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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 6.1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.13708#0332

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Dingen, weil er die Notwendigkeit des Hochhauses mit
dem Grünstreifen und der Freifläche und mit den arbeit-
sparenden Gemeinschaftsanlagen begründet. Gerade
darin kommt doch eine neue Wohnkultur, eine andere
Form des Lebens und Wohnens zum Ausdruck, die das
Entgegengesetzte der häuslichen Gemütlichkeit ist. Ganz
gleich, wie man zu der Art der Durchführung, die Gro-
pius gewählt hat, stehen mag, ganz gleich, wie man zum
Problem Wohnhochbau oder Flachbau steht, hier ist doch
eine andere Vorstellung von Leben und Wohnen lebendig
als in den verstümmelten gutbürgerlichen Wohnzimmern,
die die „Wohnungswirtschaft" zeigt. Aber nicht auf die
Formen und nicht einmal auf eine augenblickliche Lösung
kommt es an, sondern immer wieder auf die Vorstellung
vom Leben und Wohnen.

Leipziger Meßamt

Das Leipziger Meßamt, genau genommen die Lite-
rarische Abteilung, schrieb uns am 14. Juli einen Brief,
dessen Inhalt wir unseren Lesern doch nicht vorenthalten
wollen, zumal die Literarische Abteilung des Leipziger
Meßamts selbst die Veröffentlichung wünscht:

„Sehr geehrte Redaktion!

In Heft 6 Ihrer Zeitschrift „Die Form" veröffentlichten
Sie eine von uns versandte Pressenotiz „Zur Behebung
der Arbeitslosigkeit der Künstler, Kunstgewerbetreibenden
und Kunsthandwerker", in der wir den Inhalt eines
Artikels kurz skizzieren, den der bekannte Münchener
Keramiker Professor Jean Beck in einem Münchener Blatte
veröffentlicht hatte. Unsere Notiz darüber ist an etwa
20 einschlägige Fachblätter versandt worden. Rein sach-
lich möchten wir zu den Ausführungen des Herrn Jean
Beck bemerken, daß diese sich u. E. in der Hauptsache
gegen den reinen Kunstbolschewismus wenden, wie er
verschiedentlich aufgetreten ist. Die Ausführungen setzen
sich dafür ein, daß wieder echte deutsche Kunst propa-
giert und im Interesse der Künstler, Kunstgewerbetreiben-
den und Kunsthandwerker gefördert werden möchte.
Weil in dieser Notiz jedoch gesagt worden ist, daß die
vorgenannten Berufe vor 15, 20 und 30 Jahren Arbeit
und Absatz gehabt hätten, glauben Sie daraus folgern
zu können, daß wir ein Wiedererstehen der damaligen
älteren und überlebten Kunstrichtung propagierten, was
von einem Mangel an kultureller Einsicht zeuge.

Diese Auffassung unserer Notiz ist nicht richtig.

Auch wir sind selbstverständlich Gegner eines jeden
Rückschrittes in der Kunst und wollen kein Wiederauf-
leben einer glücklich überwundenen, nicht mehr zeit-
gemäßen Kunstrichtung. Wenn wir den Ausführungen des
Herrn Professor Jean Beck beipflichten, so geschieht das
in der Annahme, daß er bei seiner Aufforderung, wieder
echte deutsche Kunst zu propagieren, nicht eine über-
lebte alte Kunst, sondern unsere gute moderne Kunst
meint.

Wir würden es begrüßen, wenn Sie Ihre Leser von
unserer Stellungnahme unterrichten würden und emp-
fehlen uns

mit vorzüglicher Hochachtung
Leipziger Meßamt

Körperschaft des öffentlichen Rechts
Literarische Abteilung.

(Unterschrift.)"

