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Volkszeitung: Tageszeitung für die werktätige Bevölkerung des ganzen badischen Unterlandes (Bezirke Heidelberg bis Wertheim) (4) — 1922 (Mai bis August)

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Nr. 181 - Nr. 190 (7. August - 17. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.48723#0502
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KIM. Um Ende dieses Schachtes besuchet sich eine Vorrichkutig,
Vie .-. so Vic! Teig bernusstöft, tvie für ei«. Laib Brot notwendig
ist. Ld, wo der Leig yrrrmsko-mntt stehe«» die Bäcker, dir VMM den»
Teig Hie Brotsorm geben.
Die Bäckerei selbst ist ein großer Raum mit fünf Baüöfem zwei
ivei-tere sollen noch erstellt werden. Feder Ofen hat zwei große
eiserne Ausziehplatten, so -daß man das Brot also nicht mehr vin-
ruschießen braucht, sondern das Brot wird auf die aus-gezogenen
Platten gesetzt und dann in den Ofen zurückge schoben. Ist nun
das Brot ausgebaüen, so werden die Platten wieder ausgezogen
und das Brot ans fahrbare Gestelle -gelegt und in den anschließen-
den Kühlraum befördert, von wo aus es verladen wird.
Sehr interessant ist auch eine kleine Maschine, Wo 3V Brötchen
aus einmal ihre runde Form erhalten, so daß auch hier -das Kneten
durch Menschenhände wcgsällt. Durch solche maschinelle Einrich-
tungen ist es möglich, daß täglich 6V Zentner Mehl für Backwaren
Vtmrbciiel werden, wofür aücrDi-ngs auch für die Heizung der
Lesen ebenfoviele Zentner Koh-len- notwendig sind.
Die Heizung selbst geschieht von einen, hinter den Lesen her-
ziehenden Raume aus, so -daß also kein Kohlenstaub mit den Back-
waren in Berührung kommt. Ein c-bcnfalls zur Bäckerei gehören-
der Baderanm mit 10 Brausekaöin-en, wo sich erst jeder Bäcker,
ehe er die Arbeit beginnt, baden mich, fand -bei der Fugend allge-
meine« RnUa-ug.
Nachdem nur, die Bäckerei gründlich besichtigt war, unternah-
men wir zunächst einen Rundgang durch die Kaffeerösterei, -durch
das ganz mit Lebensmitteln ungefüllte ZentrMMer «uv durch
den Vers and raum, wo ungezählte Kisten und Kasten, Säcke und
Balle« noch auf den Versand harrten-, Den Schluß bildete ein
Gang durch die Kellerei und -dann durch die Biweau-anlagen.
Ein-e mm folgende Kostprobe von Brötchen und Limonade trug
dazu Sei, daß die Besichtigung der Konfumankagen- stets im Ge-
dächtnis der Heidelberger Fugend bleibt und alle waren Wir wie-
der nach Heidelberg gefahren, mit dem guten Vorsatz, unseren Dan»
tu fester Mit- und Werbearbeit zu bezeugen, genen nach dem
Spruch, der in, Bureau der Genossenschaft hängt, und der da Wütet:
-Genossenschaft! nicht Sekte, nicht Partei,
Man fragt nicht, welchen Glaubens jemand sei,
Roch welchen Landes, Welcher Richtung, nein,
Ein Friedenswerk, hoch über den Parteien,
Aus eine m Weg zu einen, Ziel verbunden,
Wird Rot, wird Haß und Hader überwunden!

Sport und Spiel.
Der Bereinigte Athletik-Kraft-Sportverein H. Neuem»!»! ist
Kun auch dem Arbeiterathletenbun-d beigetrekcn, gehört also somit
ßu unseren Reihen. Wir begrüßen diesen- entschlossenen Schritt und
rufen den neuen Streitern ein kräftiges „Frei Heil" zu.
„So löset sich von» alten morschen Bauwerk Stein nm Stein,
Und fügt erstarkend sich ins neue, stolze Bauwerk ein!"
