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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 100-125 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0463

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Ueidelberger Zrilung.

KreisverküiiüigMgsblatt fiir üen Kreis Heidelberg und amtliches Äerkiinüignngsblatt für üie Amts^ und Amts-
Gcrichtsbezirke Heidelberg und Wicsloch nnd den Amtsgcrichtsbezirk Neckargemiinü.



Miltwoch. 2 Mai 18«6.

* Politische Umschau.

Heidelberg, 1. Mai.

Die „.Ostdeutsche Post" ersährt, daß am 26.
April zwei österreichische Depeschen abgesandt
wurdcn, wovon eine erklärt, Oesterreich sei be-
reit, mit Zurückziehung seiner Truppen aus
Böhmen der Abrüstung Preußens unter der
Voraussetzung voranzugehen, daß Preußen nicht
Maßregeln, zu denen Oesterreich sich gegenüber
Jtalien genöthigt sieht, als Nüstungen gegen
Preußen auffasse. Die zweite Nole setzt aus
einander, wie dringend die Beendigung der Her-
zogthümerfrage sei. Oestcrreich sei nach wie
vor bereit, die Vortheile, die es Preußen vor
und im Gasteiner Vertrage zugestanden, dem-
selben zu sichern (stehc Berlin 29. April). Die
Note soll auch andeuten, daß, wenn Preußen
sich nicht erklärt, Oesterreich die Sache an
den Bund bringen wcrde.

Die Wiener „Debatte" vom 29. stellt die
Nachricht, daß ein Schreiben NapoleonS einge-
troffen sei, worin derselbe dem Kaiser Franz
Jvseph die Nichtoffensive Ztaliens garantire, in
Abrede. Oesterreichs Nüstuizgen müßten fort-
gesetzt werden. — Die östcrreichische Depesche
vom 26. d., in welcher die Nüstungen gegen
Jtalien motivirt wurden, ist bis jetzt von
Preußen noch nicht beantwortet. — Abendö
Dörsenderoute.

Dem „neuen Wiener Fremdenblatt" zufolge
soll Graf Mensdorff dem französischen Bot-
schafter Herzog v. Grammont erklärt haben,
daß der österreichischen Negierung jede aggres-
sive Absicht gegen Jtalien fern liege. Sobald
Oesterreich die officielle Erklärung crhalte, daß
Jtalien nicht die Absicht habe, Ocsterreich an-
zugreifen und sobald es die behauptete Unbe-
deuteuheit seiner Nüstungen osficiell nachweise,
werde Oesterreich bereit sein, seine Armee in
Ztalien wieder auf den Fricdensfuß zu setzen.

Ein Telcgramm der „Postztg." meldet: Nach
verläßlichen Berichten aus Florenz ist die Bil-
dung von Freischaarcn, deren Führer Garibaldi
ernennt, genehmigt worden.

Nach dem „Brüsseler Journal", welcheS auch
den Gasteiner Vertrag zuerst veröffentlichte,
wären folgendes die Grundbestimmungen des
BundcsreformprojekteS:

1) Es wird ein Parlament berufcn auf
Grundlage des allgemeinen Stimmrechts, jedoch
mit einigen Beschränkungen der Wahlfähigkeit;

(Wunderbarc Rettung.) Man schreibt aus
Puschlay in der Schweiz unter dem 22. April:
„Heute kann ich eine wunderbare Ncttung melden.
Die Lawine von Orezz näckst S. Carlo war schon
vor mehreren Tagen zum zweiten Male auf die
Landstraße gestürzt. Man hatte darüber eine pro-
vtsorische Bahn hergestellt, weil man an dem glcichen
Platze noch ben Sturz einer drttten Lawine erwar-
tete. Gestern Nachmitt'ag 3 Uhr, als eben die vom
Berge zurückkehrenden Fuhrleute die Lawine von
Drezza passirten, stürzte der gefürchtete neue Schlag.
Mehrere Leute, die auf dem Felde arbeiteten, be-
merkten dieS und riefen den Fuhrleuten zu, sich zu
fiüchten. Dies geschah in aller Eile, aber trotzdem
wurden ein Mann und fünf Pferde von der Lawine
eretlt und bedcckt. Die Fuhrleute und die vom Felde
herbeigekommenen Bauern fanden im Schnee drei
Pferde und befreiten sie, als ein vierter Schnee-
schlag erfolgte, der die Rettungsmannschaft zu ver-
schlingen drohte und etne neue Masse Schnee auf
der verhängnißvollen Stelle aufhäufte. Neuerdings
suchte man ngch dcm Verschütteten? einem gewissen
Anton Padrutt, aber vergebens. Als die Kunde
hiervon uach Poschiavo gelangte, eilte Mannschaft

