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Caracalla.
übliche Mittel der Verpümmg bestand in der Zerstörung und Be-
seitigung der betreffenden Bildnisse. Andrerseits ist es gerade
bei Caracalla, der sich ein Vergnügen daraus machte, Furcht und
Schrecken einzuflössen, auch nicht unmöglich, dass er sich aus eigenem
Antrieb - als Tyrannen darstellen liess. Nachdem er einmal ge-
sehen, wie knechtisch sich die Römer Alles und Jedes gefallen Hessen,
konnte er wohl auch auf den Gedanken kommen, ihnen gleichsam
zum Hohne sein Bildnis in dieser drastischen Auffassung vor Augen
zu stellen, um sie jederzeit daran zu erinnern, wessen sie sich von
ihm zu versehen hätten. Wir halten das Letztere, d. h. die Ent-
stehung des Typus noch bei Lebzeiten des Kaisers, für das Wahr-
scheinlichere , ohne freilich entscheiden zu wollen, ob der Typus
auch unter den damals vorhandenen Denkmälern in ähnlicher Weise
über wog, wie unter den jetzt erhaltenen. Vielleicht gehört nur das
Original der Zeit des Caracalla an, und wurde es erst später ver-
vielfältigt, wie ja einige Exemplare gar erst der Neuzeit ihren
Ursprung verdanken.
Wir haben oben gesagt, dass der zornig-wilde Ausdruck bei
allen sicheren Caracallabildnissen wenigstens im Keime zu Tage trete.
Eine schöne Münchener Büste, Glypt. Nr. 182 1, die sonst
stark an Caracalla erinnert, nicht bloss in der Wendung des Hauptes
nach links, sondern auch in der Kopfform, im Bart, in dem ath-
letischen Nacken, die aber jenes Ausdruckes entbehrt, ist mit Recht
aus der Liste seiner Bildnisse gestrichen worden. Dass es sich
nicht um Caracalla handelt, beweist allerdings auch noch manches
Andere, die ungewölbte Stirn, das volle Unterkinn, das kurze, mehr
gebiisclielte als krausgelockte Haar. Ein das Bildnis Caracalla’s
veredelnder Künstler hätte keinen Anlass gehabt,'den Charakter
der Haare, wie er bei dem ins Mannesalter getretenen Kaiser
sonst überall, auch auf den Münzen, erscheint, in auffälliger Weise
zu verändern.
Umgekehrt steht in der Gallerie des capitolin. Museums
(5) ein Kopf, der zwar den wilden Blick des Caracalla hat, bei dem
man aber der Formen wegen zweifelt, ob er es sei, indem nament-
lich das Untergesicht höhere Proportionen aufweist; daher nach
Fea eher sein Bruder. Wir werden aber unten sehen, dass der
wahrscheinliche Typus des Geta ein anderer war; und da trotz den
Abweichungen eine entschiedene Aehnlichkeit mit Caracalla vor-
handen ist, der Ausdruck und das gespaltene Kinn aber entschieden
1 Fach Brunn abgeb. Maffei Verona illustr. III. 225. IX. und Mus. Nap.
IV. 27, was meinen Notizen nach nicht richtig. Vgl. oben Nr. 41.
Caracalla.
übliche Mittel der Verpümmg bestand in der Zerstörung und Be-
seitigung der betreffenden Bildnisse. Andrerseits ist es gerade
bei Caracalla, der sich ein Vergnügen daraus machte, Furcht und
Schrecken einzuflössen, auch nicht unmöglich, dass er sich aus eigenem
Antrieb - als Tyrannen darstellen liess. Nachdem er einmal ge-
sehen, wie knechtisch sich die Römer Alles und Jedes gefallen Hessen,
konnte er wohl auch auf den Gedanken kommen, ihnen gleichsam
zum Hohne sein Bildnis in dieser drastischen Auffassung vor Augen
zu stellen, um sie jederzeit daran zu erinnern, wessen sie sich von
ihm zu versehen hätten. Wir halten das Letztere, d. h. die Ent-
stehung des Typus noch bei Lebzeiten des Kaisers, für das Wahr-
scheinlichere , ohne freilich entscheiden zu wollen, ob der Typus
auch unter den damals vorhandenen Denkmälern in ähnlicher Weise
über wog, wie unter den jetzt erhaltenen. Vielleicht gehört nur das
Original der Zeit des Caracalla an, und wurde es erst später ver-
vielfältigt, wie ja einige Exemplare gar erst der Neuzeit ihren
Ursprung verdanken.
Wir haben oben gesagt, dass der zornig-wilde Ausdruck bei
allen sicheren Caracallabildnissen wenigstens im Keime zu Tage trete.
Eine schöne Münchener Büste, Glypt. Nr. 182 1, die sonst
stark an Caracalla erinnert, nicht bloss in der Wendung des Hauptes
nach links, sondern auch in der Kopfform, im Bart, in dem ath-
letischen Nacken, die aber jenes Ausdruckes entbehrt, ist mit Recht
aus der Liste seiner Bildnisse gestrichen worden. Dass es sich
nicht um Caracalla handelt, beweist allerdings auch noch manches
Andere, die ungewölbte Stirn, das volle Unterkinn, das kurze, mehr
gebiisclielte als krausgelockte Haar. Ein das Bildnis Caracalla’s
veredelnder Künstler hätte keinen Anlass gehabt,'den Charakter
der Haare, wie er bei dem ins Mannesalter getretenen Kaiser
sonst überall, auch auf den Münzen, erscheint, in auffälliger Weise
zu verändern.
Umgekehrt steht in der Gallerie des capitolin. Museums
(5) ein Kopf, der zwar den wilden Blick des Caracalla hat, bei dem
man aber der Formen wegen zweifelt, ob er es sei, indem nament-
lich das Untergesicht höhere Proportionen aufweist; daher nach
Fea eher sein Bruder. Wir werden aber unten sehen, dass der
wahrscheinliche Typus des Geta ein anderer war; und da trotz den
Abweichungen eine entschiedene Aehnlichkeit mit Caracalla vor-
handen ist, der Ausdruck und das gespaltene Kinn aber entschieden
1 Fach Brunn abgeb. Maffei Verona illustr. III. 225. IX. und Mus. Nap.
IV. 27, was meinen Notizen nach nicht richtig. Vgl. oben Nr. 41.