Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0030
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Heft 1
DOI article:Huth, Hans: Gebrauchsmöbel von David Röntgen
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übertragenen Bronzeformen der gerippten Bänder, Rosetten und Kanneluren.
Im Aufbau zeigt sich die nüchterne gerade Art, die durchaus im Einklang mit
der Struktur der sonstigen Möbel Röntgens steht. Die gotischen Motive der
Vierpaßformen können wohl durch Chippendale vermittelt sein.
Ganz anderer Art ist die Haltung des zweiten Stuhls, sie erinnert durchaus an
den Stil französischer Typen, etwa des Jacob. Das beiden Stühlen gemein-
same Motiv der Lyra ist weder Röntgen noch Jacob eigentümlich, möglicher-
weise taucht es zuerst in Frankreich auf, weite Verbreitung findet es erst von
England aus, hauptsächlich durch die Vorbilder Sheratons und Adams. Viel
einfachere Stühle, im Aufbau dem ersteren Stuhl ähnlich, mit fünf senkrechten
Rückenstreben und einem charakteristischen Stufenaufbau auf der Lehne,
befinden sich im Fürstlich Wiedschen Rentamt in Neuwied. Weitere Röntgen
und seiner Schule zugeschriebene Stühle im Berliner Schlosse veröffentlichte
Schmitz (Deutsche Möbel des Klassizismus, Stuttgart 1923, S. 52, 90). Bei dieser
Gelegenheit mag auf jene zwölf Stühle hingewiesen werden, die nach erhal-
tenen Rechnungen Abraham Röntgen für den Rat Goethe anfertigte. Ob von
diesen Stühlen wenigstens ein Exemplar im Goethehaus erhalten ist, wird noch
festzustellen sein. Es hat sich nämlich bei den Vorarbeiten zu dem Gesamt-
bild, das ich von dem Schaffen der Röntgenwerkstatt demnächst vorzulegen
gedenke, gezeigt, daß es doch nicht ganz hoffnungslos ist, etwas vom Werk
Abraham Röntgens zu erfahren. Neben seinem selbstverfaßten Lebenslauf
haben sich als sichere Werke seiner Hand Türen in Neuwied erhalten, Nach-
richten über Lieferungen an verschiedene Höfe geben andere wichtige Finger-
zeige. Nachdem wir ausführliche Arbeiten über die Chippendale, Cressent,
Jacob erhalten haben, ist es endlich an der Zeit, eine Forderung, die schon
Riegl 1887 stellte, zu erfüllen, nämlich das Gesamtwerk der in drei Genera-
tionen arbeitenden Schreinerfamilie der Röntgen darzustellen.
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Im Aufbau zeigt sich die nüchterne gerade Art, die durchaus im Einklang mit
der Struktur der sonstigen Möbel Röntgens steht. Die gotischen Motive der
Vierpaßformen können wohl durch Chippendale vermittelt sein.
Ganz anderer Art ist die Haltung des zweiten Stuhls, sie erinnert durchaus an
den Stil französischer Typen, etwa des Jacob. Das beiden Stühlen gemein-
same Motiv der Lyra ist weder Röntgen noch Jacob eigentümlich, möglicher-
weise taucht es zuerst in Frankreich auf, weite Verbreitung findet es erst von
England aus, hauptsächlich durch die Vorbilder Sheratons und Adams. Viel
einfachere Stühle, im Aufbau dem ersteren Stuhl ähnlich, mit fünf senkrechten
Rückenstreben und einem charakteristischen Stufenaufbau auf der Lehne,
befinden sich im Fürstlich Wiedschen Rentamt in Neuwied. Weitere Röntgen
und seiner Schule zugeschriebene Stühle im Berliner Schlosse veröffentlichte
Schmitz (Deutsche Möbel des Klassizismus, Stuttgart 1923, S. 52, 90). Bei dieser
Gelegenheit mag auf jene zwölf Stühle hingewiesen werden, die nach erhal-
tenen Rechnungen Abraham Röntgen für den Rat Goethe anfertigte. Ob von
diesen Stühlen wenigstens ein Exemplar im Goethehaus erhalten ist, wird noch
festzustellen sein. Es hat sich nämlich bei den Vorarbeiten zu dem Gesamt-
bild, das ich von dem Schaffen der Röntgenwerkstatt demnächst vorzulegen
gedenke, gezeigt, daß es doch nicht ganz hoffnungslos ist, etwas vom Werk
Abraham Röntgens zu erfahren. Neben seinem selbstverfaßten Lebenslauf
haben sich als sichere Werke seiner Hand Türen in Neuwied erhalten, Nach-
richten über Lieferungen an verschiedene Höfe geben andere wichtige Finger-
zeige. Nachdem wir ausführliche Arbeiten über die Chippendale, Cressent,
Jacob erhalten haben, ist es endlich an der Zeit, eine Forderung, die schon
Riegl 1887 stellte, zu erfüllen, nämlich das Gesamtwerk der in drei Genera-
tionen arbeitenden Schreinerfamilie der Röntgen darzustellen.
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