2) Es wird eine Centralgewalt gebildet, in
welcher nur Oesterreich, Preußen und Bayern
einen präponderirenden Einfluß ausüben;

3) Deutschland wird in drei Militärgruppen
getheilt: Oesterreich, Preußen unv Bayern;

4) Preußen und Bayern haben den Ober-
befehl über die militärischen Streitkräfte der-
jenigen Staaten, welche die beiden letzten Grup-
pen bilden. Preußen bcfehligt die unverzüglich
zu schaffende BundeSflotte;

5) Der Bund hört auf, die Besitzungen
Oesterreichs zn garantiren, vorbehaltlich einer
späteren Verständigung hierüber;

6) Dem Parlamente gebührt das Votum über
die auf den Gesammtbund anwendbaren Gesetze;

7) Eudlich wird die diplomatische Lcitung
ausschließlich an Preußen übertragen, „welches
jedoch den einzelnen Staaten die Befugniß übcr-
läßt, besondere Handelsconsuln zu ernennen."

Die „Opinione" sagt, das Ministerium sei
entschlossen, dem Parlament eincn Entwurf zu
.finanziellen Maßregeln vorzulegen, wie solche
durch die gegenwärtige Situation gefordert wer-
den. Der Eutwurf würde die Annahme der
bereits früher dcr Kammer vorgelegten Finanz-
entwürfe in sich schließen. — Das nämliche
Blatt schreibt: Bei den jetzigen exceptionellen
Verhältnissen dcs Köuigreichs hielten es die
Minister sür angemessen, ihre Portefeuilles dem
Conseilspräsidentcn zur Bildung eines dem Kö-
nige mehr zusagcndcn Cabinets zur Verfügung
zu stellen. General Lamarmora fragte darauf
hin bei Nicasoli an, ob er geneigt sei, ein Ca-
binet zu bilden. Dieser aber antwortete, daß
er in diesem Augenblicke die Zeit für eine neue
mimsterielle Combination noch nicht gekommen
erachte. Daher rühren die Gerüchte von einer
MinisterkrisiS.

Die Nachricht, daß die Mittelstaaten die deut-
schen Großmächte ersucht haben oder ersuchen
merden, bis zur Ausgleichung der schwebenden
Differenzen ihre Truppen aus den deutschen
Bundesfestungen herauszuziehen, wird als un-
wahr bezeichnet.

Die Anordnuugen zur Herstellung deö mili-
tärischen statu8 yuo ants in Böhmcn sind be-
reits nach Wiencr Nachrichten im vollen Gange.

Man schreibt aus Florenz an den Movi-
mento von Genua in folgendem Lapidarstyl:
„Wir haben Nachrichten auö Caprera. Der
Löwe schleift seine Waffen (warum nicht seine
Klauen?) Ob Minister Lamarmora will oder

auf die Stelle und sctzte die gefährliche Arbeit bis
nach Mitternacht fort. Man fand den Wagen und
die andern Pferde, aber kcinen Mann. Auch heute
Morgen ward mit dem Suchen fortgefahren. Mit-
tels langer eiserner Stangen tastete man in dem

Plötzlich einer der Suchendkn mit seiner Stange auf
einen elastischen Körper stieß. Sofort ward der
Schnee hinweggeschaufclt — es war 5 Uhr AbenbS
— und Anton Padrutt ward, nachdem er 26 Stun-
den im kaltcn Grabe gelegcn, noch am Leben aus
demselben herausgegraben. Bei der Verfchüttung
kam er unter den Wagen zu liegen und entging
so dem Erstickungstode."

Aus Hannover bört man, daß auf dem dortigen
Hoftheater das Wort „blind" gänzlich verpönt ist.
Anstatt blinde Liebe, blinde Eifersucht, muß gesagt
werden: „hrftige". Un.längst war in einem Stücke
vom Blindekuhspiel die Rede, und soü der betrcf-
fende Schauspieler censurmäßig gerufen haben:
„Wollen wtr nichr ein wenig „heftige Kuh" fpielen?"

nicht, Er und die Seinigen werden Theil neh
men an dem nationalen Kampf."

