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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 1-25 Januar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0053

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Utidklbkrger Ztilung.

Kreisverküudigungsblatt für den Kreis Heidclberg und a>ntliches Berkündigungsblatt für üie Aints- und Amts-
Gerichtsbezirkc Heidclbcrg nnü Wicsloch nnd dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

Nk 12


Dienstag. L6 Zanuar


18««

Besteüungen auf -ie„Heidelberger
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
ger Familienblätter" für das mit 1.
Januar 1866 begonnene 1. Quartal
werden fortwäbrend angenommen.

Die Expedition

* Politifche Umfchau.

* Seit einer Reihe von Jahren wird kaum
eineS andercn LandeS in der Luropäischen Poli-
tik wenigcr gedacht, als Holland. Es ist
übrigenS kein schlimmeS Zeichen, wenn man
von cinem Staate wcnig spricht. Auch wir
haben Holland in unserer neuerlichen Rund-
schau nicht erwähnt, und führen dahcr nach-
träglich darüber an: Jn diesem Landc setzt daS
jetzige Ministerium Thorbccke seine heilsame
Verwaltung fort. Seine verständige Sparsam-
kcit, verbunden mit einer gesundcn volkSwirth-
schaftlichcn Einsicht, machte eS ihm möglich,
nicht nur drückcnde Steuern abzuschaffen, son-
dern auch erhcbliche Snmmen zur Minderung
der Staatsschuld zu verwcnden. Eine neuere
Gesctzgcbung für die Colonien, welche diesen,
nach dem Vorbilde des englischen Colonialsy-
stems, eine ausgedehnte Selbstverwaltung mit
Preßfrciheit, Vereins- und VersammlungSrecht
gab, wird auch für daS Mutterland von segcnS-
reicher Nückwirkung sein. Die Anhänger des
altcn NcgicrungS- und Monopolsystems, welche
an den Colonien eine Quclle der eigcnnützig-
sten Bcrcicherung ihrer Familicn besaßen, vcr-
künden freilich yur Unhcil von dcn neucn Ge-
setzen; aber daS Unheil wird nur ihre Aus-
beutnngSlust trcffcn. Der Versuch der Gcgner
ThorbcckcS, diesen durch eine Jntrigue unter
falscher Bcschnldigung deS Gcbrauchs verfas-
sungswidriger Mittel zu entfernen, ist geschei-
tert, und ncuerdingS erst wieder hat derselbe
in Uebereinftimmung mit den Kammern ein
neucs Gesctz übcr dic Grundstcuer zu Stande
gebracht.

Die am 24. Octbr. v. I. vertagte kurhes-
stsche Ständeversammlung ist auf den 22. Ja-
nuar cinbcrufen.

Eine französische MmisterkrisiS, die wir be-
reits vor einigen Tagen angcdentet, tritt neucr-
dings wiedcr in den Vordergrund; der Eintritt
Bencdrtti'S in daS Cabinct sei aber nicht wahr-
scheinlich.

Nicht Prinz Jerome, sondern Prinz Lucian

Bonaparte ist zum AnSstellungSpräses mit dem
Prävicat Hoheit ernannt.

Die „Jndependance belge" wird vom I.Febr.
ab in Frankreich wieder zugelassen.

Deurschland.

Karlsruhe, 13. Jan. DaS heute erschie-
nene RegicrungSblatt Nr. 3 enthält:

Verfügungen und Bckanntmachungeu der
Ministerien. 1) Bekanntmachung des großh.
Ministcriums dcs großh. Hauses und der aus-
wärtigen Angelegenheiten. Den Vertrag wcgen
Fortdauer deS Anschlusscs des GroßherzogthnmS
Luremburg an das Zollsystem Preußens und
der übrigen Staatcn -cs Zollvereinö bctreffend.
2) Bckanntmachunqen des großh. Handclsmi-
nisteriumö. Die Ertheilung von Erfindungs-
patcnten betreffcnd, und zwar an Hrn. Jean
Mayer in Paris für die von ihm erfundene
neue Art der Einsetzung der Klingen in das
Grundwerk und in die Walzen der Maschinen
zum Z rreiben dcr Lumpcn, und an Hrn. I.
T. Scholte in Amsterdam für die von ihm er-
fundene Vcrbcsserung der Zählapparatc mit
Spiraltrommel zur Meffung von Gas rc.
-f* *Karlsruhe, 14. Jan. Unterden Motionen,
welche von Mitgliedern der Kämmern beim
Wiedcrzusammentritt der Stände in Aussicht.
stchen, dürfte die auf Einführung der obli-
gatorischen Civilehe zunächst ein beson-
deres Jntereffc in Anspruch nehmen. Denn sie
ist bestimmt, die Grundsätze von 1860 über
die Freiheit und Unabhäntzigkeit der Kirchen
auf eines der wichtigstcn Verhältniffe des Lebcns
in Anwendung und zur Durchführung zu brin-
gen.

