Ausstellungen
der jüngsten Stufe tritt so gut wie über-
haupt nicht in Erscheinung, ihre groteske
Apparatphantasie lediglich in einigenhöchst
witzigen Hampelfiguren von George Groß.
Malerischer Reiz, koloristischer Zauber der
Entwürfe täuscht vielfach weit höheren
szenischen Wert vor, als die Aufführung
praktisch bewähren konnte; so liegt es etwa
im Falle Cdsar Klein, während ein strenger
Konstrukteur wie Traugott Müller in der
zeichnerischen Vorarbeit keineswegs sei-
nem Können entsprechend zur Geltung
kommt. Neben bloßen Saisonmalern des
Theaters hätten Erscheinungen wie Poel-
zig, Dworsky, Gliese, Neher nicht fehlen
dürfen. Für Emil Orlik ist verdienterma-
ßen ein Sonderzimmer Vorbehalten: die We-
nigsten treffen derart knapp die eigentüm-
lichsten Züge und noch unter der Maske
das ganz Persönliche des Darstellers. Auch
Großmann, Trier, Charlotte Berend weisen
sich als Spezialisten auf diesem Gebiet aus.
Sonst viel Danebengetroffenes. An Otto
Brahm erinnert ein haltungsvolles Gemälde
Lesser Urys von 1894. Plastische Beiträge
von Rang bieten die Sintenis, Kolbe, Hüt-
tenbach, Isenstein. —
Im eigenen Hause bringt dieselbe Kunst-
handlung Pastelle von Franz Domscheit,
Darstellungen orientalischen Markt- und
Straßenlebens, Bosporuslandschaften, Zi-
geunerthemen, groß und markant genom-
mene Köpfe mit inhaltsvollem Blick, ins-
besondere Bildnisse dunkelhäutiger Men-
schen. Schwere, sattleuchtende Farben sind
pelzig hinschraffiert, reich an Struktur und
bunter Tiefe im Strichwerk. Über allem ein
Nachhall von Märchen. Wirkte Legendari-
sches bei Domscheit früher oft bilderbuch-
haft und herangetragen, so ist es hier Aus-
druck einer fein mitschwingenden Ehr-
furcht in der kräftigen Anschauung. Der
künstlerische Fortschritt ist evident. —
Auch bei Erich Waske soll er nicht ver-
kannt werden; dessen Entwicklung hat rohe
Emphase weitgehend überwunden, plakat-
haften Gestus abgetan und sucht jetzt bei
kultivierter Abstufung der Palette gobelin-
mäßig stetigere Wirkungen, die Nolde und
Kokoschka domestizieren. Aber damit sind
auch schon Grenzen gegeben. Außerdem
sieht man bei Neumann und Nierendorf
zum überhaupt erstenmal Arbeiten von
Karl Großberg, der hart hingestellte, kalt
und stracks durchgezeichnete Architektur-
motive perspektivisch zuspitzt, etwas kalli-
graphisch verliebt in Giebelprofile und glatte
Farben. Da der „Cicerone“ in einem der
nächsten Hefte einen Aufsatz über den jun-
gen Künstler bringt, genüge dieser Hinweis.
Willi Wolfradt.
DANZIG
Das Stadtmuseum beherbergt zur Zeit
eine gut gewählte und qualitativ sehr hoch-
wertige Ausstellung deutscher Aquarelle
der Gegenwart, unter denen Arbeiten von
W. Baumeister, Corinth, Otto Dix, Feinin-
ger, Heckei, Hofer, E. L. Kirchner, Ko-
koschka, Nolde neben vielen anderen zu
sehen sind. Auch ein paar Danziger von
Rang, wie Zellmann, B. Paetsch, F. A.
Pfuhle fehlen nicht. Mit den insgesamt 113
Nummern hat der Leiter des Museums
einen aufschlußreichen Querschnitt durch
die neueste deutsche Malerei gezogen, n.
KASSEL
Der rührige Kasseler Kunstverein zeigt
in seiner 8. diesjährigen Ausstellung die
Berliner Sezession. Vorher waren u. a.
