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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 100-125 Mai
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Ueidelbtrger Ieiliiiig.

Kreisukrküilüigungsblatt fnr dcn Kreis Hcidelberg und a>ntliches Bcrkündigungsblatt für die Amts-- und Aints-
Gerichtsbczirkc Hcidelbcrg und Wicsloch und dcn Amtsgerichtsbezirk Neckargeniünd.

M 118


Mittwoch, srr Mai


x Zur Gntscheidung

Kamxfgerüstet stehe» sich die Heere der beiden
deutschen Bruderoölker gegeuüber, die Kriegs-
gefahr ist so nahe gerückt, daß jeden Augenblick
der von Millionen oerfluchte Ansbruch erfolgsr
kann, und noch harrt das deutsche Volk aus
endliche Befreiung aus einem Zustande, der zer-
störender wirkt, wie der Krieg selbst — allein
nach allen Seiten richtetes vergeblich seine Blicke.
Auf eine schnelle Aussöhnung der beiden strei-
tenden Großmächte ist nicht zu hoffen — nur
oon einem entschiedenen, thatkräftigen Auftreten
der Mittelstaaten ist fast noch allein eine Ret-
tung möglich. Abed nicht bei Worten darf es
bleiben, nur durch cntschlossenes, ehrliches Han-
deln kann der Krieg noch beseitigt werden.
Wenn die Mittelstaaten stch auf die Seite des
Volksrechtes nnd der Volkssache stellen, die Be-
rufting eines auf wahrhaft freisinniger Grund-
lage bernhenden deutschen Parlamentes mit aller
ihnen zu Gebote stehenden Macht unterstützen,
nöthigensalls die Jnitiatioe jelbst ergreisen,
wenn sie ihr gesammtes Militär zum Schntze
der zujaminentretenden Volksvertretung oerwen-
den und durch einen Appell an das Volk das-
selbe zur schleunigsten Bewaffnung aufsordern —
dann haben sie nicht nur erstere, sie haben die
ganze Nation für sich, nnd wer wollte es —- trotz
der Hunderttausend gezioungener Bismarck'scher
oder österreich. Bajonnete — wagen, der Auto-
rität der deulschen Volksabgeordneten zu wider-
stehen. Nur wenn die Fürsten die wohlberech-
tigten Forderungen der deutschen Nation schlen-
nigst ersüllen und dieselben mit aller Entschie-
denheit zu verwirklichen suchen, würde sich das
Volk wie ei» Mann erheben und entgegen einer
fluchwürdigen Cabinetspolitik für seine höchsten.
Güter mit Mnth und Ausdaner gegen jeden
Feind der Volkssache i» den Kampf ziehen.
Weder Oesterreichs Kaiser, noch Preußens Kö-
nig könnte es wagen, einem solcheil muthigen,
hochherzigen Entschlnsse entgegenzutreten, denn
von ihreni eigenen Volke oerlassen würden sie
den Augenblick erleben, welcher die deutsche Na-
tion einigte und deren längst ersehnte Forder-
ungen verwirklichte. Noch einmal: rust das
deutsche Parlament znsammen, stellt ihm eure
gesammte gewaffnete Macht zur Berfügung —
und die Mittelstaaten könnten sich das beneil
denswerthe Zeugniß geben, das deutsche Volk
oor einem zerfleischenden Bruderkriege bewahrt
zu haben — die Mittelstaaten, welches auch
ihr Schicksal dereinst sein möge, hätten ihre
Mission ersüllt und zu einem einigen, großen
Dcutschland den Grundstein gelegt!

- Politische Umschau.

Heidelberft, 19. Mai.

Ein Ertrablatt dcS .DreSdener
Journals" vom 2l. mcldct: Der Pari-
ser Congreß ist allseitig angcnom-
men. Eröffnung nächstcn Freitag.

DaS „Drcsdcner Journal" widerlcg! ans das
Emichichenste die Nachricht von Abjchluß eines
ScparatocrtragcS zirischcn Sachjcn und Ocstcr-
reich. — Dcmjclbcn Btatt zufotge hat Sachjen
weder Vcradredungcn übcr Vcrgrößcrung mit
Oeslerrcich gcnommcn, noch eincn Scparatver-
trag mit Oeftcrreich abgcschtosscn. Gkgc» die
„Vojsijchc Zciiung- erklärt das Journal, McnS-
dors provocirtc wedcr cinc Erklärung, noch
sprach Bcust in Bambcrg für PrcußenS De-
müihigung.

