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Baumeister: das Architektur-Magazin — 6.1908

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Leixner, Othmar von: Friedrich Ohmann, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.52603#0192

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DER BAUMEISTER ° 1908, MAI.

Tätigkeit in Böhmen, vor allem in Prag selbst. Aber auch
ausserhalb der engen Grenzen sehen wir ihn tätig. Die Bauten
jener Zeit gehören zum Teil der historischen Richtung an,

die sich nicht nach der Schablone beurteilen lassen, zu jenen
Menschen, die eine vollkommen individuelle Behandlung und
Kritik verlangen. Ueberblicken wir des Künstlers Tätigkeit,

zum Teil zeigen sie aber auch
bereits den Anschluss an die
moderne Baubewegung. 1899
wird Ohmann als Burgbauleiter
nach Wien berufen, er sollte
das verwaiste Erbe Hasenauers
antreten, eine überaus schwie-
rige, höchst ehrenvolle, aber
auch überaus undankbare Ar-
beit. Vor zwei Jahren erfolgte
Ohmanns Berufung an die
Wiener Akademie. Im Gegen-
sätze zur Wagnerschule, die
rein individuelle Kunst pflegen
will, sehen wir in der Ohmann-
schule den Versuch gemacht,
der heimischen angestammten
Architektur in moderner Weise
wieder zu ihrem Recht zu ver-
helfen. —
Ohmann ist ein ganz eigen-
artiges Talent, ein Talent, dem
man nicht so leicht ganz ge-
recht werden kann. Ohmanns
künstlerische Schöpfungen sind
so enge mit dessen Empfinden,
mit dessen innerstem Fühlen
und Denken verknüpft, dass bei
äusserlicher Betrachtung seiner
Werke häufig vollkommen un-
zutreffende Meinungen über
Ohmanns Kunst aufscheinen
werden. In letzter Zeit hatte ja
die Künsllerwelt Wiens bei zwei
Kunstangelegenheiten ersten
Ranges, dem Wienflussabschluss


Arch. Friedr. Ohmann, Wien.

Innenstudie für einen Palast.

und Baumanns Ernennung zum Burgbauleiter Gelegenheit,

so sehen wir bald, dass er sich
in jeder Stilart fortbewegen
kann, immer aber seiner Ar-
chitektur einen individuellen
Charakter zu verleihen weiss.
Da sehen wir ihn romanische
und gotische Formgedanken
aufgreifen, dort zeigt er wieder
uns die edle Ruhe der Renais-
sance. An anderen Werken
wieder zeigt sich sein tiefes Ver-
ständnis für die Glanzperiode
der österreichischen Architek-
tur für die Barocke. Es dürfte
kein zweiter Künstler in Oester-
reich, vielleicht sogar auch
im Reiche leben, der gleich
ihm die Barocke in so form-
vollendeter Art zu meistern
versteht; ein Beweis dafür sein
Palais Valtera in Prag, dass von
Kunsthistorikern selbt als echt
angesehen wurde. Sehen wir
seine modernen Arbeiten an,
so finden wir hier den Aus-
druck eines individuellen Men-
schen, der wohl nie die Tra-
dition verleugnet. Am eigen-
artigsten spricht uns Ohmann
in jenen Werken an, wo er in
eigenartiger Weise zu verschie-
densten Stilverbindungen ge-
langt. Ein ganz eigenartiger
romantischer Zug weht durch
diese Bauten. Vielleicht ver-
missen wir die Grosszügigkeit,

dies zu fühlen. — Ohmann gehört zu jenen Künstlernaturen,



Arch. Friedr. Ohmann, Wien.

Palmenhausstudie für einen Palast.

Arch. Friedr. Ohmann, Wien.

Entwurf für einen kaiserlichen Palast.
 
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