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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 6.1912-1914

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2. Heft
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Gessler, Eduard Achilles: Beiträge zum altschweizerischen Geschützwesen, [2]: die großen Geschütze aus dem Zeughausbestand der Stadt Basel
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https://doi.org/10.11588/diglit.39948#0077

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2. HEFT

E. A. GESSLER, BEITRÄGE ZUM ALTSCHWEIZERISCHEN GESCHÜTZWESEN

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Winkel zur Längsrichtung- des Rohrs gedreht
und halten im Rachen Querknebel, welche zum
Befestigen des Aufzugseils oder der Kette bei der
Montierung auf die Lafette dienten.
Die Seiten der Knebel, welche gegen das
Kammerstück zu zeigen, sind abgebrochen.
Den Abschlufs des Mittelstücks bildet ein
quergegliedertes Kettenornament, in ein Blatt-
ornament übergehend und daranschliefsend ein
reicher gotischer Fries in der Art eines Sockels.
Das Vorderstück von runder Gestalt hat
vor dem obigen Fries ein breites Schriftband
mit umgebogenen fliegenden Enden. Die In-
schrift ist erhaben in gotischen Minuskeln:
„ich / bin / der / trach / ungehir
was / ich / schis / das /
tuon / ich / mit / fir / meister
jerg zu Strasburg
/gos / mich /“
Hinter dieser Inschrift geht das runde Rohr
dann nach vorne in den Hals nebst Kopf eines
Drachen über, welcher das Mundstück im offenen
Rachen hält. Die Mündung ist mit reichem
gotischem Fries w. o. versehen, dann verstärkt,
von achteckiger Gestalt mit eingezogenen Seiten.
Die Mafse sind folgende:
Rohrlänge 493 cm,
Länge der Traube 28 cm,
Länge vom Stofsboden bis an die Schild-
zapfen 197 cm,
Umfang beim Stofsboden 127 cm,
Umfang bei der Mündung 104,5 cm,
Kaliber 12,5 cm,
Seelenlänge 486,5 cm,
Höhe der Mündung an den Kanten 34 cm,
an den Einbiegungen 30 cm,
Kugelgewicht 12 Pfund Eisen,
Rohrgewicht 4687 Kgr.
Über die Herkunft dieses prächtigen Rohres
berichten uns wieder vorerst die Basler Zeug-
hausinventare.
Es heifst laut Zeughausinventar 1591:
„Zwo dopeler Schlangen mit Drachenköpfen
tragen Eisen 15 Pfund“,
laut Verzeichnis des Zeugmeisterbuches „Von
der Mündung der stuckhen“ 1591:
„Nottschlangen 2 lange Stück mitt Drachen-
köpfen tragen Eysen 14 Pfund handt No. 5 und 6,
Bringen an Stab 15 Pfund“.
Die beigezeichnete Kalibergröfse beträgt
12.5 cm, Kreisdurchmesser 6 cm, 2 Längenmafse
15.5 und 18 cm.
Da es sich in diesem Verzeichnis nur um
das vorliegende Stück handeln kann, und sich
keine weiteren Geschütze mit Drachenköpfen 1514
im Zeughaus befanden, so mufs die Angabe des

Kugelgewichts von 14 Pfund auf ungenauer Mes-
sung, Irrtum oder anderer Art der Kugel beruhen.
Das Kaliber stimmt genau.
Ferner laut Zeughausinventar von 1630:
„No. 40 Ist ein Feldtschlang, 15 Schuch lang,
schiest 12 Pfund Eisen“.
Laut Zeughausinventar 1634:
„Item zwey Stuck so mit No. 40 & 41 be-
zeichnet, seind Feld Schlangen 1574 schuh lang
und Schiessen 12 Pfund Eysen“.
Laut Zeughausinventar 1648 wie 1634.
Laut Zeughausinventar 1662:
„Doppel-Schlangen n und 12 schiessen 12
Pfund“.
Laut Zeughausinventar 1666 wie 1634 & 1662.
Laut Zeughausinventar 1709:
„Item zwo Schlangen mit eckichten Drachen-
köpfen No. 11 und 12 darauf! die Jahreszahl 1514
sambt Ladzeug schiessen 12 Pfund.
Die Zeughausinventare von 1711, 1722, 1732,
1766, 1782/83 haben den gleichen Text wie 1709.
Laut Ergänzung & Duplikat des Z. I. 1782/83
„2 halbe Schlangen 12 Pfund No. 11 und 12
wägen 9374*7 Pfund, Der Drach, Der Lindwurm“.
ferner: „2 Schlangen Schiessen 12 Pfund,
Jahreszahl 1514, Der Drache, der Lindwurm.
laut Zeughausinventar sine dato um ca. 1800.
„Halbe Schlang No. n und 12 1514, schiessen
12 Pfund, Länge 14 Schu 2 Zol, Länge der
Seele 13 Schu 4 Zol. Calibre Weite 4 Sch. 6
Lini. Metalldicke am Bodenstuck 8 Zol 8 Lini.
Länge der Schildzapfen 4 Zol 8 Lini. Diameter
4 Zol 8 Lini. Machen an Gewicht 93 Centner
7474 Pfund. Der Lindwurm und der Drach“.
Laut Zeughausinventar 1819.
„1 Feldschlang 12 Pfunder Mündung 4" 7'"
und lang 13' 5"“.
Laut Zeughausinventar 1826.
„1 Feldschlang 12 Pfund“.
Laut Zeughausinventar 1833 wie 1826.
Laut Zeughausinventar 1837:
„1 Feldschlange ä 4900 Pfund“.
Alle diese Mafse stimmen mit unserm Stück
überein.
Von da an wird das Rohr nicht mehr in den
Inventaren angeführt; das andere wurde bei
der Neuschaffung der Baslerischen Artillerie Ende
des 18. Jahrhunderts vergossen.
Eine weitere wichtige Quelle bilden die im
Basler Staatsarchiv aufbewahrten Archivalien,
besonders Jahrrechnungen der Stadt vom Jahre
I5I3/ISI4> welche sich auf den Gufs neuer Ar-
tillerie beziehen. Damals wurden 6 Geschütze ge-
gossen, und zwar: „zwo doppelte Carthaunen 1514“
zu 96 Pfund Eisen Kugelgewicht, „zwo Schlangen
mit eckhichten Drackhenköpffen 1514“ zu 12 Pfund
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