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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 6.1931

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Unter der Lupe
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https://doi.org/10.11588/diglit.13708#0248

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UNTER DER LUPE

UM DAS KUNSTHANDWERK

In der letzten Nummer sprachen wir schon von
der Eingabe des Reichsverbandes des deutschen
Handwerks und wiesen darauf hin, daß auch von ört-
lichen Stellen, Innungen und Verbänden, gleichlau-
tende Eingaben und Kundgebungen gefertigt wor-
den sind. Überall in Zeitschriften und Fachzeit-
schriften findet man jetzt Beiträge, die sich mit der
Frage des Kun-sthandwerks beschäftigen. Daß dabei
eine ganze Menge von grausamer Unkenntnis zutage
tritt, ist nicht zu verwundern. Wenn aber die
Pressestelle des Leipziger Messeamts an sämtliche
Zeitungen und Zeitschriften eine Pressenotiz mit
dem nachstehend wiedergegebenen Inhalt ver-
schickt, so beweist sie damit einen Mangel an kultu-
reller Einsicht, den man einer solchen Stelle eigent-
lich nicht zutrauen sollte:

Sehr geehrte Redaktion!

Nachstehend gestatten wir uns,
Ihnen eine kurze redaktionelle
Notiz zu übermitteln, deren Ab-
druck wir sehr begrüßen würden.

LEIPZIGER MESSAMT
Körperschaft des öffentlichen

Rechts
Literarische Abteilung

Leipzig, im April 1931

Zur Behebung derArbeitslosigkeit

der Künstler, Kunstgewerbe-
treibenden und Kunsthandwerker

Der bekannte Münchner Kunst-
keramiker Professor Jean Beck
weist in einem Artikel in einem
süddeutschen Blatte darauf hin,
daß die seit vielen Jahren be-
stehende Schmucklosigkeit in der
Innen- wie Außenarchitektur
schuld daran sei, daß Hunderte
Künstler, Kunstgewerbetreibende
und Kunsthandwerker z.Zt. brotlos
seien. Die glatte, öde, formlose
Richtung der Bauten ohne jeden
Schmuck habe den genannten Be-
rufsarten keine Arbeit und keine
Einnahmen gebracht und dadurch
die große Arbeitslosigkeit ver-
ursacht. Vor 15, 20 und 30 Jahren,
also während der älteren Rich-
tung, wäre Arbeit für Künstler,
besonders für Holz- und Stein-
bildhauer, Steinmetze, Kunst-
und Dekorationsmaler in der

vielseitigsten Art, für Vergol-
der, Stukkateure,Kunstschmiede,
Kunstschlosser usw. in ausrei-
chendem Maße vorhanden gewesen
und jeder habe sich gefreut, das
Vollendetste in seinem Beruf
schaff en zu können . Ihre Arbeiten
seien von aller Welt gesucht und
bewundert worden. Im letzten
Jahrzehnt sei das leider anders
geworden. Professor Jean Beck
tritt dann dafür ein, daß alle
maßgeblichen Stellen sich für
die Propagierung echter deut-
scher Kunst einsetzen möchten , da
das zu einer Hebung (!) der Ar-
beitslosigkeit führen würde.

in Sachsen scheint der theoretische Kampf um
das Kunstgewerbe besonders heftig entbrannt zu
sein. So erhielten wir Kenntnis von einem „schärf-
sten Einspruch" der Innungen der Modelleure, Gold-
schmiede und Graveure Dresdens bei den Sächsi-
schen Ministerien gegen die Schrift „Neues Kirchen-
gerät", die die Sächsische Landesstelle für Kunst-
gewerbe zusammen mit dem Kunst-Dienst, Dresden,
herausgegeben hat. Der Juwelier und Goldschmied
Ernst Treusch in Leipzig, der sich schon immer be-
sondere Verdienste um die Qualität im Gold-
schmiedegewerbe erworben hat und einen wirklich
ausgezeichneten Typ eines Händlers darstellt, der
im engsten Zusammenhang mit der Produktion steht,
hat im 10.Heft der,,Goldschmiedekunst"gegen diese
Eingabe heftig protestiert. Wir zitieren aus diesem
Aufsatz einige wichtige Stellen und geben dann
Ernst Treusch noch einmal das Wort, um sein Ver-
hältnis zur modernen Goldschmiedekunst darzule-
gen. Treusch hat selbst eine Werkstätte für Gold-
und Silberschmiedearbeiten seinem Laden angeglie-
dert, und da er in dem erwähnten Aufsatz zu der
Dresdner Eingabe sehr schön und deutlich sagt.
..sie sollten einmal Proben ihres Könnens zeigen,
denn mit bloßer Kritik, mit dem Willen, der Zeit in
die Arme zu fallen, sei es wahrhaftig jetzt nicht
getan", bilden wir von seinen Arbeiten hier einige
Stücke ab und bedauern dabei nur, Proben der Ar-
beiten der Dresdner Innungen nicht zeigen zu können.
Wir halten eine solche Maßnahme für sehr wichtig
und richtig, denn oft liest man irgendwelche Erörte-
rungen über dieses Thema, die ganz vernünftig klin-
gen, und wenn man sich dann aber das ansieht, was
die Leute für gut halten oder selbst schaffen, wird
man von einem heftigen Schreck befallen. Diese
Abbildungen zeigen, daß Treusch mit seinen Arbei-
ten ein für die Goldschmiedekunst sehr beachtens-
wertes Niveau innehält, und man räumt ihm das
Recht der Kritik an der Eingabe der Dresdner Innun-
gen um so lieber ein. Treusch schreibt zu der Ein-
gabe der Innungen:

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