Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 126-151 Juni
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0599

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
tidtlbrrgrr Ztilung.

Kreisverkündigmgsblatt für den Kreis Hcidelberg und amtlichcs Berkündigungsblatt für üic Amts^ und Amts-
Gerichtsbezirkc Heidelbcrg und Wicsloch unv dcn Anitsgerichtsbezirk Ncckargciiiiinü.

Nk 13«


Mittwoch, 6 Zuni


* Politische Umschau.

Heidelberg, 5. Juni.

Die ungeheure Schuld, die Preußen und
Oesterreich vom Standpunkt des Bundesrechts
auf sich luden, als sie ohne und gegen den
Bund in den schleswig-holsteinischen Krieg
zogcn, die ebenso schwere Schuld der Mittel-
staaten, als sie auch nicht zu dem mindesten
Versuch sich zu einigen vermochten, dieses Vor-
gehen zu hindern, sie hat sich heute am ganzen
Bunde, den Großmächten wie den kleineren
Gliedern, aufs Bitterste gerächt.. Durch ge-
meinsame Schuld Aller stehen wir heute vor
dem Kriege Deutscher gegen Deutsche. Preu-
ßen hat, sagt der „Schw. M." die besondere
Verantwortlichkeit, daß es von Anfang an den
Weg, auf welchem es zu Gunsten seiner und
Deutschlands Jnteressen siegen konnte — sich
als Vertreter des rcchtlichen Verlangens der
Nation und nicht seiner engherzig aufgefaßten
Sonderinteressen an die Spitze der schleswig-
holsteinischen Bewegung zu stellen — im Ueber-
muthe verschmäht hat, und daß es. in demselben
Uebermuth denjelben Weg, der ihm immer aufs
Neue offen stand, immer aufs Neue umgangen
hat. Jst es cin Wunder, daß heute die Sym-
pathieen der Nation von ihm abgekehrt sind,
nnd daß die Stimmen sich kanm noch hervor-
wagen können, welche darauf hinweisen möch-
ten, daß am Ende doch noch Preußen den
Weg finden müsse, der ihm von der Geschichte
vorgeschrieben sei, daß endlich auch in Preußen
auf Nacht wieder einmal Tag werden könnte?
Oesterreich hat jetzt den unsäglichen Vortheil,
daß es zum Recht zurückgckehrt ist. Die Mehr-
heit der Nation verlangt, daß auf dem Boden
dieses Nechts, ob es auch der Verbessernng
noch so schr bedürftig sei, eine Frage dcs deut-
schen Rechts, die schlcswig-holsteinische entschie-
den werde, sie verlangt, daß übeH' eine deutsche
Bevölkerung nicht ^ anders verfügt werde, als
nach dem gesetzlich geordneten Willensausdruck
dcrselben, und sie heißt in diesem Sinn die
Anerkennung deS Bundesrechts durch Oester-
reich und die Berufung der holsteinischen Slände
willkommen. Was hat Preußen dem entgegen-
zusctzen? Die Antwort wird sein — Gewalt.
Wic aber, wenn im entscheidenden Augenblick
dcr Mann der Gewalt, der Mann vom Dlut
und Eisen, doch nicht Herr wird über mach-
tigere Einflüsse, die den Frieden wollen? Wie

idre Mitgift nicht verdoppelk würde. Der Vater
sprach mtt der Tochter und erklärte ihr, ihrem
Glücke mckt im Wege stehen zu wollen.^aber er

nehmlich sagte die Braut Nein und wiederholte
es, als ker.Priester, der falsch gehört zu haben
glaubte, die Frage wiederholte. Man kann sich
die Verwirrung, bie nun eintrat, und das lange
Grsicht des Bräutigams vorstrllen. Am Arme des
Vatcrs ging das brave Mädchen nach Hause. Auf
des Vaters Frage, warum sie sö gethan, antwortet.e
fie: „Hatte ich die Heiratb gestern rückgängtg ge-
macht, so batte es allgemein geheißen, mein Bräu-
tigam hat mick fitzep lassen, diese Scdande wollte
ich mir ersparen. Die Schande, die cr jetzt trägt,
ist einc gerechte Strafe dafür, daß er mein Geld,
nicbt mich heirathen wollte! Er wollte mich sitzen
laffen, nun dabe ich ihn stehen gekassen." — Der
abgetrumpfte Bräntigam abrr soll fich nun betrcffs
seiner Mitgift-Forderung selber zugerufen haben:
„Hättst eS geh'n lassen!"

