Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

DOI Kapitel:
Nr. 1-25 Januar
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.2795#0033

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ueidtlberger Ieilung.

KreisverUiildigungsülatt für den Kreis Heidclberg und amtliches Äerkündigllngsblatt für die Anits- und Aints-
Gerichtsbezirke Heidelbcrg und Wicsloch und dcn Auitsgerichtsbezir! Ncckargemünd.

Mr 8.


Donnerstag. H Zanuar 18KÄ

Bcstellungen auf die „Heidelberger
Zeilung" nebst Beilaqe „Heidelber-
ger Aamilienblätter" für das mit I.
Jannar 1886 begonnene 1. Quartal
werden fortwäkrend angenommen.

Die Cxpedition

' Politische Nmschau.

* Bei Begin» dcS ncucn JahreS sollte Deutjch-
lands SchmerzenSkind nicht übcrschcn werdcn.
Es ift immerhin ciner besondcrn Betrachtung
werth: Zn Schleswig-Holstein licgt dcr
Schlüsscl zur dcutschcn Znkunft. Wird die gc-
rechtc Sache dieses LandcS untcrdrückt, erhält
dort dic Politik dcr Vormächte die Weihe deS
ErfolgS u»d wird somit dic Entschcidnng der
Uebermacht zu cincr Ouelle ncuen Rcchts, dann
dürfen wir auf lange Zeit hinaus allcn Hofs-
nungcn auf ein frcicS, "großcS uud einigeS
Dcutjchland den Abschied gcben. Dann hat
dort »ur bcgoitnen, waS sich gär lcicht an dcr
ganzen Nation vollzichen kann: die Theilung.
Gclingt cS aber, die Usurpatoren zum Aus-
gcben ihrer Beute, die beidcn jog. Vorniächte
zum Nülktritt und Berzicht zibnöthigen, gel äigt
es, dort einen unabhängigen, ans der Selbst-
bestimmung dcs VolkeS herausgewachsenen Vcr-
sassungsstaat zu gründen, dann dürfen wir mit
ganz andern Ausftchten auf Erfolg als bishcr
an die Lösung der Ausgabc gkhen, Deutschland
in eiuer sciner Größe und civilisatorischen Be-
deutung gemäßcn Form auszurichten. Es han-
delt sich hiebei selbstverständlich nicht um die
Schaffung eines neuen MittelstaatS, um die
Bcreicherung dcs BundestagS um einen ncuen
Gcsandten, sondcru darum, daß mit dcr Auf-
crstchung >schleswig-HolsteinS als eineS anf-
richtig consiitutioncllcn Staats eine großartige
Wendung in die deutsche Gcschichtc kommt. Wir
werdcn dort cinen Staat gcwiiinen, dcr keinen
andern und bessern Schutz auf der Wklt hat,
als kin dcutsches Parlament und eine volks-
thüinliche Ccntralgewalt. Damit wird zngleich
cincr der größten und widcrwärtigsten Gcgen-
jätzc schwinden, dic seithcr den Norden Deutsch-
lands vom Süden getrcnnt haben.

Die durch mehrere Blätter verbreitete Nach-
richt von eincr Auflvsung der würtcmbcrgischen
Kammer der Abgcordnetcn nnd von cincr Neu-
wahl entbehrt, wie dcr „Schw. M." vernimmt,
allcn GrundcS.

' Lonrrrt zum Äencffj drs Hrrrn Mujik-
dircctor Äoch.

trefflich dieselben auch bekanntlich ausgefallen find.
Auf dcm Programm dirscs Concrrtes steht die
weltberühmte „Neunte Svmphonie" Beethoven's,
welche Symphonie durch die Mitwirkung der mensch-
lichen Stimme (Soli und Chorgesang) aus dem
Rahmen der reinen Instrumentalmusik herauStritt.
Diese Eigenthümltchkeit ist Ursache, daß auch der-
jenige Theil des Publikums, welchen die reine In-
strumenta lmufik wenigrr anzteht, die „Neunte" doch
überaus gerne hört. Wir machen daher Diejenigen
unserer Mitbürger, welche die Loncerte des In-
strumrntalvereins nicht regelmäßig oder nur selten
zu bcsuchen pflegen, auf das bevorstehende außer-
ordentliche Concert ganz besonders aufmerksam.
Diejenigen aber, welche die „Neunte Symphonte"
noch nie gehört haben, mögen auS d'en nachfolgen-

Unter Vorsch dcs Gouverneurs der Provinz
Brabant und des BürgcrmeisterS der Stadt
Brüssel hat sich daselbst ein Comite gebildct,
um die National-Subscription zur Errichtung.
eineS Denkmales für König Leopold l. in'S
Leben zu rufeu.