DonncrAag abend 8 iibr im „ArtuSHo-s" gemeinsame Sitzung der
8-K, u,K -des K.V.K. Alle VereinsfmMwnäve und techn. Leiter
zMffen erscheinen. Tagesordnung: Werbekag -am 3. Sept, auf -dem
Aeckavvorlau-d. Bericht der Kommission. Der Bezirksleitcr.

Kommunales.
„Das Taschenbuch für Kommunalpolitiker",. Verlag: Buch-
yanNnng Vorwärts Paul Singer G. m. b. H„ Berlin.
Dieses Taschenbuch berücksichtigt in seinem demnächst erschei-
mn-den, neuen Bande 1922/23 auch -die Verhältnisse -der mittleren-
»nd kleinen Städte und der Landgemeinveu. Paul Hirsch, der
frühere preußische Ministerpräsident, schreibt über die Reform Der
kommunalen Verfassungs-gcsctze in Deutschland, E-dmund F i s ch e r-
Dresden, über die Wahlordnungen in den verschiedenen Ländern
des Reiches für die Gemei-ndewahlen-, Dr. Schmi-di Essen-, Ver-
pandsdircktor des Sie-dlungsverbanDes Ruhrkohlen-vezirk über
Eingemeindungsproülem, Zufa-nimett-legung von Gemeinden usw.,
Dr. Hermann Stenger, rechtskundiger Bürgermeister im Jtn-
nienstadt über Steuergesetzgebung für Stadt und' LanDgememden,
Thomsen, Wnanzdirektor Der Stadt Essen über H-aushMsplä-ne
für Stadt- und Landgemeinden, Prof. Dr. Hugo Lindemann
über Boden- und Wohmtngspolitik in Stadt- und Laudgeineiuvcu,
W. Reinhold, Sekretär Des Verbandes Der Gärtner und Gärt-
»ereiarveit-er über Gartenwirtschaft, Pros. Dr. Grotjahn Mer
Krankenhaus- und Heilstättestwesen, Dr. Max Q u arck - Fcauk-
furt a. M. Wer Gefchlechtskran-kenfürsorge der GelneinDen, Dr.
Karl Richard Wegener, Referent im Kultus-mim-stcrium über
Schul- und sonstige Bi-ldungMusgÄhe-n der Landge>ncinden, Dr.
Hermann Heller, Lester Des Voiksbildungs-amtes der Stadt
Leipzig Mer politisch-wirtschaftliche Bildnugsarbeit -der Gemein-
den, Richard Woldt, Referent im preußischen Kultus-Ministe-
rium Mer Kommun-albernfsv-eratung, Cleinens Nörpel, Sekre-
tär Des A. D. G- B. Wer Betriebsräte, Franz Spl-ieDt, ebttv-
f-alls Sekretär Des U. D- G. B. über Erwer-bslosenfiirsorge, Dr.
He im er ich, Stadtrat in Nürnberg über Kleinrentners-ür-sorge.
— Wir die Besitzer des Taschenbuches für 1922 besonders wertvoll
W Der Dem Bande für 1923 bei gegebene Nachtrag, in dem alle
Durch Die Gesetzgebung, die wirtschaftliche lind oiWn-is-atorische Ent-
wicklung seit Erscheinen des Bandes für 1922 aus den- dort behandel-
ten! Gebieten eingetretenen Veränderungen berücksichtigt sein wer-
den. Der Nachtrag enthält Beiträge von Dr. Weiß, Erster Bür-
germeister in Ludwigshafen, über die Lebensmitte-lwirtschaft, Mi-
Ni-stcrialr-ät Krüger vom Reichsarbeitsministerinm für Woh-
-mmgsgefetzgcbnng, A. Ettling er vom Verband sozialer Bau-
betriebe, über Bauwirtfchaft, Reg-Bau rat Dr. Baumann vom

Reichsverkchrsministerium über Verkeihrswese», Prof. Dr. Klum-
ker a. d. Frnnlfnrter.Universität über W-sNs-ahr-ts pflege und Erwin
H ä >'. v e! e r, Geschäftssührer des B«tab über Organisation der
kommmlnalen- Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
... ---
Soziale Rundschau.
