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Die Form: Zeitschrift für gestaltende Arbeit — 6.1931

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Lotz, Wilhelm: Kritik der Bauausstellung
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https://doi.org/10.11588/diglit.13708#0229

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Von den Hallen, die die Abteilung „Das neue
Bauen" enthalten, haben wir schon das Nötigste ge-
sagt: Versuch, mit und trotz Ausstellungsständen
einen orientierenden Blick über Baustoff und Bau-
weise zu geben. Daß sich dort Greulichkeiten, die
wie Gegenbeispiele wirken, finden, ist bedauerlich.
Offenbar hatte der künstlerische Leiter nicht genü-
gend freie Hand. Das ist anzunehmen, weil einzelne
Teilgruppen, wie die Kunstbaustoffe, recht gut und
instruktiv aufgebaut sind. Diese Abteilung zeigt
immerhin eine Fülle von interessantem Material. Man
geht immer gern wieder hin, um sich belehren zu
lassen, welche Fülle von Möglichkeiten es gibt,
welche verschiedenen Baustoffe in der letzten Zeit
entstanden sind. Aber trotzdem hätte hier, und
das wäre fast das Notwendigste gewesen, eine Art
wissenschaftlich - objektive Prüfung der Verwen-
dungsmöglichkeiten und des Verwendungsbereiches
stattfinden müssen, worauf auch Schwab hinweist.

Die Halle II „Die Wohnung unserer Zeit" ist von
dem 2. Vorsitzenden des Werkbundes Ludwig Mies
van der Rohe mit der tatkräftigen Unterstützung von
Lilly Reich aufgebaut worden, und man freut sich,
feststellen zu können, daß nahezu alle Architekten
und die Mehrzahl der Firmen, die an der Ausgestal-
tung mithalfen, Werkbund-Mitglieder sind. Unten in
der Halle liegen unter den Galerien die eingebauten
Kleinwohnungen, der Raum für einen Sportsmann
von Breuer und die Gemeinschaftsräume von

Gropius. Über diese Arbeiten wird noch im nächsten
Heft ausführlicher berichtet werden. Der mittlere
Raum der Halle ist kühn wie ein Freiraum behandelt
worden. Dort stehen die Erdgeschoßhäuser von
Mies van der Rohe und Lilly Reich, ein Ausschnitt aus
einem Wohnhochhaus von Haesler, ein Boardinghaus
von den Münchener Architekten Vorhoelzer, Schmidt,
Wiederanders, dann ein billiges Kleinwohnhaus von
Hugo Häring. In einer Ecke befinden sich die Ein-
bauten der Staatshochbauverwaltung des Preußi-
schen Finanzministeriums, Internatsräume, ein Ein-
wohnermeldeamt, Polizeidienstzimmer und Gefange-
nenzelle. Wir hoffen, von dieser Abteilung im näch-
sten Heft noch Bilder zeigen zu können, nur soviel
sei heute gesagt, daß man sich freut, daß die Preu-
ßische Hochbauverwaltung mit ihren jungen beamte-
ten Architekten ein so gutes einwandfreies Niveau
erreicht hat. Das Erdgeschoßwohnhaus von Mies
und das damit durch einen sehr schönen Hof
verbundene Haus von Lilly Reich sind ein kühner Vor-
stoß im Wohnbauproblem. Es mag etwas befrem-
dend wirken, wenn neben den rationell ausgerech-
neten Kleinwohnungen mit einer solchen Kühnheit
ein Idealwohnhaus aufgebaut wird. In unserem Auf-
satz „Möbel und Wohnraum" in Heft 2/1931 haben
wir auf diese Diskrepanz zwischen der Kleinstwoh-
nung und dem neuen Raumgefühl hingewiesen. Mö-
gen auf dieser Ausstellung die Dinge etwas hart
nebeneinander stehen, es ist wichtig und bedeut-

Foto: C. Rehbein, Berlin

Boardinghaus. Im Erdgeschoß Gemeinschaftsräume.

Gesamtbearbeitung: Robert Vorhoelzer, Max Wiederanders und Walther Schmidt, München

Boarding-House. Au rez-de-chaussee: Salles de reunion
Boarding-House. The public rooms are on the ground floor

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