Rach dem .DrcSd. Zourn.» hal stch für ,be-
«affucle N-ulralilät'' nur ein Eonscreuzmilglicd

auSgcsprochen, währcnd dic sämmtlichen übrigcn
Mitglieder sich gcgcn dicsclbe erklärten.

Wic die „Berlincr B.-Ztg." aus stchcrer
Qucllc erfahrcn haben will, hat dem König am
vorigen Sonnabcnd dcr Allianzocrtrag mit Jta-
licn zur Vollzichung vorzclegcn, der Kvnig hat
diesc abcr vcrweigert.

DaS Programm dcs CongreffeS ist noch kei-
ncSwegS fcstgcstcllt. Die Mächte bleiben wäh-
rend deS CongresscS wahrjcheinlich bcwaffnct.
Die Ncutralität HannovcrS und KurbesscnS
wiro nach' dem „Schw. M." vorläufig als ge-
stchert angcschcn.

Ein Eptrablatt der „Krcuzztg." sagt: Wenn
dic Mcldnng deS „Memorial diplomatique"
wahr ist, daß Oestcrreich mit den Mittelstaaten
sich vcreinbart hat nnd dic Lösung dcr Hcrzog-
»hümcrfragc nicht mit Prcußcn vcrhandcln, svn-
dcrn dem BundcStage übcrwciscu Ivill, so sei
anzunchiiien, daß Ocstcrreich kcine Vcrstäudi-
gung wolle, da Prcnßcn unziveiselhaft jene Bc-
dingnng nicht cingehcn könne.

Das „Zournal dc St. PeterSbonrg" wider-
legt die Nachricht, daß der Kaiscr Alepander
Ocsterreich die Abtrctung VcncticnS gcrathen
und Untcrstützung gegen Preußcn versprochen
habe. RußlandS Bcmühunge» bczwecken Be-
schwichtigung nnd Vcrsöhnung. Da« rujjijchc
Cabinet crblickt in dcm Congreßprojectc eine
Chance fnr dcn jriedlichen Verlauf der Dinge;
scinc Bemühungen nchmcu mit dem Erniie der
Situation zu, und eS wird bis zuletzt die Pslich-
ten dcr Humanität ersüllen. Es ist jkdoch
falsch, Rußland eine anderc Sprache bcizulcgcn,
alS die oer frenndschastlichen Ucberredung, und
eine anderc Haltung, als völligc Unparieilich-
kcit.

Man versichcrt, Rußland mache Anstrengun-
gcn, daß Würlembcrg und Großherzogthum
Hcssen die Ncutialität ausrecht erhalten.

Ueber die Aussichten des Congresses bemerkt
„France": Niemand wird daran denken, Oe-
stcrreichs Macht oder Einfluß zn vernichten.
Oesterreich spielt unter deu Großstaaten eine
eben so wichtige als nützliche Rolle, keine Macht
wird einwilligen, daß sie oerringert werde.
Jtalien darf nicht hoffen, Venetien auf dem
Schlachtseld oder dem Congreß zu erhalten ohne
Compensationen für Oesterreich. Preußen wird
Oesterreich nicht aus Deutschland treiben kön-
ncn; es wäre dies den Jnteressen des Bundes
und denc» Europas entgegen. Die preußisch-
italienische Allianz (die Untcrschrift des Königs
von Preußen soll derselbe verweigert haben, s.
oben) vermehrt die Schwierigkeiten der Lö-
sung, allein das gemeinsame Auftreten von
Frankreich, England und Rußland läßt doch
mit mehr Vertrauen in die Zukunft jehen.

Aui ber Eisenbahiisticcke Köln-Wetzlar stnd
177 Ertrazüge sür Truppen deS 7. und 8.
ArmeccorpS angesagt.

AuS Barmen wird dcn Hamburger Blättern
dic Jnsotvcnz der bcdciitcndsten BanqnierS der
dortigcn Gcgcnd, Brüber Fijcher, mit kiner
Passivsumme von IV, Millionen Thaler ge-
mcldct. — Die an« Prcußcn kommenden Nach-
richlcn über die dortigen HandelSzustände lauten
sehr belrübeiid.

Von Dronyn de LhuyS ist einc in Ucbcr-
riustimmung mit dcn bcidcn anderen neutralen
Mächlcn nach Wicn »Iid gleichzeitig nach Flo-
renz »Iid Berlin gcrichlele Dcpesche in Bctrcff
dcS Vorschlags zu cincm Congrcß flgnalisiit.

Da« holländische Ntiiiistcrium hat seine Ent-
laffung gcnommcn.

Deutschl,, nd.