Plastiken von Georg Kolbe, Gemälde von
dem kürzlich verstorbenen hessischen Hei-
matkünstler Friedrich Fennel und den ta-
lentvollen jungen früheren Akademieschü-
lern Arnold Bode und Karl Leyhausen
ausgestellt. — Für August—September sind
3 Co rinth-Ausstellungen geplant, auf die
schon jetzt hingewiesen sei, und zwar wer-
den nacheinander Graphik, Handzeichnun-
gen und Gemälde des Meisters zu sehen sein.
Während der Tagung der Kunsterzieher
waren in der Akademie und im Landes-
museum Schülerzeichnungen usw. ausge-
stellt, neben Kassel war vor allem Kö-
nigsberg (Lyzeen) mit ansprechenden Ar-
beiten vertreten. Wg.Scheffler.
KÖLN
Wie die alten Römer in das Sudatorium,
steigen die modernen Kölner in das selt-
same Schwimmbassin, in den Lichthof des
Kunstgewerbemuseums. Nur nicht so oft.
Obwohl es sich diesmal lohnt. Dr. Ernst
Scheyer zeigt dort (meist aus Beständen des
Hauses) die Entwicklung der Tapete. Er
scheut nicht vor dem Gegenbeispiel der Ge-
schmacklosigkeit zurück, wie es die zweite
Hälfte des vorigen Jahrhunderts so reich-
lich liefert. Der Kunstgewerbler sollte das
Bassin gereinigt verlassen, nachdem er alle
Temperaturen der Dekoration ausgekostet
hat, von der schweren Seide und dem Leder
bis zum Papier, von der strengen Ornamen-
tik bis zur Gemäldenachahmung und zur bil-
ligen Naturalistik. Die Gesundung, auf die
wir heute hoffen, setzte, wie man sieht,
schon vor Jahrzehnten in England ein, be-
wegt vom sogenannten Jugendstil. Den Auf-
stieg durch Werkbund und Wiener Werk-
stätte zeigt heute jeder Laden. Das Kunstge-
werbemuseum wirkt durch die schöne Aus-
500
der jüngsten Stufe tritt so gut wie über-
haupt nicht in Erscheinung, ihre groteske
Apparatphantasie lediglich in einigenhöchst
witzigen Hampelfiguren von George Groß.
Malerischer Reiz, koloristischer Zauber der
Entwürfe täuscht vielfach weit höheren
szenischen Wert vor, als die Aufführung
praktisch bewähren konnte; so liegt es etwa
im Falle Cdsar Klein, während ein strenger
Konstrukteur wie Traugott Müller in der
zeichnerischen Vorarbeit keineswegs sei-
nem Können entsprechend zur Geltung
kommt. Neben bloßen Saisonmalern des
Theaters hätten Erscheinungen wie Poel-
zig, Dworsky, Gliese, Neher nicht fehlen
dürfen. Für Emil Orlik ist verdienterma-
ßen ein Sonderzimmer Vorbehalten: die We-
nigsten treffen derart knapp die eigentüm-
lichsten Züge und noch unter der Maske
das ganz Persönliche des Darstellers. Auch
Großmann, Trier, Charlotte Berend weisen
sich als Spezialisten auf diesem Gebiet aus.
