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Baumeister: das Architektur-Magazin — 6.1908

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Neuere Landhäuser
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Muthesius, Hermann: Landhaus in der Parkstrasse 56, Dahlem
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https://doi.org/10.11588/diglit.52603#0105

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DER BAUMEISTER ° 1907, OKTOBER.

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erwartenden Besuche. Gegeben war ein mässig grosses
Grundstück von 44 m Strassenbreite und 50,40 m Tiefe.
Die Strasse liegt an der Südwestseite des Grundstücks. Um
sämtlichen Wohn- und Schlafräumen die Sonnenlage zu geben,
wurden sie an die südöstliche Querfront des Hauses zu-
sammengedrängt, während alle Wirtschaftsräume an die nord-
westliche Querfront und die nördliche Ecke des Grundrisses
gelegt wurden. Aus Gründen der möglichst vollkommenen
Gartenbenutzung ergab sich ferner die Zurückschiebung des
Hauses in die äusserste Nordecke des Grundstückes. Gleich-
zeitig wurde das Haus auf diese Weise dem Strassenlärm
entrückt. — Es lag der Wunsch vor, das Haus in möglichst
innige Beziehung
mit dem Garten zu
bringen. Zu diesem
Zwecke wurde das
Untergeschoss le-
diglich zu Speicher-
kellern ausgebaut
und keinerlei von
Menschen benutzte
Räume mit Aus-
nahme einer Bügel-
stube dort unterge-
bracht. Dadurch
liess es sich ermög-
lichen, das Erdge-
schoss nur 55 cm
über dem Garten-
terrain anzulegen.
Auf Wunsch des
Bauherrn wurde fer-
ner vor der Südost-
front eine 7,50 m
breite und die ganze
Länge des Hauses
einnehmende Ter-
rasse angelegt, die
in der Höhe des
Erdgeschoss-Fuss-
bodens liegt und mit
Blumenbeeten zwi-
schen steinbelegten
Gängen besetzt ist.
Im Erdgeschoss
wurde gewünscht
ein sehr grosses
Bibliothek-Zimmer
des Herrn, ein Zim-
mer der Dame, zu-
gleich Musikzim-
mer, und ein ge-
räumiges Esszim-
mer. Die Halle soll-
te, ohne an Grösse
die Haupt-Wohn-
räume zu erreichen,
zu gelegentlichem
Aufenthalte dienen können und teilweise durch zwei Stock-
werke gehen. Um sie für den Aufenthalt nutzbar zu machen,
ist ein grosser Kamin mit Sitzplätzen angelegt. Ausserdem
ist dafür Sorge getragen, dass die Dienerschaft zum Oeffnen
der Tür die Halle nicht zu durchschreiten braucht. Sie ge-
langt durch das Dienerzimmer und die Garderobe in den
Windfang. Die Treppe entwickelt sich in der Halle frei und
hat als Podest einen breiten Gang, unter welchem der Haus-
eingang liegt. Ueber dem Kamin erweitert sich dieser Gang
im Bogen balkonartig nach dem Innern der Halle hin und
gibt so bei Gesellschaften einen Sitzplatz zum Rauchen ab.
Der Endlauf der Treppe liegt über dem Windfang. Die Halle
ist ganz weiss gehalten, hat weiss lackiertes Paneel, ist in
dem korridorartigen Längsansatz sowohl im Erdgeschoss als
im ersten Stockwerk mit einem Tonnengewölbe überdeckt
und wird von sieben grossen und hohen, mit Antikglas ver-

glasten Fenstern beleuchtet. Das Kaminrohr nötigte zum Ein-
bauen eines Pfeilers, woraus sich die symmetrische Anlage
eines zweiten Pfeilers ergab. Beide Pfeiler grenzen das Trep-
penpodest ab.
Das Zimmer des Herrn hat Eichenpaneel bis zur Türhöhe,
wobei vier vorhandene Eichenschreibzimmermöbel mit hohem
Aufbau durch feste Einfügung mit verwendet wurden. Ein
sich dem Zimmer anschliessender Büchererker ist mit einem
Kreuzgewölbe abgedeckt und hat ringsherum vertieft in der
Wand sitzende feste Bücherschränke. Ein Kamin in grünen
Fliesen mit Kupfer liegt bündig in der Wand der Bücherschränke.
Das Zimmer der Dame hat eine Wandverkleidung aus röt-
lichem Stoff, des-
sen Stösse durch
Mahagonileisten ge-
deckt sind. Die
Wand-Verkleidung
schliesst sich dem
vorhandenen Ma-
hagonimobiliar an.
Auch Heizkörper-
verkleidungen und
Türen sind aus Ma-
hagoni. — Das Ess-
zimmer hat niedri-
ges Eichenpaneel
bis 1,30 m Höhe,
über diesem weisse
Wände bis zur
Decke, welche zur
Aufnahme der reich-
lich vorhandenen
Oelbilder dienen.
Die Decke ist eine
angetragene Kaset-
tendecke. Der Ka-
min aus grünen
Klinkern liegt in
einer mit einem
Stichbogen über-
deckten Nische, die
durch zwei kleine
äussere Fenster be-
leuchtet ist, so dass
sich sehr gute Lese-
plätze ergeben.
An das Esszim-
mer schliessen sich
die nötigen Wirt-
schaftsräume an.
Für die Lage der
Küche war bestim-
mend, dass sie zwei
einander gegenü-
berliegende Fenster
zur bequemen Lüf-
tung erhielte. Ne-
ben der Küche ist
ein Leutezimmer angelegt, das trotz der kleinen Abmessung
genügenden Raum für die Dienstboten in den dienstfreien
Stunden bietet, indem der Tisch an eine festangebrachte Bank
in die Ecke gerückt ist. Die Spülküche ist in Form eines An-
satzes mit der Hauptküche in offene Verbindung gebracht.
Um Platz zu sparen, ist in der Küche kein Mitteltisch auf-
gestellt, sondern ein grosser Tisch an der Hauptfensterwand.
Für das Dienerzimmer war bestimmend, dass von hier aus
der Eingang übersehen werden konnte, es ist deshalb aus
der Hinterfront des Hauses herausgerückt worden.
Im Erdgeschoss sind zwei Veranden angelegt. Die eine
liegt vor dem Zimmer der Dame, und ihr Fussboden geht
ebenerdig in den der Terrasse über, so dass bei grösseren
Gesellschaften die Anwesenden teils innerhalb, teils ausser-
halb der Veranda sitzen können. Die zweite Veranda schliesst
sich dem Esszimmer an und ist verglast.


Architekten Hart & Lesser, Berlin.

Landhaus J. Erxleben. Diele.
 
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