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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 9
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Hildebrandt, Hans: Ein Christus am Kreuz von G.A. oder von J.A. Urlaub
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0306

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fallend genug — bartlosen Hauptes. Der Einschnitt der Hüften scheidet die
Gesamtfläche in ein oberes und unteres Quadrat. Läßt schon der Ausdruck
überstandener unsagbarer Qual auf dem Antlitz des Verschiedenen an Grüne-
wald denken, so ruft die Farbe erst recht diese Erinnerung wach. Mit bläu-
lichen, grünlichen, kaltgelblichen Verwesungstönen hebt sich der Körper von
geheimnisreichstem, unirdisch tiefstem Schwarzblau, aus dem nur die dro-
hende, verdunkelte Sonne glüht. Ihr Rot kehrt einzig in wenigen Blutstropfen
an den Nägelwunden wieder. Das weiße, absichtlich durch keine Inschrift der
grellen, kalten Helligkeit beraubte Blatt drückt die verfinsterte Luft, die ver-
finsterte Sonne in unendliche Ferne zurück. Und nur ein Meister konnte die
tiefen Schatten des von unirdischem Licht gestreiften Körpers fast mit den-
selben Tönen wiedergegeben wie die Luft Und dennoch den Eindruck un-
ermeßlichen Abstands erzeugen.
Vielleicht geben diese Zeilen Anlaß, weiteren Schöpfungen des Malers nach-
zuforschen, der nach dieser Leistung zu den Besten des deutschen Barock
gehört haben muß.


Holzschnitt aus Jac. de Voragine, Mariale
Venedig 1497
(J. Baer & Co., Frankfurt a. M. Kat. 275, Nr. 349)
 
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