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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 18
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Rundschau
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RUND SCHAU

Sammlungen
KERTSCH
Eines der ältesten, wenn nicht das
älteste Provinzial - Museum Rußlands —
das „A ltertums-Museu m“ zuKertsch
in der Krim feierte im Juni sein hundertjäh-
riges Bestehen. Die Lage der Stadt als Ver-
bindungskette des Schwarzen und Asoff-
schen Meeres, an deren Küstenländern sich
Reste griechischer, römischer, byzantini-
scher, genuesischer und tatarischer Kultu-
ren mit derjenigen der Skythen kreuzen,
machte Kertsch zu einem Mittelpunkt der
archäologischen Forschungen und Ausgra-
bungen, welche im Laufe eines Jahrhun-
derts von russischen wissenschaftlichen In-
stituten und Gelehrten unternommen wur-
den.
Die eigentliche Jubiläumsfeier des Kert-
scher Museums soll erst im September statt-
finden, gleichzeitig mit einer allrussischen
Archäologen-Konferenz, welche eine Ge-
samtübersicht über die Resultate der archä-
ologischen Untersuchungen in Südrußland
während der letzten Jahre zu geben ver-
spricht. P. E.
KÖLN
Im Lichthof des Kunstgewerbemuseums
zeigt Professor Karl Schaefer die unter sei-
ner Leitung im Kunstgewerbemuseum und
in der alten Abteilung des Wallraf-Ri-
chartz-Museums angeschafften Erwerbun-
gen. Es ist zunächst rein quantitativ eine
stattliche Anzahl von Kunstwerken, die Pro-
fessor Schaefer während seiner nunmehr
sechsjährigen Tätigkeit in Köln zusammen-
gebracht hat. Ein großer Teil ist allerdings
auf dem Wege des Tausches, als Geschenk
oder als Leihgabe an die Museen gekom-
men, da die zur Verfügung stehenden An-
kauf smittel sehr gering sind. Zwingenschon
finanzielle Umstände zu einer Konzentra-
tion auf das wenige, so lag es doch schon
im vornherein im Plane Schaefers, nicht
ehrgeizig alles zu sammeln, sondern sich
auf einige Gebiete zu beschränken. So ist
es insbesondere die rheinische mittelalter-
liche Plastik, die Professor Schaefer, da sie
in einem Kunstgewerbemuseum alten Stils
nur mehr zufällig vertreten war, gesammelt
hat. Daneben ist es das deutsche Porzellan
des 18. Jahrhunderts, dessen in der Meiße-
ner Frühzeit noch klaffende Lücken durch
Ankäufe figürlicher Stiche glücklich er-
gänzt worden sind. Die Renaissance ist mit
Neuerwerbungen so gut wie gar nicht ver-

treten, eine Tatsache, die ganz zwingend im
Wandel des Zeitgeschmackes ihre Erklä-
rung findet.
Da Professor Schaefer in den Publikatio-
nen des Kölnischen Kunstgewerbevereins
ausführlich und mit reichem Abbildungs-
material über die Neuerwerbungen berich-
tet hat (1924 über die plastischen, ig2ö über
die keramischen Neuerwerbungen), können
wir uns damit begnügen, auf das Wichtigste
referierend hinzuweisen.
Trotz der Marktseltenheit guter romani-
scher Plastik konnte das Museum seine Be-
stände durch die Holzskulpturen zweier
Cherubim von ikonographisch besonderem
Typus (Nordwestdeutschland um 1250) als
Stiftungen des Geheimrats Hagen und durch
ein Kruzifix von edler Form (Pappelholz,
oberrheinisch um 1200) ergänzen.
Die kölnische Plastik des 14. Jahrhun-
derts ist durch die Sitzfigur eines heiligen
Nicasius und die Büste eines Apostels glän-
zend vertreten. Das Bild einer Entwick-
lungsgeschichte der Kölner Plastik erfuhr
fernerhin durch den Torso einer großen
Kalksteinmadonna aus dem Karthäuserklo-
ster (als Leihgabe der evangelischen Kir-
chengemeinde) eine Bereicherung. Die übri-
gen plastischen Erwerbungen führen u. a.
die mittelalterliche Plastik Westfalens ein
und haben ihre Höhepunkte in einer Holz-
madonna von Hans Leinberger, als einem
guten Beispiel gotischen Frühbarocks, und
in einem in der farbigen Fassung besonders
gut erhaltenem Erbärmdebild vom Mittel-
rhein (16. Jahrhundert).
Von den Bildererwerbungen seien insbe-
sondere genannt ein Frauenporträt vom
Meister von St. Severin als Geschenk der
Frau von Guilleaume, drei Altarbilder vom
Sippenmeister als Leihgaben der Kirche in
Vallendar, ein Cranach aus der Spätzeit
(Amor als Honigdieb von 1531) und ein Bild
des Meisters der weiblichen Halbfiguren die
Gefangennahme Christi darstellend.
Das Kunstgewerbe erfuhr, wie schon er-
wähnt, insbesondere durch den Ankauf
von Porzellan eine Bereicherung. Daneben
wurde die Sammlung rheinischen Stein-
zeugs, die ja schon hervorragend im Muse-
um vertreten ist, durch besondere Pracht-
stücke ergänzt. Die Glanzstücke der Porzel-
lanerwerbungen sind einmal die Krinolinen-
figur von Kändler (um 1745) als Geschenk
des Geheimrats von Schnitzler und Stücke
aus einem Service, das Höroldt in Meißen
1745 für den Kurfürsten Clemens August
von Köln mit Chinesenmalereien dekorierte.

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