Gerade herausgesagt: wir wissen es nicht. Die es genau
zu wissen glauben, sind in schwerer Selbsttäuschung be-
fangen. Rückkehr zur Agrarwirtschaft? Technisch mag es
möglich sein, 65 Millionen Menschen ausschließlich vom
deutschen Boden zu ernähren, aber nur mit ungeheurem
Kapitaleinsatz und mit Umschulung von vielleicht 10 bis
15 Millionen Arbeitskräften auf hochqualifizierte, wissen-
schaftlich geführte moderne Bauernarbeit; dabei würden
sich Ernährungskosten ergeben, die uns auch für alle
anderen Produkte, insbesondere für unsere Kleidung
(Baumwolle, Wolle), völlig von den Weltmärkten ab-
schneiden würden. Exportdumping? Soll es breiten
Dauererfolg haben, so muß es Löhne und Lebenshaltung
etwa bis in die Nähe des Niveaus chinesischer Kulis
drücken.
Was also tun? Vermutlich bleibt in dieser Lage in der
Tat nichts anderes übrig, als zunächst einmal eine vor-
läufige Übergangslösung zu suchen, industrialismus und
Reagrarisierung in einer neuen höheren Form mitein-
ander zu verbinden.
Der Idee nach liegt der Vorschlag des Reichsfinanz-
ministers, 100 000 Erwerbslose an den Rändern der
Industriestädte anzusiedeln, in der Richtung dieser
Zwischenlösung. In allen Einzelheiten aber bedarf er
dringend der kritischen Revision. Zunächst einmal: dieser
Vorschlag ist eine Möglichkeit auf weite Sicht, kein augen-
blickliches wesentliches Hilfsmittel gegen die Last der
Arbeitslosigkeit. Sodann: die Größe der einzelnen
Stelle mit 2—4 Morgen ist als selbständige Siedler-
nahrung wesentlich zu klein, zur nebenberuflichen inten-
siven Bearbeitung zu groß, — drittens zu groß auch aus
Gründen der Verkehrsgestaltung, da sich auf diese Weise
Buchbesprechungen
Konrad Wachs mann, Holzhausbau.
Ernst Wasmuth Verlag AG., Berlin. Preis
M 15.—. Der Verfasser ist ein junger Architekt, der
gründlich den Holzhausbau in der Praxis studiert hat.
Das Material ist einfach und übersichtlich nach den ver-
schiedenen Holzbauweisen gegliedert. In der Ein-
leitung sind die Bauweisen an der Hand von guten
Konstruktionszeichnungen dargestellt. Das Bildmaterial
ist fleißig zusammengetragen, und man staunt, was für
eine Reihe guter Arbeiten im Holzhausbau entstanden
sind. Die Arbeiten des Verfassers fallen durch ihre
konstruktive Klarheit auf, man kennt sie teilweise aus
der Ausstellung der Poelzig-Schüler, das Kinderwald-
erholungsheim in Spremberg und das Landhaus Albert
Einsteins. Sehr interessant sind die Normen-Schul-
pavillons in Plattenbauweise, weil sie die konsequenteste
Form des fabrikatorischen Bauens in Serien darstellen.
Hier wird wirklich alles von der Maschine in der
Fabrik fertiggestellt und auf der Baustelle erfolgt nur
die kurze Zeit in Anspruch nehmende Montage. Das
ist heute fast im ganzen Holzhausbau so, aber diese
Schulbauten in Holz sind reinlich genormt und stan-
dardisiert. So ergibt sich die merkwürdige Tatsache,
daß der Holzhausbau im Grunde viel weiter und kon-
sequenter entwickelt ist, als das Bauen in Stein, Stahl
und Platten.
außerordentlich große Gesamtflächen ergeben. Ferner:
Auch für die an sich richtige Flächenbemessung mit
einem halben bis höchstens einem Morgen je Stelle ist
die Kapitalausstattung mit 2500 Mark zu gering. Fünftens:
An eine Belieferung des städtischen Marktes mit Pro-
dukten der arbeitslosen Siedler in wesentlichem Umfang
ist nicht zu denken, aus vielen Gründen der Preis-
gestaltung, Qualität, Markttechnik, des Preisschutzes usw.
