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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 50-75 März
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Utidtlbtrger Ztilung.

Kreisverkülldigimgsblatt ftir den Kreis Heidclberg und amtlichcs Berkündignngsblatt für die Amtsu und Aiuts-
Gerichtsbezirke Heidelbcrg und Wicsloch mid dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

73. Mittwoch, 28 März


18««.

^ Zur Kriegsbefürchrung.

Jn dem gespannten Verhältnifle zwischen
Oesterreich und Preußen ist eine Ruhepause
eingetreten, und deßhalb am Platze, demselben
eine Betrachtung beschaulicher Natur zu wid-
men. Ein Krieg zwischenOesterreich und Preußen
wäre für Deutschland ein nationalcS Unglück
in der schwersten Bedeutung dieses WorteS.
Er würde das Band zerreißen, welches Deutsch-
land umschlingt, die Einmischung deS Auslan-
des in die dcutschen Angelegenhciten veranlaflen
und — welcheS auch sein Verlauf und Aus-
gang sein möchte — mit der sichern Beschädi-
gung der deutschen Gesammlintereflen endigen.
Noch liegt cs in der Hand der beiden Groß-
mächte, dieses Unglück von uns abzuwenden,
und Deutschland ift zu erwarten berechtigt, daß
dies geschehe. Wenn nicht die Bundespflicht,
wenn nicht die Aussicht auf die beklagenswerthen
Folgen eineS Conflicts sie bestimmen kann,
Friede zu halten, so sollte es schon die Rück-"
sicht auf ihr eigenes Jnteresse thun. Wenn
beide Gegner sich im Kampfe geschwächt haben
und derjenige von ihnen, der gesiegt zu haben
glaubt, sich der Hoffnung hingibt, daß nun die
Zeit der Schadloshaltung und Genugthuung
komme, dann kann leicht das Ausland eintre-
ten und den Kampfpreis sür sich in Anspruch
nehmen. Wenn die beiden Großmächte sich
gleichwohl nicht unter sich verständigen können,
dann mögen sie, dann soll vor Allem Oester-
reich den bundeSverfassungsmäßigen Wcg be-
treten. Jcder Conflict wäre von vornherein
ferngehalten worden, wenn man auf beiden
Seiten am klaren Rechte des BundeS und der
Herzogthümer HLtte festhalten wollen. Nach
§ 11 der Bundesacte haben die BundeSglieder
j ihre Slreitigkeiten bei der BundeSversammlung
! anzubringen, welche sodann die Vermittelung
versuchen, oder falls dieser Vcrsuch fehlschlagen
sollte, die Entscheidung durch eine Austrägal-
i Jnstanz zu bewirken hat. Dieser Weg wäre
I iu der vorliegeuden Frage um so mehr begrün-
det, da die Differcnz das Herzogthum Hol-
stein, ein Bundesland betrifft. Hiebei täuschen
wir uns nicht, daß die Bundesorganisation
schwach ist, und in Deutschland selbst die Sym-
pathien deS Volks verloren hat. Auf der an-
dern Scite aber wäre dieser Weg doch ein po-
sitiv rechtlicher, und namentlich dem Streit-
verhältnifle OesterreichS aus politischen Rück-

Schwurgerichtsverhandlungen.

Mannheim, 21. März. Der gestrige und heu-
tige Tag war zur Verhandlung der Anklage gegen
Kilian Glock unv dessen SLwager Wilh. Bauer
von Königheim wegen Brandstiftung bestimmt.
Vorsitzender war der großh. KreiSgericbtSrath Lö-
wig, Vertheidiger Herr Anwalt. Grimm. Am
16. Januar 1865 war in der Scheuer deS Kilian
Glock rin Brand ausgebrochen, der so rasch um
flch griff, daß in wenigen Stunden das Wohnhaus
des Kilian Glock und 9 andere fremde Gebäude
tn Asche lagen und außerdem 17 Gebäude thetlS
vom Brand ergriffen, theils durch die Löschmaß-
regeln beschadigt wurden, wodurch im Ganzen ein
Schaden von über 8000 fl. erwuchs. Die beiden
Angeklagten waren beschuldigt, in verbrechertscher
Verbindung ben Brand in der Scheune Glock'S
angelegt zu haben. Der Hauptver'dachtsgrund lag
in der AuSsage der Dienstmagd des WilhelmBauer,
welche einige Zeit vor dem Brandaüsbruch von der
Küche aus ein Gespräch zwischen ihrem Dienstherrn
«nd Kiliau Glock belauscht haben wollte, wonach
Letzterer setnem Schwager eröffnete, er wtffe fich

