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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 18.1926

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Heft 22
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Freund, Frank E. Washburn: Die Tätigkeit der amerikanischen Museen
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https://doi.org/10.11588/diglit.41317#0749

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Die Tätigkeit der amerikanischen

Von FRANK E. WASHBURN-FREUND
Mit acht Abbildungen auf vier Tafeln

Museen

Die Abbildungen za diesem Artikel geben eine Auswahl der von D r. Valentiner getätigten Neu-
erwerbungen für sein Detroiter Art Institute wieder.

ÄHREND der soeben abgelaufenen Saison sind, wie bereits im Cicerone


V V mitgeteilt, drei Städten für ihre Kunstinstitute hohe Kapitalstiftungen zu-
gefallen: New York, Toledo und Kansas City. Dagegen haben fast sämt-
liche andere Museen ständig unter Geldnot zu leiden. So gab z. B. der Direktor
des Chikagoer Institutes öffentlich bekannt, daß es ihm nicht möglich sein werde,
die Tätigkeit seines Museums im gleichen oder, wie erwünscht, gar erhöhtem
Maße weiterzuführen, wenn ihm nicht ein Kapital von fünf Millionen Dollars zur
Verfügung gestellt würde. Detroit hat nur ein sehr beschränktes Jahresbudget
zum Ankauf neuer Werke, und wenn es Dr. Valentiner und einigen Kunstfreunden
der Stadt, vor allem Mr. R. Booth, nicht gelänge, das Interesse verschiedener
Mäzen zu wecken, würde das Detroiter Institute keine derartigen erstaunlichen
Fortschritte in den letzten Jahren gemacht haben, so daß es jetzt schon zu
einem der ersten Museen des Landes zählt. Geht man nun die Schätze dieses
Museums durch, so denkt man unwillkürlich an Goethes Wort vom glücklichen
Amerika, das keine Ruinen habe. Ein solches Museum, vorbildlich aufgestellt,
beherbergt nur wenig- Entbehrliches, wenig, was nur historisch oder gar lokal-
historisch interessant ist. Dafür können dann Hauptwerke zu vollster Wirkung

kommen.

Ähnliches gilt für Cleveland, das seine ja auch offenbar keineswegs unum-
schränkten Mittel zum Ankauf einiger überragender Werke, wie z. B. eines
Aphroditekopfes und des Elfenbeinreliefs aus der Stroganoffsammlung, ver-
wendet hat.
Während diese Museen die spezifisch amerikanische Tätigkeit einer vor allem
auf die heranwachsende Jugend eingestellten Kunstpropaganda keineswegs ver-
nachlässigen, beschränken sich andere Provinzmuseen zu sehr darauf und ver-
nachlässigen dadurch den Erwerb bedeutender Werke, die allein den rechten
Grundstock für ein Kunstmuseum abzugeben vermögen, soll anders es nicht auf
das Niveau einer Art Zentralkunstschule herabsinken, in der an Hand vieler Ab-
bildungen und nebenbei mittelmäßiger Werke weniger der Blick für Kunst und
Qualität geschärft und erzogen als vielmehr ein allgemeines dabei aber reges
Interesse an Kunst überhaupt geweckt wird, das dann aber kaum zu einer
weiteren Entwicklung fähig ist und sozusagen als künstlerische Halbbildung viel
Übles anstiften kann. Doch sieht es so aus, als ob im Laufe der Zeit ein
Gleichgewicht in diesen musealen Bestrebungen erreicht werden wird, daß an
Stelle eines bloß abstrakten, an sich ja sehr erfreulichen Enthusiasmus eine
konkrete Sammlertätigkeit tritt, deren Ziel aber nicht so sehr wissenschaftliches
Sammeln als künstlerisch-schöpferische Anregung sein wird. Und das ist, zum
mindesten für Provinzialmuseen, namentlich eines an einer längeren eigenen Ge-
schichte armen Landes, doch wohl das Richtige.
Hoffentlich wird bis dahin auch den Leitern der Museen freiere Hand als
bisher in vielen Fällen gelassen werden, in denen die Direktoren über die Ein-
nahmen nicht verfügen konnten, so daß sie oft die günstigsten Gelegenheiten
zum Ankauf bedeutender Kunstschätze ungenützt lassen mußten, wie das dem
Metropolitanmuseum öfters passierte. Es ist jedoch zu begrüßen, daß man nun
ernstlich daran geht, eine Hochschule für Kuratoren zu eröffnen, die geschulte

Der Cicerone, XVIU. Jahrg., Heft 22

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