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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-25 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0013

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Ueidrlbkrger Ieilung.

Kreisverkündigungsblatt für den Kreis Heidclberg und a!ntliches Verkündigungsblatt für die Amts- und Amts-
Gerichtsbezirke Hcidelbcrg und Wicsloch und dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

ersckeiak, MontagS auSgenommrn, täglich. JnsertionSgebühren fnr bie 3spaltiae Petit- -W

^U.,- Prci« vierteljährlich 1 fl. 3 kr. ^frettUg, S ^§tINU«r i«le wer»e, mit 3 kr. bereLnet. > '

Beskellungen auf die „Heidelberger
Aeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1»
Januar 1866 begonnene 1. Quartal
werden fortwäkrend angenommen.

Die Expedition
* Politifche Rundfchau.

H.

Fassen wir zunächst den größten der deut-
schen Mittelstaaten, Bayern, in's Auge, so
stoßen wir auch hier, wie fast noch allenthal-
ben, aus libcrale und reactionäre Elemente, die
sich um die Herrschaft streitcn, und die sich
hier, wie fast nirgcndS sonst, um specielle Per-
sönlichkeiten und Verhaltnisse geschaart haben,
und den Rang bci dem jugendlichen König sich
abzulaufen trachten. Etwaö stäter sind die
Verhältnisse in den beiden Königreichen Sach-
sen und Würtemberg; in Letzterem hat die
jiberale Sache augenscheinlich weit mehr Boden
gewounen, als in Ersterem, wo die Fortschritts-
partei in der Kammer noch in der Minorität ist
und unter der Beust'schen Aegide ein gcwisseS
politisch'.patriarchallschcS Stillleben platzgreift.
Jn Hannover hat die Reaction, die hier nie
ganz unterlegen war, durch Bcrufung eines
Ministeriums aus ihrer Mitte neuen Boden
gewonnen; in Kurhessen, Nassau, Mccklenburg
steht diese nach wie vor in voüster Blüthe, in
etwaS minderem Grade in Hessen - Darmstadt.
Außer einigen kleineren Staaten, wie Sachsen-
Wcimar, Braunschweig, Coburg-Gotha hat nur
unser engeres Vaterland Baden auch im ver-
flossenen Jahre die Bahn des FortschrittS nn-
beirrt betreten. DaS in Folge der jetzigen Ver-
waltungsorganisation neugeschaffcne Jnstitut der
Kreisversammlungen ist im Spätherbstc zum
erstenmale einberufen worden, und damit förm-
lich in's Leben getreten. Die zu Anfang deS
Jahres noch in starkem Gange gewesenen Um-
triebe der ultramontanen Partei sind zerschellt
an dem gesnndcn Sinne, an der dem zeitge-
mäßen Fortschritte zugethanen Richtung der
emincnten Mehrheit deS badischen VolkeS; die
wandernden CasinoS sind eingestellt worden,
und es ist der Partei, von welcher die hieranf
gerichtete Agitation anSging, nicht gelungen,
bei den Ersatzwahlen für die 2. Kammer auch
nur einen ihrcr Candidatcn durchzusetzen. Einer
der Hauptbegründer der neuen Aera, Noggen-

Eine amerikanische Criminal-Geschichte.

Jm Iänner 1861 stiegen in einem kleinen Hotel
der Southstraße zu Newyork drei Gentlemen ab
unv nahmen zwet Zimmer in der Belctage zu sechs
Dollars pcr Tag in Beschlag. Zwei Tage später

Haus nnd warv seitdem nicht mehr gesehen. Tags
darauf entfernte sich der Zweite; der Zurückblei-
benve bezahlte für seine beiden Gefährten die Ho-
telrechnung und logtrte sich in cin Ztmmrr im
zweiten Stockc ein. Er führte ein sehr zurückgezo-
genes Leben, kam nur zur tsble ä'bote herab und

