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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 10
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Kippenberger, Albrecht: Der große Ofen der Veste Coburg und die gußeisernen Öfen der Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0324

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kein Gebäude im Sinne des Monumentalen gemeint ist, darüber läßt dann
das Ruhen auf Löwen1 keinen Zweifel. Die Auffassung des Ofens als Ge-
bäude erklärt auch, daß die „Fenster“ des Unter- wie des Oberbaues nur in
den oberen Teil der Wände eingeschnitten sind (denn in einer gotischen
Kirche sitzen die Fenster auch oben) und macht die Annahme von Lehfeld
und Voß2, daß die Reliefs mit den Figuren der Heiligen „sichtlich nicht für
diesen Ofen modelliert sind“, hinfällig. Der Wechsel von breiten längeren
mit schmäleren kürzeren Figurenfeldern gibt einen starken Rhythmus.
Wo wurde nun dieses Pracht- und Riesenstück (s. d. Masse) gegossen und
in welcher Gegend mag der Meister der Modeln zu denken sein? Karl Köt-
schau3, der den Ofen igo2 wohl erstmalig behandelt, meint, daß die Über-
lieferung auf Nürnberg als Ursprungsort hinzeige, ohne aber mehr von Grün-
den anzugeben, als daß auch späterhin noch Beziehungen Nürnberger Arbei-:
ter zu Bauten auf der Veste nachweisbar sind. Er vermutet eine Eisengießerei
in der Nähe Nürnbergs. Voß4 spricht nur von den Reliefs als ausgezeichneten
Arbeiten eines Nürnberger Meisters des 15. Jahrhunderts. Die Stilverwandt-
schaft der Reliefs mit den Wappensteinen von 1489 am Zeughause der Veste
veranlaßt ihn, dieses Jahr auch für die ungefähre Entstehungszeit des Ofens
zu halten. Irrtümlich unter Berufung auf Voß urteilt Lasius5, daß Wappen-
stein und Ofen vom gleichen Meister geschaffen seien.
Nun finde ich, daß der Schnitzer der Modeln für den Ofenschmuck seine
Vorbilder von Stichen des Meisters F. V. B. nahm. Die Übereinstimmung
zwischen dem heiligen Antonius des Ofens (Abb.2) und dem des Stiches des
Niederländers (Abb.7) überzeugt wohl sofort; aber auch bei den andern
Figuren wie bei den Katharinen und Marien (Abb,. 2 u. 8, Abb. 3, 5 u. g) schlägt
die Ähnlichkeit durch. Gibt dieses Zurückgehen auf einen niederländischen
Stecher schon einen leisen Fingerzeig nach dem Norden, so kommt anderes
noch hinzu6: Von Nürnberger Eisenhütten in jener Zeit wissen wir nichts,
wohl aber haben wir ausführliche Nachrichten von Gießereien im Sieger-,
lande7.
Im Jahre 1463 bestanden dort 28, 1497 gar 30 Hütten8. Eine Urkunde von
i486—1487, daß „gerhart snytzeler“ einen eisernen Ofen goß, den er selbst nach
Brabant brachte und daß ein „yßen oben“ nach Dillenburg „under dey Kap-

1 Die Form des Aufsatzes an Kachelöfen wie des von 1495 im Goldnen Saal der Veste
Salzburg könnte für Koburg von Einfluß gewesen sein.
2 „Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens“, Heft XXXIII, S. 538, Jena 1907.
3 In „Ein eiserner Ofen auf der Veste Koburg“ im Thüringer Kalender 1902, herausg.
vom Thüringer Museum in Eisenach.
4 S.a. a.O.
5 In „Die Darstellungen auf alten gußeisernen Ofenplatten vom Standpunkte des
Kunsthistorikers betrachtet“ in „Stahl und Eisen“ — Zeitschrift für das deutsche Hütten-
wesen, 32. Jahrgang, Nr.U3, 1912. Die Ansicht wiederholt Schrödter in: „Über die ältesten
gußeisernen Ofen- und Kaminplatten“ in „Stahl und Eisen“, 34. Jahrgang, Nr. 26, 19x4.
6 Vgl. ganz allgemein die Figurenfelder und deren Rahmung in Koburg mit den
Bronzebeschlägen am Rathaus zu Lübeck, abgeb. bei Springer: Handb. d. Kunstgesch.,
Leipzig 1909, II, S. 42g.
7 Die Samml. d. Vereins d. Eisenhüttenleute in Düsseid. besitzt eine Eisenplatte mit
der Jahreszahl 1497, die, da sie den Namen einer an der Mosel damals seßhaften Familie
führt, als in der Eifel gegossen angenommen wird. Der Familienname könnte aber bei
jeder Hütte auch außerhalb der Eifel bestellt worden sein. Die Wahrscheinlichkeit ist
immerhin auf seiten der Eifel (s. E. Schrödter a. a. O.).
8 S. auch für das folgende H. v. Achenbach: „Aus des Siegerlandes Vergangenheit“,
Siegen 1895, S. 233—286.
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