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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 14
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Noack, Friedrich: Ponte-Molle und Cervaro, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0505

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bank?“ (Chor: „Ja, das ist die Schnitzelbank. Kurz und Lang, Schnitzelbank,,
eine schöne, eine schöne, eine schöne Schnitzelbank.“) — „Ist das nicht schon
wieder was?“ (Chor: „Ja, das ist schon wieder was.“) — „Ist das nicht ein
Butterfaß?“ (Chor: Ja, das ist schon wieder was.“) — „Ist das nicht Cornelius,
wie er Fresken malen muß?“ (Chor: „Ja, das ist Cornelius“ usw.) So konnte
das Lied solange hinausgesponnen werden, als dem Präsidenten neue Späße
einfielen. Wenn sein Witz erschöpft war, wurden kleine Wachskerzchen an
die Anwesenden verteilt und angezündet, worauf die ganze Gesellschaft mit
den Lichtern in den Händen singend um die Tische herumzog. Seit 1838
wurde bei diesem Rundgang das von Robert Reinick gedichtete P.-M.-Lied
„Constantinus, der römisch Kaiser“ nach der Melodie des Prinzen Eugen
gesungen. Nachdem der Gesang beendet war, brachte der Präsident ein Hoch
auf den neuen Ritter vom Bajocco aus und die Aufnahmefeier war vollbracht;
das Fest, dessen Kosten der Neuling tragen mußte, war damit aber noch nicht
zu Ende, vielmehr saß man unter Gesang deutscher Lieder und meist unbän-
diger Heiterkeit bis tief in die Nacht hinein zusammen.
Solche P.-M.-Abende in der Scozzese übten mit ihrer jugendlichen Lebens-
lust auch auf deutsche Romreisende, die nicht Künstler waren, eine Anzie-
hungskraft aus, und oft fanden sich als Gäste Männer von Rang und Bedeut
tung ein, die ihre in der Heimat gewohnte Würde und Förmlichkeit ablegten
und sich mit burschikosem Behagen der allgemeinen Fröhlichkeit hingaben.
Der Hamburger Maler Friedrich Wasmann erzählt in seinen Lebenserinnerun-
gen, daß sogar Mitglieder regierender Fürstenhäuser gelegentlich es nicht
verschmähten, das ausgelassene Treiben der Bajocco-Ritter in der Scozzese
mitzumachen, und aus den Akten der P.-M. und anderen Quellen erfahren wir,
daß von deutschen Dichtern, Gelehrten, Musikern, deren Namen einen guten
Klang hat, u. a. Franz v. Gaudy, Wolfgang Menzel, Friedrich Theodor Vischer,
Philipp v. Nathusius, Moritz Carriere, Viktor Hehn, Heinrich Stieglitz, Ernst
Curtius, Ferdinand Hiller, Karl Eckert und Adolf Stahr an P.-M.-Festen sich
erfreut und um den Bajocco-Orden beworben haben. Wenn Witz und
Humor nicht bei allen Zusammenkünften des Künstlervolks mit gleicher Er-
giebigkeit sprudelten, so lohnte sich ihr Besuch für die deutschen Rom-
reisenden doch immer dadurch, daß sie unfehlbar dort einen guten Frascati-
oder Velletriwein, eine gemütliche landsmännische Ansprache und deutschen
Gesang fanden. Ein Leiblied der P.-M.-Sänger war das lustige Noahlied, wel-
ches August Kopisch 1825 in Rom gedichtet und der gleichzeitig anwesende
Karl Gottlieb Reissiger vertont hatte. Überfromme Leute wie Overbeck nah-
men allerdings Anstoß an dieser, wie sie meinten, Verspottung der heiligsten
Begriffe; der Stifter der Nazarenerschule lief einmal von einem Künstlerfest
nur dieses Liedes wegen zürnend weg. Für Menschen von strenger Sittsam-
keit und asketischer Richtung waren die Belustigungen einer übermütigen
Künstlerjugend allerdings nicht gemacht, auch der Hamburger Maler Frie-
drich Wasmann, der, gleich Overbeck, in Rom katholisch geworden ist, fand
nicht lange Gefallen an den Zusammenkünften in der Scozzese. Mit unver-
hohlenem Mißfallen erzählt er von einer außergewöhnlichen komischen Dar-
bietung daselbst, die den alten Josef Anton Koch zum Zielpunkt ihres
Witzes machte. Dieser hatte am Anfang des Jahres 1834 seine „Moderne
Kunstchronik“ oder „Rumfordsche Suppe“ in Karlsruhe drucken lassen,
die eine in vielen Einzelheiten nur dem Eingeweihtesten verständliche Satire
auf deutschrömisches Kunsttreiben am Ende des 18. und Anfang des 19. Jahr-
hunderts enthielt. Da das Buch auch durch grobe Sprache und abfällige Ur-
teile über Künstler und Kunstrichtungen Aufsehen erregte, so nahm der Maler
 
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