen Bundesstaate
regiert hat, dürfen, wenn sie ihren Wohnsitz oder dauernden Aufent-
halt im Auslande haben, nur mit Erlaubnis der
Reichs regier ung das Reichsgebiet betreten und rönnen im
Falle der Zuwiderhandlung durch Beschluß der Reichsregierung
aus dem Reichsgebiet aus gewiesen werden.
VI. Schlutzvestimmungm.
K 15. Mitglieder der republikanischen Regierungen des Reiches
und der Länder im Sinne dieses Gesetzes sind derReichspräsi -
dent, sowie alle Regierungs Mitglieder, die einer aus
allgemeiner, gleicher, unmittelbarer und geheimer Wahl hervorge-
gangenen Volksvertretung verantwortlich sind oder waren.
8 16. Deutsche und Ausländer können wegen der in den 88 1,
2 und 3 Abs. 1 bezeichneten Handlungen auch dann verfolgt werden,
wenn diese Taten im Ausland begangen sind.
K 17. Dieses Gesetz tritt mit dem Tage der Verkündigung
in Kraft.
Es tritt nach Ablauf vonfttnfJahrenaußerKraft.
- .-.....
Ausland.
Deutschland und England.
England bei einem Umsturz nicht gleichgültig.
London, 4. Juli. Wedgwood fragte im Unterhaus, ob
dem britischen Botschafter in Berlin, Lord d'Avernon irgendeine
Anweisung gegeben worden sei, hinsichtlich der Haltung, die
er einnehmen sollte, falls in Deutschland ein Aufruhr von der
Art des Kapp-Putsches ausbrechen sollte, der dem Fortbe-
stand der Deutschen Republik wahrscheinlich verderblich sei« würde.
Lloyd George antwortete, Wedgwood darf versichert sein
daß der britische Botschafter in Berlin in enger Fühlungnahme mit
dem britischen Auswärtigen Amt über alle die britische Regierung
interessierenden Dinge steht. Wenn aber eine reaktionäre Be-
wegung, die den vertraglichen Verpflichtungen Deutschlands
feindlich ist, etwa Erfolg Haven sollte, so würde dadurch zweifellos
eine ernste internationale Lage entstehe», und die Al-
liierten könnten gegen ein solches Ereignis nicht gleichgültig sein.
Kenworthy fragte, ob Poimcare, bevor er London verließ,
eine Note an die britische Regierung namens der französischen Re-
gierung unterzeichnet habe, in der er -erklärt, daß der Friedensvcr-
rrag Frankreich das Recht gebe, im Falle einer Nichterfüllung der
Verpflichtungen seitens Deutschlands alle Awimgsmatzuahmeu zu
ergWisen, die Frankreich gegen Deutschland für geeignet halte,
ferner, ob die britische Regierung diese Note beantwortet habe, und
wenn ja, was und welches die Hauung der britischen Regieiulng
zu Weser Forderung sei.
Lloyd George erklärte: Uetzer diesen Gegenstand ist ein
Schriften wechsel zwischen den beiden Negierungen ans,ge-
tauscht worden.

Die deutschen Reparationsarbeiten in
Frankreich.
Au dem Reparationsplan Le Lrocquens, der, wie wir
gestern melden konnte», bereits vorn französischen Miinistervat »»-
genMMmen wurde, erfährt der Pavilser Korrespondent der „Frist.
Zig.":
Paris, 5. Juli Der gestrige Ministerrat hat beschlossen,
eine» erste» Bauabschnitt des jüngst von der. Regierung
veröffentlichten Programms zur Verwertung der deutschen
Sachleistungen der Reparativnskomm ission zur Ge-
nehmig u u g zu unterbreiten.