Jn England dauert die Agitation sür Par-
lamentSreförm fort. John Bright sprach in
cincm vor einigen Tagbn in Nochdale abze-
haltenen Meeting sich energisch für die Re-
sorm auS.

Bis jetzt noch unverbürgtc Gerüchte besagen,
die Herren Duruy, Lavalette uud Behic hatten
ihre Enklassung eingereicht, dieselbe sei aber
nicht angenommen wordcn.

Die Bischöfe von Tunn und Vercelli haben
auS Anlaß der Einführung der Civilehe
Hirtenbricfe an die Gläubigen' ihrer Diöcesen
crtassen.

Nach dem „Avenir national" hat es der
Gouverneur von Saragossa nöthig befunden,
auch dort den Belagerungszustand zu erkläreu.
— Hr. Useleti de Ponte, chemaliger Privat-
secretär des Generals Prim, ist in Madrid ver-
haftet worden. — Die aragonischen Deputirten
stnd am 4. in Madrid eingetroffen und ver-
sichern, daß sich in ihrer Provinz keinerlei Symp-
lome von Unordnnngen kundgäben. — Jn
Aranjuez soll man auch Waffen unter Civili-
sten verlheilt haben, die sich den Ausftändischen
anschlossen.

Ein vormaliger Nichter in Jamaika beschreibt
in englischen'Blättern die barbarische und scham-
lose Wcise, in welcher nber 300 Frauen und
Mädchen auf Bcfehl dcs Generals Nelson durch-
gepeitscht wurden. Er fordert die englifchen
Frauen auf, bei der Negierung, wie zur Zeit

heben.

Jn Griechenland dürsten stch nach der „K.
Z." ernstere Ereigniffe vorbereiten. Zum We-
nigsten scheinen solche von den Großmächten
erwaxtet und soll Omcr Pascha von seiner Re-
gierung mit sehr ausgedehnten Vollmachten an
die Spitze dcr zu einem einzigen Militärcom-
mando vereinigten türkischen Provinzen Thes-
salien und Epirus, dic zunächst an Griechen-
land anstoßen, ernannt worden sein. Unter
solchen Umständen soll von der türkischen Re-
gierung auch erwogen werden, ob eö Angesichts
einer Sachlage, die vör allen Dingen auf her-
annahendc Gefahren politischen ChargkterS hin-

zusammengestcllt haben, ersehen, welch ein hoch-
intercssantes Werk ihnen damit dargeboten wird.

Fr. Brendel's Aeußerung in seiner Musikgeschichtc
lautet: „Man muß übrr die Lußere Darstellung
hinausgehen, daS, was Beethoven sagen wollte,
aber nicht entsprechend gesagt hat, erkennen, bevor
man den Geist erfaßt. Der Weg geht nicht durch
das Erschcinende hinvurch zum Verständniß deS
Innern, sondern daS Letztere muß sich tn geweihter
Stunde erschließen und von ihm aus das Aeußere
begriffen werden. Gs ist eine retn geistige Mufik,
nicht mehr eine, derrn Inhalt vvllständig im Ge-
biete des Klanges zur Erschrinung kommt. Es ist
in BeethovenS neuntcr Symphonie das Höchste und
Herrlichste niedergelegt, wozu ein Mrnsch fich auf-
zuschwingen vermag; eS ist nicht die Liebebedürstig-
keit veS einzelnen Menschen. Beethoven hat objecttv
ein Evangelium der Menschheit ausgesprochen; eS
ist in tiefster Weltlichkett in dieser Mufik zugleich
die höchste Religiofität. ünd »rkennen werdet ihr
rine Subjectivität, welche insbesondere zur Dar-
stellung ethischer Empfindungen in ihrer ganzen
heiligrn Tiefe berufen ist und den Menschen und

weise, räthlich erscheinc, die Klausel des nü*
Griechenland abgeschlossenen Dertragcs zur Aus-
rottung des Näuberwesens aufrecht zu haltcn,
nach welcher die türkischcn Grcnzcn nur mit
christlichen Truppen zu besetzcn sind.

