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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-49 Februar
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https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0183

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ridelbtrger Ieilmlg.

KrcisvcMldigmgsblatt sür dm Kreis Heidelberg und amtliches Verlündignngsblatt für die Amts^ nnd AmtS-
Gerichtsbezirke Heidelberg nnd Wiesloch mid den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünü.

M L2

Dienstag, 2« Februar


18««

* Politische Umfchau.

Eine Kieler Correspondenz des „Hamburger
Correspondenlen" constatirt, daß selbst von den
sechSzig Rittersch-ftSmitgliedern nur neunzehn
für die Unterzeichnung. der Scheel-Plessenschen
Annexions-Petition gewonnen werden konnten.

Einem Kieler Telegramm der „Hamb. Ztg."
zu Folge ist aus Anlaß der Adresie de^Barons
v. Scheel-Plesien und Genosien an den Grafen
v. Bismarck eine Gegenkundgebung vieler No-
tabeln des Landes unoerweilt zu erwarten.

Nach der Berl. „Nordd. Allg. Ztg." sei zu
erwarten, daß die preußische Regierung auf die
von der badischen angeregte Conserenz deutscher
Staaten zur Berathung einer Unterstüzung der
St. Gotthardseisenbahn bereitwilligst eingehen
werde.

Die meisten Pariser Blätter wagen es nicht,
die seltsamen Rednereien im Senate über die
Freiheit, deren Frankreich genieße, gehorig zu
beleuchten. Emile de Girardin geht in der
Beurtheilung am Weitesten. Er richtet aus
der Tiefe des Grabes (er hat bekanntlich vyr
einiger Zeit seinen publicistischen Tod angezeigt)
an Herrn v. Persigny einen Brief, der mit
der Erklärung beginnt: „Frankreich will die
Fr'eiheit und wird sie erhalten. Verzichtete es
auch wirklich darauf, die Freiheit zu wollen,
so würde es sie doch erhalten, weil die Freiheit
die unvermeidliche Folge der beiden Ursachen
ist, nämlich der Stärke der -Dinge und der
Schwäche der Menschen. Wäre es auch selb.st
verboten, den Namen der Freiheit zu nennen,
si^ wäre rmr der Name weniger da: die Frei-
heit hieße dann „Nothwendigkeit". Wenn man
wollte, daß Frankreich der Freiheit verlustig
gehen soll, deren Besitz ihm entzogen wurde,
sö hätte - man wenigstetts logisch sein müssen.
Man durfte ihm älsdann das allgemeine Stimm-
recht und die Handelsfreiheit nicht zurückgeben.
Aber ohne das allgemeine Stimmrecht, ohne
die drei Abstickmungen vom 10. Dez. 1648,
vöm 20. Dez. 1851 und vom 21. Nov. 1852
wäre das Kaiserreich nicht entstanden und vor-
handen. Das allgemeine Stimmrecht ist für
das erbliche Kaiserreich, was dem Fluß, der
in's Meer mündet, die Quelle ist, der er ent-
sprang. Die Parallele, welche Hr. v. Girar-
din in Bezug auf die Freiheiten zieht, welche
' die benachbarten Völker besitzen, die Franzosen
aber entbehren, ist sehr einschNeidender Natnr.

Girardin verspricht überdies dem Herzog Per-
signy, auf dessen Aufstellungen zurückzukommen.

Die Madrider Ztg. veröffentlicht eine lange
Antwort des StaatSministers Bermudez de Castro
an das Turiner Cabinet, welche mit der Ver-
sicherunK schließt, daß Spanien, so treu es seinen
Verpflichtungen bleibe, uttk so lebhaft eS sich
für die Rechte des heiligen Vaters interesfire,
ebenso sehr in guter Harmonie mit dem Kö-
nigreich Jtalicn zu bleiben wünsche.

Der Papst hat dem russ. Gesandten Baron
Meyendorff seine Pässe übersandt; Rußland
seinerseits hat eine DeSavouirung seineS Re-
präsentanten abgelehnt. Mr. Salviati, Attachc
bei der russ. Gesandtschaft, ist vorgestern von
St. Petersburg hier eingetroffen, und die De-
peschen, die er überbracht, erklären die russische
Gesandtschaft in Rom als geschlosicn. Der di-
Plomatische Bruch ist dadurch vollzogen.

Deutschland.

