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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 50-75 März
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0269

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Utidtlbrrgrr Zeilimg.

Kreisverkündigungsblatt fiir den Kreis Heidelberg und aintliches Verkündigungsblatt für die Antts^ uud AintS-
Gcrichtsbczirkc Hcidelbcrg und Wicsloch und dcn Anitsgcrichtsbezirk Nclkargcuiünd.

Nk «O


Dienstag, 12 März


18««.

* Politifche Umschau.

Heidelberg, 12. März.

Der preußische Gesandte in Paris, Graf v.
d. Goltz hat außer den Jnsignien des schwar-
zen Adlerordens auch ein eigenhändigeS Schrei-
ben seineS Königs an den Kaiser Napoleon
nritgebracht. So meldet die „France".

Die „Nordd Allg. Ztg." häl.t, indem sie an
die falschen Dcutungen anknüpft, welche die
Notiz über die bevorstehende Mobilmachnng
der Berliner Landwchr erfahren, die Möglich-
keit eincS Krieges zwischen Prcußen und Oestcr-
reich für fernliegend und absurd. Sie sagt:
Oesterrcich mar unser Alliirter; es ist jedoch
ein weiter Schritt vom Aufgeben der Atlianz
bis zum Kriege. Man führt heut keine Ka-
binetskriegc mehr, sondern nur dann, wenn
große Nationalinteressen auf dem Spiele stehen.
Wcnn dic Herzogthnmerfrage, auch nachdem
Schlesmig-Holstein deutsch geworden, noch die
Gemüther bcunruhigt, so liegt der Gruud in
der gegenwärtigen Handhabung ver Bundes-
verfassung, welche jeden Augenblick die Jnter-
vention ^ des Auslandes hcrbeizurufen droht.
Der Tod dcs Köuigs von Dänemark und der
AusbrUch des Kricges brachen dre Frage dcr
Bundesreform in dem Augenblicke ab, wo
Preußen seine Ansichten übcr diesen Gegcn-
stand klar und präcis entwickclt hatte. Die
den Krieg begleitenden und die nachfolgeüden
Umstände haben wiederum bewicsen, wie noth-
wcndig es ist, die Aufmerksamkeit Deutschlands
der Austragung diescr- Frage zuzuwenden.

„Avenir National" enthält Nachrichten aus
Trier, welche sagcn, daß die dortige Garnison
Befehl erhalten habe, sich in fclvmäßigen Zu-
stand zu sctzen. Die G'aruison von Luxcm-
burg soll dieselbe Ordre erhalten haben.

Aus Pesth wird vom 8. März tclegraphirt:
„Die Neuncr-Commission zur Bcrathuug dcS
Ncscriptes hat gestern Sitzung gehaltcn, und
es wurde eine principielle Einigung erziclt ^
man sagt, die Ablehnung dcr Nevision der
1848er Gesetze vor Wicderherftellung der
Nechtscontinuität solle ncue'rdings beantragt
und die Bearbcitung der einzelnen positiven
Aenderungen dcr Zwenindfünfziger-Commission
überwiesen werden. Dcak und Czcngery siud
mit der Abfassung der Antwort auf daö
Nescript beauftregt.

Nach dem „Monitcur" hat bereits am 10.
die erste Sitzung der Confercnz zur Negelung
der Donaufürstettlhümcr-Angclcgenhcit statlge-
funden. Dieselbe war allerdings nur formel-
ler Natur.

. Nach der „Patrie" wird die Confcrenz für
die Angelegenhcit der Donaufürstcnthümer heute
unter dem Vorsitze dcs Hrn. Drouyn de LhuyS
in Paris zusammcntrcten. — Der kaiserlichc
Prinz ist wieder vollstäiidig hcrgcstcllt.

Die „Jtalie" theill als Warnung für die
Personen, welche das ncue Gesctz über die
Civilehe nicht beachten wollcn, den Fall mit,
daß ein Florentiner in voriger Woche sich vom
Pfarrer seiner Gemeindc mit eincm anstän-
digcn Mädchen einseguen, sich aber uicht. civil-
rcchtlich traucn licß. Am anvcrn Morgen
schickte er die jungc Frau wieder heim, indem
er erklärte, er wolle nichtS mehr von ihr wis-
sen und sci ja auch gar nicht dnrch den Civil-
act dazu verpflichtet, sie zn behaltcn.