Mithin hat sechstens der ganze Gedanke nur Sinn, wenn
die Stadtrandsiedlung wirklich nur der Selbstversorgung
der Siedler (und, nicht zu vergessen, der Volksgesund-
heit!) dient, einen Rückhalt für die Zeit der Arbeits-
losigkeit bietet, und also in der Regel verbunden ist mit
industrieller Erwerbsarbeit des Siedlers oder seiner
Familienmitglieder. Mit dieser Forderung sind zugleich
bestimmte Voraussetzungen wirtschaftsgeografischer und
verkehrspolitischer Art gegeben, deren Mißachtung zu
schweren Rückschlägen und neuem Elend führen müßte.
Zahllose Fragen erheben sich: Wie kann die Aus-
wahl der richtigen Menschen gesichert werden? Wissen
wir, welche Industrien und welche Werke Aussicht haben,
sich auf längere Dauer zu halten? Wie kann man diese
Werke für eine bestimmte Mitarbeit an der Förderung
der nebenberuflichen Stadtrandsiedlung gewinnen? Wie
wird man die Steuergrenzen zwischen beteiligten Stadt-
und Landgemeinden überwinden? Wie werden die Häuser
rationell geschaffen? Jedermann sein eigener Architekt?
Oder Mitarbeit der Architekten an der Schaffung ge-
eigneter Massenprodukte?
Wissenschaftliche Überlegung wird mit den Er-
fahrungen einer zunächst tastenden Praxis Hand in Hand
gehen müssen, wenn die Aktion nicht im Sande ver-
laufen soll. Alexander Schwab
Franz Kollmann, Handbuch der Tech-
nik. Union, Deutsche Verlagsgesell-
schaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig. Preis
M 10.80. Streng genommen, gehört dies Buch nicht in
den Kreis der Aufgaben, die sich unsere Zeitschrift
stellt. Aber da es heute wichtig ist, daß man sich über
technische Fragen kurz und klar orientieren kann, sei
dieses Buch empfohlen. Das Handbuch ist wirklich gut
durchgearbeitet, es erklärt, aber es erklärt mit einer
ausgesprochen klugen und nicht fachmännisch ein-
geengten Haltung. Hören wir, was zum Schluß des
Abschnitts über Kraftwagen gesagt wird: „Zusammen-
fassend kann der moderne Personenkraftwagen als eine
reife, wohlgelungene Konstruktion angesprochen wer-
den, wiewohl sein grundsätzlicher Aufbau technisch
falsch ist und ganz zu Unrecht Einzelheiten der Pferde-
kutsche beibehalten hat. Der Wagen der Zukunft müßte
den Motor unmittelbar über den getriebenen Rädern
haben, Schwingachsen, sehr geringes Gewicht und einen
stromlinienförmigen Aufbau besitzen. Hierfür scheinen
die technischen Voraussetzungen heute noch zu fehlen."
Das Buch ist reichhaltig, ist knapp im Ausdruck und nie
wird es schulmeisterlich, nie Schulbuch in schlechtem
Sinn. Auf Bilder und auf gute zeichnerische Dar-
stellung der Schemen und Tabellen wurde offenbar
Wert gelegt.
