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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 6.1931

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Denkmalpflege
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Rundschau in Baupolitik und Bauwirtschaft
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https://doi.org/10.11588/diglit.13708#0291

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Anstrichs wird die Exekution der alten Bauten voll-
zogen. Man erinnert sich von der Mannheimer Ta-
gung her wohl noch des Schwetzinger Schlosses.
Ein anspruchsloser und nur in seiner malerischen
Wirkung reizvoller Bau, wichtig allein als Eingang
zum berühmten Garten. Und heute? dunkelrot und
klotzig der Mittelbau, knallgelb die Seitenflügel mit
dunkelroten Architekturgliedern. Man kann sich das
kaum vorstellen. Schlimmer hätte es auch ein Land-
tüncher nicht gemacht, der unentwegt Farbe ins
Stadtbild bringen will. Jeder versuchten Einwirkung
begegnete man mit aufgebrachter Empfindlichkeit.
Bauten auf Bauten kamen an die Reihe. In Karlsruhe
die alte Münze von Weinbrenner, der schöne Innen-
raum der evangelischen Stadtkirche am Markt und
schließlich der Schloßturm. Alles wurde mit der glei-
chen Methode entstellt oder in der Wirkung gänz-
lich vernichtet. Da erhob sich fast ausnahmslos
alles in Baden, was irgendeine Beziehung zu den
Baudenkmalen hat. Architekten, Gelehrte, Künstler,
um in einer Eingabe die Staatsregierung zu er-
suchen, eine Änderung herbeizuführen.

Wer nun glaubt, daß diese einmütige Verurteilung
durch alle Sachverständigen des Landes der Ge-
schäftigkeit eines einzigen Beamten Einhalt gebo-
ten hätte, der täuscht sich. Schon steht die Ver-
unstaltung des Äußeren der evangelischen Stadt-
kirche bevor mit dem gewaltigen architektonischen
Ausdruck ihrer Rückseite. Man denkt mit Schrecken
daran, daß nun auch die ganze Karl-Friedrich-Straße,
dieses Werk des klassizistischen Städtebaus, daß
ein so entzückendes Gartengebäude wie das Som-
merhaus der Markgräfin Amalie eines Tages erle-
digt sein könnte. Dabei ist eine so ausgezeichnete
Kraft wie Professor Läuger. der seiner Natur
nach befähigt wäre, solche Aufgaben zu lösen, völ-
lig beiseite geschoben. Diese staatliche Denkmal-
pflege lehnt es durchaus ab, mit Leuten von Talent
sich etwa einzulassen. Wann wird endlich die Badi-
sche Regierung Einhalt gebieten und dafür sorgen,
daß die Baudenkmale vor der schrankenlosen sub-
jektiven Auswirkung eines Einzelnen gesichert und
der Obhut eines Kreises geeigneter Sachverständi-
ger unterstellt werden? H. E.

RUNDSCHAU IN BAUPOLITIK UND BAU Wl RTSC HAFT

Proletarische Bauausstellung.

Die große Berliner Bauausstellung am Kaiser-
damm hat ein seltsames und höchst beachtliches
Gegenstück gefunden in einer Ausstellung, die von
einer Gruppe revolutionärer, den Kommunisten nahe-
stehender Architekten geschaffen wurde. Sie füllt
einige leerstehende kahle Fabriksäle in der Köpe-
nicker Straße in Berlin, in einem Hinterhaus. Wer da
glaubt, sich gegen Einflüsse und Anregungen aus
einer anderen Sphäre hermetisch abschließen zu
müssen, dem muß allerdings empfohlen werden, sich
von dieser Ausstellung fernzuhalten: besondere
Rücksicht auf die Gefühle Andersdenkender wird
hier nicht genommen. Wer geneigt und fähig ist. sich
mit allem auseinanderzusetzen, der kann auch hier
etwas lernen. Vor allem kann man lernen, wie eine
wirksame Ausstellung gemacht wird. Während am Kai-
serdamm eine enzyklopädische Unentschiedenheit
unendliches Detail ausbreitet und alle Ansätze zu
bestimmter Willensrichtung isoliert und erstickt, tritt
aus dem Hinterhofmilieu der Köpenicker Straße ein
straffer und rücksichtsloser Wille zutage. Man mag
zu diesem Willen ja oder nein sagen, — das ist eine
zweite Frage: die Kraft, die hier mit armen, ja ärm-
lichen Mitteln sich manifestiert, wirkt bedrohlich,
wenn man sie vergleicht mit dem riesenhaften, aber
in sich selbst so widerspruchsvollem Machtapparat
im Westen.

Daß auf einer proletarischen Bauausstellung Woh-
nungselend und Wohnungsluxus einander kraß ge-
genüber gestellt werden würden, war zu erwarten.
In dieser Beziehung findet man zwar Wirksames,
aber kaum Neues. Einige Bilder russischer Neubau-
ten würden ehrlicher und darum stärker wirken, wenn
ein Einblick in die vorrevolutionären Verhältnisse

und in die Schwierigkeiten ihrer Uberwindung gege-
ben würde. Überraschender als die soziale Anklage
wirkt ein Raum, der mit knappen Texten. Bildern und
schematischen Plänen eine Analyse der weltge-
schichtlichen Entwicklung des Städtewesens zu
geben versucht. Die Grundlage dieser Analyse ist
natürlich die marxistische Geschichtsauffassung: ob
sie überall richtig angewandt ist. kann man bezwei-
feln. Wichtig für die allgemeine aktuelle Diskussion
sind drei Momente: die Ablehnung des Citygedan-
kens, die Vernachlässigung des Verkehrs, das Ein-
treten für das Wohnhochhaus. Mag es auch richtig
sein, daß die City als Träger von Marktfunktionen
in einer sozialistischen Wirtschaft — die ja eben
den freien Markt bewußt beseitigt — keinen Raum
mehr hat. so bleibt doch die Frage offen, ob sie
nicht Träger anderer, auch dann lebenswichtiger
Funktionen ist oder wird. Unbestreitbar ist doch
Moskau heute eine politische und Verwaltungs-City
allerersten Ranges, übrigens auch ein geistiger und
kultureller Mittelpunkt von großer Durchschlagskraft,
gleichwichtig für Freund wie Feind. Es fällt auf.
daß keinerlei Planungen für die städtebaulichen
Probleme gezeigt werden, die sich aus dem Ent-
stehen eines solchen neuartigen Mittelpunktes doch
zweifellos ergeben müssen, während andererseits
die Cityvorstellungen, die etwa Mächler oder Corbu-
sier ausgeprägt haben, in Bausch und Bogen verwor-
fen werden.

Zeigt sich in dieser Frage eine Vernachlässigung
des wichtigen Faktors, der mit dem geistigen Ver-
kehr innerhalb eines Landes gegeben ist und sich
von Grenze zu Grenze über einen Mittelpunkt hinweg
auswirkt, so ist auch die Städte bildende Rolle des
materiellen Güterverkehrs fast ganz unbeachtet ge-

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