Nach Berichten aus Florenz sei die Ne-
gierung entschlossen, die Wahl Mazzini'S zum
Mitgliede deS italienischen ParlamentS als mit .
rechllicher Ungültigkeit bchaftet (wegen des ^

TodesurtheilS) zu bekämpfen, sollte sie selbst
zur Auflösung des Parlaments schreiten müj-
sen, wenn sie in der Minorität bliebc.

Der Petersburger „Jnvalide" stcllt sämmt--
liche Gerüchle von Truppenconcentrirung in
Abrede und versichert auf das Bestimmtestc,
daß kcin Negiment bisher die Winterquartiere
verlasien habe.

Aüs Bcyr.uth^vom 9. d. wird gemeldet,
daß die Untcrwcrfung der Jnsurgenten cine
vollständigc ist, und daß Joscph Karam die
Grenze zu errcichcu sucht.

Deutschland.

Karlsruhe, 10. März. Jn der heuti-
gen Sitzung der erstcn Kammer grisi der Führer
der UlN amontanen, Freiherr von Andlaw
unsere Negierung in einer Weise an, die nach
Ton und Sprache kaum noch die Grcnze par-
lamcntarischer Sitte einhiclt. Dcr edle Frei-
herr wollte nämlich den Präsidenten deS Mini-
steriums des Jnnern, Staatsrath Lamey, be-
züglich der Vorfälle bei den Ortsschulraths-
wahlen intcrpelliren. Statt desien verlor er
sich in einen Strom von Anschuldigungen gegen
das ganze Regierungssystcm und zwar in lci-
denschaftlichster Sprache. Zuglcich kündigte cr
seine Absicht an, eine Beschwerde gegen den
Ministcr dcs Jnnern wegen Amtsmißbrauchs,
Verletzung cher Gesetze und Bruchs der Ver-
fasiung in das Haus zu bringen. Also eine
Ministeranklagc! Der erst eingetretcne Fürst

Staatsministerium den Ausspruch thcile, daß
daS Gesetz das öffentliche Gewisien sei. '

Karlsruke, 10. März. 4. öffentliche Si-
zung der Ersten Kammer.

Uuter dem Vorsitz des dnrchlauchtigsten Prä-
sidenten, Sr. Großh. Hoheit des Priuzen Wil-
helm von Baden.

Nach Vorlage verschiedener Petitionen und
druckfertiger Berichte macht das hohe Präsi-
dium die Mittheilung, daß der Herr Fürst
Wilhelm vou Löwenstein verhiudert sei, an
dem diesjährigen Landtag Theil zu nehmen,
und daß Frhr. v. Göler in der nächsten Sizung
eine Ansrage an den Präsidenten des großh.
Miizisteriums des Jnnern in Betreff des evan-
gelisch-protestantischen Predigerseminars zu stel-
len beabsichtige, worauf zur Berathung des
von Hrn. Hofrath Dr. Schmidt erstatteten
Kommissionsberichts über die Motion des Frhrn.
v. Andlaw, betreffend die Aufhebung der Spiel-
banken im deutschen Bnndesgebiet, geschritten
wird,

Der Antrag, dahin gehend:

,;Jn Anbetracht, daß dem Grundgedanken
der Motion, gerichtet auf Beseitigung der pri-
vilegirten Spielbanken in ganz Deutschlandi
die volle Anerkennung gebühre;

daß'jedoch ein bei dem Deutschen Bund ge-
stellter Antrag dieses Jnhaltes einen Erfolg
nicht verspreche;

daß endtich von der großh. badischen Staats-
regieruug zuversichtlich zu erwarten steht, sie
werde keine für Erreichung jenes Ziels sich'
bietende'Gelegenheit ungenutzt lassen:

beschließt die Erste Kammer, j>on der Ab-
faffung einer Äbresie abzusehen"
wird nach längerer Diskussion, woran sich die
HH. Frhr. v. Andlaw, Hofrath Dr. Schmidt,
Geh. Rath Dr. Bluntschli, Staatsminister Frhr.