Zur Notlage der Kriegsopfer.
Der Reichstag hat durch die Verabschiedung Des Leueruugs'zu-
schutzgefetz-es für Kri-egsvefchädi-gte und Krie-g-shinterb-liebeue den
Versuch gemacht, die völlig uuizureichcuDen Reuten eines Teiles der
Kriegsopfer auszubessern. Die rapide Verminderung der deutschen
Märt hat diese Absicht jedoch schon kaum nach Dem Inkrafttreten
des Gesetzes durchkreuzt. Die Arbeitsgemeinschaft Der Kriegs--
opferverbäude (mit Ausnahme des Reichsttiegerbu-n-des Khsshäu-
ser) der alle Organisationen der VerforgnugKberechtigte» angehö-
rcn, sah sich deshalb veranlaßt, sofort eine Aussprache mit den
maßgebenden Stetten. Des Reichsarbeitsministeriums herbelzufüh-
ren. Die Besprechung fand in -der letzte» Woche unter Leitung des
Staatssekretärs Dr- Geib statt. Sie hatte Das Ergebnis, daß be-
reits für September ein-e wesentliche Erhöhung der Teuerungszu-
lagen in Aussicht gestellt wunde. Die von der Arbeitsgemeinschaft
geforderte allgemeine Erhöhung Der Reuten für alle Verfor-guugs-
berechtigten wurde abgciehnt. Ebenso konnte -das R-cichöarbeits-
mMstcrinm über den- Inhalt Der für den Herbst in Aussicht gestell-
ten Gesetzes-Novelle noch feine Auskunft erteilen, jedoch sollen die
Organ i-sationen rechtzeitig zu Den Beratungen Mgezogen Werden.
Die Unverbindlichkeit des Friedeusvertrages.

Kleine Nachrichten.
Der Kapitän und acht Mann ertrunken. Nach einer Stettiner
MtzDung stieß der Kruppsche Motorsegler Gaarden- bei Gjevser Riff
aus Grund. Der Kapitän u-u-d 8 Manu ertranken. Gc-ge»»- Abeuh
kam ein schwedischer Segler in die Nähe der Schiffbrüchigen und
rettete fünf Matrosen, Die er in Satzmtz an L-auD brachte.
Tm SKlotzpark von Petzow fand ein- abermaliger Lokaktcrutt«!
wegen der Ermordung Des Obstzüch-ierlehriings Willi Larse statt.
Bost Dem Ergebnis hängt es ab, ob der bereits eingereichtcn Be-
schwerde der Potsdamer Staatsanwaltschaft gegen die Haftent-
lassung Des Funkers v, Kähne sM-kgegeben werden wu-o.
Bei dem Wettbewerb von Wasserflugzeugen um von Tyrrheui--
ichen Pokal hat, wie ans Neapel gemeldet wird, Zimmermann
«Deutschland) aus einem JunserAluWeu-g Den Becher und da-uiit
gleichzeitig den Preis von 150000 Lire geivonnen-.
40 Grad im Schatten. Rom Wird von einer tropischen Hitze
heüngesucht. Seit Monaten ist kein- Tropfen Regen gefallen. In
diesen Tagen ist -das Thermometer auf 40 Grad im Schatte,! ge-
stiegen.
Zwei Helden auf einer Lokomotive. Die italienischen Blätter
berichten von zwei Proletariern, tzie jüngst ein wnuDerbares Bei-
spiel von Heldenmut und von Selbstaufopferung .gegeben haben-.
Zwischen Mailand und Erba fuhr «in Schnellzug mit einer Ge-
schwindigkeit von sechzig Kilometern in der Stunde. AIS er sich
der kleinen- Station Cesana Maderna auf sechshundert Meter ge-
nähert hatte, stieß der Maschinenführer einen Schreckensruf ans:
-bei den. ersten Häusern des Dorfes bewegten sich zwei kleine Weiße
Gestalte»! auf Len, Geleise. Es waren zwei kleine Mädchen- im
Akter von sechs und drei Jahren. Sie sahen, ohne sich der Gefahr
bewußt zu werden, Wie Das keuchende Nngetüm aus sie ziftau». Der
Ma-schincuführcr setzte die Bremse au, er ließ einen laugen Pfif?
ertönen-, ittdd schon hatte sich der Abstand aus Die HA sie verringert.
