Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

DOI issue:
Heft 15
DOI article:
Rundschau
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0547

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
RUNDSCHAU

Sammlungen
KUNST IM SAARGEBIET
Der Kunstetat fast aller städtischen Mu-
seen in Deutschland ist im vergangenen
Jahr äußerst knapp bemessen worden. Köln
die größte rheinische Museumsstadt mit
einem Kunstgut wie es wenige europäische
Großstädte besitzen, mit Sammlungen mit-
telalterlicher, ostasiatischer und neuzeitli-
cher Kunst von Weltruf, hat für Neuerwer-
bungen gar keine Mittel bewilligt. Mil-
lionen werden für Sportveranstaltungen, Sta-
dionbauten usw. ausgegeben, die Oper, der
Stolz jeder Provinzstadt, kostet Hunderttau-
sende rind Veranstaltungen von Wettspie-
len, Regatten, Turnieren für Leibesübungen
jeder Art verschlingen alle Mittel, die für
„kulturelle“ Zwecke verfügbar sind. Um so
mehr Beachtung und Anerkennung muß es
finden, daß eine Stadt, die bisher künst-
lerisch wenig hervorgetreten ist, Saar-
brücken, durch die verantwortungsbe-
wußte Tätigkeit der maßgebenden Stellen,
vor allem des Herrn Ministerialrat Dr. Col-
ling, gerade in der letzten Zeit mit verhältnis-
mäßiggeringenMitteln eine neue Sammlung
aufgebauthat. Vorbildlichist die Art, wie hier
unter Beschränkung auf das bildmäßige Aqua-
rell und die Graphik, die durch den geringen
Etat geboten war, ein Überblick über das
Schaffen der bedeutendsten Künstler der
Zeit gegeben wird. Man will vor allem den
Schülern der Kunstgewerbeschule durch
umfassendes Anschauungsmaterial die Mög-
lichkeit geben, sich über die Arbeiten der
hervorragendsten lebenden Künstler zu
orientieren. Corinth und Slevogt weisen
noch in den Bereich des Impressionismus,
Kirchner, Nolde, Heckei, Otto Müller,
Schmidt-Rottluff und Pechstein dokumen-
tieren die Vielgestaltigkeit und innere Kraft
des Brücke-Kreises. Beckmann, Kokoschka,
Rohlfs, Marc, Feininger, Klee sind mit sorg-
fältig ausgewählten typischen Arbeiten ver-
treten, ebenso wie Dix und Groß, die mar-
kantesten Erscheinungen der jungen Gene-
ration. Reichhaltig ist die Kollektion von
Zeichnungen und Graphik der Plastiker:
Barlach, Lehmbruck, Albiker, Sintenis, Ar-
chipenko, Scharff usw. Fast kein Künst-
ler von persönlicher Prägung fehlt und es
seien noch genannt: Meid, Großmann, Ka-
noldt, Mense, Kollwitz, Kubin, Lasar Se-
gall, Felixmüller, Nauen, Meidner, Cam-
pendonk, Dawringhausen, Schrimpf, See-
wald, Schlichter, Scholz, Gleichmann usw.
Eine Abteilung saarländischer Künstler,
darunter eine Kollektion von Weißgerber,
schließt sich an. Die nordische Kunst wird

durch sechs der wichtigsten Blätter von
Munch repräsentiert, die belgische ähnlich
durch Arbeiten von James Ensor. An
dieser Stelle, heute mehr als je im
Brennpunkt zweier Kulturen, begegnet sich
deutsches und französisches Kunstschaffen
der Zeit und wieder einmal erweist sich, daß
die künstlerische Bewegung in Deutsch-
land sich in den letzten Jahrzehnten mit
ungewöhnlicher Intensität entwickelt hat.
Frankreich hat ausgezeichnete Arbeiten
von Picasso, Renoir, Laurencin, Pascin,
Gromaire, Lurgat, Derain, La Fresnaye,
Signac, Kogan u. a. beigesteuert. Von Ruß-
land sind Chagall, Kandinsky und Jaw-
lensky ausgestellt. Das Ganze ist von einer
Geschlossenheit, die selbst bei einem flüch-
tigen Überblick zeigt, daß ein einheitlicher
künstlerischer Wille mit hohen Anforderun-
gen an Qualität hinter dieser Sammlung
steht, deren Niveau man manchem Museum
wünschen möchte. K-
VON DER SIXTINISCHEN KAPELLE
Der Direktor der vatikanischen Gemälde-
sammlungen Biagio Bigatti ist mit dem
Problem einer Umgestaltung der Sixtini-
schen Kapelle beschäftigt. Sein Plan geht
dahin, hier eine Gruppe von Werken, die
zu ihr bzw. zu Michelangelo in Beziehung
stehen, zu vereinigen. In erster Linie han-
delt es sich um die Überführung des
Grabmals Sixtus IV. aus dem Museo Pe-
triano, wo es keine besonders günstige
Aufstellung gefunden hat, in die Kapelle,
deren Stifter Sixtus IV. war. Ebenso soll
die Pieta Michelangelos von ihrem un-
günstigen Standort in der ersten Kapelle
rechts in S. Peter entfernt werden und auf
dem Altar der Sixtina ihren Platz finden:
also Beginn und Ende der Kunst Michel-
angelos nebeneinander. Schließlich han-
delt es sich darum, die Teppiche Raf-
faels an ihren ursprünglichen Bestim-
mungsort zurückzuführen. Dazu sollen je-
doch nicht die heute in der Gallerie degli
Arazzi befindlichen Stücke verwandt wer-
den, sondern neue in der Fabbrica degli
Arazzi des Vatikans anzufertigende Ko-
pien. L. S.
NORWEGISCHES FREILUFT-
MUSEUM1
Über d.as im norwegischen Volksmuseum
befindliche Freiluftmuseum ist kürzlich
eine Veröffentlichung mit 47 Tafeln er-
schienen, die eine gründliche Einführung
in diese Sammlung alter Heimstätten Nor-
1 Fri luf tmu s e e t pä Norsk Folkemuseum. Oslo
1925.

527
 
Annotationen