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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 76-99 April
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0439

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KreisverkiilldigimgMatt fiir üen Kreis Heiüelberg uilü aintliches Berkünüigungsblatt für üie Ämts- unv Amts-
Gcrichtsbezirke Heidelbcrg unü Wicsloch und üen Anitsgerichlsbczirk Ncckargemünd.


Zreitag, 27 April


I8«6.

xx Zur Kennzeichnung der Läge.*)

ES ist wohl alS gewiß anzunchmen, daß eS im
Anfange, alS in Preußen die seindselige Span-
nung mit Oestcrreich provocirt wurde, nur auf
eine Demonstration, auf eine Einschüchterung
des frühcrn Alliirten abgesehen war. Diese
Maßnahme aber, durch schroffeS Austreten vor
dem Gasteiner Verlrage schon cinmal vcrsucht
und mit Erfolg gekrönt, ift diesmal mißlungen.
Oesterreich hat sich nicht weiter bange machen
lasscn. WaS dic Verhältnisse in den leitenden
Kreiseu deS Bcrliner Kabinets anbelangt, so
ist als sicher anzunehmen, daß fast der ganze
Hof für den Fricden und gcgen BiSmarck ist.
Nur der König stcht in diescr Frage ans sei-
neö Ministerpräsidenten Seite. Dicser Letztere
aber besteht mit Entschiedenheit auf dcr Fest-
haltung scineS Programms, und eS ist nach
scinem Willcn der Krieg gcgen Ocsterreich,
wenn LetztcrcS nicht nachgibt, unauSbleiblich.
Es ist oft behauptet und nie mit Grund be»
strittcn wordcn, daß die schleSwig - holstein'sche
Frage dic deütschc Frage in sich schließt. Jn
dieser Thatsache steckt der eigentliche Grund der
gcgenwärtigen Krise. Daß einmal ein Ent-
scheidungSkayrpf zwischen Oesterreich und Preu-
ßen loSbrcchcn muß, liegt in der Natur der
Dinge. Zwei Großmächie, von denen die eine
(Prcußen), die andere (Oestcrreich) auS Deutsch-
land auSschließen und eincn ganz bcsondern,
ihr allcin dienstbaren Bundesstaat, ein prcu-
ßischcs Deutschland gründen will, um im Fort-
gangc der Zeit cinen preußischen Einheitsstaat
daraus zu machcn, die anderc, beachteud deu
deutschcn Charakter und die bestchenden staatS-
rechtlichen Verhältniffc, den großdcutschen Bun-
dcsstaat auf der Grundlage gleicher Nechte und
glcicher Pflichten der einzeln§n Glieder deö
StaateS erstrebt (dafür hat übrigcnS der öster-
reichische ConcordatSstaat noch keinc Bewcise
geliefert) — zwei solchc hervorragende Groß-
mächte mit so verschiedenarrigcn Tendenzen
tann es auf die Dauer in Dcutschland nichl
geben. Eine dcr beiden muß vor der andern
zurücktreten. Und da dicö keine sreimillig lhun
will, ist früher oder später der Kampf unver-
meidlich. Der Ausbruch dieseS Kampfcs, um
die Frage: ob kleindeutsche Einheit mit preu-
ßischer Spitze oder FöSerativstaat mit Glcich-
berechtigung seiner Bundesglicder, wäre trotz


BiSmarcks gewiß noch verschobcn worden, wenn
nicht die schleSmig-holsteinische Frage aufgetaucht
wäre. Damit ist aus dcr chronischen Krisis
eine acute geworden. Wer von den beiden
dcutschcn Vormächtcn in dem nahe oder serne
bevorstehenden Kampfe sicgt — hat durch jeinen
Sieg über Deutschlands politische Gestaltung
und seine Zukunft übcrhaupt entschieden. Zum
Siege gelangen wird aber nur diejenige Macht,
welche, an der Spitze deS deutschen VolkSgei-
stes stehcnd, durch treueS Fcsthalten an Necht
und Verfassung unv Verfolgüng einer wahr-
haft deuljchen Politik die Sympathien der Na-
tion sich zu erwerben weiß.

* Politifche Umschau.

Heidelberg, 26. April.

Der „N. Frkf. Ztg." zusolge hat die Mehr-
zahl der AuSjchußmitglieder des Abgeordneten-
tages, im Einklang mit dcm Antrag des Prä-
sidenten Sigm. Müller, entschicden, daß der
Abgeordnetentag vorerst noch nicht zu
berufen sei.

Die „Weserztg." enthält ein Telegramm auS
Berlin, nach welchem Preußen für den Fall der

Gesandten am Bunde abrufen und erklären
würde, die bestehende BundeSverfassung sei un-
zurcichend, und cs müsse deßhalb Ersatz in
Vcrhandlnngen mit den Negierungen zur Er-
richtung eincs engeren BundcSstaates suchen.
Hr. v. Savigny sei am 24. d. behufs der Ent-
gegennahmc von Jnstructionen und der Neform-
vorschläge in Berlin erwartet.