Dieser Bauabschnitt «msatzt die Ausführung von fünf der im
Gesamtprograuim vorgesehenen Projekte, nämlich die Nutzbar-
machung der Wasserkräfte der R h ü n e sowie zweier anderer in
Südfrankreich gelegener Flüsse, der Dorgognc und der Tru-
tz e r e, den Bau des Rordostkanals, der die Kohlenzentreu
des Departements Nord sowie der Saar in direkte Verbindung
bringt mit de» Industriezentren Elsnß-Lothringens, sowie den
Bau eines Tunnels durch dieVogcs c n von St. Maurice nach
Weitzerltug, der besonders von der Mülhausener Industrie ge-
wünscht wird.
Nach den Beschlüsse!» des Miiiisterrats solle» sämAiche' Arbeite«
unter französischer Regie und unter Leitung französischer Inge-
nieure ausgessihrt werde», denen-die deutschen Unternehmer samt
ihrem Personal unterstehen sollen. Die.deutschen Arbeiter sollen,
um »ach Möglichkeit jode Berührung mit der französischen Bevöl-
kerung zu vermeiden, in besondere» Barackenlagern und in oimger
Entfernung von größeren fvanzösifchön Nioder'iassungen tonzen--
triert werden. Ihre Verpflegung soll direkt von deutscher Seite
aus erfolgen. Ihre Entlohnung ist tu der Weise ins Auge ge-
faßt, daß ein Tetldes Arbettsverdicustes von der deutschen Regie-
rung aufzubringen ist und den in Deutschland verbleibenden Fa-
»Menauge hörigen direkt zngewtesen werden soll. Dieser sowie die
Kosten für die Unterbringung und die Verpflegung, sür dm
die deutschen, Unternehmer aufzukommen haben, sollen i n M a r k

„König Kohle".
Von Upton Sinclair.
(86. Fortsetzung)
„Ich muß Ihnen etwas sagen" — bemerkte sie plötzlich. —
. Vor einigen Tage» wußte ich auch, wie es zu sage», nun oder
kann ich es nicht."
Er lachte. „Sagen Sie es, wie Sie es damals gewollt."
„Nein, damals war ich voller Bitterkeit gegen Sie, heute aber
liege ich auf Len Knien."
„Nicht, daß Sie bitter gegen mich sein sollen" — Hal lachte
kroch immer — „aber wenn jemand auf Len Knien liegen muß, so
bin ich's. Ich habe ja nichts geleistet."
„Sie haben getan, was Sie konnte» — mehr als Mr alle. Sic
sollen wissen, Latz ich es nie vergessen werde. Mer Sie müssen
auch das andere hören."
Sie schritt weiter, vor sich hinstarrend, krampfte erregt die
Hände zusammen. „Nun?" — wagte er, noch immer bemüht,
einen heiteren To» anzuschlagen.
„Erinnern Sie sich an den Tag nach der Explosion? . Erinnern
Sie sich. Was ich damals sagte, über . . . über. . ., daß ich mir
Ihnen fortgehen will? Ich nehme es zurück." .
„O, natürlich!" . Warf er hastig eiu. — „Sie waren, ganz
verzweifelt damals, Mary, — wußte» nicht, was Sie sprachen."
„Rem, nein! Das ist es nicht. Ich habe es mir anders über-
legt, Will mich nicht wegwerfen."
„Ich sagte Ihnen, Sie würden cinfehen, daß kein Mann das
Wert sei.
„Ah, Junge" — sagte sie — „Sie können schön sprechen; doch
ist Mr lieber, wenn Sie die Wahrheit wisse». Dies kommt, weil
sch das andere Mädchen gesehen habe, ich hasse es!"
Schweigend gingen sie weiter. Hal sah ein, daß sie auf ein
schwieriges Thema gestoßen waren.
„Ich will gewiß nicht predige», Mary" — begann er sanft —
„doch werden Sie sich auch das noch anders Werkegen; werden die
andere nicht mehr hassen — bloß bedauern."
Sie lachte, hart und schneidend. „Soll das ein Scherz sein?"