Deutschland.

Karlsruho, 9. Jan. Die Nachrichten,
welche über das Befinden Sr. Kömgl. Hoheir
des Gro^herzogs durch den — wie bereits ge-
meldet — in diesen Tagen von Vevcy zurück-
gekehrten Prinzcn Karl, Großherzogliche Hoheit,
hieher gelangt sind, lauten aus das erfreulichste.
Die Erwartungen, welche Seitens der Aerzte
an diesen Aufenthalt geknüpft wurden, erfüllen
sich in befriedigendster Weise. Es sind die rhcu-
matischen und neuralgischen Schmerzen, welche
Seine Königliche Hoheit während des Aufent-
halts in Baden im vcrfloffenen Herbst in so
hohem Grade belästigten, in der ersten Zeit nur
nach längeren Pausen aufgetreten und in den
letztcn Wochen sast ganz ausgebliebcn. Das
allgemeine Befinden ist nunmehr ein so gün-
stiges, daß man zu der Erwartung berechtigt
ist, daß die Abwesenheit Seiner Königlichen
Hoheit sich nur noch auf wenigc Wochen er-
strecken werde. (K. Z.)

Karlsruhe, 9. Jan. Der von dem be-
kannten ultramontanen Polterer in Freiburg
geschriebene Kalender'wird von der gcsammtcn
klerikalen Partei uyd ihren zahlreichrn Hand-
langern aufs eifngste in allen Theilen des
Landes, und um wahren SpottpreiS zumal
unter das Landvolk verbreitct. Der Kalender
ist hierbei nnr der begueme Rahmen, in den
dic lcidenschaftlichften und mitunter lügenhaf-
testen Ausfälle auf unsere öffentlichen Zustände,
Regierung und Stände ausgenommcn und un-
ter die Leute gebracht werden sollen. Wir
wollen hier nur andeuten, daß der Hauplur-
heber dieser Angriffe ein öffentlicher Diener ist,
der dem Staate, dcr ihn mit seinen Mitteln
reichlich nährt, in solcher Weise seinen Dank
abstattet. Man ist solchen Dank von den kle-
rikalen Ultras bereits gewohnt.

Dcn Hauptangriff nimmt der Kalender-
macher von den Finanzen her; Regierung und
die gegenwärtigen Vertreter des Volkes gingen
mit den öffentlichen Mitleln, d. i. mit den
Geldcrn deö Volkes, das sie mit seiner Arbeit
zu liefern habe, unbarmherzig um; dic neuen
Organisationen, namenllich die GerichtSorga-

Künstler in sonst nie gesehener Gleichheit der Ach-
tungs- und Sympathiewürdigkeit zur Erscheinung
bringt. Ihr werdet ausrufen: „was ist der Riescn-
bau deiner acht Symphonien gegen diese neunte."

Der innrre Bau erscheint für Viele nicht über-
schaulich, eine Formlofigkcit wird dem Tondichter
zum Vorwurf gemacht, zumal von solchen Leuten,
welche nicht ties in vie Geheimnisse der Tonwelt
eingedrungen sind. Die verschiedensten Anfichten find
zu Tage gekommen, ber Eine findet es „Unermeß--
lich! prachtvoll!" ein Zweiter: „Sonderbar, entsetz-
lich langwrilig!" cin Dritter: „völlig unverständlich,
vielmehr unerträglich, ohne alle Melodie." Eine
Zeitung bcrichtet darüber: „Die Symphonie mit
Chören von Becthoven bezeichnct den Lulminations-
punkt der modernen Mufik. Dte Kunst hat noch
nichts hervorgebracht, was an Adel deS Styls, an
Größe der Anlage, an Feinheit der Details mit
thr zu vergleichen wäre." — Ein anderer Bericht:
„Die Symphonie mit Lhören von Beethovrn ist
rine Mißgeburt." Etn anderes Iournal: „DiesrS
Werk ist keineSwegs arm an Erfindung; aber die
Idren find schlrcht geordirct und dilden nur ein
reizloses Ganze ohne Zusammrnhang." Roch ein
 
Annotationen