V Rastatt, 19. Mai. Wie man prcußi-
schkrseitSBundrSrcchtnndBundeSkriegsvcrfassung
achtet, ersiehtman deutlich auS hiesigen Vorgängen.
Schon in mchrcrenNächten zogcukleineicAbthci-
lungen des preußischcn Contingents au« der
Fcstung ab, ohne daß dcr vom Bundc cr-
nannte Gouvcrncur hicrvon amtliche Kenntniß
erhalten oder die Erlaubniß hicrzu erthcilt
hattc. Ohne weitere Umstäude machte später
der prcußische Oberst dem Gouverncur die
Meldung, daß seine Mannjchast"nicht mchr
zahlreich genug sci, um die nöhigcn Wachcn
zu versehcn.

-r- Baden, 21. Mai. Bci dcn gegcnivär-
tigen trüden Aussichten erinnerc ich mich UII-
willkürlich an ciucn Vorfall voni verflossenen
Sommer, dcssen Erzählung hicr seincn Platz
findcn soll. Anf dcr Höhe de« durch scine hcrr-
liche Fcrnsicht berühmten Merkur traf dcrKö-
nig von Preußkn zufällig mit einer heitcr ge-
stimmten Gesellschaft von Herrcn und Damcn
zusammcn. Eincr bcr Herrcn, crmuthigk durch
die sreundliche Miene dcS KönigS und etwa«
crrcgt vom Genuß de« ChampagnerweineS,
änßerte: „Jch gratulire Ew. Majcstät zur An-
nerirnng von Laneiiburg". Der König erwiderte
lächclnb, cS wcrde wohl uoch mchr dazu kommen.

" Baden, 21. Mai. Mcdicinalrath F n cß-
lin hatte sich wegen sciner jchr angcgriffcncn
Gesundhcit währcnd deS ganzcu WinterS am
Genfcr See aufgkhalten. Kaum hierhcr zurück-
gekchrt, wurde cr aus daS Krankenlager gewor-
sen und starb hcutc Morgen. Ein liebenSwür-
digcr Mensch, fcstcr Charactcr, unermüdlich in
scincm Bcrus. wird er vo» Allcn tief betraucrl,
wclche ihn nähcr kannten.

Frankfurt, 20. Mai. Dcr Abgcordncten-
tag, zu welchem flch etwa 2c>0 Abgeordncte ein-
gcfuuden hatte», trat hcutc Morgen untcr dem
Vorsitze dc« Dr. Sigmund Müllcr in Frank-
surt zusammcn. Saal und Tribünen sind von
Zuhörern gcsüllt, uulcr dcn lctztcren bemcrkt
man die Gesandlcn von Baden, Rußland und
Frankreich. Dr. Sigmund Müller auS
Frankfurt eröffnct um 11 Uhr dic Versamm-
lung mit einer Ansprachc, wclche auf di- Grün-
dung de« AbgeordnetcntagS Bezug nimmt und
dcsse» Znsammcntritt durch die gegenwärtige
politische Lage motivirt. So lange die schleS-
Ivig-Holstcinischc Frage ausschließlich aus ver
TagcSordnung gestanden, habe die Kommission
deS Abgeordnetentags geglaubt, die Thätigkcit
deS spcziell hiersür cingcsctztcn Sechsunddreißi-
gerauSschnffcS nicht durchkrcuzen zu dürfen.
AnderS sei eS jcdoch in einem Augenblick, wo
dcr Bürgerkrieg Dcutschland bcdrohe, und an
die Mittcl- und Klcinstaaten die Frage heran-
trete, ob sie an dcmjelben sich zu betheiligen
odcr Neutralität einznhalten haben. Die Lan-
dcSvertretungen ivürden ihrc Stimme hierüber
abgcbcn müsscn und dcr Abgcordnetentag habe
den Zwcck eiue gcmeinsame Verständigung zu
erziclen. Zum Präsidenten der Vcrsammlung
wcrden hierauf p. Bennigsen aus Hannover
gcwählt; Dr. Barth und Müller alS Stellver-
trctcr.

- Dr. Paffavant auS Frankfurt schlägt vor,
daß die auwesendcn Frankfnrtcr bei der Be-
schlußsaffnng eine Stimmenzahl von nur 10
rcpräjcntircn sollcn.

Schulze-Delitzsch auS Bcrlin tritt dcm
cntgcgen »nd will dic Adstimmungcn bci der
Beschiußfaffiing nach Ländern gctrennt wissen.

Frese (Berlin): DaS Bcrlangen dcS Vor-
rcdners sei nicht gercchtfertigt, denn die an-
 
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