will Preußeu sich von dcr Niederlage erholen,
die ihm alsdann bereitet ist, wie will sich
Deutschland der Einflüsse erwehren, die alSdann
von demselben Orte her, wo man jctzt in der
Lußersten Noth an's Recht sich klammert, für Wie-
derherstellnng und Krästigung innerlich abge-
storbener Zustände, an deren Besserung wir
seit 50 Jahren arbeiten, sich mit aller Macht
gelteud machen werden? Es wird die äußerste
Anstrengung all^c besseren Elemente des preu-
ßischen Staates erforderlich sein, um eine solche
Niederlage, die gar wohl kommcn kann, —
man erlaube den Ausdruck — zu lokalisiren,
um aus- dem Olmütz der Junkerpartci nicht
auch ein Olmütz des preußischen Staatcs wer-
den zu lassen; eine noch größere und schwcrere
Aufgabe werden die zersplitterken Kräfte des
liberalen Deutschlands zu bewältigen haben,
um allen hemmenden Hebeln ein „Sie bewegt
sich doch!" entgegenzusetzen, um die Reform
der Verfassung Deutschlands, die auf der Ta-
gesordnung steht, nicht mehr von derselben
wegnehmen zu lasscn, bis sie wirklich hergestellt
ist. Wer den deutschen Kricg nicht will —
und wer will ihn? — der halte sich jetzt schon
zu diesem friedlichen, aber sicher uicht leichten
unv opferlosen Kampfe bereit.

Die holsteinische Ständeversammlung ist auf
nächsten Montag nach Jtzehoe cinberufen wor-
deu. Diesclbe zählt 5 Geiftliche (augustenbur-
gisch), 4 Nitterschaftsmitglieder, 9 Vertreter des
größern Gruudbesitzes, 16 ländliche Abgeordnete
(augustenburgisch), 13 Städteabgeordnete (11
augustenburgisch), 1 UniversitälSabgeordneten
(augustenburgisch).

Oesterreichs zustimmende Antwort zum Con-
greß ist eingetroffen.

Die Nachricht der „Jndep. belge", wonach
die Kaiserin von Oesterreich sich brieflich an
die Kaiserin der Franzosen gewendet hätte, da-
mit diese die Erhaltung des Friedens befürworte,
wird von Wien aus für durchauö unbegründet
erklärt.

Die gestcrn gemeldete- Nachricht, daß cin
Theil dcr eingezogenen hessischen Truppen wie-
der beurlaubt worden, ist unrichtig.

Von verschiedenen preußischen Orgänen wird
gemeldet, in der österreichischen Armee sei der
Hungertyphus ausgebrochen.

Jn München herrscht nach dem „Pf. C."
große Erregung über die unvermuthete Reise
des Königs nach der Schweiz und über dessen

bürgt. Er schreibt: „Niemand Anderer als ein
Eingeborner des Großstaates Nassau hat die Krisis
zu verantwortcn, welckcr Europa eben entgegrn-
gebt. Höre» Sie nachfolgende wahre Geschichtc:
Nübeshklm Negt am Rhein und in Rükcsheim
liegen Weine, unb zwar Sckätze, zu welchen aus
'allen Thrilcn der Welt bie Pilger in demüthigen
Wallfahrten kommen. Es war im Iahre 1836,
als von der Haüptstabt Nassau's, von Wiesbaden,
allwo es außer vielen Gcneralen und Officieren
auch einigc Solbaten geben WU, eine Anzahl Ea-

diescni herrlicken Stäktchcn findet sich der w^t-
berühmte treffliche Gasthof „zum Darmstäkter Hof"
dicht am Rhein, und bamals im Iahre 1836 schob
fich noch kein brntale? boch aufgeworfener Eisen-
babndamm zwischen dir Häuscrfronte und den schönen
glänzenden Rhrinftron' Die Cadettcn mit ibrem
Oberlirutenant kehlten in ken „Darmstädter Hof"
ein, dinirten, tranken Rüeesbeimer Berg, 1834er
(dieser war der König bes Iahrzehnts!) und waren
guter Dinge. Als sie nach einem kmzen Spazirr-

