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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 100-125 Mai
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0559

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Kreisverkiilldigimgsblatt für den Kreis Heidelberg und aintliches Verkündignngsblatt für die Aints- und Amts-
Gerichtsbezirke Heidelberg und Wicsloch und dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargeinünd.

N» L21. Lamstag. 2«. Mai


S8«K

* Politifche Umschau.

Heidelberg, 25. Mai.

Die Wiener „N. fr. Pr." vom 24. sagt,
Oesterreich habe die venetianische Frage auf
Grundlage territorialer Compensation ausdrück-
lich für discutirbar erklärt. Die Nussen seien,
wie man annehme, nur in Rumänien einge-
rückt, um den Fürsten von Hohcnzollern gegen
die Türken zu schützcn (?).

Der „Wcserztg." wird von Berlin unter dem
23. telegraphirt: Die Nachricht von stattge-
habten Vcrhandlungen zwischen dem General
v. Manteuffel und dem Hcrzog von Augusten-
burg in Kiel bestatigt sich. Der Herzog stellte
jede preußenfeindliche Agitätion in Abrede.
Weitcre Verhandlungen Seitens der preußischen
Regierung stehen in Ausstcht. — Ein Kieler
Telegramm des „Correspondenten" vom 24.
dagegen nennt die Nachricht von Conferenzen
zwischen Manteuffel und dem Erbprinzen an-
scheincnd völlig unbegründet.

Jn einer zuGunzenhausen zahlreich be-
suchten Versammlung der bayerischcn Fort-
schrittspartei sprach sich dieselbe gegen unbe-
dingte Neutralitat und im Falle eines preu-
ßischen Angriffs für sosortigcs Eintreten in die
Action an der Seite Oesterreichs aus, wenn
dieses durch Anerkcnnung des vollen Rechtes
der Herzogthümer (Anerkennung des Herzogs
Friedrich, Berufung des holsteinischen Vertreters
zum Bunde und Stellung des holsteinischen
Contingents), die unerläßlichcn Garantien da-
für gibt, daß beim Friedensschlusse die He.-zog-
thümer selbst nicht als Compensationsobject ver-
wendet werden. Jn ähnlicher, jedoch energischer
Weise, erklärten sich verschiedene Volksversamm-
lungen in Würtemberg, welche jedoch noch oie
Forderung stellen, daß die Regierung Garan-
Lien dafür gebe, für Berufung eines deutschen
Parlaments auf Grund des Neichswahlgesetzes
von 1849, sür Wiedereinführung der Grund-
rechte und für die Einleitung zu allgemeiner
Volksbewaffnung thätig sein zu wollen. Die Ver-
sammlungen erklärten ferner ausdrücklich, daß
sie, wcnn auch für den Augenblick hinsichtlich
der activen Betheiligung an dem drohenden
Kriege zwischen Preußen und Oesterreich ein
zurückhaltendes Verhalten geboten scheinc, gleich-
wohl den Sländen wie der Regierung keines-
wcgs untcr allen Umständen eine unthätige
Neutralitätspolitik ansinnen wollen; zugleich

London, 21. Mai. Die englisckcn Blätter ver-
öffentlicken den'Brief, welcken Karl Blind bei
dem Empfang der Nachrickt von der That und
dem Tod setnes Sohnes an die „Ttmes" gericktet.
Der „Hcrmann" sagt: „Jn der engliscken, wie in
der deutschen Prcffe ist seitdem durch die Freunde
und Bckannten dcs Dahingkschiedenen, wie auch
aiyK dem Kreise Derer, die ihm rn Deutsckland in
Folge seiner wissenfckaftlichen Bestrebungen nahe
standen, dem Todten einstimmig das ehrendste
Zeugniß geworden, und selbst Solche, die mit der
That nicht cinverstanden find, haben der Erhaben-
heit der Gesinnung und der entschloffenen Festigkeit
den Tribut der Anerkennung nicht zu versagen ver-
mocht. Mit einer für sein Alter wunderbaren Ruhe
und Kaltblütigkcit — die den glühenden Enthu-
fiasmus kcineswegs ausscklicßt, viclmehr von ihm
bedingt ist — hatte der tieffühlende junge Patriot
alle seine Anordnungen getroffen. Gleich der Ne-
mesis trat er daher, in furtztbarer Strenge. Hätte
nicht das Panzerhemd, das selbst eine gerichtlich
medicinische Autorität in Berlin, Professor Masckka,
jetzt als eine Möglickkeit erwäbnt, die vier Kugeln,
welche laut richterlicher Erhebung dte KleidungS-

sprach man sich energisch für ein fortgesetztes
gemeinschaftliches Husammengehen der Mittel-
staaten aus.