Das ältere Mädchen hatte Angst bekommen und entfloh; Das an-
dere setzte sich ruhig aus die Schienen. Der Äug hatte inzwischen
seine Schnelligkeit sehr Vermindert, doch war cs unmöglich, -daß er
rechtzeitig zu», Stehen käme: und noch einige Urudrehmigen des
Rades und Das Kind war zermalmt. Die Reisenden, Die au dir
Fenster geeilt waren, als der Zug gebremst würde, die Bäuerinnen-,
die die Häuser verlassen hatten, als sie das Ml-armsignA hörte««,
waren- starr vor Schreck. Plötzlich sahen sie, wie eine menschliche
Gestalt sich von Der Lokomotive löste und zn Boden- siet. Es «vor
der junge Heizer des Zuges Miekes, der den heldenhaften Ent-
schluß gefaßt hatte, der Lokomotive varauszncUcn, nm das Kind
Wegzureißen. Unglücklicherweise hatte er sich bei dem Sturz ver-
letzt.. Mer schon ahmte der vierzigjährige Zugführer Brambilla,
ei« Familienvater, sein Beispiel nach. Er kam beim Sprung auf
die Füße zu stehen und konnte sofort feinen Laus nehmen. Keu-
chend, mit den letzten Kräften erfaßte er das Kind und ritz es in
seine Arme, bevor noch das Vorderrad der Lokomotive es berühr»
hatte. Endlich blieb der Zug stehen und alles stürzte sich ans den
Retter, der, bleich vor Erregung, dastaud, Das lächelnde Kind in- den
Armen.

W Ml« M M MWkWU
Adelsheim. (V e rsassnu gs sei er.) Nachdem in der Ge-
meindeverwaltung mit Rücksicht -auf die dringenden la-n-dwirischaA-
lichen Arbeiten und die Kürze der Zeit nicht mehr möglich war,
den Geburtstag der Verfassung Des Reichs festlich zn begehen, ließ
der sozia-l-dem. Verein es sich nicht nehmen, im engeren Rahmen
diesen uat-iMialen Gedenktag in schlichter Weise zu würdigen-. Gen
Haupt-tevrer Cur taz verstand es in seiner Ansprache in pack-»den-
Worten den Si-nn der Weimarer Verfassung, die sich znm G--nnd-

l-alte, und wie ich-'Rädßeschen zupfen Will, trete ich mit dem rechten'
Fuß in eine Angel und mit Lein linken in mehrere LegbüHsen. Ich
kann mich.Acht heAageq: es war gute Ware. Di-e MMvexfichevnng
kommt für nichts ans. Sie hat einen Paragraphen in Der Police,
nach Dem sie nie für etwas Msz-ukommcn braucht.
Gestern brachte mir meine Haushälterin einen wunderschönen
Apfel ans Krankenbett. Calville oder Holzapfel, oder so ähnlich.
Aber es ist nicht der Apfel von meinem Baum, — der ist mir schon
längst wieder gestohlen.
Wiener Bilderbogen.
Wien I. — Innere Stadt.