^aß an einem Tische ein junger preußischer Referen-
dar, ein Mrnsch voll Feuer und Flamme, ber mit
dem 1834er Rüdesbeimer Berg schon in ein schr >
tnttmes Verhältniß gerathen war. Man schloß ,
Freunbschaft, man trank, man sang, man jubelte; I

Weigerung, den Landtag in Person zu eröff-
nen, sowie eine Revue über sämmtliche hiesige
Truppen zu halten. Das Verhalten des Königs
führte zu den heftigsten Erörterungen im Schooße
der königljchen Familie, zu einer Adresse der
Gemeindekollegien, in welcher erklärt wurde,
„der Bestand der Dynastie sei in Gefahr, wenn
der König nicht auf die Stimme Münchens,
welche die Stimme des Landes sei, höre", end-
lich zu einer Ministerkrisis. Das eigentliche
Motiv liegt viel tiefer, es ist die liberale Rich-
tung des Königs, die Furcht, daß diese Rich-
tung, durch den Landtag gestützt, zum Siege
gelange, eine Furcht, dic allerdings sehr be-
gründet ist; wollle doch der König, wie ver-
lautet, in die Thronrede Zusicherungen, wie
freigewähltes deutsches Parlament, Anbahnung
der Volksbewaffnung, Reform der Neichsraths-
kammer, Aufhebung der Militärgsrichtsbarkeit
rc. aufgenommen wissen, und soll er doch nach
der entschiedenen Weigerung der Minister, dies
zu thun, gewillt gewesen sein, beim Verlesen
der Thronrede die Zusicherungen in freier Rede
anzufügen. Alle Bestrebungen der ultramon-
tanen Partei laufen nur darauf hinaus, den
König aus dieser Richtung zu verdrängen nnd
auf die Bahncn der Lußerlich liberalisirenden,
in Wirklichkeit aber reaktionären Politik des
Ministeriums Pfordten zurückzuführen; darum
Demonstrationcn auf der Straße und im Thea-
ter, Adressen und Dcputationen reactionärer
Gemeindekollegien. Hetzartikel in den Zeitun-
gen, kurz zur Zeit noch gelinder Terrorismus
nach allen Sciten.

Die France bezeichnet die gegenwärtige Lage
als sehr bcdenklich. Nach demselben Blatte
wären nicht nur in Wien, sondern auch in
Berlin nnd Florenz nachträgliche Schwierig-
keiten erhoben worden. Die neueste „Jtalie",
ein anerkannteS Organ des Florentiner Cabi-
nets, macht sich wenig Hoffnungen Mf eine
durch den Kongreß herbeiznführende friedliche
Ausgleichung. Jn dieser Beziehung denke man
in Florenz nicht anders wie in Wien und
Berlin. Die Natur der zu diskutirenden Fra-
gen sei derart, daß eine radikale Lösung der-
selben aus> einem Kongreß unmöglich sei, und
einer halben Lösnng werde Jtalien nicht zu-
stimmen.

Die „France" hält es für möglich, daß der
Fürst Gortschakoff wegen se6ies schlimmen Ge-
sundheitszustandes nicht nach Paris kommt.

tn etnen Kahn, eilt nach der vorderen Spitze,
sckeint aber die Dimension nicht gehörig abgemessen
zu haben, er läuft über den Kahn hinaus und
stürzt in den dort schr tiefen Strom. Sterzing fieht
das Unglück, springt sowrt nach und zieht aus den
Fluthen des deutscken Rbeins den crtrtnckxnden —
Hcrrn Otto v. Bismarck Schönhausen, den jetzigen
Mtnister-Präsidenten Sr. Majestät des Königs
von Preußcn. Sterzing ist gegenwärtig naffau'scker
Major in der kleinen Stakt Dtetz an der Lahn."

(An wclckem Ende?) Ein amerikanischer
Richttr krhob kürzlich wahrend der Sitzung seinen

sagte pathetisch: Es befind^et sick am ^nde meines

Ende, Mylord?" war^ die schnelle Antwort des
. Angeklagten.
 
Annotationen