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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 25.1928/​1929

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Berichte aus Deutschland
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2l8

BERICHTE AUS DEUTSCHLAND

Prof. Mich. Kurz- Augsburg und Hans D o e 11-
g a s t - München (2. Preis), eine basilikale An-
lage mit dem Turm hart an der Bauflucht, mit
ihrem klaren Grundriß, ihrem einfach-großzügi-
gen ruhigen Innenraum kann in seiner harmoni-
schen durchgestalteten Abrundung als vielleicht
das Beste unter dem zahlreichen Guten bezeichnet
werden. Sehr vornehm und würdig, fast zu ernst
die Arbeit von Adolf Muesmann - Dresden
(1. Preis), bei der für das Presbyterium reicher
Mosaikschmuck vorgesehen ist, der sicher noch
besonders beleben würde. Eigenartig und wir-
kungsvoll trotz einer schier übertriebenen Ein-
fachheit der Entwurf von A. J. Peter-Fran-
kenthal. Den heutzutage seltener vertretenen Bau-
gedanken einer Zentralkirche legt der Entwurf
von Theo B u r I a g e - Osnabrück (3. Preis) zu-
grunde. Hierbei überraschen im einzelnen sehr
gelungene und neue Ideen, wobei freilich vom
liturgischen Gesichtspunkt aus die Lage der Sei-
tenaltäre in ihrer Absonderung vom Hauptraum
zu beanstanden ist. Gottfried Jonas- Düssel-
dorf strebt in einem interessanten Entwurf den
christozentrischen Rundbau an. In Einzelheiten,
so in dem etwas kerkerartigen Turm, ist ein
romantisches Grundgefühl wirksam. Von beson-
derem Geschmack in der maßvollen Eindring-
lichkeit der Innenansicht mit den hinter dem
Altar aufragenden hochgezogenen drei Bögen ein
Entwurf von Kogler, Haedenkamp und
Höhne- München. Originell wird in einer wei-
teren Münchner Arbeit von Toni Sprenger
die Angliederung des Seitenschiffs an das Haupt-
schiff durch Arkaden bewirkt. Daß es daneben
auch an weniger erfreulicheren Dingen nicht
fehlte, sei nicht verschwiegen. Es gibt so etwas
wie eine neue Stereotypität unter den Architek-
ten. Man folgt nicht dem Gefühl von innen her-
aus, sondern kopiert von andern neu Gefühltes.
Bei manchen enttäuscht eine prahlerische Pla-
nerei, die, sehr unkatholisch, sich nicht scheut,
selbst dem Christlichen ganz fremde Formvor-
stellungen von moscheenhaftem Typus oder ab-
strakt-technische Formen zu verwenden.
Ein weiterer Wettbewerb der Deutschen
Gesellschaft für christliche Kunst galt der Illu-
stration einer katholischen Schul-
bibel, vom Bischof von Regensburg, Dr. Buch-
berger, im Verlag Kösel & Pustet. Auch hier
war eine relativ sehr reiche Beschickung mit
69 Entwürfen zu verzeichnen, auch hier hatte das
Preisgericht keine leichte Arbeit. Es gibt ja auch
im ganzen großen Bereich der christlichen Kunst
wohl kaum eine schwerere Aufgabe als diese.
Man ist heutzutage geneigt, wieder mehr den
pädagogischen Zweck in den Vordergrund zu
stellen. Der Begriff „kindertümlich“ ist durchaus
nicht so klar umschrieben, so ohne weiteres ein-
leuchtend, als das den Anschein hat. Kindertüm-
lich heißt nicht, sich gleichsam dem Kinde und
seiner Vorstellungsweise anbiedern. Genau so
wie das Erziehen das Moment des Entwickelns,
Herauferziehens in sich enthält, so kann auch
vom Bibclbild verlangt werden, daß es dem Kind
eine, wenn auch nicht zu schwierige Aufgabe des
Sehens stellt. Das war bei den heutzutage oft
unterschätzten Arbeiten eines Führich der Fall.
Auch Richter ließ das Kind und das Volk in sei-
nen gemütdurchwärmten, dabei wunderbar dich-
ten, mit Realistik gefüllten Darstellungen nicht
bloß genießen: man mußte sich hineinfühlen, sich
hineinleben. Für solche illustrative Aufgaben

