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Baumeister: das Architektur-Magazin — 6.1908

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Beilage zu: 1907, Dezember
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Bbm.: Glatte Betonfassaden
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https://doi.org/10.11588/diglit.52603#0267

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5^: DER BAUMEISTER, ^ABTf,^E,sFÜRARcHlTEKTUR
1907, DEZEMBER. VI. JAHRGANG, HEFT 3.

Glatte Betonfassaden.
(Nachdruck verboten.)
Die technisch-konstruktiven Erfordernisse, die für eine ge-
diegene Betonarchitektur hinsichtlich der Materialwahl wie der
Materialverarbeitung im Vordergründe stehen, dürfen heute
als jedem Baukundigen vollbekannt vorausgesetzt werden.
Dagegen fehlt es doch noch in sehr vielen Fällen an hin-
reichender Kenntnis und Beachtung derjenigen Detailpunkte,
die für eine ästhetische Materialwirkung der Betonfassade
ausschlaggebende Geltung besitzen. Denn die Durchbildung
der Schauflächen unserer Betonbauten in dieser Richtung
des Schönheitswertes ist um so schwieriger geworden, seit-
dem man zu der Ueberzeugung gekommen, dass sich das
nachträgliche Aufbringen einer Putzschicht auf die Beton-
unterlage aus Gründen der Dauerhaftigkeit nicht empfiehlt
und aus Gründen der Materialwahrheit nur schwer rechtferti-
gen lässt. Damit ist denn aber die Notwendigkeit geschaffen,
nun das Konstruktionsmaterial, den Stampfbeton, in unver-
putzter Unmittelbarkeit für das Auge des Beschauers geniess-
bar zu machen.
Die Schwierigkeiten, welche dieser Absicht im Wege stehen,
rühren fast ausschliesslich von der Verschalung her. Nament-
lich dort, wo es sich um die Herstellung glatter Beton-
flächen handelt, sind die von den Schalbrettern zu gewärti-
genden Misslichkeiten so zahlreich und vielgestaltig, dass nur
bei genauester Sachkenntnis und gewissenhaftester Sorg-
falt eine tadelfreie glatte Fassadenfläche zu stände kommt.
Wie viele Ungleichmässigkeiten, Löcher und Fehlstellen
liessen sich ohne weiteres vermeiden, wenn man nur stets
darauf achten wollte, dass für die Zwecke der Verschalung
nicht Bretter in Gebrauch genommen werden, denen noch
von ihrer vorangehenden Verwendung her Betonreste anhaften.
Nicht selten auch kann man feststellen, dass Unebenheiten,
Hügel und Täler der Betonfläche daher kommen, weil die
Verschalung nicht stark genug war, um den Druck der
Stampfarbeiten ohne Ausweichen zu bestehen. Bald sind in
solchen Fällen die Bretter überhaupt viel zu dünn, so dass
sie weder das Stampfen aushalten, noch das unvermeidliche
Quellen ohne stärkere Ausbauchungen aufnehmen können.
Bald auch, und dies wohl am häufigsten, liegt die Schuld
lediglich an der mangelhaft angeordneten Versteifung, für
deren Zwischenräume nicht die Bretterlänge in geeignetem Ver-
hältnisse berücksichtigt ward.
Auch auf den Fugenverschluss wird nicht immer jene Sorg-
falt verwendet, die unbedingt ^verlangt werden muss, wenn
die fertige Betonfassade nicht allzu deutlich wahrnehmbare
Fugenabdrücke aufweisen soll. Es geht nicht an, sich hier-
für auf das nachträgliche Quellen zu verlassen und zu glauben,
was beim Anrüsten der Verschalung an Fugendichtigkeit noch
fehlt, werde ja der bei der Betonarbeit eintretende Quellungs-
trieb rechtzeitig nachholen. Nichts irriger als das. Man be-
denkt dabei nicht, dass die Bretter je nach der Verschieden-
heit ihres Holzcharakters, insbesondere ihrer struktiven Härte,
sowie auch hinsichtlich ihres Altersunterschiedes, ein dem
Grade nach durchaus wechselvolles Quellungsvermögen be-
sitzen und betätigen. Man berücksichtigt des weiteren nicht,
dass Bretter, die kurz zuvor bei anderer Betonarbeit Dienste
getan, noch von dorther einen gewissen Feuchtigkeitsgehalt
mitbringen, während die möglicherweise neben ihnen nun
verwendeten, bisher unbenutzten Bretter sich in der Feuch-
tigkeitsaufnahme und dem Quellungsbestreben sehr erheblich
anders verhalten müssen. Ist aber erst einmal die Beton-
arbeit in vollem Gange, so kommt die Erkenntnis der hier
vorliegenden Versehen meist zu spät. Denn Korrekturen in
der Verschalung sind dann so gut wie ausgeschlossen. Das
äussere Zurüsten der Verschalung ist also keineswegs eine
so einfache und rein mechanische Verrichtung, wie dies
mancherorts leider noch der Glaube. Es will vielmehr von
vornherein überlegt sein, welche Bretter man bei der Ver-
schalung in Nachbarschaft rücken darf, um ein wenigstens
einigermassen gleichmässiges Quellen in die Wege zu leiten