Wir glauben nicht, daß es irgendwelchen Zweck hat,
sich mit der Literarischen Abteilung weiter zu unterhalten,

obwohl die Versuchung sehr naheliegt, zu fragen, was
das Leipziger Meßamt unter „Kunstbolschewismus" und
was es sich unter „echter deutscher Kunst" vorstellt. Es
ist schwer, mit Worten darüber zu streiten, aber mit der
Literarischen Abteilung des Leipziger Meßamts kann man
erst recht nicht streiten, so literarisch sie sich auch mit
diesem Brief erwiesen hat.

Das Tafelsilber des Auswärtigen Amtes

Kürzlich gingen Nachrichten über die Sparmaßnahmen
des Auswärtigen Amtes durch die Presse. Diese Spar-
maßnahmen erstrecken sich naturgemäß auch auf die
Anschaffungen des Auswärtigen Amtes für Mobiliar und
für die Ausstattung der deutschen Vertretung im Aus-
lande. Um die Umzugskosten einzusparen, will man die
diplomatischen Vertretungen mit Mobiliar ausstatten, so-
weit es nicht vorhanden ist. Die DAZ berichtet darüber:
„In Anbetracht der geringen zur Verfügung stehenden
Mittel hat das Auswärtige Amt einen originellen Ausweg
gewählt, um rasch zu recht vielen und preiswerten Möbeln
zu gelangen: es beteiligt sich an den täglich stattfinden-
den Auktionen, bei denen infolge der schlechten Wirt-
schaftslage Hausrat von oft sehr guter Beschaffenheit zu
geringen Preisen erstanden werden kann. Beschwerden
der Möbelfabrikanten mußten mit dem Hinweis darauf
zurückgewiesen werden, daß die Preise für neue Möbel
teilweise das Dreifache dessen betrugen, womit die
Reichskasse dank den Auktionen auskommen konnte. Das
Auswärtige Amt macht sich ferner die niedrigen Silber-
preise zunutze, um Tafelsilber für die Missionen anzu-
schaffen. Das Silber wird zu dem gegenwärtig sehr
niedrigen Preise aufgekauft, in Berlin gelagert und zu-
nächst nach einheitlichen Mustern standardisiert. Für die
Muster werden, was kunstgeschichtlich von Interesse ist,
die Schätze der Dresdener Silberkammer als Vorbild
verwertet."

Hier ist also der seltene Fall eingetreten, daß Sparsam-
keit nicht etwa zu einfachen Formen und zu schlichterer
Möblierung führt, sondern im Gegenteil zur Verwendung
von Stilsilber und Stilmöbeln aus vornehmen Haushal-
tungen in den Räumen, in denen im Ausland Deutschlands
politische Vertreter wohnen und empfangen.

W. Lötz.

»Die Form« in der Futura-Type

Dieses Heft ist in der Futura-Type gesetzt, die es jetzt
auch auf der Setzmaschine gibt. Diese Type wird künftig
für unsere Zeitschrift beibehalten. Sie ist bekanntlich von
unserem Mitarbeiter Paul Renner entworfen, dem Ver-
fasser des Buches „Mechanisierte Grafik", das im Verlag
Hermann Reckendorf G. m. b. H. erschienen ist. Bereits
das 1928 im gleichen Verlag erschienene Buch „Licht und
Beleuchtung" von W. Lötz wurde in der Futura-Type ge-
druckt. Heute ist diese Type die bekannteste und be-
liebteste Grotesk-Letter geworden.

Mitarbeiter dieses Heftes:

Karl Rupflin, Dekorationsmaler, Professor an der Kunstschule
Augsburg

Hanna Kronberger-Frentzen, Städtische Kunsthalle Mannheim
Hans Bartning, Architekt, Stockholm

Dr. phil. ElseMeissner, Dresden, Geschäftsführerin der Sächsischen
Landesstelle für Kunstgewerbe

Regierungsbaumeister Walther Schmidt, Architekt, München

Professor Wolfgang von Wersin, Leiter der Gewerbeabteilung
des Bayerischen Nationalmuseums München

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