aufliegenden Blätter. Abends ließ rr fick dcn Thee
tn sein Zimmer bringen, und um diese Zeit pflegte
ihn ein junger blonder Mann zu besuchen, der
gcwöhnlich bis 11 oder 12 Uhr Nachts dablieb.
Eines MorgenS fand der Kellner, als er das Früh-
stück bringen wollte, das Zimmer dcs Fremden, der
sich im Hotel Herr Boggs nennen ließ, versperrt,
und als derselbe auch zur tsble ä'bote nicht erschien,
wurde gegen 4 Uhr Abends das Zimmer gewaltsam
geoffnet. Auf dem Bette lag der junge Mann, der

bach, ist zwar zum Leidwesen aller Anhänger
der liberalen Sache aus dem Ministerium ge-
schieden, doch haben sich glücklicherweise «lle
weiteren Befürchtungen, die man an diesen
Vorfall knüpfle, und die hauptsächlich von reac-
tionärer Seite absichtlich verbreitet wurden,
nicht verwirklicht. Vorzugsweise die mit dicsem
Ereignisse in Verbindung stehenden Umstände
haben die Gründung einer selbstständigen Fort-
schrittspartei veranlaßt, so daß in der Folge der
Vorwnrf hinwegfallen wird, daß in Baden alle
und jcde Juitiative von Seiten Ler Regierung
ausgehen müsie, und das Volk selbst seinen
cigenen Willen nicht selbstthätig kundthue.- Der
im Laufe dieseö MonatS von Neuem zusam-
mentretende Landtag wird unS eine Reihe der
wichtigsten Gesetzcsvorlagen bringen, wie ein
Preß-, ein Vereins-, ein vollständigeS Schul-
gesetz, ein MinisterverantwortlichkcitS -, ein
Bankgesetz (vielleicht auch ein Regentfchaftsge-
setz). Damit wird die durch die neue Aera
angebahnte Neihe von großcn, zeitgemäßen Ne-
formen einen würdigen Abschluß erhalten.

* Politische Umschau.

Nach dem „Frkf. Journ." soll das Groß-
herzogthum Hessen dem Handelsvertrag zwischen
dem Zollverein und dem Königreich Jtalien
nun auch beigctreten sein.

Die Gemeinderathswahlen im Herzogthum
'Nassau sind faft überall im Sinne der Fort-
.schrittspartei ausgefallen.

Nach der „Berl. Börsenztg." ist der Rück»
marsch von zwei preußischen Regimentern nach
Preußen, der bis zum 15. Zan. erfolgen soll,
behufs einer Erleichterung des Landes Schles-
wig anbefohlen.

Ueber die Stimmung im nördlichen SchlcS-
wig gibt ein Leitartikel der „Apenradener Nach-
richten" Auskunft. Daö genannte Blatt fchreibt:
,/Es ist ein großer Jrrthmn, wclcher von eini-
gen Blättern mit Behar'rlichkeit zu verbreiten
gesucht wird, daß in Bezug auf die Stimmung
unserSLandes eine wesentliche Verändernng dahin
vorgegangen sei, daß man die Annexion, wenn
auch nicht verlangen, so doch nicht ungern sehen
würde, und daß die früher preußenfeindliche in
eine prcußenfreundliche Stimmung übergegan-
gen. Einem oberflächlichen Beobachter mag
dieß so scheinen können, seitdem die politischen
Vereine aufgelöst, die Presse zur Vorsicht er-
mahnt und andere Kundgebungen unstatthaft

pflegte, todt mit eingescklagenem Schädel, auf dem
Tische eine Hundertdollar-Note; von Herrn Boggs
ketne Spiir. Die herbetgeholten Polizei-Organe be-

bie Blutspurrn auf dem Fußteppich bestätigt wurde.

Es war gegen 10 Uhr AbendS, als im Präfi-
dium des Polizeimeister-AmtS eine Berathung statt-
fand, der mehrere der gewiegtesten DetectiveS bci-

train um halb 8 Uhr nach Washington abgehcn.
Die Truppen waren zur bestimmten Zeit am Bahn-
hofe erschienen, eingestiegen, das telegrapbische

geworden sind; wer sich jedoch die Mühe machen
will, Menschen und Verhaltnisse etwaS genauer
kennen zu lernen, der wird unS beistimmen,
wcnn wir behaupten. daß mit sehr wenigen
Ausnahmen noch AlleS ist, wic eS vor einem
Jahre und länger war.