„Ich Weitz, daß es so klingen mag, doch werden Sie es eines
Tages einsehen. Sie besitzen etwas W-nnderbarcs, für das Sie le-
be« und kämpfen können, während das audere Mädchen. . Er
ftochte einen AugeUMck, d« er seiner Me.nm KeMnkM MeL dieses

Thema nicht sicher war.. — „Es hat noch so viel zu fernen. Dinge,
die es vielleicht niemals lernen wird. Es wird Hin viel verloren
gehen."
„Ich Weitz von etwas Schönem, Las es niemals verlieren
wird" — meinte Mary grimmig — „das ist Herr Hal Warner." —
Dann nach einer kurzen Pause: „Ich möchte, das; Sie mich recht
verstehen, Herr Warner . .
„O Mary — bat er — „sprechen Die nicht so zu mir, ich bin
für Sie Jöc!"
„Gut, also Joe; der Name Wird Sie an ein nettes Abenteuer
erinnern, an die paar Wochen, in denen Sie ein Arbeiter waren.
Das gehört auch zu dem, was ich sagen will. Wenn ich auch nur
eines armen Bergmanns Tochter hin, so habe ich doch meinen
Stolz: und neulich habe ich meinen Platz gefunden."
„Was meinen Sie damit?"
„Verstehen Sie Mich wirklich nicht?"
„Wirklich."
„Sie sind Frauen gegenüber Lumm, Joe; Sie haben nickt be-
merkt, wie Las Mädchen M mir war, als wäre ich eine Art Unge-
ziefer gewesen? Sie wußte nicht sicher, ob ich beiße, wollte sich lie-
ber keiner Gefahr aussetzen, schüttelte mich ab; so!" Und Mary
machte mit der Hand eine Gehäroe, wie wenn jemand ein lästiges
Insekt abstreift.
„Ah" — bat Hal — „Sie sind «»gerecht."
„Ich bin so gerecht, wie ich sein kann. Joe. Ich habe mir das
alles im Kopf surechtgelegt: sehe ein, daß sie vielleicht nichts dafür
kann - es ist eben ihre Klasse, Jyr seid alle so, auch die Besten,
sogar Sie, Joe SmM."
„Ja" — sagte er — „dies sagte Tim Rafferty ebenfalls."
„Tim hat zu viel gesagt, Loch war auch etwas Wahres daran.
Sie glauben, Sie sind hier einer von uns gewesen. Lehrt Sie denn
nicht Ihr eigener Verstand Len Unterschied — wie ein Canon, der
Millionen Meilen breit wäre — zwischen einem armen, unwissenden
Geschöpf in der Kohlengrube und einer Dame, der Tochter eines
reichen Mannes? Sie sagen, ich solle mich meiner Armut nicht
schämen; würden Sie mich aber an die Seite stelle» — trotz Ihrer
schönen Freundschaftsgefühle für die, die unter Ihnen stehen?"
„Ja, aber sehen Sie, Mary" — er versuchte zu lache» — „ich
war darmr gewohnt, Jessie zu gehorchen. Habe sie lange vor
Ihnen gekannt."
„Ah Joe, Sic haben ein gütiges Herz, freundliche Worte.
Wollen SW nicht die Wahrheit erfahrend Sie sagte», Sie seien
hergekommen, um M MMxMt MnW W tzMM,"

berechnet werden. Daneben solle» die Arbeiter selbst sür ihre täg
liehen Ausgaben eine kleine Vergütung in Franken erhalten. Dst
französische Industrie, die bereits eine heftige Opposition gegen dak
Projekt organisiert hatte, soll mit 30 Prozent der Gesamtkosteu
an der Ausführung der Arbeiten beteiligt werden. Das scheint
so gedacht zu sein, Latz ihr der Hauptteil der gewinnbringenden
Miaterialli-efernngen und Installationen zuflietzen werde, während
die deutschen Unternehmer und Arbeiter zu billigen Marklöhnen
die ArbettM selbst ansftthren sollen.