gilt auch irgendwie das Stormsche Paradoxon,
das er sich als Jugendschriftsteller zum Motto
wählte: „Wenn du für die Jugend schreiben
willst, so darfst du nicht für die Jugend schrei-
ben.“ So, im höchsten Sinn verstanden, kann es
keine Schwierigkeit des Ausgleichs zwischen reli-
giösen, pädagogischen und künstlerischen Wer-
ten geben. Schwierigkeiten dagegen macht in
der Gegenwart mehr als je die Analyse des auf
die Mehrzahl der zu erfassenden Kinder passen-
den durchschnittlichen Milieus, des geistigen und
künstlerischen Vorstellungskreises, innerhalb des-
sen sie leben. Der ist beim Großstadtkind schon
nach sozialen und sonstigen Schichtungen unge-
heuer abgestuft. Und auch auf dem Lande kann
man nur noch sehr regional von einer einheit-
lichen Vorstellungswelt der Kinder sprechen.
Das romantisch Deutsche, das Sinnig-Gemüt-
hafte, Kindliche, Erdhafte und Volksverwurzelte
wird — und oft ist es nur die Sehnsucht nach
unwiderbringlich Verlorenem, die hier etwas vor-
handen glaubt, das längst entschwunden, — in
manchen Städten schon und auch teilweise auf
dem Land nicht mehr als selbstverständlich, son-
dern als gewollte Nähe empfunden, für die keine
Aufnahmebereitschaft vorhanden ist. Den Aus-
gleich zwischen der persönlich an die Subjektivi-
tät des Künstlers gebundenen Vorstellung, zwi-
schen dessen zeitlicher Orientiertheit einerseits,
den religiösen Gegebenheiten und Anforderungen,
den erzieherischen Notwendigkeiten andrerseits
trifft nur eine Künstlerpersönlichkeit, bei der alle
vier Faktoren zusammenhelfen, sich verbinden,
um dann neu und einheitlich aus dem Vollen her-
aus zu schaffen. ■—• Die Entwürfe, der mit einem
ersten Preis ausgezeichneten Künstlerin Berta
Schneider, technisch vorbildlich klar und
sauber in der Holzschnittlinienführung, sind in
ihrer Stilisierung zeitgemäß. Das Epische, Er-
zählerische tritt zugunsten einer Beschränkung
auf das Wesentliche des Vorgangs zurück, man
könnte das auch als poetische Kargheit bezeich-
nen. Als Gegenstück dazu wären die mit einem
vierten Preis ausgezeichneten Arbeiten von Fr.
Wilfried Braunmil ler O. S. B. zu nennen.
Eine ganz hervorragende Arbeit, durch Schön-
heit der Zeichnung, Selbständigkeit der Idee und
der Komposition, für Kinder allerdings nicht so
leicht faßbar wegen der Massierung, der Ge-
drängtheit des Inhaltlichen. z\uch Georg Poppe
(2. Preis) hat in seinen lebendig erfundenen,
schönen Kompositionen viel Einfühlung. Doch
mag das Großzügige, stark Abkürzende des
Zeichnerischen für das kindliche Auge weniger
günstig sein. Im älteren Stil, sauber und fleißig,
liebenswürdig trotz einer gewissen Enge und Be-
schränkung der mit einem 3. Preis bedachte Ent-
wurf von Max Teschemacher. (Wie unter-
des bekannt wurde, hat man sich für die Ausfüh-
rung dieses Projekts entschlossen.) Farbig von
hoher Schönheit, absolut überragend, zeichne-
risch jedoch nicht ganz den Anforderungen die-
ser Kleinkunst entsprechend und deshalb sicher
dem Auffassungsvermögen von Kindern zwischen
11 und 15 Jahren schwerer zugänglich, die Ent-
würfe von F. Baumhauer, die einen 5. Preis
erhielten. Unter den Belobigungen waren eben-
falls noch eine Reihe von beachtenswerten Lei-
stungen (Rabolt, Ho11er, Scho11, Gämmer 1 er,
Schultheiß). Jedenfalls konnte man sich davon
überzeugen, daß zum Thema der Schulbibel-Illu-
stration von unseren Künstlern durchaus Selb-
 
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