nein druckenswert ■— erscheint, sofern er nur in seinem Kreise sich betätigt
hat, ein Denkmal eines blinden oder doch annähernd blinden Gerechtigkeits-
sinnes, dem wir nun den Nachweis aller irgendwie merkwürdigen, hoch in
die Hunderte, ja wohl in die Tausende gehenden Hausmalereien vom Ende
des 17. bis tief in das ig. Jahrhundert hinein zu danken haben.
Alle Vorteile, aber — es darf nicht verschwiegen werden — auch die Ge-
fahren und Nachteile des konsequent durchgeführten Zettelkastensystems
drängen sich dem Leser beim Studium dieses Buches unabweisbar auf, dieses
Systems, das vielen — und ich bekenne, selbst zu ihnen zu gehören — nach
Anlage und Absicht unanwendbar ist und das doch bei der unendlichen Viel-
zahl der oft nur in Nuancen voneinander abweichenden Denkmäler unseres
Studiums und bei der Weite und Unübersichtlichkeit ihres Verstreuungs-
gebietes in den Museen Und Privatsammlungen zwischen Moskau und Sevres
nicht wohl umgangen werden kann, wenn nicht einzelne Stücke übersehen
werden sollen, vielleicht gerade die, die schließlich von entscheidendem Werte
werden, weil sie Aufklärung über ganze Gruppen verwandter Arbeiten zu
geben vermögen, dieses Systems, das allein den höchsten erreichbaren Grad
der Vollständigkeit gewährleistet — das aber auch die Gefahr in sich birgt,
nivellierend zu wirken, wenn bei der endgültigen Bearbeitung den Notizen
jedes einzelnen Zettels das gleiche Gewicht beigelegt wird, wenn die Zettel
mehr gezählt als gewogen werden.
In der Tat: Pazaurek hat sich selbst nicht geschont. Aber wäre es nicht doch
möglich gewesen, den Leser etwas mehr zu schonen, als es geschehen ist?
Oder hat dieser gegen sich selbst so bewunderungswürdig harte, aus Grund-
satz unsentimentale Arbeiter vielleicht doch das Recht, auch gegen seine Leser
hart zu sein? Denn wirklich: es wird Uns nichts erlassen und der Inhalt der
Anmerkungen zum Text streift bisweilen das Groteske. So z. B. — ein Beispiel
mag genügen — wenn auf zwei aufeinanderfolgenden Seiten dreimal in aller
Form darauf aufmerksam gemacht wird, daß nach den neuesten Feststellungen
der ehemals Bayreuther Metzsch nicht erst im Jahre 1767, sondern bereits im
Dezember 1766 verstorben ist und wo wir dann auch noch vor der Verwechs-
lung dieses 1766 verstorbenen Johann Friedrich Metzsch mit dem 1799 oder
1800 gestorbenen Dresdener Maler Christian Gottlieb Mietsch gewarnt werden
— wie gleich auf einer der ersten Seiten des Werkes mit einer ganz eigenen
Art von Vollständigkeitsfanatismus sämtliche bekannt gewordenen, der Signatur
Joh. Schapers gleiche oder gleichende Goldschmiedemarken und Künstler-
signaturen zusammengestellt werden bis herab zu der des seligen Julius
Schnorr von Carolsfeld, dessen Werke mit denen Schapers zu verwechseln ja
wohl selbst dem jüngsten Adepten unserer Zunft nicht ganz leicht fallen wird.
Und wie reimt es sich mit dieser grenzenlosen Sorgfalt im kleinen, daß in
diesem sonst fast druckfehlerfreien Buche dann der „kürzlich verstorbene
Renoir, der ja auch zuerst Porzellanmaler war“, mit dem Rufnamen Paul
begabt wird? Das sind Schönheitsfehler, wie so manche alltägliche oder vul-
gärdeutsche Wendung des Textes, der oftmals in einem gar zu empfindlichen
Widerspruch mit Format und Gewicht — äußerem und innerem — des
Werkes steht.
Aber freilich: Schönheitsfehler, die die Lektüre erschweren, die Lust des
Lesens beeinträchtigen, aber doch den wissenschaftlichen Wert des hier
Geleisteten nicht schädigen können. Des Neuen, das dieses Buch bringt, ist
so viel und dieses Neue ist von solcher Bedeutung, daß der richtige Leser
sich doch von der ersten Seite an gefangen fühlt und trotz oftmals sich regenden
Zweifels oder Widerspruchs bis zum Schluß oder — ganz ehrlich gesagt —
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hat, ein Denkmal eines blinden oder doch annähernd blinden Gerechtigkeits-
sinnes, dem wir nun den Nachweis aller irgendwie merkwürdigen, hoch in
die Hunderte, ja wohl in die Tausende gehenden Hausmalereien vom Ende
des 17. bis tief in das ig. Jahrhundert hinein zu danken haben.
