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Heidelberger Zeitung — 1866 (Januar bis Juni)

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Nr. 26-49 Februar
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Utidkllmgrr Irilung.

KreisverkünVigMgsblatt für den Kreis Heidelberg unü amtliches Lerkündigungsblatt für die Amts- md Autts-
Gerichtsbczirke Heidelbcrg und Wicsloch und den Amtsgerichtsbezirk Neckargemünd.

D «3


Mittwoch, 21 Februar



* Pvlitische Umfchau.

* Jn Preußen drangen, wenn nkht alle
Anzeichen trügen, die Dinge nach innen und
nach aützen immer mehr der Entscheidung zü.
Bekanntlich haben bisher die Berhandlungen
eines Definitivums in der SchleSwig-Holstein-
schen Sache geruht und Oesterreich halte eben
deßhalb den Vertrag von Gastein geschlofscn,
um diese Entscheidung auf gelegenere Zeiten zu
vertagen. Jetzt scheint das preußische Cabinet
die Neugestaltung der österreichischen Verhalt-
nisse, deren Aussichten gegenwartig besser sind,
aks zuvor', nicht abwarten zu wollcn. Die
Spannung ist bis zum förmlichen Bruche ge-
.diehen, und allem Anscheine nach rüstet sich
Graf Bismarck zu einem großen Coup. Um
vorerst im Jnüern ins Reine zu kommen, wird
er ohne Zweifel dem preußischen Abgeordncten-
hause die Gelegenheit bielen, über die Schles-
wig - Holstein'sche Frage sich zu außern, aber
erst dann und in einer solchen Weise, datz für
ihn daS Verhakten des Hauses nach der einen
oder andern Seite hin die Möglichkeit eines
ErfokgeS in AuSsicht stellt. Leiht das Haus
dcr auswärtigen Politik des Ministeriums Bis-
marck seine Unterstütznng, gewährt es, wenn
dcr Conflict mit Oesterreich sich gehörig ver-
schärft -und zugespiht hat, die Mittcl zu einem
Kriege mit dieser Macht, dann vernichtet es
sich selbst, und beraubt sich jeder Hoffnung,
aus dem langjährigen Verfassungskampfe end-
lich als Siegcr hervorzugehen; läßt sich auch
nur ein Theil seincr Mitglieder durch die ver-
lockende Aussicht auf eine mögliche Machter-
weiterung vcrleiten, das Recht Anderer anzu-
rasten, daS nicht minder heilig rst, als das
Verfassungsrecht des preußischen Volks, vann
finden seine Wivcrsachcr die bisher sestgeschlos-
sene Phalanx jener Versammlung gespalten und
zerrissen ; schlägt es aber den zugleich klügsten
und ehrenhaftesten Weg ein, lehnt cs jede Un-
terstützung der Annexionspolilik ab. dann bietet
sich der Regierung in der Auflösung der Kam-
mern und vieüeicht in weitern StaatSstreichen
die Möglichkeit dar, eine gefügige Majorität zu
erlangen, und gegen die Verfassung den letzten
entscheidendcn Schlag zu sühren. Sind die
Dinge so weit gekommen, so wiich es Sache
deS preußischen Volkes sein, jeder Verfuchung
fest zu widerstehen, und zu zeigen, was ihm
sein eigcnes Recht wcrth ist, welche Achtung
aber cs zuglrich Len Rechten Anderer zollt-

Die „Hamb. Nachr." und die „Allg. Ztg.^
enthalten ein Telegramm aus Wien, welche-
besagt: ES herßt, hier sei das Eintreffen einer
prenßischcn Eröffnung avisirt, welche die Per-
sonalunion der Herzogthümer mit Preußen for-
meü beantrage und hervorhcbe, daß dieselbe
> thatsächlich schon jetzt vorhanden sei. — Ferner
veröffentlichen die „Hamb. Nachr." ein Ant-
wortschreiben des Hrn. Firjahn an das Stadt-
collegium Segcberg, worin derselbe sich für den
engsien Anschluß an Preußen im Jnterefse des
Lander und der deutschen Einheit ausspricht.

