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Die Gartenkunst — 42.1929

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Nr. 10
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Neue Affenkäfige im Zoologischen Garten zu Kopenhagen
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Valentien, Fritz C.: Ethik in der Gartenkunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.59006#0171

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Affenkäfig mit vertikalem Gesteinaufbau im Zoologischen Garten in Kopenhagen

Ethik in der Gartenkunlt
Von stud. phil. Fritz Valentien

Die Gartenarchitektur trägt mehr als irgendeine andere
Kunstgattung das Gepräge einer angewandten Zweckkunst.
Und der wesentliche Unterschied der angewandten und
freien Kiinste, die Gebundenheit, tritt in der Gartenarchi-
tektur dadurch mit seltener Deutlichkeit zutage, daß sie
mit einem eigenwilligen Material, der lebenden Pflanze,
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arbeitet. Ihren Gestaltungsmitteln ist weniger eine frei-
zügige Beherrschung dieses Materials eigen, als vielmehr
ein hingebungsvolles Bemühen um die sinnvolle Einfügung
eines von der Natur gegebenen, von ihr aber auch ab-
hängigen Wertreichtums in den Organismus des mensch-
lichen Lebens. Auch die Auffassung von der Gartenkunst

Neue Affenkäfige im Zoologischen Garten zu Kopenhagen

In allen europäischcn Großstädten macht sich in der Organisation und
künstlerischen Ausgestaltung der zoologischen Gärten das bahnbrechende
Beispiel Carl Hagenbecks in Stellingen bemerkbar. In seiner großen
Tierliebe hatte er es sich zur Aufgabe gemacht, das Dasein seiner Ge-
fangenen zu erleichtern und ihnen nach Möglichkeit eine ihrer Natur
und Lebensweise entsprechende Uuterkunft zu bereiten. Auf diesem
Wege kam er zum landschaftlichen Tierpark mit naturalistischen Felsen-
und Wasserszenerien, in denen sich die Tiere je nach ihrer Eigenart
in Gruppen zusammengeschlossen oder nach Arten getrennt tummeln
können. Der enge Käfig mit dem Eilengitter verschwand. Hierdurch
erzielte er ein Zweites, das ihn von Anfang an neben der Fiirsorge
für das Tier als künstlerische Absicht in Hinblick auf den Besucher
geleitet hat: Die Erweckung der Ulusion und die Darbietung des
Schauobjektes in einem künstlerisch-malerischen Rahmen. Der Beiucher
tritt dem Tier frei gegenüber, nicht mehr getrennt durch Gitter und
Schranken, er sieht es in einer bildmäßig gestalteten Umgebung. Für
seine und auch des Tieres Sicherheit aber ist gesorgt durch unsichtbare
Gräben, die zwischen Tier und Mensch angeordnet sind!t).
“') Bei dieser Gelegenheit möchten wir hinweisen auf die Arbeit von
Alexander Sokolowsky: Carl Hagenbeck und sein Werk. Leipzig 1928,
Verlag E. Haberland.

Auch im Kopenhagener Zoologischen Garten haben diese Grundsätze
Verwirklichung gefunden. Wir bringen zwei Abbildungen von neuen
Affenkäfigen (das Wort Käfig ist nach Obengesagtem eigentlich nicht
mehr am Platz). Man hat sich aber in der Bildung der Felsformationen
nicht einem krassen Naturalismus wie Hagenbeck hingegeben, sondern
man hat sich bemüht, künstlerisch-architektonisch zu gestalten und eine
Art bühnenmäßig geschlosscnen Aufbau zu schaffen, auf dem sich die
Tragikomödie des Affenlebens in der Gefangenschaft abspielt. In be-
wußter Anlehnung an Vorbilder aus der Malerei der Frührenaissance,
etwa an die Felsstilisierungen eines Mantegna oder Filippino Lippi,
sind zwei in ihrer Struktur gegensätzliche Felsenaufbauten entstanden,
zwei Turmpaare, einmal in horizontaler Schichtung der Steinmassen,
die an die Lagerung des Sandsteines erinnert, das andere Mal in
straffer vertikaler Komposition, die sich an die Formation des Basalt hält.
Diese Gebilde sind das architektonische Zentrum der Anlage von reichster
plastischer Wirkung. Seitlich sind sie von Mauern gefaßt. So entflieht der
Eindruck einer Bühne, auf die der Blick durch keinerlei Gitter gehemmt wird.
Die Entwürfe zu diesen Anlagen flammen von Professor Edw. Thomsen-
Kopenhagen und Gartenarchitekt G. N. Brandt-Charlottenlund. Die
Ausführung lag in den Händen des Bildhauers Aage Petersen-Kopen-
hagen. Es ist beabsichtigt, nach diesen Gesichtspunkten den Kopen-
hagener zoologischen Garten nach und nach umzugestalten. Dr. H.

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