Für die Rhoneregulierung ist die Beschäftigung von
10 000 Arbeitern auf die Dauer von zehn Jahren vorgesehen. Die
Arbeitslöhne sind mit 1.2 Milliarden in Ansatz gebracht, die Ge--
samtkdsten mit 3,3 Milliarden, von denen 600 Millionen auf de»
Teil der französischen Industrie fallen. Bei den Arbeiten zur Nutz-
barmachung der Wasserkräfte der Dordog ne und der Tru-
tz Lre sollen 1800 bezw. 2SOO deutsche Arbeiter auf die Dauer von
vier Jahren beschäftigt werden. Die Kosten sind veranschlagt ans
314 Millionen sür den deutschen und 160 Millionen für den franzö-
sischen Anteil. Für den L u n nelbau sollen 600 deutsche Arbei-
rer sür die Dauer von fünf Jahren angesordert werden. Für die
Durchführung des NordostkanaW sind 19 800 Arbeitstage mit einem
Gesamtkostenmifwand von einer Milliarde vorgesehen.

Badischer Landtag.
Karlsruhe, 5. Juli. In der Mittwoch morgens fortgesetzte»
Aussprache über den,
Voranschlag des Arvettsministcriums
dankte die Demokratin Frau Straub dem Arbeitsminister sür
seine Amtsführung. Da das ArbeitsuiinisterMim viel zur Hebung
der sozialen Rot Veigetragen hat, so möchten wir sür seine Beibe-
haltung eintreten. Ab«. Hertle (Landhund) begründete einen
Antrag ans Beseitigung der Grimdgebühren bei der Elektrizitäts-
versorgung und trat sür Abbau des Arbeitsluinisterinms ein. Wir
fordern eine Minisierialabteiluug sür die Landwirtschaft. Dieser
Abteilung Wäre die Landwirtschastskammer anzugliedern.
Der Sozialdemokrat Stock wirst der Landwirtschaft Eigenbrö-
telei Vor. Gegen die Errichtung einer Landwirtschastsabteilung
haben wir nichts einznwenden. Eine Berusskanmuer kann aber
einer solchen Abteilung Nicht »».gegliedert werden. Der Redner
verteidigte die achtstündige Arbeitszeit, sür die Heute sine volks-
wirtschaftliche Notwendigkeit vorliegt. Mit der Tätigkeit des Ge-
werbeaufsicklsanils silF> wir einverstanden. Dis Ersatzkassen müssen
aufgelöst werde» und ebenso die Bstriebskranlenkassen, nm eine
Vereinheitlichung des Kafsenwssetts Herveisusühren.
Ab«. Frau Beruays (DV) spricht ebenfalls sür Beibehal-
tung des Arbeitsntinisterimus. Der Ausbau der Fürsorge auf
dem Lande ist eine besondere Notwendigkeit. Großes Elend herrscht
in der Gruppe der Musik- und Gesangslehrerinnen; Hier zu helfe»
ist sehr schwer. In der GewcrbeMissicht sollten in noch stärkerem
Matze Frauen hervsigezogen werden.
Frau Blase (Soz.) trat vor'allem für sine ausreichende Km-
dersürsorge ein und begründete dann ihren Antrag über die Nen-
derlung de8 Reichsversorguirgsgesetzcs im Sinne dessen sofortiger
Revision.
Abg. Dr. Mattes (DV) spricht dem Minister Dr. Engter
nochmals den Dank sür seine Amtsführung ans.
Da der Landtag nachmittags das Volksschanspiel in Oeüg-
heim bösucht, wurde hier die Beratung ans Donnerstag früh 8.39
Uhr vertagt.

Aus dem ParLeiLebeR.
Die Fntttlioniire der U.S.P.D. für dc» Eintritt in die Regierung.
Leipzig, 6. Juli. Eine Fmtlttonärversmrkmlung der U.S.P.D.