AuS Kiel wird gcmeldet: Die preußische
Regierung bewillige zur Nordpolexpcdition zwei
Dampfkanoncnboote, welche in Hamburg aus-
gerüstet werden, so daß dic Expedition Anfangs
Mai reifefertig sein wird.

Ein von Hcrrn Classen - Kappelmann aus
Auftrag der Bürgcrversammlung in Köln an
den Polizeipräsidenten Geiger gerichteteS Gesuch
um die Erlaubniß zu einem Fackelzug für Hrn.
v. Ammon wurde abschläglich beschieden. Dem-
selben wird nun morgen eine Adresse überreicht
und zugleich — jedoch innerhalb seiner Woh-
nung — eine Serenade gebrachi.

Nach drr „Kreuzztg." sind alle Gerüchte über
angeblichen, Rücktritt einzelner Minister oder
des ganzen Ministeriums vollkommen unbe-
gründet.

Die sett dem 1. Januar v. Z. in Magde-
bnrg erscheinende „Magdrb. Presse" wird mit
dem 1. April cingehen.

Regierungsdircctor Vogel ist znm bayerischen
Staatsminister des Jnnern ernannt wordcn.
Bezüglich der Wiederbesetzung des CultuSmini-
steriums ist noch nichts bekannt geworden.

Die deutsche Kunstgenosscnschaft war von ver
Stadt Kassel eingeladen worden, ihre dicsjäh-
rige Wanderdersammlung dort zu halten, und
hatte dicse Einladung auch angenommcn. Jetzt,
wo man die nöthigen Vorbercitungen treffen
wollte, ist dem Stadtrathe eröffnct worven, die
Abhaltung der Versammlung in Kassel sei aller-
höchsten Orts nicht genehmigt.

Der von dem englischen Ober- und Unter-
hause genehmigte Antrag der Regierung, die
Habeas>Corpus-Acte in Zrland zu suspendiren,
wurde von der Königin untcrzeichnet. Um ll
Uhr Nachts lag das Gesetz fcrtig im Oberhause.

D e u t f ch l a n d.

Karlsruhe, 20. Fehr. Sc. Königl. Hoh.

der Großherzog haben Sich gnädigst be-
wogen gefunden, dem bisherigen Ministerresi'
denten Seiner Majestät deS KönigS von Jta^
licn am Großherzoglichen Hofe, Marquis Ol-
doini, daS Großkreuz dcS OrdenS vom Zäh-
ringer Löwen zu verleihen.

si* Karlsruhe. 19. Februar. (Siebente
öffentliche Sitzung der zweiten Kammer, unter
dem Vorsitz des Vicepräsidenten Kirsner.) Nach
Beeidigung der beiden neu eingetretenen Abge«
ordneten KrauSmann und SachS wird vom
Secretariat der Eingang einer großen Anzahl
Petitioncn (über 40), Eisenbahn-und Straßen-
bauten bctreffend, angekündigt. StaatSrath
Vogelmann lcgt hierauf das außcrordentliche
Budget für dic Jahre 1866 und 1867 vor,
und begleitet seine Vorlage mit folgenden we-
sentlichen Bemerkungen: Jm Ganzen würden
rund Zi/z Millioncn gefordert; darunter seien
indeß etwa 1 Million Credite, die die Stände
schon früher bewilligt hätten. CS würden dem-
nach eigentlich neu nur A/2 Millionen Gulden
gefordert. Freilich ftellc sich anch diese Summe
höher, alS die in den letzten Finanzperioden
außerordentlicher Weise verlangt worden sei.
Jndtssen könne die ganze Summe aus den
Ueberschüssen und Ersparnissen des letzten or-
dentlichcn BudgetS geschöpft werden. Der grö-
tzere Theil der verlangten Summe sei bestiMMt
zu productiven AuSgaben; so würden zur He-
bung des UnterrichtswesenS 400,000 fl., für
Straßenbauten u. a. 1 Million erforderlich.
Mit AuSnahme des Minifteriums deS Aeußern,
das michtS verlange, vertheile sich der Nest auf
die übrigen Ministerien. DaS Kriegsministe-
rium forvere außerordentlicher Weise 56,000 fi.
UebrigcnS müsse man zur richtigen Beurthei-
lung des außerordentlichen BudgetS zwei Um-
stände beachten. Einmal solle daffelbe in der
Regel zwar nur einmalige und vorübergehendc
Ansgaben cnthalten; dies fei aber nicht immer
der Fall, so namentlich der Aufwand für außer-
ordentliche Rheinbauten, für die Kataster-Ver-
messung, waS sich durch viele Jahre hinziehe.
Sodann gebe es unter den wirklich vorüber-
gehenden AuSgaben einige mit nur geringer
Forderimg, die abcr in der Folge sehr große
Summen in Anspruch nehmen würden.