Mitarbeiter dieses Heftes:
F. H. Ehmcke, München, Professor an der Staatsschule für angewandte Kunst / Dr. Hans Nowak, Berlin, Werbeleiter des Reckendorfhauses
Dr. Gustav Barthel, Köln, Kunsthistoriker / J a n T s c h i c h o I d , Lehrer an der Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker in München
Dr. Justus Bier, Schriftsteller, künstlerischer Leiter der Kestner-Gesellschaft E.V., Hannover / Ludwig H i I b e rs e i m e r, Berlin, Architekt
Dr. Alexander Schwab, Berlin, volkswirtschaftlicher Schriftsteller
400
zu wissen glauben, sind in schwerer Selbsttäuschung be-
fangen. Rückkehr zur Agrarwirtschaft? Technisch mag es
möglich sein, 65 Millionen Menschen ausschließlich vom
deutschen Boden zu ernähren, aber nur mit ungeheurem
Kapitaleinsatz und mit Umschulung von vielleicht 10 bis
15 Millionen Arbeitskräften auf hochqualifizierte, wissen-
schaftlich geführte moderne Bauernarbeit; dabei würden
sich Ernährungskosten ergeben, die uns auch für alle
anderen Produkte, insbesondere für unsere Kleidung
(Baumwolle, Wolle), völlig von den Weltmärkten ab-
schneiden würden. Exportdumping? Soll es breiten
Dauererfolg haben, so muß es Löhne und Lebenshaltung
etwa bis in die Nähe des Niveaus chinesischer Kulis
drücken.
Was also tun? Vermutlich bleibt in dieser Lage in der
Tat nichts anderes übrig, als zunächst einmal eine vor-
läufige Übergangslösung zu suchen, industrialismus und
Reagrarisierung in einer neuen höheren Form mitein-
ander zu verbinden.
Der Idee nach liegt der Vorschlag des Reichsfinanz-
ministers, 100 000 Erwerbslose an den Rändern der
Industriestädte anzusiedeln, in der Richtung dieser
Zwischenlösung. In allen Einzelheiten aber bedarf er
dringend der kritischen Revision. Zunächst einmal: dieser
Vorschlag ist eine Möglichkeit auf weite Sicht, kein augen-
blickliches wesentliches Hilfsmittel gegen die Last der
Arbeitslosigkeit. Sodann: die Größe der einzelnen
Stelle mit 2—4 Morgen ist als selbständige Siedler-
nahrung wesentlich zu klein, zur nebenberuflichen inten-
siven Bearbeitung zu groß, — drittens zu groß auch aus
Gründen der Verkehrsgestaltung, da sich auf diese Weise
Buchbesprechungen
Konrad Wachs mann, Holzhausbau.
Ernst Wasmuth Verlag AG., Berlin. Preis
M 15.—. Der Verfasser ist ein junger Architekt, der
gründlich den Holzhausbau in der Praxis studiert hat.
Das Material ist einfach und übersichtlich nach den ver-
schiedenen Holzbauweisen gegliedert. In der Ein-
leitung sind die Bauweisen an der Hand von guten
Konstruktionszeichnungen dargestellt. Das Bildmaterial
ist fleißig zusammengetragen, und man staunt, was für
eine Reihe guter Arbeiten im Holzhausbau entstanden
sind. Die Arbeiten des Verfassers fallen durch ihre
konstruktive Klarheit auf, man kennt sie teilweise aus
der Ausstellung der Poelzig-Schüler, das Kinderwald-
erholungsheim in Spremberg und das Landhaus Albert
Einsteins. Sehr interessant sind die Normen-Schul-
pavillons in Plattenbauweise, weil sie die konsequenteste
Form des fabrikatorischen Bauens in Serien darstellen.
Hier wird wirklich alles von der Maschine in der
Fabrik fertiggestellt und auf der Baustelle erfolgt nur
die kurze Zeit in Anspruch nehmende Montage. Das
ist heute fast im ganzen Holzhausbau so, aber diese
Schulbauten in Holz sind reinlich genormt und stan-
dardisiert. So ergibt sich die merkwürdige Tatsache,
daß der Holzhausbau im Grunde viel weiter und kon-
sequenter entwickelt ist, als das Bauen in Stein, Stahl
und Platten.
außerordentlich große Gesamtflächen ergeben. Ferner:
Auch für die an sich richtige Flächenbemessung mit
einem halben bis höchstens einem Morgen je Stelle ist
die Kapitalausstattung mit 2500 Mark zu gering. Fünftens:
An eine Belieferung des städtischen Marktes mit Pro-
dukten der arbeitslosen Siedler in wesentlichem Umfang
ist nicht zu denken, aus vielen Gründen der Preis-
gestaltung, Qualität, Markttechnik, des Preisschutzes usw.