Ui-MS eingkschlossen von einein mächtigen Straßenzug, dem
Vie MK alter Glanzzeit datierenSen Prunkbauten zur Seite ste-ben,
siegt sie eingebettet, zu engen Gaffen zusammengedrückt, in ihrer
Mitte das Wahrzeichen von Wien bergend, den alten Stesansvom
Hier lohnt es sich auch „grohsta-dimäkig" den interessantesten Bum-
mel zu machen; i-murer noch wetteifern hier in luxuriösester Auf-
machung Vornehme Geschäfte das Erlesenste an Toiletten und je-
nen WUsetiL geschmackvollen Dingen, deren eine Dame bedarf, in
echt wienerischem Schmid arrangiert datrzulegm. Ein Schick, für
welchen der Wiener selber -die treffendste Kenn-zeichnung findet,
wenn er Has und di-e hübsche, anmmige Trägerin, die sich folch-es
erlauben kann, „fesch" nennt. Ja, bei den Wieneri-nmen von Ge-
hurt genügt auch schon die kleinste Verfügungsgewalt Mer fremd-
kändifche Valuta oder ein Gleiches i-n heimischer Unterstützung und
sie WM sich mi-t Recht Dieses Prädikat und jene seltfa-me', bestrickende
RNa-nc-e von seiner KMi-vierthei-t und anhängender Dekadenz, wie
Ne sich beide in der Mode geben, erring-en. Denn im allgemeinen
kann sich auch eine Wienerin mit ihrem monatlichen SaMr nicht
ällzuw-eit versteigen, mag sie mM Beamtin an der Baur oder einem
sonWgcn privaten Miro, oder auch «ar zu jenen lieblich tippenden
AnmutWeiten gehören, Deren eine solche ausgedehnte Regierungs-
PtirokMlic gar viele bedarf. Sicht -doch Heute unzweifelhaft in
hieMN Oesterreich ein jeder Bundesbürger in nächstem Grade anf-

I------- »!«!I-I!W«I»I--!,
oder absteigenDer Linse -mit feinem Staate — zuweilen Goitseidänt
— in engstem verwaudschafl-licheu Verhältnis, und -das nicht zuletzt
durch die erwähnten TiPPmMlsells. Besser schon als Diese m pe-
kuniärer Hinsicht stehen ihre Kolleginnen der Bau-ksphinc, der««
Monatsgehälter sechsstellige Zahlen find, und wovon Die -erste Zif-
fer auch schon recht lebhaft «ach öden tendiert. Jedoch die Zahle«',
die wie Keimling« im tro-penw-ar-mcn Treibhaus übermäßig auf-
schießen, fallen welk in sich zusammen, wenn sie von der Hellen, rau-
hen Dagesluft der wirklichen Kau-stra-ft umweht werden. Und mr-
erreichbar bleibt in einem der eleganten Geschäfte oder inneren
Stadt der herrliche Pelzmantel liegen, WM als unheimliche War-
ner Der, wenn auch noch so kleine Preiszettel die dach ziemliche
Summe von einigen hundert Millionen fordert. Trotzdem existie-
ren diese Geschäfte und sind sogar -lukrative Unternehmungen, zu-
mal der Reiz der Luruswaren, der schneidige TYP der Wienert,i--
nen, die in- persona illustrieren, wie sich dieser und jener Artikel
prächtig in seiner Verwendung macht, anim-ierrn die Herren aus
allen Ländern znm Kauf, was sie ebenso billig, wenn man nicht
Vesser sagen sollte ebenso teWr As hier in Den Bazaren, der inneren
Stadt hätten tun können-, wenn, — ja. wenn nicht Wien so eine ge-
wisse Mon-opolstellun-s in der Industrie des Geschmacks und dcr
verseinerteu Lebettsbedürsn-issc oberer Sehntanscndcn einnähme,
namentlich in Bezug ans seine östlichen Nachbarn. Und alle jene
Ausländer, Die sich vermöge ihrer Edelvalnta Vorteilhaftes heim
Einkauf in Wie» vorsprechen, sehen bei Rückkunft in ihrer Heimat
ein, sich doch in erheblichem Raße verrechn« zn haben, wenn sie
beim Ueberschla-g immer wi-eDer einen neuen Posten ins Nnkostcn-
kou-to setzen müssen. Bst doch -das Leben gerade, wen« man be-
aneml-i-cherwe-ise Entsemungen scheut, und Wohn -und -Wirkungs-
feld nicht weit über in innere Stadt hina-uZDerlegt, ein beifpielloS
teueres, vergleichbar mit Den Kosten eines ersten Schweizer Kur-
ortes, obgleich man mit nur entwerteten Noten zu hantieren hat.