und jedenfalls allen verhängnisvollen Verschiebungen wirk-
sam vorzubeugen.
Die Empfindlichkeit der frischen Betonmasse gegen äussere
Eindrücke ist so ausserordentlich gross, dass sie durchweg
selbst die natürliche Maserung des Holzes der verwendeten
Schalbretter in getreuen Abdrücken auf der fertiggestellten
Fassadenfläche wiederspiegelt. Dieser Uebelstand ist un-
streitig am schwersten zu beheben. Und zwar aus dem sehr
einfachen Grunde, weil ein absolutes Vermeiden der Quellung
des Holzes nicht durchführbar ist. Daher nützt es denn auch
gegen die Maserungsabdrücke nichts, wenn die Bretter vor
der Verwendung glatt gehobelt werden. Denn das Quellen
treibt ja die glattgehobelte Maserung doch wieder hoch. Auch
das E'inreiben der Gebrauchsfläche der Schalbretter mit dick-
flüssigem Gel oder Paraffin bietet keine bedingungslose Ge-
währ. Schon deshalb nicht, weil diese Schutzmittel, die doch
die Holzporen gegen die Feuchtigkeit verschliessen sollen,
nur dann wirksam sein können, wenn sie einen bleibend
dichten Ueberzug auf der Holzoberfläche zu erstellen im
stände wären. Dies ist aber, wie jeder Holzkenner zugeben
wird, durchaus nicht der Fall. Das Oel, wie auch Paraffin
in flüssiger Form, wird vom Holze absorbiert. Und zwar
von der einen Holzart begieriger, als von der anderen. Auch
von dem trockeneren Holze energischer, als von dem feuchte-
ren. Sollen die Schalbretter gegen alle Feuchtigkeitseinwir-
kungen nachhaltig immunisiert sein, wie dies im Prinzip von
vielen Betontechnikern verlangt wird, so kann dies zweifellos
nur auf dem Wege geschehen, dass die Bretter vor ihrer
Betonverwendung zunächst in lufttrocknem Zustande mit Oel
oder ähnlichen Imprägniermitteln bis zur Sättigung getränkt
werden. Und diese vorbereitende Behandlung der Schal-
bretter würde auch vor jeder neuen Gebrauchsverwendung
wieder von neuem vorzunehmen sein. Das erfordert denn
aber freilich Umstände und Kosten, zu denen sich begreif-
licherweise niemand gern entschliesst. Eitle Hoffnungen sind
es andererseits aber jedenfalls, wenn man sich von dem
blossen Anstrich der Innenflächen der Schalbretter verspricht,
dass dadurch bei der Betonarbeit das Quellen und mit ihm
auch der Abdruck der Holzmaserung vermieden werde.
Günstigsten Falles wird dadurch im Verein mit der Glatt-
hobelung die Schadenwirkung vielleicht gemindert. Als mit
Sicherheit ausgeschlossen kann sie hier aber nicht gelten.
Denn selbst wenn durch einen solchen Anstrich eine vorerst
deckende Schutzschicht zustande gebracht wird, was ja
immerhin möglich ist, so wird diese doch während der Be-
tonausführung durch das Stampfen unvermeidlich stellenweise
beschädigt. Damit ist dann aber ihre Feuchtigkeitssicherheit
untergraben.
Allen diesen Verlegenheiten gegenüber wird nun in jüngster
Zeit ein Verfahren befürwortet, das von einer Oel-Impräg-
nierung der Schalbretter zu Zwecken der Feuchtigkeitsab-
wehr keinen unmittelbaren Gebrauch macht. Soweit man
nach Massgabe der hiermit bislang gesammelten Erfahrungen
ein Urteil abgeben darf, scheint diese neue Methode tatsäch-
lich die endgültige Befreiung von der Kalamität der gemaser-
ten Betonfassaden in allen Fällen zuverlässig zu verbürgen.
Diese Neutechnik glatter Betonfassaden bestreicht allerdings
ebenfalls die Innenfläche der Schalbretter, nachdem diese zu-
vor in möglichst dichtem Fugenverschlusse aufeinandergesetzt
sind, zunächst reichlich mit dickflüssigem Formöl. Aber nicht
etwa wiederum in der als verfehlt nachgewiesenen Absicht,
dadurch der Feuchtigkeit den Zutritt in das Holzinnere zu
verwehren. Vielmehr kommt es hier darauf an, diesen starken
Oelauftrag in seiner Klebefähigkeit auszunützen. Zu diesem
Zwecke lässt man nun den Oelüberzug erst ganz leicht an-
trocknen, um ihn alsdann unter Zuhilfenahme von Handblase-
bälgen mit einer zarten Decke feinkörnigen Scharfsandes zu
versetzen. Darauf werden die entsprechenden Stampfarbeiten
erledigt. Nach Entfernung der Verschalung zeigt sich dann,
dass dieser Sand von der Betonfläche angenommen worden
ist. Er hat nicht nur, ohne den Betonmaterialcharakter zu
unterdrücken, eine ästhetisch ausserordentlich wirkungsvolle
 
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