Mithin hat sechstens der ganze Gedanke nur Sinn, wenn
die Stadtrandsiedlung wirklich nur der Selbstversorgung
der Siedler (und, nicht zu vergessen, der Volksgesund-
heit!) dient, einen Rückhalt für die Zeit der Arbeits-
losigkeit bietet, und also in der Regel verbunden ist mit
industrieller Erwerbsarbeit des Siedlers oder seiner
Familienmitglieder. Mit dieser Forderung sind zugleich
bestimmte Voraussetzungen wirtschaftsgeografischer und
verkehrspolitischer Art gegeben, deren Mißachtung zu
schweren Rückschlägen und neuem Elend führen müßte.
Zahllose Fragen erheben sich: Wie kann die Aus-
wahl der richtigen Menschen gesichert werden? Wissen
wir, welche Industrien und welche Werke Aussicht haben,
sich auf längere Dauer zu halten? Wie kann man diese
Werke für eine bestimmte Mitarbeit an der Förderung
der nebenberuflichen Stadtrandsiedlung gewinnen? Wie
wird man die Steuergrenzen zwischen beteiligten Stadt-
und Landgemeinden überwinden? Wie werden die Häuser
rationell geschaffen? Jedermann sein eigener Architekt?
Oder Mitarbeit der Architekten an der Schaffung ge-
eigneter Massenprodukte?
Wissenschaftliche Überlegung wird mit den Er-
fahrungen einer zunächst tastenden Praxis Hand in Hand
gehen müssen, wenn die Aktion nicht im Sande ver-
laufen soll. Alexander Schwab
Franz Kollmann, Handbuch der Tech-
nik. Union, Deutsche Verlagsgesell-
schaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig. Preis
M 10.80. Streng genommen, gehört dies Buch nicht in
den Kreis der Aufgaben, die sich unsere Zeitschrift
stellt. Aber da es heute wichtig ist, daß man sich über
technische Fragen kurz und klar orientieren kann, sei
dieses Buch empfohlen. Das Handbuch ist wirklich gut
durchgearbeitet, es erklärt, aber es erklärt mit einer
ausgesprochen klugen und nicht fachmännisch ein-
geengten Haltung. Hören wir, was zum Schluß des
Abschnitts über Kraftwagen gesagt wird: „Zusammen-
fassend kann der moderne Personenkraftwagen als eine
reife, wohlgelungene Konstruktion angesprochen wer-
den, wiewohl sein grundsätzlicher Aufbau technisch
falsch ist und ganz zu Unrecht Einzelheiten der Pferde-
kutsche beibehalten hat. Der Wagen der Zukunft müßte
den Motor unmittelbar über den getriebenen Rädern
haben, Schwingachsen, sehr geringes Gewicht und einen
stromlinienförmigen Aufbau besitzen. Hierfür scheinen
die technischen Voraussetzungen heute noch zu fehlen."
Das Buch ist reichhaltig, ist knapp im Ausdruck und nie
wird es schulmeisterlich, nie Schulbuch in schlechtem
Sinn. Auf Bilder und auf gute zeichnerische Dar-
stellung der Schemen und Tabellen wurde offenbar
Wert gelegt.
Mitarbeiter dieses Heftes:
F. H. Ehmcke, München, Professor an der Staatsschule für angewandte Kunst / Dr. Hans Nowak, Berlin, Werbeleiter des Reckendorfhauses
Dr. Gustav Barthel, Köln, Kunsthistoriker / J a n T s c h i c h o I d , Lehrer an der Meisterschule für Deutschlands Buchdrucker in München
Dr. Justus Bier, Schriftsteller, künstlerischer Leiter der Kestner-Gesellschaft E.V., Hannover / Ludwig H i I b e rs e i m e r, Berlin, Architekt
Dr. Alexander Schwab, Berlin, volkswirtschaftlicher Schriftsteller
400