Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

DOI Heft:
Heft 16
DOI Artikel:
Noack, Friedrich: Ponte-Molle und Cervaro
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0561

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
D. Der Dame der Bajocc nicht ziemt, als Dolmetsch ist Herr Schmidt berühmt.
E. Der Eselreiter sehe zu, daß nicht zur Erd’ er fallen tu’.“
Das Cervarofest, welches Reinick am 29. April 1841 leitete, zählte 215 Teil-
nehmer, die in 6 Kohorten aufmarschierten, deren eine von dem Maler Karl
Rahl geführt wurde. Marie von Nathusius, die mit ihrem Gemahl Phi-
lipp von Nathusius das Fest mitgemacht hat, erzählt in ihrem Reisetagebuch,
daß Reinick in einem schwarzen Renaissancekostüm aus Samt und Atlas,
mit einem Federbarett und an der Seite einem Schwert sehr stattlich aussah,
um den Hals trug er die „große goldene Kette von blank gescheuerten Ba-
jocchi“. Nach ihrem Bericht ist eine große Zahl von deutschen Herren und
Damen als Zuschauer zu den Grotten hinausgefahren und geritten. In einer
trefflichen Radierung hat Ludwig Haach das Bild dieses Festes uns über-
liefert. In einer fröhlich phantasievollen Komposition zeigt er die Heerschau,
die der Präsident von der Höhe seines Ochsenwagens am Fuß der Torre degli
Schiavi abhält, darauf die Beschwörung der Sibylle und das bunte Gewimmel
des Gelages mit vielen humorvollen Einzelheiten. Der begabte sächsische
Künstler wurde im Herbst des Jahres als Nachfolger Reinicks an die Spitze
des P.-M.-Staats berufen, erlebte aber das nächste Frühlingsfest nicht mehr, die
Lungenschwindsucht raffte ihn schon im Dezember hinweg.
An seiner Stelle übernahm Ferdinand Flor wieder die Leitung. Seine
erste Regierungshandlung war im Januar 1842 die Schaffung eines neuen
Ordens, des großen Verdienstordens der P.-M. Der Wiener Medaillenstecher
Josef Cäsar, damals Staatsgraveur der P.-M., fertigte den Stempel für die Me-
daille an, die auf der einen Seite die historische Brücke, auf der andern eine
Allegorie der Künste zeigte mit der Unterschrift „Virtuti Pontemolli-
cae“. Da in jenen Zeiten alles, was durch Druck oder sonstwie vervielfältigt
werden sollte, der Genehmigung durch die päpstliche Zensur bedurfte, so
legte Flor den Cäsarschen Entwurf dem Majordomus des Vatikans vor und
mußte dort ein gewichtiges Bedenken vernehmen: Die Inschrift sei in schlech-:
tem Latein abgefaßt und könnte daher nicht zugelassen werden; es hätte
heißen müssen: „Virtuti Pontis Milvii“. Der geistliche Herr hatte für die
Einwände des Präsidenten, der auf den tatsächlichen Namen der P.-M.-Gesell-
schaft hinwies, kein Verständnis und gab mit Widerstreben erst dann sein
Placet, als ihm gesagt wurde, daß der Stempel bereits gestochen und nicht
mehr abzuändern sei. Zunächst wurden mit dem neuen Verdienstorden aus-
gezeichnet der Graveur Cäsar selber und der Tondichter Ferdinand Hiller,
der während seines römischen Studienaufenthalts den Künstlersängerchor
leitete. Beim Cervarofest am 28. April 1842 fand alsdann eine umfangreichere
Ordensverleihung statt. Voran wurde Thorwaldsen dekoriert, der von Kopen-
hagen zurückgekehrt am 8. Januar abermals mit allen Zeremonien über P.-M.
gegangen war, dann die Ältesten der Künstlerschaft Reinhart und Johann
Martin Wagner, sodann um verschiedener Verdienste willen u. a. der frühere
General Friedrich Nerly, der frühere Präsident Maler Philipp Foltz und Ro-
bert Reinick. Die Verleihung des Verdienstordens in Bronze an Foltz war der
Dank für das aus München gesandte Geschenk eines mit Bildwerk gezierten
tönernen Pokals. Unter dem Präsidenten Alexius Geyer, dem Flor als
Zeremonienmeister zur Seite stand, ging das Fest des folgenden Jahres am
27. April 1843 unter starkem Zudrang der anwesen Fremden vor sich. Die Ver-
pflegung der 250 Teilnehmer erforderte diesmal u. a. 99 Pfund Schinken, 20
Pfund Mortadella, 18 Pfund Salami, 20 Pfund Käse, 150 Pfund Rostbeaf aus der
Trattoria Gabbione, 120 Pfund desgl. aus der Trattoria Montecitorio, 550 Eier,
300 Orangen, für 31/2 Scudi Salat und Finocchio. Fortsetzung folgt

54i
 
Annotationen