Die täglichen Kosten der sächsischen Mobil-
machung hört man auf 50,000 Thaler veran-
schlagen.

Nach dem „Dresdner Journal" tritt dey säch-
sische Landtag definitiv am 26. Mai zusammen.
Die Eröffnung durch den König erfolgt näch-.
sten Montag.

Die sächsische Staatseisenbahndirection er-
klärt die Nachricht, der Güterverkehr auf der
sächsisch-böhmischcn Bahn sei gesperrt, für un-
wahr.

Die im Allgemeinen bereits gestern mitge-
theilte «Antwort des Königs von Prcußen auf
die Adresse der Breslauer Gemeindcbehörden
schloß mit den Worten: Durch Anordnung von
Neuwahlen ist den Wählern und den Gewählten
die Möglichkeit gewährt, frei von den Beziehun-
gen, welche in der Vergangenheit wurzeln, die
Gesinnung zum Ausdruck zu bringen, welche
Mein Volk in der gegenwärtigen bedrohten
Lage des Landes crfüllt. Jn diesem Sinn hoffe
Jch auf dem bevorstehenden Landtag Mcine ge-
treue Stadt Breslau vertreten und durch ihre
Abgeordneten zur Herbcisührung der von Mir
erstrebten Verständigung mitwirken zu,sehen.

Die Resolutionen sür und Petitionen um
den Frieden mehren'sich in Preußen und neh-
men immer größere Dimensionen an. Aller-
nächstens soll eine große Versammlung von
rheinpreußischen Mitgliedern des landwirth-
schaftlichen Vereins (die Nheinprovinz zählt

18.000 Mitglieder) in Köln abgehalten wer-
den, um alsdann ebenfalls eine Pctition um
Erhaltung des FriedenS zu besprcchen.

Die Zahl der zur mobilen Armec einberufe-
nen Berliner errcicht beinahe die Höhe von

10.000 Mann.

Der „Allgemeine Consumverein Berlin"
macht in der „Volksztg." bekannt, daß die neuen
Darlehens - Cassenscheine an seiner Casse nicht
in Zahlung genommen werden.

Rußland, Frankreich und England haben sich
über die zum Congreß einladende Depesche ge-
einigt. Die Garantie der weltlichen Macht des
Papstes fällt aus dem vorzuschlagenden Pro-
gramm weg und bleibt einer Verständigung
zwischen den katholischen Mächten unter sich
vorbehalten.

Vtach einem Pariser Telcgramm der in Frank-

stücke durckbohrten, unsckädlick gemackt, so war es
um den Kopf des gegcnwärtigen Tyrannensystems
gesckeben. „Alle Scküsse trgfen." Vier scklugen in
gerader Ricktung auf; zwei wurdcn in Folge einer
plötzlichen Drehung BismarckS zu Prallschüssen.
Gleick die erste Kugel „scklug vollständig auf den
Brustknocken auf", blieb aber, wie die „Kreuz-
zeitung" sagt, durck „Gottcs Sckutz" kraftlos.
„Eine Contusion und Anschmellung der Knocken-
haut ist alles, was sick von der Wtrkung dieses
Sckusses nock zeigt;" — das Panzerhemd erklärt !
dies höchst einfack. Seit Jahren hattc sich der
junge Tell-Schütze, der unter zweihundert eng-
lischen Niflemen den Hauptpreis davongetragen,

sick durch die Zahl der Angreifcr gelähmt fühlte,
ließ er den Revolver rasck in bie Linke gleiten und
feuerte dem Minister, dcsstn landesverrätherisckeS
Gebahren zum Tode von Millionen werden kann,
auf die Brust, in die Nähe des Herzens- Kein
Wanken, kein Ziltern tn der Hand des Zünglings!
Fast mit verklärten Zügen, einem Todesengel gleich,

furt erscheinenden „Europe" soll die Donau-
fürstenthümcrconferenz morgen oder übermorgen
wcgen Ankunft d^S Prinzen Karl von Hohen-
zollern in Bucharest zusammentreten. Die rus-
sischen und türkischen Truppen sind nicht in
die DonaufürsteNthümer cingerückt und können
es auch nicht ohne Ermächtigung von Seiten
der Conferenz.