Und ist man schon einmal in Wien (im Sinne eines solchen Sorg-
lo-sen gedacht), will man auch von Den köstlichen Stimmungen nip-
pen, wie sie im Wiener Lied gepriesen- und befung-e« sind, seit al-
ter Zeit und heute noch. Allzu verführerisch laden- auch die glän-
zenden Kaffees ein, ganz abgesehen von Der Bars und ähnlichen
Lokalitäten, die sich von jen-kn anderen O-rtes Durch ausgezeichnete

jatze Der VollsiouveräniiA bekennt im Gegensatz zu der von Bis
marcl geichafjen-cn Verfassung von 1871, wonach zwar nicht aus
gesprochen war, wer Träger der ReichS-gewalt rvar,-dieselbe avet
tatsächlich in den Fürsten ruble. V-arzu'legen. Rückblickend gedachte
er des 11. August 848 als dein Tag der Geburt des Deutschen Rei-
ches, an dem der Teilnngsvertrag von Verdun abgeschlossen wurde.
Der «Hedem herrschenden SiavisausMW»« der Fürsten: „i'ötst c'esf
mos" stellte Redner Vie moderne demokratische StaNtsansfasilynf
entgegen-, die ihren lebendigen Ausdruck in der Weimarer Ver«
sassnng sin-det. Mit einen« doch aus die Republik schloß der Redrr-ef
seine Ausführungen-.
Bretten. (Blutige R-a n sh ä n d e>.) Drei TeiMe-bmer
am Jubiläum der Freien Tnrnerichask Knittlingen tarnen, star!
angeheitert, in der Ostsiadt mir dein Kutscher und den Jniasscn
eines vorüberfahreuden GefährtS in Streit, ver schnell zu Tätlich,
ketten ausartete. Ank beiden- Seiten gab es Verletzte, sa von den
Messern ausgiebiger Gevranch gemacht wurde. Die hcrveieiken-d«
Polizei »ahm zur Feststellung -des LaiveryMts einige Festnahmen
vor. Die Turner prophezeiten der Polizei, daß ihre „persönlichen
Bovamnten", der Innenminister Rem-mele nu-d der ReichswgsaSg.
Schövflin der Brettener Polizei „schon den nötigen Schwung bei-
bringen" würden. Trotzdem mußten sie vis gegen Abend in Poli-
zligewahrsam bleiben. Auch sonst kam es allenthalben zu Beläftt-i
guM-kn Sogar die Räterepublik wunde auSgernfcn. -- Man
sicht auch hier wieder, welche Folgen Der übermäßige Mkoholgeuutz
zeitigt, Bedauerlich ist an der ganzen Affäre noch, daß sich die
betrunkenen Burschen in ihrer Prahlsucht auf den Jnncmninistet
Rcmmele und den R-ei»HStalgscibgeordneten Schöps! in de»
riesen,-die beide, so wie wir sie können, von- solche» „Anch Genossen"
Weit abrücke».
Mannheim. (P e r s ch tede n c s.) Die 20jährige Kö-n-tmistin
Ba-rbaM Wetzel in WA-dhof, die seit einigen Tage» vermißt wurde,
konnte gestern nur As Leiche aus dem Nitthein in Waldlos gc-läu-
Del werden. — Beim Baden ertrank die 11 Jahre alte Volksschü-
lenin Din« Grimm im Neckar unterhalb der Flotzhasenschleuse. Die
Leiche konnte nicht geborgen werden. — Durch Ueverdruck explm
Vierte in einer Fabrik in Waldhos ein Kupferkessel, wodurch ein be-
deutender Sachschaden verursach! wurde.
Singen. (V erschw n n-d e n) ist seit einigen Tagen der aus
Hamburg hier zn Bcsnch wettende Kaufmann Stöckling. Er
besuchte in der vergangenen Woche eine Rach,nittagsborstclluug Der
Hoiheutwiel-Festspicle und ist von dort nicht zurückgekehrt. Er hakte
die Absicht, mit seiner Frau, Die vom Besuch Der Vorstellung zn-
rNckgehki-ehM war, nach der Schweiz zn reifen. Uutersuch-un-g ist
cingeleitet. Spuren fehlen.
