Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

DOI Heft:
Heft 11
DOI Artikel:
Biermann, Georg: Ein Knabenbildnis von Karl Stauffer-Bern
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0369

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ein Knabenbildnis von
Karl S t a u f f e r - B e r n

Mit einer Tafel

RÜGE das hier reproduzierte Gemälde des unglücklichen Schweizers nicht


JL die Jahreszahl 1882, man wäre versucht, es für das Jahr 1924 in Anspruch
zu nehmen, wo zum erstenmal das Wort von der „Neuen Sachlichkeit“ aufkam,
das sicher nicht zu den glücklichen begrifflichen Fixierungen unserer künstlerisch
so raschlebigen Zeit gehört.
So zahlenmäßig gering indes auch das malerische Porträtwerk Stauffers sein
mag, so sicher gehört es in die Reihe jener bisher übersehenen Erscheinungen,
die — weil sie unserer Generation besonders nahestehen — noch zu entdecken
sind. Denn so oft ein Bildnis von der Hand dieses Malers begegnet, dessen
Werk, eben erst geschätzt und genannt, durch menschliches Fatum dazu ver-
urteilt ward, Fragment zu bleiben, steht man betroffen vor der stummen Be-
redsamkeit innerer Größe, die auch für dieses neu aufgetauchte Knabenbildnis
im Besitz von A. Blumenreich, Berlin, charakteristisch ist, das um seiner Selbst-
verständlichkeit willen uns Heutigen bestimmt nähersteht als jener Epoche,
für die es eigentlich gemalt gewesen ist, die leider ihre künstlerisch stärksten
Potenzen ausnahmslos nicht erkennen konnte. Dabei ist dies Bildnis des
Knaben Karl Ebers, eines Neffen des bekannten Verfassers der „Ägyptischen
Königstochter“, bei aller phrasenlosen Selbstverständlichkeit fast monumental
gesehen und durch den Hintergrund der grünen Laube im Gegensatz zu der
lichten Erscheinung des Dargestellten von einer malerischen Schönheit, die
dem erst zu entdeckenden Maler Stauffer auch das Zeugnis eines Meisters
auf diesem Gebiet ausstellt. Es wäre sehr interessant und verlockend zu-
gleich, dieses Gemälde einmal im Gegenüber anderer Bildnisse von Rang zu
sehen, die etwa gleichzeitig in Deutschland gemalt wurden. Damit wäre dann
sofort auch kunstgeschichtlich die Stelle fixiert, die dem sehr zu Unrecht ver-
gessenen Bildnismaler Stauffer-Bern zukommt.

Biermann.


Robert Genin, Durst
 
Annotationen