Die Wiener „Abendpost" constatirt, daß Na-
polconS Antwort auf die Ansprache Metter-
nich's die intimen Bcziehungen zwischen den
Herrschern und Völkern FrankreichS und Oester-
reichs bezeuge.

Nach der „Weserztg." ist der gesammte Ver-
lag von Hoffmann und Campc in Hamburg
seit 1852; der Verlag von F. Strcit in Co-
burg; ferner die Hamburger Zeitschriften „Frei-
schütz", „WeSpen" und „Neform", die „Ber-
jiner Nationalzcitung" und „VolkSzeitung", die
„Magdeburger Prcsse" und daS „Wochenblatt
deS NationalvereinS" in Schwerin verboten
worden.

Die Direction der Leipzig-DreSdener Eisen-
bahn hat allen ihren Beamten mit einem Ge-
halte unter 500 Thaler 15 Procent Zulage
bewilligt.

Nach dem „Hirnök" ist daS ungarische Ober-
haus auS fojgenden Mitgliedern zusammenge-
setzt: 4 Erzherzoge (die Herren Erzherzoge Al-
brecht, Joseph, Stephan und Franz Herzog von
Modena), 27 römisch- und griechisch-katholische
Diöcesan-Erzbischöfc und Bischöfe, 20 Titular-
Bischöfe, 2 Prälaten, 10 Erzbischöfe und Bi-
schöfe griechisch-oricntalischen Nitus, 11 ReichS-
bannerhcrren, 37 Obergcspäne, 430 Grafen
und 188 Barone, zusammen 729 Mktglicder.
8 Titular-Bischöfe, 2 Bischöfe orientalischen
Ritus, 2 Reichsbarone und 1 Obergespan haben
ihr Ausbleibcn entschuldigt.

Ein Artikel der Pariser „Pressc" gibt den
h?rrschenden Besorgnissen wegen eines Conflic-
teS bezüglich Mexikos mit der nordamerikani-
schen Union sehr lcbhaften Ausdruck, indem er
mit dcn Worten schließt: „Wenn wir die ge-
waltigen Hilfsmittel überblicken, die Amerika
bei dem letzten Krixge zu Gebote standen, und
so in den Abgrund von Unhcil schauen, der
sich öffnen könnte, so müsscn wir auf's Heißeste
wünschen, daß Weisheit die Entschließungen
der Regierungen von Frankreich uud Amcrika
beseele und lcite."

Die französischen Blätter mißbilligen bis zur
France hinauf das Vorgehen der Regierung
gegen die „Jndependance belge", und verwahren

LMinuten vor der bestimmten Zcit brauste der Zug
fort. Vier und dreißig Minutrn später arbeitrte der
Tclegraph von der nächsten Station aus mit aller
Macht, signalisirte einen furchtbaren Zusammenstoß
und verlangte Hilfe. In den amerikanischen Bahn--
höfen besteht der vielen Unglücksfälle wegcn die
Einrichtung, daß Tag und Nacht eine geheizte, zum
Ausfahren bereite Maschine dasteht. Eine solche
Locomotive ging sogleich mit den nöthigen Aerzten
und der Hilssmannschaft an drn Schauplatz des
Unfalles ab, wo, als sie angekommen, sich ihnen
ein schrecklicheS Bild dcr Verwüstnng darbot. Die
zwei Züge mnßten im vollen Laufe zusammenge-
stoßen sein, da die Locomotiven gänzlich, von den
Waggons die meisten zertrümmert waren. Zwei
und seckzig Menschen waren getödtet, über hundert
verwundet worden. Von Settr der Bahnverwaltung
wurden sogleich umfaffende Nachforschungen über die
Ursache deS Zusammenstoßes etngelettet, und es
ergab sich folgendeS Resultat: Um acht Uhr sollte
ein Güterzug 'in Newyork eintreffen, nachdem er
zwei Stationen früher vom rechten über den Wechfel
auf das linke GeleiS überzugehen hatte. A»f die-
sem Punkt angelangt, frug rr telegraphisch an
 
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