Sonst viel Danebengetroffenes. An Otto
Brahm erinnert ein haltungsvolles Gemälde
Lesser Urys von 1894. Plastische Beiträge
von Rang bieten die Sintenis, Kolbe, Hüt-
tenbach, Isenstein. —
Im eigenen Hause bringt dieselbe Kunst-
handlung Pastelle von Franz Domscheit,
Darstellungen orientalischen Markt- und
Straßenlebens, Bosporuslandschaften, Zi-
geunerthemen, groß und markant genom-
mene Köpfe mit inhaltsvollem Blick, ins-
besondere Bildnisse dunkelhäutiger Men-
schen. Schwere, sattleuchtende Farben sind
pelzig hinschraffiert, reich an Struktur und
bunter Tiefe im Strichwerk. Über allem ein
Nachhall von Märchen. Wirkte Legendari-
sches bei Domscheit früher oft bilderbuch-
haft und herangetragen, so ist es hier Aus-
druck einer fein mitschwingenden Ehr-
furcht in der kräftigen Anschauung. Der
künstlerische Fortschritt ist evident. —
Auch bei Erich Waske soll er nicht ver-
kannt werden; dessen Entwicklung hat rohe
Emphase weitgehend überwunden, plakat-
haften Gestus abgetan und sucht jetzt bei
kultivierter Abstufung der Palette gobelin-
mäßig stetigere Wirkungen, die Nolde und
Kokoschka domestizieren. Aber damit sind
auch schon Grenzen gegeben. Außerdem
sieht man bei Neumann und Nierendorf
zum überhaupt erstenmal Arbeiten von
Karl Großberg, der hart hingestellte, kalt
und stracks durchgezeichnete Architektur-
motive perspektivisch zuspitzt, etwas kalli-
graphisch verliebt in Giebelprofile und glatte
Farben. Da der „Cicerone“ in einem der
nächsten Hefte einen Aufsatz über den jun-
gen Künstler bringt, genüge dieser Hinweis.
Willi Wolfradt.
DANZIG
Das Stadtmuseum beherbergt zur Zeit
eine gut gewählte und qualitativ sehr hoch-
wertige Ausstellung deutscher Aquarelle
der Gegenwart, unter denen Arbeiten von
W. Baumeister, Corinth, Otto Dix, Feinin-
ger, Heckei, Hofer, E. L. Kirchner, Ko-
koschka, Nolde neben vielen anderen zu
sehen sind. Auch ein paar Danziger von
Rang, wie Zellmann, B. Paetsch, F. A.
Pfuhle fehlen nicht. Mit den insgesamt 113
Nummern hat der Leiter des Museums
einen aufschlußreichen Querschnitt durch
die neueste deutsche Malerei gezogen, n.
KASSEL
Der rührige Kasseler Kunstverein zeigt
in seiner 8. diesjährigen Ausstellung die
Berliner Sezession. Vorher waren u. a.
Plastiken von Georg Kolbe, Gemälde von
dem kürzlich verstorbenen hessischen Hei-
matkünstler Friedrich Fennel und den ta-
lentvollen jungen früheren Akademieschü-
lern Arnold Bode und Karl Leyhausen
ausgestellt. — Für August—September sind
3 Co rinth-Ausstellungen geplant, auf die
schon jetzt hingewiesen sei, und zwar wer-
den nacheinander Graphik, Handzeichnun-
gen und Gemälde des Meisters zu sehen sein.
Während der Tagung der Kunsterzieher
waren in der Akademie und im Landes-
museum Schülerzeichnungen usw. ausge-
stellt, neben Kassel war vor allem Kö-
nigsberg (Lyzeen) mit ansprechenden Ar-
beiten vertreten. Wg.Scheffler.
KÖLN
Wie die alten Römer in das Sudatorium,
steigen die modernen Kölner in das selt-
same Schwimmbassin, in den Lichthof des
Kunstgewerbemuseums. Nur nicht so oft.
Obwohl es sich diesmal lohnt. Dr. Ernst
Scheyer zeigt dort (meist aus Beständen des
Hauses) die Entwicklung der Tapete. Er
scheut nicht vor dem Gegenbeispiel der Ge-
schmacklosigkeit zurück, wie es die zweite
Hälfte des vorigen Jahrhunderts so reich-
lich liefert. Der Kunstgewerbler sollte das
Bassin gereinigt verlassen, nachdem er alle
Temperaturen der Dekoration ausgekostet
hat, von der schweren Seide und dem Leder
bis zum Papier, von der strengen Ornamen-
tik bis zur Gemäldenachahmung und zur bil-
ligen Naturalistik. Die Gesundung, auf die
wir heute hoffen, setzte, wie man sieht,
schon vor Jahrzehnten in England ein, be-
wegt vom sogenannten Jugendstil. Den Auf-
stieg durch Werkbund und Wiener Werk-
stätte zeigt heute jeder Laden. Das Kunstge-
werbemuseum wirkt durch die schöne Aus-
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