Konstanz. (Unterschlagung) Rach Umerschtagung von
1850 VOV Mk. ging der 21jährige Bankbeamte Bernhard Straub von!
Hugstetten flüchtig. Er war bei der Süddeutschen Rückvorsiche-
runigsg-efellscha-st A.G. in Konstanz augest-elkl und verschwand im
März Dieses Jahres. Damals entdeckte »van keine Umegermiitzig-
kciten. Erst dieser Tage kam man bei der Prüfung der Bankkontos
einer großen Fälschung ans die Spur- Er stellte u. a. ei-n-e-n Scheck
i» her oben genannten Höhe MS. und hob de»» Betrag hei der
Süddeutschen Diskonto-Bauk ab. Ein Fteu-nd Straubs wurde in
Mannheim unter den» Verdacht Der Mitwisserschaft verhaftet.
Bregenz. (Große Aufregung) Mb es gestern Wend ge-
gen 10 Nhr auf -dem Heimkehrend-cn, vollbesetzte»» Dampfer „Feld-
kirch", her unweit des Hafens plötzlich stoppte, während gleichzeitig
gellende Hilft rufe laut w-urden. Zwei Ruderboote, besetzt m-tt zwei
Herren und drei Daniel« aus Wien, waren- in der Dunkelheit und
nicht zuletzt -durch eigene Leichtsinnigkeit dem Dampfer so nahe ge-
kommen, daß sie von den- Rädcrschanseln erfaßt und gänzlich zer-
trümmert wurden. Dank der Geistesgegenwart des Kapitäns
kanten die Bootsinsasien mit dem Leben davon und konnten -an
Bord genmnmcn werden, wo ihnen von sott«« des Kapitäns' km
Anbetracht ihrer keichtsinnigen Gaudetfahrt ein nicht gerade freunD-i
kicher Empfang zu Lett wurde.
Biicherschau.
Hanns Pünther, Technische Träume (l. bis 10. TaufeM). -Mit
29 tci-ks gangseit-lgen Bildern An Text. — 1-22, Zürich, Rascher -n.
Eie. MG. — Geh. Mk. M , «Munden Mk. 70.-.
„Mau weiß nicht, was noch werden mag," sagt man sich, weu-u-
mau das Mich dnrchgele-scn- hat. — Der Verfasser behände« Wit
großem Geschick hie Entwicklung der E ncr g i e Versorgungs-
technik, und schildert überaus -anschaulich, unterstützt durch vor-
zügliche A-bbildnugen, techutsche Probleme, Vie noch Der Verwirk-
lichuM harren, die insbesondere der künftigen Energiever-sorg-nng!
der Wett dienen solle»», »nenn die vorhandenen Kohlci,Vorräte
nicht mehr ansreichen. — Allgenieiu verständlich lesen wir iu dcnr
Buch, daß neben der Ansnütznng yon Kohle und Wasser noch viele
natürliche Energiequellen in» Kos-mos vorhanden sind, deren- Er-
schließung und Ausbeulung für die Menschheit »rach bevorstctzt. —
Uebcrrascheu-d erfährt man, daß die W-iuvkeist-nng bei geringer
Windstärke schon Die gesamte Wafferleistung um ein- Vielfaches-
übertrifft, daß die Wärmeenergie der Sonne im Sonuemnotor schau
nutzbar gemacht ist, daß Vic innere Er-Vwärmc, die sich in den heißen
Quellen- und BuMnen zeigt, ein großes Kraftwerk in Obcrtta-Iicn
spe-i-st. — Weiter Wird behandelt: der Erv-m-a-g-!letisUtus, di-e el-c-t-
lrisch-en- Luftströmc und die Lusleicttrizität. Aus der zuletzt ge-
ncin-ntcn- größten Energiequelle ist aber aller Voraussicht »heb
auch nach ine-nfchlichcn» Ermessen nichts zu holen-, auch nicht durch
etn-e „F esse l u n- g -des Blitzes". Zum Schlüsse wenden noch
die Projekte zur Nntzbarmachrin« der Energie der Meereswellen-
»!nd der Gezeiten (Ebbe u-n-d Flut) vorgesührt, Die haupt-sächlich
in EriWauD und Frankreich ernsthaft und mit großen Mitteln stu-
diert werden. — Um unsere loh le »losen Nachkommen veauwt
es uns also nicht bange zu sein, bis Dahin ist es den» Menschen-
geist« sicher geglückt, der Natur oder dem Kosmos mit Httse der
Techntt das abzuringen, was neue Verhältnisse bedingen, was
neues Leben uotlvendig bat. Wie dies gelingen- wird, -dazu sind ui.