Alle Vorteile, aber — es darf nicht verschwiegen werden — auch die Ge-
fahren und Nachteile des konsequent durchgeführten Zettelkastensystems
drängen sich dem Leser beim Studium dieses Buches unabweisbar auf, dieses
Systems, das vielen — und ich bekenne, selbst zu ihnen zu gehören — nach
Anlage und Absicht unanwendbar ist und das doch bei der unendlichen Viel-
zahl der oft nur in Nuancen voneinander abweichenden Denkmäler unseres
Studiums und bei der Weite und Unübersichtlichkeit ihres Verstreuungs-
gebietes in den Museen Und Privatsammlungen zwischen Moskau und Sevres
nicht wohl umgangen werden kann, wenn nicht einzelne Stücke übersehen
werden sollen, vielleicht gerade die, die schließlich von entscheidendem Werte
werden, weil sie Aufklärung über ganze Gruppen verwandter Arbeiten zu
geben vermögen, dieses Systems, das allein den höchsten erreichbaren Grad
der Vollständigkeit gewährleistet — das aber auch die Gefahr in sich birgt,
nivellierend zu wirken, wenn bei der endgültigen Bearbeitung den Notizen
jedes einzelnen Zettels das gleiche Gewicht beigelegt wird, wenn die Zettel
mehr gezählt als gewogen werden.
In der Tat: Pazaurek hat sich selbst nicht geschont. Aber wäre es nicht doch
möglich gewesen, den Leser etwas mehr zu schonen, als es geschehen ist?
Oder hat dieser gegen sich selbst so bewunderungswürdig harte, aus Grund-
satz unsentimentale Arbeiter vielleicht doch das Recht, auch gegen seine Leser
hart zu sein? Denn wirklich: es wird Uns nichts erlassen und der Inhalt der
Anmerkungen zum Text streift bisweilen das Groteske. So z. B. — ein Beispiel
mag genügen — wenn auf zwei aufeinanderfolgenden Seiten dreimal in aller
Form darauf aufmerksam gemacht wird, daß nach den neuesten Feststellungen
der ehemals Bayreuther Metzsch nicht erst im Jahre 1767, sondern bereits im
Dezember 1766 verstorben ist und wo wir dann auch noch vor der Verwechs-
lung dieses 1766 verstorbenen Johann Friedrich Metzsch mit dem 1799 oder
1800 gestorbenen Dresdener Maler Christian Gottlieb Mietsch gewarnt werden
— wie gleich auf einer der ersten Seiten des Werkes mit einer ganz eigenen
Art von Vollständigkeitsfanatismus sämtliche bekannt gewordenen, der Signatur
Joh. Schapers gleiche oder gleichende Goldschmiedemarken und Künstler-
signaturen zusammengestellt werden bis herab zu der des seligen Julius
Schnorr von Carolsfeld, dessen Werke mit denen Schapers zu verwechseln ja
wohl selbst dem jüngsten Adepten unserer Zunft nicht ganz leicht fallen wird.
Und wie reimt es sich mit dieser grenzenlosen Sorgfalt im kleinen, daß in
diesem sonst fast druckfehlerfreien Buche dann der „kürzlich verstorbene
Renoir, der ja auch zuerst Porzellanmaler war“, mit dem Rufnamen Paul
begabt wird? Das sind Schönheitsfehler, wie so manche alltägliche oder vul-
gärdeutsche Wendung des Textes, der oftmals in einem gar zu empfindlichen
Widerspruch mit Format und Gewicht — äußerem und innerem — des
Werkes steht.
Aber freilich: Schönheitsfehler, die die Lektüre erschweren, die Lust des
Lesens beeinträchtigen, aber doch den wissenschaftlichen Wert des hier
Geleisteten nicht schädigen können. Des Neuen, das dieses Buch bringt, ist
so viel und dieses Neue ist von solcher Bedeutung, daß der richtige Leser
sich doch von der ersten Seite an gefangen fühlt und trotz oftmals sich regenden
Zweifels oder Widerspruchs bis zum Schluß oder — ganz ehrlich gesagt —
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