Die Ehe ist die Grundlage alles ächt mensch-
lichen und gcsitteten Lebcns; auf der durch die
Ehe gchciliglen Familie beruht in letzter In-
stanz die bürgerliche und kirchliche Gemcinschaft
mit allen ihren verschicdenartigcn Jntercssen.
Bci dcr. ehelichen Ordnung ist daher Staat und
Kirche in glcich ernster Weise betheiligt; es
mnß daher jcdcm das ihm gebührende Recht
bei «Dchlicßung der Ehen zuerkannt und gewahrt
werden.

Die Ehe hat nnn aber eine doppclte Natur;
einmal ist sie ein bürgcrlicher Act, der tief in
das staatliche Lcben eingreift. Nach dicscr Seite
hin ist die Ehe ein bürgerlichcr Vertrag, über
dcffen Abschluß, Bestand und Aufrechthaltung
das bürgerliche Gesctz die erforderlichcn Bestim-

mungen aufstellt, und die bürgerliche Obrigkeit
die Entscheidung und den Vollzng in Händen
haben muß, um hierbei cincrseits das Nccht
und die Freiheit der cinzelnen Bürgcr zu wah-
ren, anderseits aber auch um jeve Leichtfcrtigkeit
im Gesammtintereffe Aller ferne zu halten.

Anderseits abcr ist es auch ein wahres
Wort: die ächten Ehen werden im Him-
mel geschlossen. Damit hat daS bcffcrc
Bcwußtscin allcr Völker zu allen Zciten die
Wahrheit auSsprechen wollen, daß die Ehe nicht
blos ein bürgerlicher und gemeiner Vertrag sein
soll, wie andere, die ein bloö weltliches und
vorübergehendeS Jnteresie regeln und bcstimmen.
Jn der Ehe licgt zuglcich ein tiefeS religiöseS
Momcnt, wodurch sie gleichsam eine höhere, die
blos irdische Verbindung heiligende Weihe er-
hält. Nach dieser Seite hin greift daS Ehe-
bündniß in das rcligiös-kirchliche Lcben ein und
die Kirche muß bcrechtigt sein, ihrerseitS ihre
Forderungen und Gesetze aufzustellen und zum
Vollzug zu bringen.

So lange Staat und Kirche innig mit eiv-
ander verbunden waren gleichsam zu einer
höhern Einheit, war eS ganz in dcr Ordnung,
daß beide zusammen dic Bcdingung über Ab-
schluß einer Ehe aufstelltcn und in den einzcl-
uen Fällen über deren Vollzug wachten. DieS
Verhältniß zwischen Staat und Kirche ist nun
aber getrennt; die Kirche ist vom Staate ganz
frci gegeben; dieser hat sich allcS Nechts be-
geben, auf die innere Gesetzgcbung der Kirche,
anf die Bestellung der kirchlichen Beamten u.
s. w. iraendwie einen bcstimmenden Einflnß zu
üben. Die Kirche selbst hat dieseS Verhältniß
gcwollt und hartnäckig erstrebt. Es ist in der
That nicht abzusehen, wie Fricde und Eintracht
zwischen Staat und Kirche fcrnerhin bei dtr
angegcbenen Sachlage bestehcn kann, wenn nicht
jedem von beiden daö voll und unverkümmert
gegcben und übcrlaffen wird, was ihm gehörk,
also hinsichtlich der Do.ppelnatur der Ehe,
wenn nicht die bürgcrliche Seite derselben ganz
und gar dem Staate, und das rcligiöse Moment
ausschließlich dem religiösen Gewiffen der Ein-
zelnen, und damit dcr kirchlichcn Gemcinschast,
d. i. der Kirche, anheimfällt. Wir werden auf
diese ernste Sache zurnckkommen.

