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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 6
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Feulner, Adolf: Eine Prunkgarnitur von Georges Jacob
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0213

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Deutschland wäre auch für einen derartigen Bericht gar keine Resonanz
da gewesen. Man denke sich in Meusels Miscellaneen oder in einer der
gelehrten Zeitungen der Frühzeit Goethes, in denen eben um tiefschürfende
Probleme der Inhaltsästhetik gerungen wurde, einen solchen Bericht. Un-
möglich. Mit Kunst hatte das Möbel nichts zu tun. Das war Sache des
Handwerks. Früher war es anders. In Frankreich gehörte das Möbel, das
Kunstgewerbe überhaupt genau so wie ein Werk der Malerei, der Skulptur,
zum Gebiete der Kunst, das allgemein interessierte.
Das Möbel verdient die ausführliche Beschreibung. Es ist das reichste
Möbel, das Georges Jacob überhaupt geschaffen hat. Möglich, daß unter
den zerstörten Garnituren, die Lefuel nach archivalischen Angaben verzeich-
net, noch ein anderes von dieser Bedeutung war; unter den erhaltenen ist
keines. Es ist fast intakt. Die Vergoldung von Meslee mit dem raffinierten
Wechsel zwischen Matt- und Glanzgold leuchtet noch in der alten Schönheit.
Die Exaktheit der Schnitztechnik, die Schärfe des Schnittes, die von der
Fassung kaum gemildert wird, ist erstaunlich. Das Schnitzwerk an der
schönen Berliner Garnitur aus Versailles (um ein naheliegendes Beispiel zu
nennen) ist viel stumpfer.
Stilistisch zeigt das Möbel die gleichen Merkmale wie die meisten Möbel
von Georges Jacob. Es ist ein Werk der Übergangszeit, für die Jahre seiner
Entstehung schon erstaunlich streng, ganz antikisch in den Motiven, so daß
man ohne die genaue Datierung versucht wäre, das Stück später anzusetzen.
Die Verschmelzung der Teile, der Häupter und Seitenwände in der Rokokozeit
ist schon vollständig aufgehoben. Die Eckstützen sind zu Säulen heraus-
präpariert, die aber noch die freiere, nicht ganz glückliche Bildung der
Übergangszeit haben. Nicht gelöst ist auch die Verbindung der Traversen
mit den Stützen. Das strenge Empire hat durch die vollständige Trennung
organischer komponiert. Das beherrschende Zentralmotiv am Bett, der Halb-
rundschild mit den Adlerköpfen ist keine Erfindung der Louis-XVI.-Zeit, die
das Motiv im Stich weiter verbreitet hat; es kommt schon früher vor in der
Zeit von Louis XIV. (Beispiele in den Stukkaturen des Louvre u. ö.) und
noch weiter zurück, und ist antiken Vorbildern nachempfunden. Auch bei den
übrigen Motiven mischen sich antikische Reminiszenzen mit dem obligatori-
schen Formenschatz der Louis-XVI-Zeit, den Füllhörnern, Guirlanden, Zopf-
bändern, die nicht ganz organisch kompiliert sind, die leicht mit Gegenbei-
spielen aus den bekannten Stichwerken, aus dem Formenschatz von Jacob
selbst zu belegen wären. Nur die Kette des Hubertusordens am Schild und
der Herzogshut sind spezielle Motive, die auf Wunsch des Bestellers ange-
bracht sind.
Der Besteller war nicht Karl Theodor, wie Lefuel vermutet, sondern Carl
August, Herzog von Zweibrücken-Birkenfeld (1775—1795)- Sein Monogramm
CA findet sich an der Kopfwand des Bettes, auf der Scheibe zwischen den
beiden Füllhörnern. Es ist auch mit dem Monogramm seiner Gemahlin
Maria Amalia an den Möbeln angebracht, die außerdem zu dieser Garnitur
gehören. Es sind zwei Stühle und zwei Ofenschirme, bei denen dieselben
tektonischen Bestandteile und die gleichen antikischen Motive in anderer
Komposition variiert sind. Ein dritter Stuhl der Münchner Residenz, ein
Frisierstuhl mit Monogramm M, zweifellos ebenfalls von Jacob gefertigt,
gehörte zu einer anderen Garnitur.
Der Ofenschirm ist einfach komponiert. Die Säulen bilden den Rahmen;
sie ruhen auf Volutenfüßen mit Löwentatzen. Die Füllhörner mit rundem
Mittelschild, der das Monogramm C (Carl August) und M (Maria Amalia)

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