Die „Constit. Ocsterr. Ztg." vom 24. con-
statirt, daß bis heute Nachmittag in compcten-
ten Kreisen über cinen Frcischaarencinfall in's
Venetianijche und über einen Zusammenstoß
mit österreichischen Truppen bei Novigo nichtS
bekannt ist. Auch dic „Wiener Ztg." meldet
auf Grund amtlichcr Erhebung, daß in allen
Thcilen Lombardo-Venetiens vollkommene Nuhe
herrschc, uUd vorstehendes Gerücht jeder Be-
gründung entbehrc. — Die heutige General-
versammlung der „Oesterreichischen Bodencredit-
anstalt" hat die Auszahlung einer Dividende
von 11 fl. per Actie beschlossen.

Graf Bismarck hat den Aeltcsten der Berliner
Kaufmannschaft auf deren Friedensadrcsse an
den König Antwort zugehen lassen. Dieselbe
lautet: Der König wcrde, wenn möglich, den
Arieg vermeiden; volkswirthschaftliche Nücksich-
ten seien jedoch sür die Negierung nicht allein

maßgebend; falls der Krieg nothwendig sein
sollte, so vertraue der König der bewährten
Opfcrwilligkeit der Kaufmannschaft.

Die Abreise des Erzherzogs Albrecht von
Wien nach Jtalien soll auf unbestimmte Zeit
verschoben sein.

Die Wiener Freie Presse meldet, daß nach
einem neuen Finanzplan dreißig Mill. Gulden
Schatzscheinc in AppointS von 10,000 Gulden
von einem Pariser Consortium übernommen
worden. — Die Staatsnoten - AuSgabeistvertagt.

^ ^ D e u p ^ ^ ^ ^ j"j^ ^

chemischen Produktciifabrik. beide zu PariS.^sür den von
II. Tod^faN.^ G^storben ist : Am 31.^v. Stadl-

Proceß einleitet, drr sowohl in Bezug auf die be-
thriligten Prrsonen, alS auf die Größe bes Objects
und dic Schwierigk-it der Entscheidung vom höchsren
Jntcrrsse und für das Königreich Hannover eine
esu8« cölebre werden wird.

Die .Ccller-Ztg." schreibt darüber:

Der Obergerichtsanwalt L. A. Blohm in Verden,
Anhabcr des Guclpben-OrdenS, ist nämlich wegen
Betruges vor den SchwurgerichtSdof zi^Stade ver-
wiesen, und bcreits vor einigen Tagen verhaftet
worden.

Drr Tbatbestand deS Processrs ist seinrr Zeit
bereitS brkannt geworten; er betrifft drn Verkauf
der trci größerrn Familtrngüter des verstorbenen
StaatSrathspräsidenten und StaatSministerS v. d.
Wisch an den Angeklagten.

Blohm war der langjährige Rechtsconfulent des
sehr reichrn und kindrrlosrn Herrn v. d. Wisch, soll
jedock nie von demsrlben ein Honorar erhaltcn
-abrn, sondrrn auf eine Entschädigung nach dem
Tode desselben vrrwiesen sein. Es sand fich deun

auch, daß dein Anwalt Bloym 10,000 Tbaler ver-
macht waren. Plötzlich aber trat derselbe mit einem

nach welchem er bereits vor vier Jahren die drei
größten v. d. Wisch'schen Familiengüter im Werthe
von etwa einer Million Thalern (die Hälfte oeS
BermögrnS des Hrblassrrs) für 300,000 Thaler
gekauft hatte, wrlche Summe zu 3V» pCt. so lange
in den Gütern stehen bleibrn solle, als es Blohm
beliebe. Bei der Abfassung deS Documentes war
jede gesrtzliche*Vorsicht beobachtet, die Unterschrift
des Herrn v. d. Wisch von rinem Notar, der jedoch
von dem Jnhalte deS Documents keine Kenntniß
erhalten hatte, beglaubigt worden; ja der Anwalt
Blohm hatte auch den Hausarzt der alten Ercel-
lenz, die, trotzhem sie biS an ihren Tod Präsioent
deS Staatsraths vsrblieben, etwas schwachsinnig
gewesen sein soll, vrranlaßt, Herrn v. o. Wtsch
an dem betreffenben Tagc zu beiuchen, um consta»
ttrrn zu können, vaß derselbe völlig zurrchnungS-
fähig gewrsrn sei, freilick auch ohne zu wissen, um
was eS sich handle.

Dte Anklage soll nun bchaupren, Blohm habe
den brtreffenden Kauf-Lontract dcm alten Herrn

i etuem derselben ein Mausoleum für srine Familie
! im Werthe von 4000 Thaler hat erbauen lassen,
l was allerdings auf eincm bereitS verkauften Gute

(Alte Schachtel.) Am Tage der Aufführung
von Brrg's „Alte Schachtel" in Olmütz brnachrich-
tigte rin in Olmütz weilendrr Proßnttzer srtne Frau
durch folgkydes Telegramm von der Aufführung:
„Komm heute. Alte Schachtel. — Diese sehr zwci-
dcutige Einladung erregte viel Heiterkeit.

Jn Wirn hat fich ein Lljähriger Eadet des Zn-

j Louise Tuvora, wrlcke jüngst in der bekannten Fa-
! milienkatastrophe ihren Tod fand, crschoffen.
 
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