ES wird hierauf das Resultat der verschiede-
nen Commissionswahlen bekannt gcmacht, und
eine Verstärkung der meissin Commifsionen um
vier biS scchs Mitglieder verlangt. Die Kam-

mehr Freude, als wenn sein Vater, der ein frischer
Iäger war, ihn mit auf die Iagd nahm.

Nun sollte er aber auch etwas lernen, und daS
war schwer; denn nicht bloß in Dunzewitz, sondern
auch wcit und breit gab es keine Schule; so wurve
cin verlaufener Eandidat ver Theologie bei dem
jnngen Arndt angestrllt. Ein sondcrbarer Kauz mit
ungeheurer gelber Perücke, tief liegenden schwarzen

8 Tagcn fich bei dem alten Arndt brieflich verab-
schiedete, er müffe sein HauS verlassen .wegen
Mangels an Rcspekt".

Nun trat die Muttcr als Lehrerin ein. Ueber
den Katechismus und die Bibel brachte fie den

si* Ernst Moritz Arndt.

Vortrag von Herrn Airchenrath Dr. Schenkel.

Erster Theil.

ein Mann nur cin Denker, nur ein Gelehrter war,
wtrd wohl ein engcrer Kreis von Eingeweihten ihm
seine Theilnahmc schenken, aber das Herz eines
ganzen Volkes wird nicht für ihn fchlagen.

Nur solche Männer der Wissenschaft, wclche von
den Glätscherhöhen des reinen Wissens herabzu-
steigen, die Sckätze ihres Geistcs, ihrer Gelehr-
samkeit, ihrer Erfahrung Allen zugänglich zu machen
wissen, nur solche könncn auf die Theilnahme Aller,
auf die Theilnahme einer ganzen Nation rechnen.

Der Mann, deffen Lebensbild ich Ihnen tn die-
sen beiden Vorträgen vor Augen füyren möchtc,
war nicht bloß ein Mann der Wiffenschaft, er war >
ein Mann deS Volkes, und das deptsche Volk hat »

vielleickt gegenwärtig ganz besondcrc Ursache, sei»
Andenk-n aufzufrischen. Er hat für unscr Volk
gcstrittcn, er hat dafür grlitten und er ist ihm
treu gebliebeu bis anS G ab: Sie wissen Allc,

E. M. Arndt hat das Licht der Welt erblickt zu

dischcn Pommern, im Iahr 1769, den 26- Dec.
Er sagt von sich selbst, er sei „wohlgeboren" auf
die Welt gekommen, so wohlgevoren, daß er im

leibeigner Schäfcr, der erst in Folge langjähriger
treuer Dienste von dem Grafen Puttbus seine Frei-
heit erhielt. Die Mutter Arndts war einc ganz
vorzügliche Frau: crnst und fromm, sanft und

keinc Geschickc zu foltern". Bis in sein sechstes
Lebensjahr blieb der kleine Arndt in Schoritz, und
dort an der Meeresbucht, unter Birken und Eichen,
in Waldes- und Seeluft hat er den Grund zu der
unverwüstlichen Gesundheik gelegt, die ihn 90 Iahre
hat alt werden laffen, trotz aller Schlägc des Schick-
sals.
 
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