Deutschland.

Karlsruhe, 23. Mai. Sc. Kgl. Hoheit
der Großherzog haben Sich allergnädigst
bewogen gcfunden, dem kaiserlich russischcn Ge-
heimen Nath, Hofmeister und Senator Alexis
Venevitinoff in St. Petersburg das Großkreuz
Allerhöchst Jhres Ordens vom Zähringer Löwen
zu verlcihen.

1-* Karlsruhe, 23. Mai. Nach dem Be-
richte der Budgetcommission über unsern Eisen-
bahnbetrieb ist für die laufende Finanzpcriode,
und zwar für 1866 eine Einnahme von
13,696,029 fl. nebcn einer Ausgabe von
'10,204.060 fl., folglich eine Neineinnahme von
3,491,969 fl., und für 1867 eine Einnahme
von 14,790,227 fl. nebendxiner Ausgabe von
10.920,152 fl., also eine Neineinnahme von
3,870,072 fl. in Aussicht genommen. Selbst-
verftändlich dürften die gcgenwärtigen wenig
erfreulichen Zeitumstände auch auf die nach den
biSherigen Erfahrnngen bercchnete Einnahme-
summe einen nachtheiligen Einfluß üben, und
die enbgiltigen Nechnungsergcbnisse eher nie-
driger als höher sich herausstellen.

Aber abgeschen hiervon sicht sich der Bericht
der Commission genöthigt, auf das von Jahr
zu Zahr znnehmende Sinken der Neineinnahme
und als Folge hiervon auf die fortschreitenbe
Abnahme der Nentabilität unserer Bahnen als
eine bedenkliche Thatsache aufmerksam zu machen.
Nach der im Bericht gegebenen Zusammenstel-
lung haben unsere Bahnen noch im Jahr 1861
bei einem Anlagekapital von etwas über 50
Millionen eine Ncnte von 6,„o/o, im Jahr

1862 bei einem Baukapital von mehr als 56
Millioneu eine Nente von 5,4g o/^, im Jahr

1863 bei cinem Baukapital von rund 70 Mill.
eine Nente von ^/zO/o, und im Zahr 1864
bei einem Anlagckapital von etwas über 76
Millionen eine Rente von 4,^0/0 eingebracht.
Die Einnahmen nnd Ausgaben für 1865 sind
zur Zeit noch nicht fcstgestsllt.

Zur weitern Zllustration dcr keineswegs cr-


Die französische Kriegsflotte bestand nach dem
„kleinen Moniteur" am 1. Januar 1866 aus 467
Fahrzeugen mit 6301 Kanonen. Es befinben sich
darunter 339 Dampfsc^iffe mit 4995 Kanonen und
96,397 Pf.rbekräften, nämlich 2 gepanzerte Linien-
schiffe, 14 Panzerfrkgatten, 1 Panzercorvctte, 1.

' Panzerküstknsckiff; ferner 24 sckwimmende Batte-
rien, 36 Linienschiffe, 39 Fregatten, wovon 23
mit Sckraubkn und 16 mtt Sckaufelrädern, 19
Corvrtten, wovon 12 mit Sckrauben, 101 AvisoS,
wovon 48 mit Sckrauben, 20 Sckrauben-Kanonen-
boote, 32 Rad-Kanoncnboöte, 48 Sckrauben Trans-
portschiffe und 3 anbere Dampfer. Die 128 Segel-
sckiffe bestkhen aus 1 Linienschiff, 18 Fregatten,
8 Corvettcu, 12 Briggs, 60 kleineren Fahrzeugen
und 20 Transportsckiffen. Die Schiffe, welche den
Dtenst in drn Häfen versehen, sowie die, welche
noch im Bau begriffen find, sind ntcht mit in
Rechnung gebracht.
 
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