Karlsruhe. 12. Ian. Das „Fr. Journ."
schreibt: Die Bcsorgniß, daß die ncugebildete
Forlschrittspartei in der zwciten Kammer ihre
Stärke in oppositionellem Sinne ausbeuten

Ein Sytvester-Iben- in Amerika.
(Fortsetzung.)

Außer den zuruckkehrfndcn Reitkrn befänden fich
etwa 20 Männrr zu Fuß auf der Defitzung. A»s
den Redrn der Strolche entnahm tch, baß der Ne-
ger mit dem erlogcnen Bericht von ihnen in unser
Camp entskndet worden war.

Die zurückkkhrrndln Rriter erzähltrn, daß fie noch
sechS „Aoääsm ^snkees" grtöttrt hätten.

Die saubere Gcscllschaft wußte srhr gut, daß vor
Tage ihnrn keine Grfahr drohe, wrtl der Knüpprl-
damm sich tn dem oben geschilderten Zustande brfand.

Nachrem sie daher thre Pfrrde versorgt hatten,
brachten sie rin großrS WdiSky-Barrel zum Vor-
schein, zündeten etn tüchtiges Fruer an und mach-
ten es fich tn den drri Zimmern deS HausrS so
brqurm wie möglich.

DaS Zimmrr, deffrn rinen Winkel ich einnahm,
brherbrrgte die offrnbar Angesehensten der Truppe,
und drrt der Banditrn, in einrr Art OfficirrS-
Uniform, schickten fich an, KrirgSgrricht über mich
zu halten.

SS war 10 geZen 1 zu wethrn, daß dte Ehrrn-

männer mich auf etne rrckt summartsche Weise in'S
brssrre Land befördern würden, 'und ich schloß daher
meine Rechnung mit drm Lrben ab.

Unwillkürlich gedachte ich der Hcimath, der Tage
der Kindheit, der Eltern, deren Tod, meinrs Ent-
schlussrS, dem Glücke, der leichtrn Dirne, in der
neuen We't nachzusagen.

Und dirs war alfo daS Ende!

Von einrm Haufen Männrr grfangen, die wrnig
brffer als Räubrr, sollte tch wie ein Hund erschvffen
oder grhängt wrrdrn.

„Was Du auch thun mögrst, thue eS mit An-
stand," dachte ich und sä>üttelte die lrichte Sckwäche
ab, welcke sich mrinrr det drn Erinnrrungrn an
die Kindheit brmächtigt hatte. „Wenn eS grstorbrn
sein muß, fo sollrn die Krrle nicht dte Freude haben,
dich zittern zu srhrn."

Mittlrrwrile hatten die drei „Offictere" einige
Dorbereitungen getroffrn, um mit einem gewiffen
Ansehen den Mummrnschanz etnes KriegSgerichtS
in Scrnr zu setzen.

Ein Tisch wurde in die Mitte deS ZtmmerS ge-
srtzt und die dret Dagabonden nahmen an dem-
selben Platz.

Zu ihrem großrn Leidwrsen befand sich kein
Schreibzeug im Hause, und nur mlt Mühe konn-
trn sie rinen Bleistift auftreiben. Einige Fragmrnte
beschmutzten PapierS sollten zur Aufzrichnung mei-
ner „AuSsagen" dienrn. Die ganze Affaire erschien
mir so komisch und abgrschmackt, daß ich mich einel
LachenS nicht enthalten konnte, alS zwet der Leute
mrine Frffeln abnahmen und mich an den Tisch
führtrn.

„Was kommt Dir so läLerlich vor, Du deutscher
Wassrrkops," schri^e mich drr „Eäpten" an.

.Daß Jhr „Gentlrmen" so biel Umstände macht,
um rinrm Manne zu sagen, daß er erschoffrn oder
gehängt werden soll," rntgrgnete ich.

„So weißt Du also, waS Du verdienst? —
SLweig, biS Du gefragt wirst!" brüllte der wür-
dige Ehrf.

Nachdrm ich über Namen rc. gefragt und den
Kerlrn irgend welche beliebige Angaben gcmacht,
fuhr der „Vorsitzrndr" fort^

„Du bist Volontair?"

„Rein, Eonscribirtrr."

„Wie lange dienst Du?"

„Sechs Wochen."
 
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