Leipzigs beschäftigte sich mit der gegcuwiirtigeu Lage, wie sie durch
die Ermordung Rat Yen aus und die Beschlüsse der Reichsftm-
fercuz geschafft» worden ist. In einer angenommenen Entschließung
hecht es: „Die Funktionäre der U.S.P.D. Leipzigs billige» die Be-
schlüsse der Reichskonferenz vom 2. Juli ds. Js. Sie erklären, daß
unter den gegebenen Umstünden durch den Eintritt in die
Regierung der energische Versuch gemacht werden mutz, den
Bestand dc« Republik zu sichern. Da die Führer der K.P.D. immer
wieder die gemeinsam gefaßte» Beschlüsse sabotieren, da sie zu wie-
derholtem Male auch bet der letzten gemeinsame» Kundgebung ihr
Wort gebrochen haben, mutz cs die U.S.P.D. abirhnen, fernerhin
mir den jetzige» Führern der K.P.D. gemeinsame AkiWium zu veran-
stalten. Die Funktionäre erwarten aber auch von der S.P.D. imd
den Gewerkschaften, daß sic ihre ganze organisatorische
Macht für die Erkämpf»»« der gemeinsamen Forderungen ein-
setzen. Stellt sich im Verlaufe dieses Kampfes heraus, daß die, beiden
sozialistische» Parteien von gleicher Auffassung getragen sind, dann
steht einer organisatorischen Bereinigung derselben
nichts mehr im Weg e."
Die „Freiheit" wird beim „Vorwärts hergestellt..
Berlin, 6. Juli. („Vorwärts".) Die „Freiheit" wird z. Zt.
in: Berlage des „Vorwärts" gedruckt, da sich der bisherige Verleger,
der ,dem Verein der Berlister Buchdruckereibesttzer angehörl, gewei-
gert hat, das Olga« während des Streikes herzustellen.
Mit leiser Stimme bejahte Hal die Frage und unterbrach
Mary nicht mehr.
lFortsetzung folgt.)
Theater, Kunst und Wissenschaft.
SLadttheaLer.
Der Postillon von Lonjumeau.
Komische Oper von Adolph Karl Ada m.
Unter den französischen Spielopern nimmt dieses Werk, das
eigentlich erst Namen nnd Wert feines Schöpfers begründete, selbst
an den Opern eines Aubers oder Boildieus gemessen, auch heute
noch eine bevorzugte Stelle ein. Einmal ist es die Musik in ihre!»
ungekünstelten, natürlichen Fluß, ihrem wirklich seinen Anpassungs-
vermögen an die textliche Unterlage, dann aber auch das reizend«
Textbuch mit seiner geschickt spannenden Handlung, das so recht die
Anforderungen an eine komische Oper erfüllt nnd damit wirklich gir-
ier Unierhaltungslitcratur gerecht wird. Allerdings setzt gerade
diese Oper auch entsprechende Kräfte voraus: Sänger, die zugleich
Schauspieler sein müssen. Nnd hier wieder ist es der Träger der
Titelpartie, „der Postillon", der gerade diese erwähnten Eigenschaf-
ten in erhöhtem Matze in .den Vordergrund stelle» mutz. Alfred
Schellers setzte in der am Montag stattgefuudenen Aufführung
alle seine Kräfte ein, um in erkennbarem Bemühen die Pariie so
tadelfrei wie möglich durchzuführen. Darstellerisch mit gutem Er-
folg, auch stimmlich war er sicher anerkennenswert, wenigstens so-
weit die „höheren Lagen" nicht in Frage kommen. Hier allerdings
sind diesem Sänger bestimmte Grenzen gezogen, die er zu überschrei-
te» unbedingt vermeiden muß. An diesen im „Postillon" gerade
nicht wenigen Stellen fängt sein Singen an, den ästhetischen Genuß
zu unterbinden und drückt die sonstige gute Gesamtleistung herab.
Seine Partnerin Eugenie Casal (Magdalena) sang und spielte
mit gewohnter Frische und Natürlichkeit. Der aus der vorjährigen
Spielzeit noch in Erinnerung stehende, für diese Aufführung als
Gast verpflichtete The Patten hatte mit seinem gewollt dröhnen-
den Batz guten Erfolg. Den Marquis von Corcy spielte Fred
S ch o m m e r vielleicht M wenig zu stark auf den hirnlosen, adli-
 
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