Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

DOI Heft:
Heft 3
DOI Artikel:
Sauerlandt, Max: Meißener Porzellan mit Schmischek-Ornamenten
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0113

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Meißener Porzellan mit
Schmischek - Ornamenten
Mit fünf Abbildungen auf einer Tafel Von MAX SAUERL.ANDT
IN seinem großen Werk über die deutschen Fayence- und Porzellan-
hausmaler (Leipzig 1925) hat Gustav E. Pazaurek die im Jahre 1909 mit
dem ersten Teil der Sammlung v. Lanna (Katalog Nr. 1421, Abb. Taf. 95) ver-
steigerte schlanke Bechertasse mit Callot-Figuren auf der Obertasse, einem auf
einer Tonne sitzenden rauchenden Bauern und von Jagdszenen belebten
Schweifgroteskenornament auf der Untertasse versuchsweise als eine unter
Preußler-Einfluß entstandene Jugendarbeit Ignaz Bottengrubers eingereiht
(Pazaurek a. a. O., S. 168, Abb. 133).
Der Auktionskatalog der Lanna-Sammlung vermutet Kupferstiche des Eras-
mus Kamyn als Vorlage der eigenartigen Ornamente dieser in Grün, Gelb,
Purpur und Schwarz gemalten Tasse.
Tatsächlich aber beruht die Malerei auf einer Radierung von Joh. Schmischek
(Abb. 1 c), und zwar auf Blatt 5 der um 1630 entstandenen Folge „Neües Gro-
teschgen-Büchlein. Durch Johann Schmischek“ (Jessen Nr. 55), das die
genaue Vorlage für die auf der Untertasse oben links dargestellte Eberjagd-
szene darbietet.
Inzwischen sind mir noch drei weitere Meißener Porzellane bekannt gewor-
den, die offenbar ebenfalls auf Schmischeksche Ornamentstiche zurückgehen:
ein Schälchen mit Untertasse, das im Jahre 1921 von dem Nationalmuseum in
Stockholm erworben wurde (Abb. 2) und ein achtseitiges Schälchen1 (Abb. 3)
und eine gedeckelte zweihenklige Bechertasse nebst Untertasse (Abb. 4), die
etwa zur gleichen Zeit in die Dresdener Porzellansammlung gelangt sind. Die
Verwandtschaft mit der Lanna-Tasse einerseits, der Schweifgrotesken-Orna-
mentik Joh. Schmischeks andererseits wird aus den Abbildungen ohne weiteres
ersichtlich: Herrn Intendant Erik Wettergren in Stockholm und Herrn Direktor
E. Zimmermann in Dresden bin ich für eine genaue, meine Notizen ergänzende
Beschreibung der Stücke sowie für die photographischen Vorlagen zu Dank
verpflichtet.
Die frühe Unterglasurmarke des achtseitigen Schälchens in Dresden und der
Tasse in Stockholm — nur diese beiden Stücke sind markiert — versetzt
die doch offenbar von einer Hand gemalte Gruppe in die Zeit um oder kurz
vor 1724.
Die beiden Stücke in Stockholm und das achtseitige Schälchen in Dresden
zeigen kobaltblaue Ringlinien, alle anderen Farben — Schmelzfarben in der
Art der frühen Herold-Chinoiserien — stehen auf der Glasur, bei allen Teilen
in Stockholm und Dresden ist Perlmutterlüster reichlich verwendet, in Stock-
holm für den Fond der Ränder, in Dresden für den Fond des achtseitigen
Schälchens, das auf der Unterseite mit sechs indianischen Blütenzweigen be-
malt ist, und für die abwechselnd vergoldeten und purpurlüstrierten Riefeln der
Tasse, der Untertasse und des Deckels.
Die Formverschiedenheit der vier Stücke spricht dafür, daß es sich um Ein-
zelarbeiten handelt, wir müßten sonst nicht weniger als vier eigene Service

1 Als ausgefallene Manufakturmalerei erwähnt von Pazaurek, a. a. O., II, S. 277,
Anm. 1.

97
 
Annotationen