Peignot gestaltet. Cassandre hat in der „Bifur" ver-
sucht, die unterscheidenden Merkmale des Einzelbuch-
stabens dunkler vor die weniger wichtigen, heller ge-
haltenen Teile zu stellen. Ein gefährliches Unternehmen,
wenn es auch von einer richtigen Erwägung ausgeht.
Gerade weil die entstandene Form so geistreich und
überraschend ist, kann die „Bifur" nur in einzelnen
Wörtern signethaft (als Schlagzeile) verwendet werden.
So ist sie allerdings auch gemeint. Aber auch dann ist
die Lesbarkeit nicht groß, weil die Form extravagant ist
und man die Buchstaben nicht immer auf den ersten
Blick eindeutig agnoszieren kann. Unleugbar ist aber
die faszinierende Wirkung solcher Schriftzeilen. Es wäre
gut, wenn manche deutschen Schriftgießereien ein wenig
von dem Mut dieser französischen Gießerei aufbrächten,
wesentlichere Typen zu schaffen als die üblichen, meist
schlechteren Wiederholungen alter und neuer Schriften.
Die Probe der „Bifur" zählt zu den schönsten ihrer
Art. Die matten Kunstdruckseiten mit ihrem schwarzen,
gelben und blauen Druck, mit rotem, gelbem und blauem
Zellofan durchschossen, bilden einen lebhaften Kontrast
zu dem polierten Aluminiumkarton des Umschlags, der,
kreisrund durchlocht, unter rotem Zellofan geheimnisvoll
den Buchstaben S sehen läßt.
Es folgt dann das Seitenpaar „Seule une lettre n'est
rien" (Abbildung), das in seiner Einfachheit eine Meister-
leistung für sich ist. Im ganzen bedeutet diese Schrift-
probe, im Gegensatz zu unseren ersten Beispielen, die
wirkliche Lösung von traditionellen Formbegriffen und
einen entschiedenen Schritt nach vorwärts. Gibt es ein
höheres Lob, als von ihr sagen zu können, daß sie
„Appetit" erweckt, die Schrift zu kaufen und mit ihr
ebenso luxuriös zu arbeiten?
Unsere Abbildungen bestätigen die erfreuliche Anteil-
nahme Frankreichs an Bestrebungen, von denen man
bisher annahm, sie beschränkten sich auf Mitteleuropa
und würden im Westen als zu „nordique" abgelehnt.
Uber die neuere Grafik und Typografie Frankreichs
informiert vorzüglich die Zeitschrift „Arts et metiers
graphiques", auf die bei dieser Gelegenheit noch hin-
gewiesen sei.
Grafische Beispiele aus dem Gebiet der Erziehung
Es ist allgemein bekannt, daß die Grafik auf dem
Gebiet des Erziehungswesens in den letzten Jahrzehnten
eine nicht unwesentliche Rolle in der Neugestaltung des
Schreibunterrichts gespielt hat. Aber darüber hinaus ist
die Grafik kaum in den Dienst des Erziehungswesens
gestellt worden, wenigstens hat man sich offenbar keine
große Sorge um die Qualität des grafischen Materials
gemacht, das in der Erziehung benötigt wird. Der
Münchner Bund hat kürzlich eine Flugschrift heraus-
gegeben, in der er sich bitter beklagt, daß es ihm nicht
gelungen ist, eine gute Sammlung von Schullesebüchern
zusammenzustellen. Es soll trotz breitester Aufforderung
noch kein halbes Dutzend Bücher zusammengekommen
sein, die auch nur einem einigermaßen kritischen Auge
hätten standhalten können. Wenn aber eine große
Berliner Tageszeitung mit reporterhafter Eiligkeit aus dieser
Flugschrift eine Glosse gemacht hat, so hat sie dabei
nicht aufgepaßt, denn sie behauptete, es sei in Deutsch-
land keine einzige Schulfibel aufzutreiben, die in ihrer
ERSTES
. AUS-
ISCHNEIDEN
^WSANN
'FÜR KINDER
VON
KNNEBHMCtt
Qm> MAJSR VERU.C RAVINSBUftG
S
Beschäftigungsspiele für Kinder / Jeux pour enfants / Games for
children / Otto Maier Verlag, Ravensburg
Gestaltung einwandfrei sei*). Das ist nicht wahr, denn
es gibt schon einige gute Schulfibeln. Wir haben früher
einmal im Jahrgang 1927 auf Seite 372 Abbildungen aus
einer Kinderfibel gebracht, die von dem Maler Richard
Reklamespiel der Rundfunkzeitschrift „Die Sendung". Zeich- ,*LWie sehr der betreffende Referent orientiert war, beweist folgende
3 NTfillo • S/-» wurHo n cr\ am Miinrlinnr Rund 7iir Nacrn riinn Hoc
nung von Fritz Adolphy, Berlin
Stelle : „So wurde also ein „Münchner Bund zur Gestaltung des
Schullesebuches" gegründet, und damit dieses Kollektiv nicht gar so
Reclame fantaisiste pour la revue de T. S. F. „Die Sendung" einsam auf weiter Flur stünde, wurde der Münchner Bund dem Deutschen
Werkbund angeschlossen. Und schon begann die Arbeit. Man plante,
Card board game, a gift of the German braodcasting periodical man faßte Beschlüsse, man schrieb und gab bekannt: Wir wollen eine
„Die Sendung" Fibelausstellung machen." (Berliner Tageblatt (12. 2. 31).