Karlsruhe, 17. Febr. DaS heute erschie-
nene Regierungsblatt Nr. 9 enthält (außer
Personalnachrichten):

Bekanntmachung des großh. Justizministeri-
ums: Die Hauptergebnisse der Thätigkeit der
großh. GerichtShöfe während des Jahres 1865
betrcffend.

Karlsruhe, 16. Februar. Wir haben im
Lauf der letzten 14 Tage bereits die Mitthei-
lung gemacht, daß sich die Präsidenten der Mi-
nisterien des Jnnern und der Finanzen, die
HH. StaatSräthe Lamey und Vogelmann, und
später der Hr. Staatsminister des großherzbgl.
Hauses und der auswärtigen Angelegenheiten,
Frhr. v. Edelsheim, nach Vevey begeben haben,
um Sr. Königl. Hoheit dem Großherzog per-
sönlichen Vortrag zu erstatten. Die „Karlsr.
Ztg." erfährt, daß diese Herren den Großher-
zog in bestem Wohlsein angetroffen haben. Se.
Königl. Hoheit geruhten die Vorträge der HH.
Minister während eines großen Thcils der Ta-
ges- und Abcndstunden cntgegenzunehmen. Bei
dem hcrrlichen Wetter, das die Anwesenheit der
HH. Staatsräthe Lamey und Vogelmann be-
günstigte, benütztc der Großhcrzog die Zeit zwi-
schen den verschicdenen Vorträgen zu gemcinsa-
men Spaziergängen, wobei diesen Herren die
Freude zu Theil wurde, unter der persönlichen
Anleitung Sr. Königl. Hoheit die Schönheiten
der Umgebung Vevey's kennen zu lernen.

Karlsruhe, 17. Februar. Der biSherige

königl. italienische Ministerresident am großh.
Hofe, Marquis Oldoini, übergab heute sein Ab-
bcruftlngSschreiben. Sein Nachfolger ist Herr
Chevalier Gianotti, der unmittelbar darauf seine
Beglaubigung als Ministerresident überreichte.
Beide Schreiben Sr. Majestät des KönigS von
Jtalien an Se. königl. Hoheit den Großherzog
nahm der dazu Allerhöchst bevollmächtigte Hr.
StaatSminister des großh. Hauses und der auS-
wärtigen Angelegenheiten entgegen.

X Karlsruhe, 18. Februar. Ulttcr den
Vorlagen der Regierung an die Kammer ist
namentlich der GesetzeSentwurf über die Be-
steuerung der sogenannten Wanderlager mit
Befriedigung aufgenommen worden. Denn da
nach §41 des GewerbesteuergesetzeS vom Iahr
1854 für dcn ersten und für den letzten Mo-
nat des Gewerbebetriebs keine Steuer zu ent-
richten ist, so fand sich der inländische Geschäfts-
mann seit Einführung der Gewerbefreiheit ge-
genüber dem AuSländer in offenbarem Nachtheil,
«eil Letzterer in den meisten Fällen für ein
Gewerbe, das er vorübergehend im Großherzog-
thum betrieb, ganz steuerfrei auSging, da sein
Gewerbebetrieb in der Regel weniger alS ein
Monat zu dauern pflegt. Die Folge dieseS
Mißstandeswar, daß namentlich in den größern
Städten des Landes vorübergehende Verkaufs-
buden, inSbesondere sür Ellenwaaren, fertige
Kleider, Putzgegenstände aller Art, vvn Äus-
ländern errichter wurden, und diese dann wei»
ter zogen, ehe sie nach dem bestehenden Gewerbe-
fteuergesetz bcfteuert werden konnten. Diese em-
pfindliche Lücke unserer Gefetzgebung auSzufül-
len, ist der neue Gesctzentwurf bestimmt. Nach
-emselben follen uun Ausländer, welche nur
vorübergehend und außer dem herkömmlichen
Meß- und Marktverkehr in eincm oder mehre-
ren Orten des Landes Verkaufslokale zum Ab-
satz von Waaren unterhalteik, ebenfalls der Be-
steuerung unterworfen werden. Diese Steuer-
anlage für Ausländer soll immer an dcr höch-
sten Tarifabtheilung bemesscn werden, wo der
Gewerbesteuertarif eine Unterscheidung nach
Orten macht. Die Steuer ist vor dem Begiun
des Gewerbebetriebs zu entrichten. Sie beträgt
für jede Woche des angemeldeten Gewerbebetriebs,
o. h. für jeden Zeitraum von sieben Tagen
ein Zwölftheil der Jahressteuer. Theile
der Woche wcrden sür eine volle Wochc berech-
net. Wer die vorgeschriebene Anmeldung zur
Steuerentrichtung unterläßt, verfällt neben

