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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 3
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Rackham, Bernard: Bemerkungen über eine Gruppe italienischer Majoliken des 17. Jahrhunderts
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0099

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Bemerkungen über eine Gruppe ita-
lienischer Majoliken des 17. Jahrhunderts
Mit fünf Abbildungen auf zwei Tafeln Von BERNARD RACKHAM-London

IN der Salting Collection des Viktoria- und Albert-Museums in London
befindet sich ein kleines, 5,5 cm hohes Majolikaschälchen, das lange Zeit
für ein allen andern wohlbekannten Typen fernstehendes Stück gegolten hat.
Über seine Herkunft oder Geschichte ist nichts Näheres bekannt, außer daß
es von Mr. George Salting auf der Versteigerung der Sammlung von Sir Wil-
liam Drake erworben ist. Ein bestimmter Eindruck von Frische scheint darauf
hinzuweisen, daß es sich um ein Versuchsstück neuer Art handelt. Das Schäl-
chen ist zart geformt, die Wandung ist für eine Majolika ungewöhnlich dünn,
es ist unten achtseitig und läuft nach oben in acht ausgeschweiften Bogen-
flächen aus. Seine beiden Henkel, in Form gebrochener Schnörkel, sind
schwarz mit kupfergrüner Deckung. Dieses Grün ist „geflossen“ und hat die
weiße Glasur der Wandung in der Umgebung der Henkel verfärbt. Die Glasur
ist bemerkenswert weich und glatt Und bildet einen schönen Grund für die
Blaumalerei der Innenseite. Der Innenboden ist mit der Halbfigur einer jungen
Frau bemalt, deren in der Mitte gescheitelte Haare in überhängenden Reihen
loser Locken angeordnet sind, in der Hand hält sie eine Tulpe. Die Wan-
dungen sind mit verschiedenen eckigen Motiven in Feldern dekoriert, die der
Schalenform entsprechen: ein wenig zartes Kupfergrün ist dem Blau bei dem
Innenrande der oberen Felderreihe beigemischt.
Nunmehr ist ein Gefäß von zweifellos gleicher Herkunft, das von derselben
Hand bemalt ist, aufgetaucht, ein großer doppelt gehenkelter Topf von 15,3 cm
Höhe, der dem Hamburgischen Museum für Kunst und Gewerbe kürzlich von
Herrn Otto Blohm geschenkt wurde. Die Malerei dieses Stückes ist nur in
Blau ausgeführt, die Zeichnung zeigt auf der inneren Bodenfläche einen
Delphin, auf der Außenwandung zwei Reihen von Medaillons mit Brustbildeim
junger Männer und Frauen, die Blumen, Fruchtkörbe, Musikinstrumente und
andere Gegenstände halten, ganz ähnlich dem Brustbild auf dem Schälchen in
South Kensington. Um den Fußring läuft ein Ornamentstreifen, in dem noch
der Einfluß des 16. Jahrhunderts nachlebt. Die etwas trockene Glasur ist stark
haarrissig.
Diesen beiden Stücken müssen ferner drei Teller angereiht werden, von
denen sich einer im Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg befindet,
während die beiden anderen sich bereits in den Sammlungen des Viktoria-
und Albert- (ehemals South Kensington-) Museums befanden, als im Jahre 1873,
der große Katalog der italienischen Majoliken dieses Museums von C. Drury
Fortnum verfaßt Wurde.
Alle drei Teller sind nur in Blau bemalt, der in Hamburg hat einen vertieften
Spiegel mit der Malerei einer fast in ganzer Figur dargestellten Judith, die ein
Schwert und das Haupt des Holofernes hält. Ihre Tracht ist phantastisch, doch
zeigt sie, daß der Maler durch das in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts
modische Kostüm beeinflußt ist. Diese Mitteldarstellung ist eingefaßt von
einem breiten, sorgfältig entworfenen Randmuster von dichtem stilisierten
Blumen-, Blatt- und Bandornament, das auswärts von einem radialen Stäbchen-
motiv, innen von einer Doppelwellenlinie begrenzt wird.
Dieses letztere Motiv bildet ein Verbindungsglied mit der oben beschriebe-
st
 
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