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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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2. Heft
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Gessler, Eduard Achilles: Beiträge zum altschweizerischen Geschützwesen, [2]: die großen Geschütze aus dem Zeughausbestand der Stadt Basel
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0076

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56

E. A. GESSLER, BEITRÄGE ZUM ALTSCHWEIZERISCHEN GESCHÜTZWESEN

VI. BAND

erfolgte ein Neugufs der gesamten baslerischen
Artillerie, der 1796 vollendet war. Die Not der
Zeit, die drohende französische Invasion, liefs
die alten Geschütze verschwinden, um in neuer
kriegsbereiter Gestalt wieder hervorzugehen.
Immerhin war aber die Macht der Über-
lieferung und die Achtung vor dem durch Jahr-
hunderte aufbewahrten Beutestück grofs genug,
ein Geschützrohr zurückzubehalten; auch das
grofse Rohr der Feldschlange von 1514 ist damals
dem Schicksal des Schmelzens entgangen. Jeden-
fallshat sich ein feinsinniger und pietätvoller Zeug-
herr um die Erhaltung dieser Geschütze verdient
gemacht.
Unser Geschütz wird dann erst 1819 wieder
erwähnt und zwar sonderbarer Weise als aus
der Beute von Nancy stammend:
„Burgunder Stuck „Trophaee von Nancy“
Mündung 8”6”’ und lang 6’8”9’”.“
Die letzte Erwähnung geschieht dann 1837
im Zeughausinventar: „Kanonen metallene 1
Burgunder a Pfund 1956“ und gibt also noch
das genaue Gewicht an.
Das Geschützrohr lag von da an im Zeug-
haushofe, wie das zuerst beschriebene Hauptstück
der d’Auxy und kam mit ihm ins historische
Museum.
Es erübrigt uns noch zu erfahren, wann und
wo dieses Geschütz den Baslern in die Hände
fiel. Der schon genannte Knebel gibt uns auch
hier Auskunft; nach der Schlacht von Grandson
kamen zwei mit burgundischen Wappenschildern
geschmückte Bombarden nach Basel und zwar
am 14. März 1476.
Johannis Knebel Capellani ecclesiae Basi-
liensis Diarium:
S. 365 . 23. 14. Merz 1476 (nach der Beutever-
teilung von Grandson).
„Die mercurii 14 marcii venerunt nostre
gentes Basileam, deferentes secum.duas
magnas bombardas, clipeis Burgundorum infusis.“
Am 2. März fand die Schlacht statt, 12 Tage
darauf waren die Beutestücke in Basel.
Leider ist es dem Verfasser nicht gelungen,
in den Bilderchroniken eine Abbildung unserer
Bombarde ausfindig zu machen, wir müssen uns
mit der Abbildung in dem maximilianischen
Inventar begnügen; die vorkommenden Stücke
in den Bilderchroniken weisen alle auf frühere
Formen zurück. Immerhin ist es gelungen, den
Herstellungsort und die Herkunft des Burgunder
Geschützes von Basel zu bestimmen, sowie ein bis-
her beinahe unbekanntes Prachtstück der Artillerie
des XV. Jahrhunderts weiteren Kreisen zu-
gänglich zu machen.

Haben wir in den zwei vorhergehenden Stücken
hervorragende Vertreter des 15. Jahrhunderts
betrachten können, so tritt uns mit dem letzten
der grofsen Geschütze im historischen Museum
zu Basel ein glänzender Typus vom Anfang des
16. Jahrhunderts vor Augen, ein Rohr, das nicht
nur waffengeschichtlich von Bedeutung, sondern
auch von grofsem künstlerischen Reiz ist.
Wir beginnen wiederum mit der Beschreibung
des Stückes selbst, um'dann zu erforschen, was
die schriftlichen Quellen berichten. Eine bildliche
Darstellung aus seiner Zeit konnte für dieses
Geschütz nicht aufgefunden werden, immerhin
jedoch weisen die Zeugbücher Kaiser Maximilians
ähnliche Rohre, sowie deren Lafettierung auf,
so dafs man dieses Versagen des Bildermaterials
eher verschmerzen kann.
Für das Geschützrohr vergleiche man die
Abbildungen 1 oben und Abb. 9 oben.
Das Geschützrohr, eine doppelte Feld-
schlange, sog. Drachenkopf oder Basilisk nach
dem Typus der Artillerie Kaiser Maximilians I.
ist ein Bronzevorderlader mit reichem Dekor,
welcher nach dem Gufs nachgemeifselt und zise-
liert wurde.
Das Rohr besteht aus dem Kammerstück und
Vorderstück. Wir beginnen unsere Schilderung
mit der Traube: sie ist gebildet in Gestalt eines
Drachenkopfs mit Ring im Rachen, dieser Kopf
geht hinten strahlenförmig in den Stofsboden
über und ist am Stofsboden gewulstet. Der
Innenrand des Bodens zeigt einen übereinander
greifenden Blätterkranz, der Aufsenrand ist glatt
und zwölfeckig.
Das Kammerstück ist am Stofsboden ver-
stärkt und zeigt in Quergliederung zwölfeckige
Bandfriese mit Blattwerk. Das ganze Rohr hat
bis dicht hinter die Schildzapfen eine zwölfeckige
Gestalt, aus dem Fries am Kammerstück hinten
brechen 16 nach aufsen züngelnde erhabene
heraldische Flammen hervor. Das Zündloch mit
viereckigem Rand und runder Pfanne ist schräg
nach der Mündung zu gebohrt. Das Scharnier-
band fehlt, es ist weggemeifselt worden. Am
Ende des Kammerstücks findet man die erhabene
Jahreszahl 1514.
Das Mittelstück wächst ohne Quertrennung
aus dem sich verjüngenden Kammerstück. Sein
Beginn ist oben aufsen durch ein Relief angezeigt,
ein Tartschenschild mit Baselstab und zwei Löwen
auf Felsen als Schildhalter, das Wappen der Stadt
Basel.
Die Schildzapfen sind sehr stark und von
zylindrischer Gestalt. Oben sind zwei offene
Henkel angebracht, welche Drachenköpfe mit
geschupptem Hals darstellen, sie sind im rechten
 
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