großen Garcia, -jencs spanischen Freundes Rosfi-
ni's, für wclchen der Meister seinen Othello schrieb,
dte Schwester Marianne Malibran's und Manuele

schaftlichen StimmerforscherS unserer Zeit, die Gat-
tin deS trefflichen Kunsthistorikers, Geschichtschrei-
berS der fpanischen Maleret und der Mauren in
Spqnien, Louis Viardot, hat fich in diesem Hause
des ^friedlichen Waldthales seit zwei Jahren ihre
dauernhe Wohnung gegründet. Ein glückliches Ge-
schick war dieser Frau beschieden, welche es vermocht
hat, zu gleicher Zeit in fich das Genie der musika-
lischen Kunst selbst zu verkörpern und die solideste,
tüchtigste Arbeiterin auf jedem Gebiete, die, jepe
größte und strengste Pflicht des Wetbcs gleich voll
und ganz erfüllende Hausfrau und Mutter zu fein,
unv bei einer Vielsettigkeit der Bestrebungen, Zn-
teresten und Leistungen, die ihres Gleichen nicht
hat, bei Allem, was fie je angriff, doch auch wie-
der in die innerste Tiefe des Einzelnen zu dringen.
— Jnmitten ihrer höcksten Triumphe als dyama-
tische Künstlerin und Sängerin sah Parts die Ge-
feierte schriden. DaS gastltche Haus tn der Rue
Douai Nr. 48, der berühmte Salon mit seiner

* Musilkalisches.

Tem Vernehmen nach wird die gefeierte Sänge-
rin Frau Viardot-Garcia*) demnächst im
letzten Abonnements-Concert des hiesigen Jnstru-
mental-Vereins aus besonderer Gesälligkeit mit-
wirken. Jndem wir dem strebsamcn Vereine zu
einer so ausgezeichnrten Acqujfition Glück wünschen,
glauben wir unsern geehrten Lcsern durch die nack-
folgenden Rotizen, welche wir einem größeren
Aussatze entlehnen, einen nicht unwillkommenen
Dienst zu leisten.

Die Villa Viardot in Saden-Saden.

Wer in den Vormittagsstundrn den leise auf-
steigcnden Thalweg, der an dieser seitab vom Ge-
Iriebe dcr Bavewelt gelegenen Villa vorbei nach
dem stillen Dörfchen „Thiergarten" und dem Fre-
yiersberge führt, dayinwandelt, wird durch vie
geöffneten Fenster des Erdgeschoffes oder des ersten
^tockwerkes durch die feierltche sonnige Stille, die
auf Waldhöhen und Thalwiesen ruht, den edel-
v^rschlungenen kunstvollen Gesang erlesener weib-

Spr. KareiL, nicht Kärcls.

licher Stimmen klingen hören; zu andern Zeiten
wieder glauben, fich einer Kirche Zu nähern; denn
voN dem kleinen Gebäude her crtönen bald in
ernstkn dröhnenden Schwingungen, balb in hellem
zartett Wohllaute, bald in rührender frommer Klage,
bald in heilig jubelnden Klängen, die schwellenben
Accorde, dic wcchselnden auf- und abfluthendcn
Wcisen der Orgel, gespielt von einer Meisterhand.
Geht man aber ves Sonntags zwischen 3 und 5
Uhr deffelben Weges, so kann man glaubcn, fich
einem Fürstenschloffe zu nähe' n, so dicht folgen
fich oder halten vor dem Gartenthore die Equipa-
gen, welche die Blüthe der europäischen Aristokratte
der Geburt, der Jntelligrnz und des Genies, ja
welche manches gekrönte Haupt zu dieser geweihten
Stätte bes höchsten KunstlebenS, drs veredeltften
Kunstgenuffes führen. — Wcr es nicht wüßte, auf
wen er diese auffallendcn Grscheinungen zurückzu-
führen hat, dem wird eS die einfache Inschrift am
Pfeiler des GartenkhoreS sagen: „Vill» Visrclot".
Bezeichnet letzterer Rame doch das Beste und Größte,
waS dte Geschichte brr auSübenden mufikalischen
Kunft während der letzten 25 Iahre zu überltefern
' har. Madame Paultne Viardot, die Tochter des
 
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