384
sucht, die unterscheidenden Merkmale des Einzelbuch-
stabens dunkler vor die weniger wichtigen, heller ge-
haltenen Teile zu stellen. Ein gefährliches Unternehmen,
wenn es auch von einer richtigen Erwägung ausgeht.
Gerade weil die entstandene Form so geistreich und
überraschend ist, kann die „Bifur" nur in einzelnen
Wörtern signethaft (als Schlagzeile) verwendet werden.
So ist sie allerdings auch gemeint. Aber auch dann ist
die Lesbarkeit nicht groß, weil die Form extravagant ist
und man die Buchstaben nicht immer auf den ersten
Blick eindeutig agnoszieren kann. Unleugbar ist aber
die faszinierende Wirkung solcher Schriftzeilen. Es wäre
gut, wenn manche deutschen Schriftgießereien ein wenig
von dem Mut dieser französischen Gießerei aufbrächten,
wesentlichere Typen zu schaffen als die üblichen, meist
schlechteren Wiederholungen alter und neuer Schriften.
Die Probe der „Bifur" zählt zu den schönsten ihrer
Art. Die matten Kunstdruckseiten mit ihrem schwarzen,
gelben und blauen Druck, mit rotem, gelbem und blauem
Zellofan durchschossen, bilden einen lebhaften Kontrast
zu dem polierten Aluminiumkarton des Umschlags, der,
kreisrund durchlocht, unter rotem Zellofan geheimnisvoll
den Buchstaben S sehen läßt.
Es folgt dann das Seitenpaar „Seule une lettre n'est
rien" (Abbildung), das in seiner Einfachheit eine Meister-
leistung für sich ist. Im ganzen bedeutet diese Schrift-
probe, im Gegensatz zu unseren ersten Beispielen, die
wirkliche Lösung von traditionellen Formbegriffen und
einen entschiedenen Schritt nach vorwärts. Gibt es ein
höheres Lob, als von ihr sagen zu können, daß sie
„Appetit" erweckt, die Schrift zu kaufen und mit ihr
ebenso luxuriös zu arbeiten?
Unsere Abbildungen bestätigen die erfreuliche Anteil-
nahme Frankreichs an Bestrebungen, von denen man
bisher annahm, sie beschränkten sich auf Mitteleuropa
und würden im Westen als zu „nordique" abgelehnt.
Uber die neuere Grafik und Typografie Frankreichs
informiert vorzüglich die Zeitschrift „Arts et metiers
graphiques", auf die bei dieser Gelegenheit noch hin-
gewiesen sei.
Grafische Beispiele aus dem Gebiet der Erziehung
Es ist allgemein bekannt, daß die Grafik auf dem
Gebiet des Erziehungswesens in den letzten Jahrzehnten
eine nicht unwesentliche Rolle in der Neugestaltung des
Schreibunterrichts gespielt hat. Aber darüber hinaus ist
die Grafik kaum in den Dienst des Erziehungswesens
gestellt worden, wenigstens hat man sich offenbar keine
große Sorge um die Qualität des grafischen Materials
gemacht, das in der Erziehung benötigt wird. Der
Münchner Bund hat kürzlich eine Flugschrift heraus-
gegeben, in der er sich bitter beklagt, daß es ihm nicht
gelungen ist, eine gute Sammlung von Schullesebüchern
zusammenzustellen. Es soll trotz breitester Aufforderung
noch kein halbes Dutzend Bücher zusammengekommen
sein, die auch nur einem einigermaßen kritischen Auge
hätten standhalten können. Wenn aber eine große
Berliner Tageszeitung mit reporterhafter Eiligkeit aus dieser
Flugschrift eine Glosse gemacht hat, so hat sie dabei
nicht aufgepaßt, denn sie behauptete, es sei in Deutsch-
land keine einzige Schulfibel aufzutreiben, die in ihrer
ERSTES
. AUS-
ISCHNEIDEN
^WSANN
'FÜR KINDER
VON
KNNEBHMCtt
Qm> MAJSR VERU.C RAVINSBUftG
S
Beschäftigungsspiele für Kinder / Jeux pour enfants / Games for
children / Otto Maier Verlag, Ravensburg
Gestaltung einwandfrei sei*). Das ist nicht wahr, denn
es gibt schon einige gute Schulfibeln. Wir haben früher
einmal im Jahrgang 1927 auf Seite 372 Abbildungen aus
einer Kinderfibel gebracht, die von dem Maler Richard
Reklamespiel der Rundfunkzeitschrift „Die Sendung". Zeich- ,*LWie sehr der betreffende Referent orientiert war, beweist folgende
3 NTfillo • S/-» wurHo n cr\ am Miinrlinnr Rund 7iir Nacrn riinn Hoc
nung von Fritz Adolphy, Berlin
Stelle : „So wurde also ein „Münchner Bund zur Gestaltung des
Schullesebuches" gegründet, und damit dieses Kollektiv nicht gar so
Reclame fantaisiste pour la revue de T. S. F. „Die Sendung" einsam auf weiter Flur stünde, wurde der Münchner Bund dem Deutschen
Werkbund angeschlossen. Und schon begann die Arbeit. Man plante,
Card board game, a gift of the German braodcasting periodical man faßte Beschlüsse, man schrieb und gab bekannt: Wir wollen eine
„Die Sendung" Fibelausstellung machen." (Berliner Tageblatt (12. 2. 31).
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