sichten ganz angemeflcn, und würde durch daS
Zusammenfallen dcr beiderseitigen Jntereflcn
an Macht und Stärke gewinnen. Auch sollte
man eine Jnstitution (deren Reformbedürftig-
keit im Uebrigen wahrlich nicht zweifelhaft ist),
doch nicht in einemMugenblick über Bord wcr-
fen, wenn man für sie keinen andern Ersatz
weiß, — als die Auflösung der Nation! Mög-
licherweise könnte die Erörterung der Herzog-
thümerfrage am Bunde zugleich der Ausgangs-
punkt für eine Reform deS BundeS selbst wer-
den, deren nochmaligen Versuch wenigstens man
nicht scheuen sollte.

Eine völlige Mißachtung der Bundesacte gibt
aber den auSwärtigen Mächten. einen willkom-
menen Anlaß weiter zur Nichtanerkennung der
übrigen völkerrechtlichen Verträge vom Jahr
1815, wie in der englischen und französischen
Presie schon angedeutet worden ist.

Zn kurzer Zeit werden nun Oesterreich und
Preußen ihre endgültigen Entschließungen fas-
sen. Wenn sie das Schwert zum Bürgerkriege
ziehen und das Bänd zerreißxn, welches das
gemeinsame Vaterland bindet, dann heben sie
auf, waS sie je für die Nation gethan haben,
und das Verderben wird seinen unaufhaltsamen
Gang gehen, das über Besiegten und Sieger
gleichmäßig hinwegschreiten wird. Die übrigen
Staaten werden in dieseS Verderbcn aber un-
vermeidlich mit hineingczogen werden. Sie
können nimmermehr auf die Dauer dem Kamvse
der zwei Großmächte, wie einem Ducllc mit
verschränkten Armen zusehen. Mögen sie da-
her Zcugniß geben für daS Recht, so lange
noch Hoffnung des Friedens bestcht, und für
daflelbe mit Hingebung einstehen, damit die
Leidenschaft nicht die Oberhand gewinne.

* Politifche Umschau.

*. Heidelberg, 27. März.

Jn den jüngsten Tagen hat sich die Situa-
tion friedlicher gestaltet, und wcnn auch die
neuesten Nachrichten wieder ernster lauten und
ein sichereS Ende der kriegerischen Aussichten
noch nicht vorliegt, so wird unsere Voraussicht,
daß der Krieg sehr unwahrscheinlich, dennoch
in Erfüllung gehen. Die Course sind an der
Berliner Börse bereits um ctwas m die Höhe
gegangen, und öffentliche Organe'der preuß. !
Hauptstadt, namentlich die Nationalzeitung, äus-
sert mit vielem Nechte, daß doch, ehe man zum
Aeußersten schreiten, viclfache Verhandlungen

vor Sckrulden nicht mehr zu helfen, er wolle daS
Haus seiner Schwiegereltern anstecken, und auf die
Entgegnung Bauer's, er werde doch gescheit sein,
da an diesem HauS noch die vielen ledigen Ge-
schwifter Antheil HLtten, demselben zur Antwort
gab, dann stecke er sein eigenes Haus an, er werde
das Feuer in der Tenne, auf der Kelter und unter
dem Dach legen, daß die Flamme gleich oben hin-
auS schlage. Hterzu kam, daß Kilian Glock ctnige
Zett vor dem Brand seine Fahrniffe und das Ge'-
bäudefünftel verfichert hatte und außerdem seine
Gebäude höher einschätzen ließ, daß er unmtttelbar
vor AnSbruch des BrandeS in einem Wirthshaus,
wo er fich nebst Wilhelm Bauer aufhielt, eine auf-
fallende Unruhe an den Tag gelegt hatte, daß Wil-
helm Bauer fich um diese Zeit etwa eine Viertel-
stunde lang auS -er Wirthschaft entfernte, und daß
bei seiner Rückkehr Kiltan Glock auf ihn zuging
und leffe mit thm sprach. Es wurde ferner con-
statirt, daß Kiltan Glock nach dem Brand eine
Reihe von Fahrntssen alS verbrannt bezeichnete,
die gerettet worden waren, und ebenso seinen Früchte-
vorrath bedeutend höher angab, als der Wahrheit
cntsprach, und den entsprechenden VerfichrrungSan-