, v. Edelsheim, Geh. Nath v. Mohl, Graf Hein-
^ rich v. Kageneck, Dr. Bertheau, Ätinisterialrath

Jolly, Artaria, Fürst Karl v. Löwenstein und
Staatsrath Dr. Lamey betheiligten, durch
Mehrheitsbeschluß der Kammer angenommen.

Nach der darauf folgenden Berathung der
Berichte der Budgetkominission über die Rech-
nungsnachweisungen des großh. Staatsministe-
riums, des großh. Ministeriums des Hauses
und der auswärtigen Angelegenheiten, des
großh. Handelsministeriums und des Ministe-
riums des Jnnern, welche ohne Diskussion ein-
stimmig für unbeanstandet erklärt worden,
richtet Frhr. v. Andlaw seine in der letzten
Sitzung bezüglich der Ortsschulrathswahlen an-
gezeigte Anfrage an den Präsidenten des Mi-
nisteriums des Jnnern.

Es antworteten Hr. Staatsrath Dr. Lamey
und Herr Ministerialrath Dr. Jolly. Das
Resultat dicscr Antworten und der daran sich
knüpfenden längcrn Verhandlung, an welcher
wciter die Herren Geh. Rath'v. Mohl, Staats-
minister Frciherr v. Edelsheim, Geh. Rath
Bluntschli, Fürft Karl von Löwenstein und
Artaria Anthcil nahmen, war, daß dem Herrn
Jnterpellanten überlasien wurde, wegen angeb-
licher Gesctzverletzung und. AmtsmißbrauchS
förmliche Beschwerde bezw. Anklage einzubrin-
gen.

Nachdem noch vom Hrn. Fürsten Karl von
Löwcnstein eiye in nächster Sitzung zu stellende
Anfrage an den Präsidenten des gr. Staats-
ministeriums bezüglich einer angeblichcn Er-
klärung des Staatsraths Dr. Lamey in der
Sitzung vom 9. Dezbr. v. Z. angezeigt und
auf Antrag des Hrn. Dr. Bertheau eiue Pe-
tition der Stadt Baden wegen der Spielfrage
an die Budgetcommission überwiesen worden,
wurde dke öffentliche Sitzung geschlosien.

*f Karlsruhe, 10. März. (Vierzehnte
öffentliche Sitzung dcr zwciten Kammer.) Der
Präsidcnt dcs Handelsministcriums, StaatSrath
Matthy, legte in heutiger Sitzung die ver-
schiedenen Budgets der Verkehr sanstalten, wio
der Post, der Eisenbahnbetriebsverwaltung, deS
Eisenbahnbaues u. s. w. vor. Die Vorlagen
werden an die Budgetcommission verwiesen.

Daö Secretariat zeigt .die eingckommenen
Pctitionen an; darauf eröffnet^ der Präsident,
daß in die Commiffion

1) für Errichtung einer badischen Bank die
Abgg. Buhl, Prestinari, Lenz, Kayser und v.
Noggenbach,

2) für Einführung der vbligatorischen Civil-
ehe und anderer bürgerlicher StandcSbeamlung
die Abgg. Eckhard, Dietz. Allmang, Kopfer,
Kiefer und Obkircher gewählt wurden.

Der'Abg. Prestinari trägt auf Verstär-
kung der ersten Commission um 4, der Abg.
Dietz der zwciten um 2 Mitglieder an. Wird
angenommen.

Der Abg. Heidenreich zeigt einen druck-
fertigen Bericht der Budgetcommission an.

Die Tagesordnung führt zur Berathung des
Berichtes der Budgetcommission, den Voran-
schlag des Jnstizministeriums für 1866—67
betrefiend. Vor beginnender Verhandluug theilt
StaatSminister Dr. Stabel eine vergleichende
Uebersicht mit über die Kosten der beiden neuen
Organisationen, die der innern Verwaltung und
der Justiz, gegenüber dem früher hierfür er-
forderlichen Staatsaufwand. Der ganze Mehr-
aufwand stir beide Organisationen nach Abzug
der eigenen Einnahmen beträgt für die StaatS-
kasse nicht mchr als 100,000 fl. Was die Justiz
inSbcsondere betreffe, so hälten die Einnahmen
für Stcmpel und Sporteln früher etwa 65
pCt. der Gesammtkosten gedeckt; jetzt brächten
 
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