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Baumeister: das Architektur-Magazin — 6.1908

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Heilmeyer, Alexander: Münchner Ausstellungs-Architektur
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https://doi.org/10.11588/diglit.52603#0240

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142

DER BAUMEISTER « 1908, SEPTEMBER.

chen en miniature anmuten, altdeutsche Bierstuben u. dgl.;
heute baut man Warenhäuser, Schulhäuser, Fabriken. Wir
können uns nicht mehr einspinnen in die heimselige Stimmung
unserer Vorväter. Das moderne Haus mit seiner Hygiene,
seinen praktischen Bedürfnissen und Einrichtungen fordert
auch neue Raumlösungen
und Raumgestaltungen. Wir
sind aus der Kleinwelt unse-
rer Väter hinausgetreten in
die neue grosse Welt des
modernen Verkehrs mit sei-
nen internationalen Bezie-
hungen mit aufblühenden
Industrien, Handel und Ge-
werbe; diese Welt und die-
ses moderne Leben stellt
ganz andere neue Forde-
rungen an den Baumeister.
Neue Materialien und neue
Hilfsmittel der Technik
zwingen ihn zu neuen
Formen. Eisen und Beton
haben die Zukunft. Wir
wissen nicht, zu welchen
tiefgehenden Wandlungen in
der Baukunst diese neuen
konstruktivenMöglichkeiten
führen. Die grossen Nutz-
bauten auf der Ausstellung
1908 lassen vermuten, wie
solche Aufgaben in Zukunft
gelöst werden. Wenn sich
aber erst wieder ein ge-
steigertes Bedürfnis nach
Schmuckbauten geltend
macht, wenn uns neue
Sehnsucht nach neuer
Schönheit überkommt, dann

entfalten und auf Wänden ihren Reichtum an Farben und Linien
ausbreiten. Wie schon einmal im Zeitalter der Gotik und der
Antike werden grosse Monumentalbauten erstehen, Monumente
unserer modernen Kultur, nicht weniger grossartig und
herrlich als die Werke der Alten. Will man sehen, was in
wenigen Jahrzehnten eine
einzige Stadt geschaffen hat,
muss man in dem steinernen
Buche der Stadt München
lesen. FünfMeister der Bau-
kunst haben sich hier in deut-
lich lesbaren Zügen ihrer
individuellen Handschrift
eingetragen. Jeder fand
diejenigen Aufgaben vor,
die seiner Art und Kunst ge-
mäss waren, Kirchen, Fried-
höfe, Schulen, Kranken-
häuser, Bäder, grosszügig
ausgeführte Gemeindebau-
ten und bürgerliche Nutz-
bauten. Ihr Geist spricht
zu uns aus reizvollen Einzel-
schöpfungen, wie aus den
weitausschauenden Plänen
der Stadterweiterung. Die
fünf Ehrenräume, welche
die Ausstellung den fünf
Baumeistern der Stadt ein-
geräumt hat, geben einen
willkommenen Einblick in
ihr Schaffen. Wir sehen in
übersichtlicher Anordnung,
in Plänen, Skizzen, Entwür-
fen und plastisch dargestell-
ten Modellen, was Friedrich
vonThiersch und Gabriel
v. Seidl, Karl Hocheder


Kiinstlertheater.

mag der Monumentalbau in Eisen und Betonvielleicht ähnliche,
aber infolge all der Möglichkeiten seines Materials noch viel
kühnere Formen annehmen, als der konstruktive Steinbau der
Gotik entwickelte. Bei horizontaler Entwicklung des Baues, z. B.
bei grossen Hallenbauten, ergeben sich dann Wandflächen von
unendlich grosser Ausdehnung, die zur Ausschmückung und
Dekorierung drängen. Hier mag sich dann die Malerei al fresco

und Hans Gr äs sei, ferner der für München wieder-
gewonnene Theodor Fischer, alles erdacht und gebaut haben.
Wo in der Ehrenhalle die kräftigen Atlanten stehen, möchte man
fünf Hermen aufstellen, und neben diese fünf Genien, die die
Kräfte versinnbilden, welche in der neueren Münchner Baukunst
lebendigwirksam sind; sie heissen: Weisheit, Phantasie, Volks-
tümlichkeit, Grösse und Feinheit. Alexander Heilmeyer.


Arch. Heilmann & Littmann, München.

Künstlertheater.
 
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