sich alS vergeblich erwiesen haben mußten; die
Elberfelder Zeitung, wie auch die Weserzeitung
protestiren gcgen die Verruchtheit eines deut-
schen Bürgerkriegs, und mit ihnen— wie wir
übcrzeugt sind — das ganze deutschc Volk, wel-
cheS doch auch uoch ein Wort mitzusprechen
haben wird, wenn es sich um seine höchsten
Güter handelt. — Aber eine andere Gefahr naht
jetzt, wie die „Schlesw.-Holft. Ztg." bemerkt,
die einer neuen Verschleppung unserer Landes-
sache, die.einer abermaligen Erniedrigung dieser
rein deutschen, rein inneren nationalen Sache
zu einem diplomatischen Jntriguenstück, etwa
in Form einer europäischen Conferenz. Wir
nenncn das eine Gefahr, und zwar nach zwei
Seiten. Einmal in Bezug auf NordschleSwig,
und andererseits in Bezug auf die Lösung un-
serer LandeSfrage im Sinne des Rechts über-
haupt. Beides liegt zu sehr auf der Hand,
um erst des' Beweises zu bedürfen. Wegen
NordschleswigS würdcn sich die Dänen schon
wieder rühren; für Schleswig-Holstein an sich,
für unser Recht haben die Großmächte niemals
Sinn gehabt, und die Politik Bismarck erhielte
Zeit, sich eine neue Gelegenheit zur AuSfüh-
rung ihrer Pläne zu erspähen oder zu bcreiten.
Gegen solche Gesahr wollen wir warnen, gegen
solche Gefahr müflen wir unS rühren. Dies
Land der Ehre und deS RuhmeS ist kein willen-
loses, rechtloses Object, über welches die curo-
päische Diplomatie zu disponiren hat. Nach
Landesrecht und Bundesrecht allein' ift die
Schleswig.Holsteinifche Frage, soweit sie über-
haupt eine Frage ift, zu lösen. Unsere Landes-
vertretung allein und die Landköversammlung
haben daS Necht der Entschcidung. Was dar-
über ist, ist vom Uebel.

Ein Circular der k. k. österr. Preßleitunz
an sämmtliche Redactionen ersucht dieselben mit
Rücksicht auf den Umstand, daß die prcußische
Tagespresie die österreichische so vielfach der
Provocation beschuldige, die sich schon vom
PatriotismuS gebotene Reserve' bei Mittheilung
von Truppenbewegungen aufzuerlegen und na-
mcntlich die angcordnete Truppenverstärkung
in Böhmen sachgemäß als durch die dortigen
Pöbel-.Excefle hervorgerufen zu erklären und
hiedurch ungerechtfertigten Auffaflungen auS-
zuweichen.

Nach der „Karlsr. Ztg." fänden zwischen
Frankreich und England Unterhandlungen statt,
in welchen von letzterer Seite die Frage an«

schlag bezog. Außerdem war seinBenehmen während
des Brandes nicht unverdächtig; endlich wurde Wtl->
helm Bauer am Tag nach dem Brand von einem
Zeugen betroffen, als er die Worte vor fich hin-
murmelte: „es ist doch nicht recht", wogegen er dem
Zeugen auf deffen Frage, was er damit meine,
keine Antwort gab. Die Geschwornen vermochten
fich jedoch von der Schuld der beiden Angeklagten
ntcht zu überzeugen, worauf ber Präfident deren
Freisprechung verkündigte und ihre sofortige Ent-

(Oesterreich und Preußen, die beiden
siamesischen Zwtlltnge. Posth.) Preußen
und Oesterreich sptelen gegenwärtig ErschreckenS.
Der BiSmarck fängt an, läßt Zeitungsartikel loS,
so kriegerisch, alS hätte etn gewisser St. Galler
Zeitungsschreiber fie geschrieben, und läßt dann in
Wien sub rosa beim preußischen Gesandten anfra-
gen : „Kriegen dte Oesterreicher noch ntcht Angst?"
— „Nein, Erceüenz," lautet die Antwort. Aetzt
geht der Kaiser von Oesterreich nach Ungarn, läßt
Eljen rufen durch ganz Pesth und verkündet, Oester--
reich und Ungarn seien etntg, wenn'S gegen Preußen
 
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