D e u t f ch t a n d.

lll Karlsruhe. (Das neue Volksschulge-
setz; Fortsctzung.)

§ 49. Die Schulgehilfen erhalten: als Unter-
lehrer und als Hilfslehrer außer einer eingerichte-
ten heizbaren Stube, einen Gehalt von mindestens
250 fl. auf Stellcn der 1.und2., von 275 fl.
anf Stellen der 3. und 4. Klasse, nnd von
300 fl. in Städten von mehr als 6000 Ein-
wohnern; als> Schulverwalter: während deS
Gnadenquartals Gehalt und Wohnung eines
Unterlchrers auf Kosten der Wittwe oder der
Waisen des verstorbenen Hauptlehrers, nachher
und, wo kein Gnadenquartal zu zahlen ist, so-
gleich die Wohnung, beziehungsweise die Woh-
nungsentschädigung desselben und den um je
50 fl. erhöhten Gehalt der Unterlehrer aus dem
Einkommen der erledigten Schulstelle. Unter-
lehrer erhalten überdics den durch § 53 be-
stimmten Antheil am Schulgeld.

§ 50. Jn Orten, dcren Bewohner sich vor-
zugöweise mit Landbau beschäftigen, soll ein
Theil des festen Gehalts der Hauptlehrer in
der Benützung landwirthschaftlicher Grundstücke
nicht unter einem Morgen und der zur Be-
wirthschaftung derselben erforderlichen Gebäude
bestehen. Die Oberschulbehörde kann wegen
besondercr örtlicher Gründe von dieser Vorschrift
im einzelnen Falle Nachsicht ertheilen, eben so
auch die Veräußer-ung oder Verpachtung der
zur Dotation der Schulstelle gehörigen Liegen-
schaften zulassen. Beansprucht eine Gemeinde
Bcfreiung von der Dotirung der Schulstelle
mit Liegenschaften gegen die Anordnung der
Oberschulbehörde, so hat die Staatsverwaltungs-
behörde zn entscheiden.

^ 51. Jst kein Schulhaus vorhanden oder
darin für einen Lchrer kcine angemesscne Woh-
nung (§ 80) mehr äuszumitteln, so kann, wenn
nur ein Hauptlehrer an der Schule angestellt
ift, dieser, odcr wo mehrcre angestcllt sind, der
erfte dersclben verlangen, daß ihm eine solche
in einem andern Gebäude angewiesen oder ge-
miethet wcrde. Dcn weiteren Hauptlehrern kann
statt eincr Wohnung auch eine Miethentschädi-
gung bezahlt werden, welche in Ortcn der 1.
und 2. Klasse auf 50 fl., in Orten der 3.
Klasse auf 75 fl., in solchen der. 4. Klasse auf
125 fl. und in Gemcinden mit wehr al« 10,000
Einwohnern auf 200 fl. festgesetzt wird. Ein
Hauptlehrer, der bisher keine Dienstwohnung
hatte nnd desscn Diensteinkommen den gesetzli-
chen Betrag einschlicßlich deS WerthanschlagS
der Wohnung übcvsteigt, hat keine Dienstwoh-
nung zu beanspruchen. Die Zahlung der Mieth-
zinöcntschädigung liegt, wo nicht privatrechtlich
verpflichtete, oder nach den Grundsätzen der
§§ 61 bis 65 dazu verfügbare Fonds eintreten,
in allen Fällen der Gemeinde ob. Dieselbe hat
auch die eingerichtcte Stube für den Unterleh-
rer zu stellen.

§ 52. Als Schulgeld sind für jedes Kind,
welchcS die VolkSschule besucht, in jeder Klafse
jährlich wenigstenö 48 kr. bis höchstens 2 fl-,
in Städten mit mehr als 6000 Einwohnern
höchstens 4 fl. zu Gunsten des Lehrers zu ent-
richten. Jnnerhalb dieser Grenze bestimmt die
Staatsverwaltungsbchörde nach Vernehmung
des OrtSschulraths, Gemeinderaths und AuS-
schusscs mit Nücksicht auf die örtlichen Verhält-
uisse den Betrag des Schulgeldes für jcde ein-
zelne Volksschule. Bestchen deren mehrere an
einem Orte, so ist das Schulgcld für alle gleich
hoch ;u bcstimmen.

§ 53. Sind an einer Volksfchule mehrere
 
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