Vein iu-teressaut-en Buche ve'k>'chie-dcn-e Wc-gc augcDcutet, ob aber
nur einer davon- zum Ziele führen wird, oder ob nicht neue Vcr-
hältui-ssc auch neue Wege zeigen, das wollen, müssen und können
Wir getrost der Zukunst überlassen. Friedmann.
litt Wer» sche -Einrichtung voimehmlich a vheben- ' und gar ost v-u
ausländischen- Berufsrei-sen-den und deren ChesS in Erstaunen ver-
setze«!. J'a, es läßt sich hier alles Mye» berechnen, «veil die Wie-
ner 'immer mit ungeahnten Ueverm-fchrmgen- aüswarten, besonders
in pnntts Zahlen. Tritt man des Speisens wegen in eines Vieser
Restaurants, ist es Der Pikkolo, der mch seine zuvorkommend«,»
Handreichungen angelegentlich um Vie Aufmerksaglkeit der Gäste
nachsucht, der eine Kellner hat das Amt, Vie SpeifebestcllitUAen in
Empfang zu netz »nm, der andere bringt die Suppe, ein drUter
Getränke, e-iu vierter die Speisen und beim Zahle»» »rschstut wie-
derum ein neues Gesicht, da rechne sich mA eiuer aus, ob Vies nützt
au Triukgeldans-g-a-ben mindestens 30 Prozent -ausmacht,- Wohl ver-
ständlich, -daß di-e Trinlgetdsittc nicht abgeschasst wir--. Die Wiener
Höflichkeit läßt sich eben gut bezahlen m-d kargt dau-n a»l>h nicht
ntit Katzbuckelei. Küß' di« Hand, ergebenster Dien er, — hab Die
Ehre, — meine Hochachtung usw., und das alles ist einem Atem-
zuge.
Ein anderes Kapitel, -das sich hier in dem vornehmsten Ge-
schästsviertel mit feiner im lauter Kö-stkiMei-ten gehüllten vorüber-
flutenden In- und AusiänDerwelt überaus in- greller DiKtzanmonie
abhebt, sind die vielen- traurigen Gestalten der WknosciOeiichenD-en-.
Dort ein beinloser Invalide auf Dem Asphalt liegend, seine Mi-li-
tärm-ütze einen halben Schritt vor ihm liegend, dort eine Frau mit
einem nnt-erernätzrten Kind Ms dem Arm, «HD bei strengster Kälte
danra-ls im Winter sah ich ein altes Mütterlein -loßftttzig auf den
kalten Steinen stehen. -Es mag woh-l sein, was- behauptet w-ir-v,
Hatz gar viele Das Betteln berufsmäßig betreiben und sich gar nickst
schlecht mit ihren Lagese-innghinen stellen, aver- igunerhi-n- angefichtS
solcher Typen mutz man -och zugebeu, -aß es sicherlich- kein AM--
itehiner Berus ist. Der Wiener selber ad-rr ist -gebesreudia, so i-ange
er etivas hat, zudem sind auch verätze jene Straßen von dieser B-e-
russNafie au» nieistcir frequeuliert, au welchen die vornehmsten Ho-
tels li-egeu, was zur Folge hat, daß auch in diesen Kreisen ein-e
große Jntcreffi-ertheit am jeweiligen Staus Der Valuta herrscht.
EinzigaMg typisch, daß i-n Oesterreich s e l b ft d er Bett l e x a u s
die Baisse seiner VateriänD-i-scheu Währung spckwriert ünd selbst
bei ihnen ist die Krone lei« Pappenstiel mehr wert. Armes- Oester-
reich. Wf. - Theom
 
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