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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 6.1931

DOI Artikel:
Schwab, Alexander: Baupolitik und Bauwirtschaft, [13]
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https://doi.org/10.11588/diglit.13708#0052

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gehört die entscheidende Behandlung dieser Frage
zu den Forschungsaufgaben auf volkswirtschaft-
lichem Gebiet.

Auf dem Gebiet des Baubetriebes mag man
in dem sehr umfangreichen Programm die Fragen
vermissen, die sich aus der Gegenüberstellung von
Einzelbau und Massenbau ergeben, mit anderen
Worten, die Frage der optimalen Größe der Bau-
stelle mit ihren Rückbeziehungen zur Unterneh-
mungs- und Betriebsgröße der am Bauen beteilig-
ten Industrien und Handwerke. Vermutlich will man
aber, bevor man an dieses Problem herangeht, die
Vorfragen sowohl des Baubetriebes wie der Bau-
stoffe und der Planung geklärt sehen, und mit Recht:
auch hängen die Probleme des Großbaubetriebes
ja wiederum aufs engste mit den volkswirtschaft-
lichen Fragen zusammen, an die man zur Zeit erst
herangeht.

Daß volkswirtschaftliche und Rechts-
fragen als ein besonderes Arbeitsgebiet der RFG
anzuerkennen seien, ist an dieser Stelle wieder-
holt ausgesprochen worden. Was der neue Arbeits-
plan in dieser Beziehung bringt, ist als Anfang zu
begrüßen, wenn auch noch etwas tastend und nicht
scharf genug umrissen. Die geplanten Untersuchun-
gen über Hypotheken und Eigenkapital — für die
zweitstelligen Hypotheken in einer Arbeit von Käm-
per. Steyrer und Knoblauch bereits durchgeführt —
dürften kaum entscheidend Neues zutage fördern:
auch die Konjunktur- und (besonders) die Saison-
schwankungen in der Bauwirtschaft sind im wesent-
lichen bekannt. Interessanter dürften die Unter-
suchungen über das Verhältnis von Einkommen und
Miete ausfallen. Es fehlt dagegen eine erneute, von
politischen Rücksichten unabhängige Prognose
des Bedarfs in zeitlicher und räumlicher Vertei-
lung, es fehlt die Frage der Bodenwerte und man-
ches andere, was vielleicht bei späterer Gelegen-
heit zu skizzieren wäre.

Was ist mit Spandau-Haselhorst?

Eine seltsame Lücke klafft in dem Arbeitsplan der
RFG. Unter den Siedlungen, an denen die einzelnen
Aufgaben durchgeführt werden sollen, vermißt man
Spandau-Haselhorst — und wundert sich. Uns ist
doch, als habe die RFG, allerdings noch unter der
alten Leitung, sehr erhebliche Gelder für diese Bau-
ten ausgesetzt. Dieser Vorgang ist damals ange-
griffen worden, weil man — doch wohl mit Recht —
der Ansicht war. die RFG habe ihre Gelder zu For-
schungszwecken, nicht zur Hergabe von Baugeldern
erhalten. Immerhin hatte man angenommen, die Mil-
lionenbeträge seien wenigstens auf Grund eines
Vertrages hergegeben worden, der die Durchführung
von Forschungsarbeiten zu Lasten des Geldnehmers
sicherstelle. Jetzt ist der erste Bauabschnitt des
Haselhorster Programms in Gestalt von 4000 Woh-

nungen im Werden. Man hört aber nichts davon, daß
irgendwelche zu Forschungszwecken bestimmte
Vorschriften für die Bauausführung gemacht worden
wären, und nicht einmal, daß wenigstens eine nach-
trägliche Prüfung der Grundrisse und der Ausfüh-
rung stattfände. Ist Haselhorst so vollkommen, daß
die noch folgenden 12 000 Wohnungen einfach nach
dem Muster der ersten 4000 gebaut werden können?
Dann soll die RFG in aller Bescheidenheit ihre Auf-
lösung beschließen. Oder fehlt es etwa nur an dem
nötigen Geld, einigen zehntausend oder vielleicht
auch hunderttausend Mark, die man sich im Vertrag
nicht gesichert hat? (Nachdem man ein paar Millio-
nen weggegeben hat, und obwohl die Ausgaben zu
Forschungszwecken, vermutlich vervielfacht, bei den
folgenden Bauabschnitten einzusparen wären!) Wer
hat hier einen Bock auf Kosten der Steuerzahler ge-
schossen und will ihn nicht zugeben? Oder: wer
widersetzt sich hier erfolgreich der Kontrolle über
die Verwendung öffentlicher Gelder?

Städtebauwettbewerb Berliner Alt-
stadt.

Mit einem höchst interessanten Preisausschrei-
ben beabsichtigt demnächst der Berliner City-Aus-
schuß an die Öffentlichkeit zu treten. Ein städte-
baulicher Wettbewerb soll Gedanken zur Sanierung
des südlichen Teils der Berliner Altstadt bringen.
Aus den Unterlagen, die unter Leitung von Martin
M ä c h I e r vorbereitet werden, geht hervor, daß
zahlreiche wichtige Zentralverwaltungen mit ihren
Gebäuden in dem zu bearbeitenden Stadtteil liegen,
so Polizeipräsidium. Landgericht I, Amtsgericht Ber-
lin-Mitte. Reichsbank. Girozentrale, von der städti-
schen Verwaltung: Rathaus, Stadthaus, Sparkasse,
Stadtbank. Sie alle werden bei der Vorbereitung mit
herangezogen. Ausgangspunkt für die Begründung
der Aktion ist die Tatsache einer recht umfangrei-
chen und bedrohlichen Slumbildung, die auch hier,
wie so oft. dicht neben den wichtigsten Teilen der
City zu beobachten ist. Diese Slumbildung ist nicht
nur eine gesundheitliche Gefahr für die Bewohner
und eine Bedrohung der Bodenwerte, sie ist auch
ein Hemmnis für die gssunde Weiterentwicklung
der Geschäftszweige, die in diesen Gegenden von
alters her heimisch sind. Da diese Geschäftszweige
von größter Bedeutung sind für die Beschäftigung
v/eiter Kreise der Berliner Bevölkerung, darüber hin-
aus aber auch für den Umschlag von Aufträgen zwi-
schen wichtigen Auslandsmärkten und großen Indu-
strien im Reich, so wird von der Slumbildung in die-
sem Gebiet auch der Arbeitsmarkt, das Sorgenkind
unserer Wirtschaft, in erheblichem Maße ungünstig
beeinflußt. Das weitere Schicksal dieses Wettbe-
werbs wird ein Prüfstein für die Leistungsfähigkeit
des modernen wirtschaftlichen Städtebaues in
Deutschland sein.

Mitarbeiter dieses Heftes:

Regierungsbaumeister Walther Schmidt München
Roger Ginsburger, Paris, Architekt

Professor Dr.-Ing. Rudolf Schwarz, Direktor der Kunstgewerbe-
schule Aachen
Richard J.Neutra, Los Angeles, Kalifornien, Architekt
Dr. Alexander S c h w a b , Berlin, Volkswirtschaftlicher Schriftsteller

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